REZENSION
RISE OF THE OAK DELL
- Genre: Taktikspiel
- Jahr: 2025
- Verlag: Two Acorns Games
- Autor: Przemysław Fornal
- Grafik: Przemysław Fornal, Roman Kucharski
- Personen: 1 bis 100
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 45 bis 60 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 7/10
Wehe, wenn die Stimmung kippt
Als Anführer einer Zivilisation kehren wir zurück ins Eichental. Wir bauen Straßen, sammeln Ressourcen, entwickeln Technologien und errichten Gebäude. Dabei müssen wir uns gegen Angriffe verteidigen und zusehen, dass unsere Bevölkerung in Zufriedenheit lebt.
KICKSTARTER-PREVIEW
Zum Test stand uns eine Demo-Version des Spiels mit reduziertem Umfang zur Verfügung. Die finale Version wird zusätzliche Charaktere und Kartenbögen enthalten.
REGELN
Nehmt euch je einen Zivilisations- und einen Kartenbogen. Markiert einen beliebigen Punkt auf dem Festland der Karte als Stadt, von der ihr startet. Der gewählte Anführer bringt euch direkt zusätzliche Lagerfläche für Ressourcen, erste zufriedene Bewohner und Schilde sowie weitere individuelle Vorteile im Spiel.
Gespielt werden 13 Runden. Werft zu Beginn jeder Runde den Würfel. Zählt vom Start, später vom zuletzt erreichen Segment, im Uhrzeigersinn entsprechend viele Schritte ab. Tragt im erreichten Segment die Rundenzahl ein.
Nun kontrolliert ihr die Bedrohungen (unzufriedene Bewohner / Angriffe) und markiert deren vorgegebene Anzahl entsprechend der aktuellen Ära (zu Beginn Ära 1). Achtung: Übersteigt die Anzahl der unzufriedenen Bewohner die Anzahl der zufriedenen, müsst ihr ein eventuell bereits errichtetes eigenes Gebäude zerstören. Ist kein Gebäude vorhanden, markiert ihr stattdessen, der Differenz entsprechend, Feuersymbole. Letzteres macht ihr auch, wenn ihr zu wenig Schilde besitzt, um die Angriffe (Schwerter) abzuwehren.
Das aktuelle Segment gibt als nächstes eine Straßenformation vor, die ihr auf eure eigene Karte zeichnet, beginnend bei einer eingezeichneten Stadt oder am Ende einer Straße. Straßen dürfen sich nicht kreuzen oder aufeinander treffen. Städte hingegen dürfen Knotenpunkte sein. Ihr könnt die Straßenvorgabe drehen oder spiegeln, wenn gewünscht.
Sammelt für jeden Punkt, den ihr mit dieser Straße überquert, eine Ressource der entsprechenden Landschaft (beige: Nahrung, rot: Glühbirne, grün: Hammer). Markiert diese auf euren Ressourcenleisten, beachtet aber die maximalen Lagerkapazitäten, ggf. müsst ihr Ressourcen verfallen lassen, wenn kein Platz dafür im Lager vorhanden ist. Markierte Hütten bringen euch zudem Zufriedenheit oder Schilde.
Im letzten Schritt könnt ihr eure Ressourcen ausgeben. Markiert dazu jeweils das Ressourcensymbol am gewählten Ort und rückt den Marker auf der Leiste einen Schritt zurück.
Was könnt ihr mit den Ressourcen anfangen?
Ihr könnt Nahrung ausgeben, um Lagerarbeiter einzustellen, die euch jeweils einen zusätzlichen Lagerplatz für eine Ressource bescheren.
Ihr könnt Glühbirnen ausgeben, um neue Technologien zu entwickeln (der Tech-Tree wird von links nach rechts durchlaufen, verzweigt sich aber öfter). Eine entwickelte Technologie schaltet alle angeschlossenen Wege zu weiteren Technologien frei. Um eine Technologie zu entwickeln, müssen alle Wege dorthin aktiviert sein (nach dem Start zunächst nur einer, später aber auch mal drei Wege). Technologien bringen Schilde, zufriedene Bewohner, mehr Lagerfläche, Siegpunkte, vor allem aber auch Gebäudetechnologien (Stufe 1 bis 3) als Voraussetzung für den Bau eines Gebäudes, ebenso die Voraussetzung fürs Entwickeln von Weltwundern. Achtung: Es gibt teilweise doppelte oder gar dreifache Ressourcensymbole. Solche müssen in einem Zug markiert werden, ansonsten könnt ihr Ressourcen beliebig verteilen.
Mit Nahrung und Hämmern können Gebäude gebaut werden (wobei sie erst fertiggestellt sind, wenn auch die entsprechende Technologie für den Bau eines Gebäudes markiert wurde). Gebäude liefern individuelle Vorteile, z.B. zusätzliche Ressourcen unter vorgegebenen Bedingungen. Auch bekommen mit Ihnen vorhandene Symbole auf der Karte (z.B. Schluchten, Meer etc.) zusätzliche Funktionen.
Weltwunder funktionieren ähnlich und bringen dann zusätzliche Straßenabschnitte für den nächsten Zug.
Mit Hämmern und Nahrung können auch Städte errichtet werden. Markiert eine solche Stadt an einer beliebigen Straße und zählt dann den Abstand zur nächsten über Straßen erreichbare Stadt. Teilt das Ergebnis durch 3 und erhaltet entsprechend viele Glühbirnen. Städte sind auch eine gute Möglichkeit, das Straßennetz flexibler zu gestalten, da von ihnen aus die Möglichkeit besteht, neue Straßen abzuzweigen.
Wann immer ihr beim Abzählen der Segmente zu Beginn einer Runde das Ära-Feld überquert, wechselt ihr in die nächste Ära, die die Bedrohungen in ihrer Stärke verändert.
Nach 13 Runden folgt die Schlusswertung. Da gibt es Punkte für errichtete Weltwunder, für Lagerarbeiter mit Punkte-Symbol, für entwickelte Technologien mit Punkte-Symbol, für errichtete Städte, fürs Erreichen entfernter Länder auf der Karte, dazu Plus- oder Minuspunkte für das Verhältnis zufriedener vs. unzufriedener Leute und Minuspunkte für Feuersymbole.
Wer die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt.
Das Spiel kann auch solo gespielt werden; die Regeln bleiben unverändert.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- Zivilisations-Aufbauspiel in Gestalt eines Roll & Write-Spiels
- verschiedene taktische Wege
- Print & Play ohne große Vorbereitung
CONTRA
- Würfel entscheidet mit über die Schwierigkeit des Spiels
- Ungeübte können den Überblick verlieren
MEINUNG
Willkommen zurück im Eichental – und diesmal meinen wir’s richtig ernst. Also so richtig.
Nachdem wir 2023 erstmals den charmanten Villagers of the Oak Dell begegneten und wir sie danach in Dungeons of the Oak Dell beim Kampf gegen Monster in feuchten Kellern unterstützten, geht’s jetzt wieder ins Tal zurück. Statt Spazierfahrt ins Grüne oder Drachenklopperei heißt es diesmal: Stadtplanung deluxe. Ziel? Ganz einfach: Die größte Zivilisation aller Zeiten bauen. Easy? Bedingt.
Durch den Würfel und die eigenen Spielpläne, auf denen wir Felder markieren, sieht das erstmal aus wie ein gemütliches Roll-and-Write. Denkste! Der Würfel sagt zwar freundlich „Hallo“ zu Beginn jeder Runde, aber eigentlich bringt er nur zwei Dinge: eine Straßen-Aktion und zuvor eine fiese Bedrohung, die stets über uns schwebt wie ein mies gelaunter Wetterbericht. Keine Schilde? Zack, Minuspunkte. Unzufriedene Bürger? Schwupps, da geht das schöne neue Gebäude flöten. Revolten sind halt echte Spaßbremsen.
Im ersten Teil der Reihe hat ein Rondell noch ganz brav die Ressourcen und Aktionen verteilt, diesmal heißt’s: selbst ist die Siedlerin! Ressourcen kommen jetzt über ein Straßenpuzzle – was erstmal spaßig klingt, bis man merkt, dass man ohne Lagerausbau schnell zum Ressourcen-Messie wird. Denn: viele Ressourcen sammeln bringt einem nichts, wenn man sie nicht unterbringen kann. Und wenn man dann doch genug eingelagert hat, hängt alles irgendwie an allem: Für Gebäude braucht’s Technologien, Nahrung und Hämmer, für Lagerarbeiter Nahrung, für Städte und Weltwunder noch mehr Hämmer. Wer hier keine Prioritäten setzt, hat am Ende viel vor, aber nix geschafft. Willkommen in der Projekt-Hölle.
Apropos Technologien: Der Tech-Tree ist so verzweigt, der könnte glatt als Metropolen-Bahnhof durchgehen. Wer nicht aufpasst, steht schneller unbeabsichtigt in einer Sackgasse, als einem lieb ist. Aber clever ist er, der Baum – jede zum Strahlen gebrachte Glühbirne (also: aktivierte Technologie) leuchtet neue Wege aus. Nerd-Glückseligkeit!
Rise of the Oak Dell ist nichts für Kniffel-Freunde, sondern definitiv ein Fall für Kennerspiel-Fans mit Organisationstalent. Zwischen Boni, Gebäude-Effekten, Weltwunder-Boni, Wegepuzzle und Städtepunkten kann einem schon mal die eigene Birne glühen. Gelegenheitsspieler könnten da schnell nach dem ersten Straßenabschnitt die Orientierung verlieren. Aber: Wer auf komplexere Spiele mit hohem Taktikfaktor steht, wird hier happy. Der Würfel sorgt für Abwechslung – mal belohnt er uns mit kleinen Zahlen und hält uns lange in Ära 1, mal jagt er uns mit hohen Zahlen schnell in die nächste Ära, wo die Bedrohungen größer, gemeiner und… naja, eben bedrohlicher werden.
Okay, ich gebe es zu: Nach ein paar Partien schleichen sich Routinezüge ein. Gut, dass es da verschiedene Anführer und Karten gibt – die halten das Ganze frisch wie der Morgentau im Eichental.
Multiplayer-Solospiel ist übrigens wörtlich gemeint: Jeder tüftelt vor sich hin, Interaktion gibt’s nur beim Punktevergleich. Wer auf direkte Konfrontation steht, sucht sich vielleicht lieber ein Spiel mit mehr Gemeinheiten untereinander. Wer aber sein Hirn im Solo- oder Parallel-Modus so richtig zum Glühen bringen will, wird hier zufrieden sein.
Als Print-and-Play funktioniert das Ganze unkompliziert – Würfel, Stifte, Marker zusammensuchen, und los geht’s. Komplex im Kopf, aber nicht im Setup. Sehr sympathisch.
Mein Fazit? Rise of the Oak Dell gefällt mir sehr gut. Damit euch das genauso geht, solltet ihr jedoch Spaß am Multitasking und an Planung haben, um das gute Gefühl zu erleben, nach einer knappen Stunde Kopfzerbrechen eine halbwegs funktionierende Zivilisation hingekritzelt zu haben - egal, ob solo oder im Punkte-Wettstreit. Ohne bereits das finale Spiel im vollen Umfang zu kennen, sehe ich für die genannte Zielgruppe ein Kultpotenzial von 8 Punkten.
Die Kickstarter-Kampagne startet am 3. Juni 2025 hier: https://www.kickstarter.com/projects/twoacornsgames/rise-of-the-oak-dell?lang=de
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/beftEJ0MTr4
KULTPOTENZIAL: 8/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 03.06.2025
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Demo-Spiel.
Bildnachweis:
Coverfoto: Two Acorns Games
Weitere Fotos: Spielkultisten