REZENSION
MISCHWALD
- Genre: Karten-/ Taktikspiel
- Jahr: 2023
- Verlag: Lookout Spiele, im Vertrieb von Asmodee
- Autor: Kosch
- Grafik: Toni Llobet
- Spieler: 2 bis 5
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 45 bis 60 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
- Taktiklevel: 8/10
Punkte sammeln in Symbiose
Bäume, Tiere, Pflanzen, Pilze - in diesem taktischen Karten-Legespiel versuchen wir, ein funktionierendes Ökosystem zu erschaffen und am Ende die meisten Punkte über diverse Synergien einzuheimsen.
REGELN
Die Karten zeigen Bäume (in 8 verschiedenen Arten) sowie, jeweils vertikal oder horizontal zweigeteilt, diverse Tiere und Pflanzen, auch Pilze, immer mit einer eigenen Wertungsvoraussetzung fürs Spielende, teilweise auch noch mit Sofort- oder dauerhaften Effekten und Boni.
Mischt alle Karten und bildet daraus drei Stapel. Spielt ihr mit weniger als fünf Personen, legt ihr eine vorgegebene Anzahl an Karten (10 bis 30) ungesehen zurück in die Schachtel. Mischt in einen Stapel zwei Winterkarten ein und legt die dritte Winterkarte auf diesen Stapel. Legt die beiden anderen Stapel nun auf diesen dritten Stapel. Zieht jeweils sechs zufällige Karten auf die Hand. Ziehst du keinen Baum, darfst du alle Handkarten einmalig austauschen.
Gespielt wird reihum. Bist du an der Reihe, hast du zwei Optionen:
(A) Spiele eine Karte von deiner Hand aus. Zahle dafür die Kosten, die oben auf der Karte angegeben sind. Bezahlt wird immer mit der vorgegebenen Anzahl an weiteren Handkarten, die du dann offen auf den Spielplan, die sogenannte „Lichtung“ legst. Die Karten kannst du beliebig auswählen, manche ausgespielte Karten liefern dir aber einen Bonus, wenn du mit bestimmten Kartenfarben (Symbolen) bezahlst. Manche Karten liefern beim Ausspielen einen Sofort-Effekt oder sogar einen dauerhaften Effekt.
Um deinen eigenen Wald zu legen, benötigst du zunächst auf jeden Fall einen Baum, den du ausspielst. Jeder Baum bietet auch eine eigene Wertung am Spielende. So liefern Kastanien beispielsweise umso mehr Punkte, je mehr Exemplare du in deinem Wald besitzt. Du kannst alternativ auch eine beliebige Karte kostenlos ausspielen und auf die Rückseite drehen. Sie zeigt dann einen Sprössling, der wie ein ausgewachsener Baum behandelt wird, jedoch nicht bei Wertungen als eigene Baumart zählt. Wann immer du einen Baum ausspielst, ziehe zusätzlich eine Karte vom Stapel und lege sie offen auf die Lichtung.
An Bäume kannst du später dann auch die geteilten Karten spielen, wieder gegen die übliche Bezahlung. Dabei gilt: Horizontal geteilte Karten können nur an die Oberseite einer Baumkarte gespielt werden oder an die Unterseite. Die jeweils sichtbare Hälfte der Karte liefert dann teils wieder Effekte, auf jeden Fall aber eine Wertung am Spielende. Gleiches gilt für die vertikal geteilen Karten, die nur an die linke oder rechte Seite einer Baumkarte angelegt werden können. Jeder Baum kann also maximal vier Karten aufnehmen, je eine oben, unten, links und rechts. Es gibt Karten, die sich einen Platz teilen dürfen. Nur mit dieser Ausnahme kann ein Baum auch mehr als vier Karten beherbergen.
Karten, mit denen bezahlt werden, landen, wie gesagt, immer offen auf der Lichtung. Sollte sich hier eine zehnte Karte (oder mehr Karten) ansammeln, werden die Karten zurück in die Schachtel gelegt und die Lichtung somit wieder geleert.
(B) Ziehe 2 Karten. Das ist die Alternative zum Ausspielen. Du darfst dabei Karten vom Stapel ziehen oder offene von der Lichtung aufnehmen.
Spielende: Ziehst du eine Winterkarte vom Stapel, wird sie offen neben den Spielplan gelegt. Ziehe eine Ersatzkarte. Wird hingegen die dritte Winterkarte aufgedeckt, endet das Spiel sofort und jeder erhält nun Punkte für die Wertungsvorgaben der eigenen Bäume, der links und rechts neben Bäumen ausgespielten Karten sowie der oben und unten an Bäumen angelegten Karten. Wer die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- raffinierte Mechanik
- viele Kombinationen möglich
- thematisch angepasste Legeregeln
- wunderschöne Illustrationen
CONTRA
- mitunter auch mit Glück verbunden, da (außer in Vollbesetzung) nicht alle Karten im Spiel vorhanden sind
- etwas friemelige Handhabung der Karten
MEINUNG
Aufmerksam bin ich auf Mischwald bereits einige Zeit vor der Essener Spielemesse 2023 durch die Online-Umsetzung auf der Spiele-Plattform Board Game Arena geworden. Schnell war mir klar: Das Spiel möchte ich auch physisch besitzen, und ich habe alles dran gesetzt, ebenso schnell ein Exemplar zu ergattern. Das war wohl auch mein Glück, denn das Spiel in der mittelgroßen Schachtel löste auf der SPIEL 2023 einen regelrechten kleinen Hype aus und war an allen Tagen, auf die die Tageskontingente verteilt wurden, immer schnell ausverkauft. Ja, das schöne Cover und das Naturthema machen direkt optisch etwas her, und das setzt sich auch auf den schönen Karten-Illustrationen fort.
Spielerisch ist es jetzt im Kern gar nicht mal so gänzlich neu. Letztlich sammeln wir Karten, um auf unterschiedliche Weise Wertungen zu erfüllen. Da müssen mal verschiedene Exemplare von Fledermäusen gesammelt werden, möglichst viele Feldhasen, unterschiedliche Schmetterlinge ... ein Wildschwein bringt nur dann viele Punkte, wenn sich auch ein Frischling im Wald aufhält usw. Die Bäume verlangen dann auch wieder unterschiedliche Kombinationen. Mal ist es die Aufgabe, die verschiedenen Baumarten zu sammeln, dann wieder, möglichst viele Karten an einen Baum zu spielen. Und da es die Karten mehrfach gibt, lassen sich mit guten Kombinationen auch mehrfach Punkte machen.
Vor allem gibt es dann zwei Kniffe, die Mischwald von anderen Punkte-Maximierungsspielen unterscheiden. Zum einen wurde das Thema wirklich schön umgesetzt. So müssen Pilze beispielsweise immer ans untere Stammende eines Baumes gespielt werden, während sich Wildschweine, Luchse und Wölfe rechts und links neben den Bäumen tummeln. Vögel und Schmetterlinge hingegen können nur in der Baumkrone für Punkte sorgen. Und so ist es nicht nur die Aufgabe, gute Karten zu kombinieren, sondern auch, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Werde ich für viele Vogelkarten belohnt, brauche ich demensprechend auch viele Bäume, denn jede Baumkarte hat halt nur eine Krone und somit nur Platz für einen Vogel.
Tricky ist dann auch das Bezahlsystem. Dass ich Handkarten auch zum Bezahlen anderer Karten verwende, ist für sich wiederum nicht neu. Dennoch wird man hier oft vor ein spannendes Dilemma gestellt. Opfere ich eine Tierkarte, die mir richtig viele Punkte bringen würde, dafür, um erst einmal den benötigten Baum ausspielen zu können? Was lege ich da überhaupt auf die Lichtung? Jede dorthin gelegte Karte kann ja auch eine Vorlage für meine Mitspieler sein. In kleinerer Runde kann ich darauf hoffen, eine Karte auch wieder zurück auf die Hand zu bekommen.
Die Spielerzahl ist da dann so ein kleiner Knackpunkt. Da - je nach Spielerzahl, außer in Vollbesetzung - bis zu 30 Karten aussortiert werden, zufällig, kann es sein, dass ich auf bestimmte Karten warte, die gar nicht im Spiel sind. Wer jetzt denkt, dass das Spiel dadurch in Schieflage gerät, dem kann ich entgegenhalten: Die Ungewissheit gehört durchaus zum Konzept, schließlich kann ich ja auch in Vollbesetzung nichts daran ändern, wenn Mitspieler bestimmte, von mir gewünschte Karten, zufällig auf ihre Hand ziehen. Somit ist Mischwald also kein durch und durch strategisches Spiel, sondern ein optimierendes, was sich auch an der nicht gänzlich vorhersehbaren Spiellänge zeigt. Mit der dritten Winterkarte ist sofort Schluss. Wir wissen, dass sich diese im unteren Stapel-Drittel befindet, aber wo genau, das weiß halt niemand. So kann einen das Spielende dann doch auch überraschen, wenn man darauf hofft, doch bitte noch einmal einen Spielzug ausführen zu dürfen.
Vom Spielgefühl erinnert mich Mischwald beispielsweise ein wenig an Fantastische Reiche, nur dass ich bei Mischwald dann letztlich mit offenen Karten spiele, und die Kartenauslage zunehmend zum Hingucker wird, wenn sie auch Platz benötigt. Das Anlegen der Karten an die verschiedenen Stellen der Bäume ist ein taktisches Alleinstellungsmerkmal, das allerdings auch ein wenig auf Kosten der spielerischen Eleganz geht. Das Anlegen einer neuen Karte an bereits mehrere gesammelte eines Baumes ist nicht so einfach, da eine neue Karte immer zur Hälfte unter einen Baum geschoben wird. Das ist dann etwas friemelig, wenn sich da gleich mehrere Karten verhaken, aber mit etwas Übung bekommt man auch das recht gut hin. Auf jeden Fall würde ich durch das ständige Übereinanderschieben der Karten zu Sleeves raten, damit es da keine schnellen Abnutzungserscheinungen gibt.
Die Wertung am Spielende wiederum ist jetzt auch nicht die kürzeste, aber doch übersichtlicher als beim zuvor genannten Titel Fantastische Reiche, einfach, weil ich bei Mischwald schon während des Spiels immer alle Punkte-Optionen visuell vor mir habe und die einzelnen Wertungen keine zusätzlichen versteckten „Wenn, dann, oder dann doch nicht..."-Einschränkungen haben, sondern gradlinige Anweisungen vorgeben. Die sollte man natürlich im Auge behalten, aber es winken keine saftigen Strafen, wenn ich etwas übersehe. Somit ist das Spiel auf jeden Fall familientauglich.
Wie für die Messebesucher der SPIEL 2023, ist Mischwald auch für mich eine wirkliche kleine Perle. Es ist simpel genug, um Familien anzulocken, aber eben auch für Vielspieler interessant. Schon jetzt sehe ich in dem Spiel einen heißen Kandidaten für die Spiel- bzw. Kennerspiel-des-Jahres-Nominierung im Jahr 2024. Mischwald ist herausfordernd im Kombinieren der verschiedenen Synergien, und durch das Marktsystem der Karten ist es auch stets interaktiv bei den Überlegungen, ob man Mitspielern etwas wegschnappt oder freiwillig als Geschenk vorsetzt. Die Optik ist zudem für Naturfreunde geradezu bezaubernd. Bis auf die kleinen Abzüge in der B-Note, was das Handling und das zufällige Aussortieren der Karten angeht, ist Mischwald für mich ein echtes Herbst-Highlight im Jahr 2023 und erhält von mir daher auch richtig starke 9 von 10 Kultpunkten!
Hinweis: Im Jahr 2024 erschien mit Mischwald Alpin die erste Erweiterung.
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/8z47s2UNpTA
KULTFAKTOR: 9/10
Spielidee: 9/10
Ausstattung: 10/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 08.10.2023
Bildnachweis:
Coverfoto: Lookout Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten