REZENSION

MEADOW

  • Genre: Taktikspiel
  • Jahr: 2021
  • Verlag: Rebel Studio, im Vertrieb von Asmodee
  • Autor: Klemens Kalicki
  • Grafik: Karolina Kijak, Katarzyna Fiebiger
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: ca. 60 - 90 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: mittel
  • Taktiklevel: 7/10

Wandern als Erlebnis

Stellt euch eine ins Sonnenlicht getauchte Natur vor, saftig grüne Wiesen, blühende Blumen, malerische Dörfer. Durch so eine ländliche Traumwelt wandert ihr in diesem Spiel, macht allerlei Entdeckungen und sammelt das eine oder andere Fundstück ein.

NATUR-SPECIAL-TAGE 23.05.-04.06.2021


REGELN

Sortiert die Karten zunächst nach den Buchstaben auf der Rückseite, die für die vier Himmelsrichtungen stehen. Für jeden Stapel gibt es einen eigenen Kartenspender. Jetzt wird der Wanderplan mit Karten bestückt. In die beiden äußeren Spalten kommen je vier West- bzw. vier Ost-Karten, in die beiden mittleren Spalten je 4 Süd-Karten. Die Nord-Karten sind vorerst nicht im Spiel.

Vor Spielbeginn sucht sich jeder Spieler eine waagrechte Reihe des Wanderplans aus und nimmt diese Karten auf die Hand (also 1x West, 1x Ost, 2x Süd), hinzu kommt noch eine zufällige Karte vom Nord-Stapel. So besitzt dann jeder Spieler 5 Handkarten. Frei gewordene Plätze des Wanderplans werden immer mit neuen Karten von den zugeordneten Stapeln aufgefüllt.

Jeder Spieler erhält zudem eine doppelseitig bedruckte Start-Bodenkarte, je nach Spielerzahl 4 oder 5 Wanderplättchen (in Pfeilform), 3 Bonusplättchen sowie ein erstes Wegeplättchen.

Spielablauf
Gespielt wird eine bestimmte Anzahl an Runden, im Spiel zu viert sind das 8 Durchgänge. Legt den zur Spielerzahl passenden Lagerplan in die Tischmitte, bestückt die Felder mit den zufällig gemischten Zielplättchen und lasst die Wanderer-Figur die Runden zählen.

Los geht‘s. In jeder Runde spielen die Spieler reihum immer genau ein Wanderplättchen und führen dann eine Aktion aus. Das geht so lange, bis alle Spieler alle Wanderplättchen gespielt haben. Danach werden die Plättchen wieder eingesammelt und den Spielern zurückgegeben. Der Wanderer wird um eine Position weitergezogen, eine neue Runde startet. Überquert der Wanderer die Sanduhr, werden einmalig alle Karten vom Wanderplan genommen und neue Karten ausgelegt. Der Süd-Stapel wird dann durch den Nord-Stapel ersetzt.

Konzept
Mit den Karten errichten die Spieler vor sich eine eigene Landschafts-Auslage. Die Boden- und Beobachtungskarten (hochkant bedruckt) kommen in die untere Reihe der eigenen Auslage. Die (im Querformat bedruckten) Landschafts- und Fundstück-Karten kommen in die obere Reihe der eigenen Auslage. Doch wie gelangen nun überhaupt Karten in die Auslagen  der Spieler?

Alles beginnt mit der Start-Bodenkarte, die jeder Spieler auf die Seite seine Wahl dreht. Die Bodenkarte zeigt am unteren linken Rand ein Boden-Symbol, ein weiteres Symbol ist oben links zu sehen. Dieses bezieht sich auf die Beobachtungskarten.

Schauen wir uns also jetzt die Karten im Hochformat an. Sie zeigen oben links ein großes Symbol, das die Karte ganz gut beschreibt. Das kann ein Haus sein, das können Blüten sein von einer Blume, allerlei Getier etc. Da gibt es diverse Symbole. Auf manchen Karten gibt es auch direkt zwei große Symbole. Darunter, deutlich kleiner, sehen wir weitere Symbole, die die Kosten der Karten beschreiben, also Voraussetzungen, um diese Beobachtung zu machen. Teilweise beziehen die sich auch auf Nachbarkarten der eigenen Auslage.

Spielerzug
Bin ich an der Reihe, spiele ich nun erst einmal ein Wanderplättchen (Pfeil) aus. Das zeigt  jeweils eine Zahl von 1 bis 4 (sowie evtl. auch ein Fragezeichen, wenn nicht zu viert gespielt wird). Dieses Plättchen ist quasi die Eintrittskarte zu einer Aktion. Der Ort, am dem es abgelegt wird, bestimmt dann, was danach passiert:

(1) Ich kann mein gewähltes Wanderplättchen an einer freien Aussparung des Wanderplans anlegen. Von dieser Position aus zähle ich nun die Anzahl an Feldern, die die Zahl auf dem Plättchen vorgibt. Heißt: Spiele ich eine 2, so wandere ich von diesem Plättchen aus 2 Felder über den Plan und erhalte die dort liegende Karte auf die Hand. Plättchen können links, rechts oder am unteren Ende des Wanderplans angelegt werden. Auf verschiedene Weise lassen sich also bestimmte Karten ansteuern. Ein frei gewordener Platz wird direkt mit einer neuen Karte vom passenden Stapel aufgefüllt. Anschließend darf ich eine Karte von der Hand in meine Auslage spielen, sofern ich die Voraussetzungen dafür erfülle. Mehr dazu gleich.

(2) Ich kann das Plättchen auf eine freie Bank des Lagerplans (also neben das Lagerfeuer) legen. So eine Bank erlaubt es mir, eine Karte von der Hand auszuspielen, ohne dass ich eine neue Karte erhalte. Wie auch bei (1) muss ich die Kosten dafür entrichten. Das ist natürlich eine schwächere Aktion als (1), aber die Aussparungen des Wanderplans sind eben auch begrenzt.

(3) Ich kann das Plättchen in eine freie Aussparung am äußeren Rand des Lagerplans platzieren. Nun beachte ich den unteren Teil des Plättchens, der mir eine individuelle Aktion liefert, je nach gewähltem Plättchen:

  • Ich darf gleich zwei Handkarten ausspielen (gegen die übliche Bezahlung).
  • Ich erhalte zwei neue Wegeplättchen.
  • Ich ziehe drei Karten von einem der Nachziehstapel, suche mir daraus eine neue Handkarte aus und lege die beiden anderen Karten wieder unter den Stapel.
  • Ich nehme eine beliebige Karte vom Wanderplan auf die Hand und füllen den Platz sofort mit einer neuen Karte vom Stapel nach.


Eigene Kartenauslage
Kommen wir nun zum Herzstück des Spiel, dem Ausspielen der Karten. Wie zuvor beschrieben, kann ich auf verschiedene Weise die Berechtigung erhalten, eine Karte (oder auch zwei) von der Hand auszuspielen. Die Kosten (Symbole), die eine Karte zeigt, muss ich als Voraussetzung in meiner Auslage vorweisen können. Manche Karten lassen sich kostenlos ausspielen. Bodenkarten werden nebeneinander ausgespielt. Maximal 10 Bodenkarten darf ich vor mir liegen haben.

Karten, die bestimmte Symbole fordern, darf ich nur auf Karten spielen, die bereits in meiner Auslage liegen und mindestens eines der geforderten Symbole als großes Symbol anzeigen. Ein gefordertes Symbol muss (!) zwingend in meiner Auslage vorhanden sein, weitere fehlende Symbole kann ich notfalls auch mit je 2 Handkarten, die ich abwerfe, ausgleichen. Sollte eine Karte mehrere Symbole fordern und diese sich auf verschiedene Karten in meiner Auslage verteilen, entscheide ich selbst, auf welche dieser Karten ich die neue Karte spiele. Wir erinnern uns: Wichtig für die Bezahlung neuer Karten ist das große Symbol oben links auf bereits vorhandenen Karten. Eine neu ausgespielte Karte überdeckt dann aber eben dieses Symbol auf der darunterliegenden Karte. So ist also immer nur die oberste Karte sichtbar, die darunterliegenden Karten zeigen am unteren Rand verschachtelt nur ihre Punkte an. Einzig das Boden-Symbol bleibt immer erhalten. Damit mehrere Symbole in die eigene Auslage gelangen, benötige ich also mehrere Kartenreihen, die immer mit einer Bodenkarte beginnen.

Um eine Landschaftskarte auszuspielen, benötige ich hingegen stets ein Wegeplättchen. Und für das Ausspielen eines Fundstücks benötige ich eine bereits vor mir liegende Landschaftskarte, auf die ich das Fundstück spiele. Auch hier lassen sich mehrere Landschaften nebeneinander ausspielen, sofern ich für jede Landschaft ein Wegeplättchen besitze.

Siegpunkte am Spielende
Jede ausgespielte Karte bringt am Spielende, also nach der letzten Runde, ihre aufgedruckten Punkte. Aber ich kann noch auf eine weitere Weise Punkte sammeln: Immer, wenn ich Option (3) wähle, kontrolliere ich, ob ich ein Zielfeld (zwischen zwei Zielplättchen) auf dem Lagerplan belegen kann. Dazu müssen die beiden umrahmenden Zielsymbole sichtbar in meiner Auslage vorzufinden sein. Sind sie das, lege ich zunächst meinen 2er-, später den 3er-, und wenn es gut läuft, auch noch den 4er-Chip auf so ein Zielfeld. Die Zahl darauf entspricht der Punktezahl, die ich für so ein Ziel erhalte. Jedes Zielfeld kann jedoch nur einmal belegt werden - was weg ist, ist weg!

Wer nach der letzten Runde dann also die meisten Punkte vorweisen kann, gewinnt.

Varianten
Das Spiel bietet eine Solo-Variante sowie fünf verschlossene Umschläge, die nach und nach weitere Karten als optionale Mini-Add-Ons in spätere Partien bringen können.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • trickreiche Aktionsauswahl
  • viele taktische Überlegungen
  • tolle Gestaltung, gute Materialqualität
  • gehobene Spieltiefe


CONTRA

  • das Glück kann auch mitentscheiden
  • für Vielspieler zu wenig Aktionsvarianz

MEINUNG

Wandern hat sich ja in den letzten Jahren durchaus zu einem Trend entwickelt. Waren es früher im Klischee-Denken eher die ältere Herrschaften in Kniebundhosen, die sich auf den Weg durch die Natur machten, so ist diese Erlebnis-Form des profanen Spazierengehens mittlerweile auch bei der Jugend beliebt und keinesfalls mehr als spießig verpönt.

Überhaupt hat das Erleben von Natur ein Revival erlebt. Die Schönheiten am Wegesrand entdecken, Tiere beobachten, Pflanzen fotografieren, malerische Dörfer besuchen. All das vereint Meadow und setzt sich dabei angenehm von der Konkurrenz ab, die bei diesem Thema oft auf das Prinzip „bringe Karten in eine punkteträchtige Formation / Kombination“ setzt. Nun ja, eigentlich machen wir das bei Meadow ja auch, aber dann doch auf eine ganz andere Weise als z.B. bei Flourish oder Village Green.

Meadow kratzt dabei schon an der Einordnung zum Kennerspiel, auf jeden Fall aber ist es ein gehobenes Familienspiel, kein Spiel für Wenigspieler, das man einfach aus dem Bauch heraus spielen kann und dann mal zusieht, was dabei herauskommt. Hardcore-Vielspieler werden eventuell kritisieren, dass man in einer Partie keine allzu große Aktionsvarianz hat, aber ein komplexes Strategiespiel möchte Meadow ja auch nicht sein, es ist mehr ein großes Kartenspiel. Und dabei muss dann geplant und taktiert werden! Das beginnt mit der Auswahl der Wanderplättchen, die in Pfeilform ja auch immer eine Zahl zeigen. Jede Zahl ist pro Runde und Spieler nur einmal vorhanden, das gilt auch für die daran geknüpfte spezielle Aktion. Natürlich muss ich mir dann schon überlegen, wofür ich welches Plättchen einsetzen möchte, ein integrierter Worker-Placement-Mechanismus also!

Das Glück spielt da manchmal auch mit. Bei der Auswahl neuer Karten vom Wanderplan kann ich nur auf das zurückgreifen, was mir die freien Slots für die Wanderplättchen und die zufällig ausliegenden Karten gerade so bieten. Dennoch kann ich natürlich zunächst Karten gezielt ansteuern. Das ist schon mal ein schöner Mechanismus. Während die Bank-Felder zum Ausspielen neuer Karten eher als Notoption angesehen werden können, sind die äußeren Slots rund um das Lagerfeuer dann schon deutlich begehrter. Die Spezialaktionen der Wanderplättchen sind stärker als die Standard-Aktionen, und nur mit ihnen kann ich auch zusätzliche Ziele erfüllen, aber auch hier gilt: Wer zu erst kommt, mahlt zuerst. Sind alle Slots belegt, habe ich meine Chance in dieser Runde vertan. So besitzt Meadow immer auch einen Wettrennen-Charakter um die besten Aktionen.

Doch das Herzstück des Spiels ist meine eigene Kartenauslage. Landschaften entdecken, Fundstücke einsammeln, ja damit kann ich Punkt generieren, aber neben den Wegeplättchen benötige ich vor allem eines: Eine möglichst breit gefächerte Auswahl an Symbolen auf den Beobachtungskarten, um Kosten effizient entrichten zu können. Zwei Handkarten abzuwerfen, um eine fehlendes Symbol auszugleichen, schmerzt. Manchmal ist das durchaus eine Option, um schneller voranzukommen, auch können so nicht benötigte Handkarten sinnvoll entsorgt werden, dennoch: Das ist schon immer auch eine teure Angelegenheit, wenn man mühevoll ergatterte Karten dann wieder abwerfen muss.

So empfiehlt es sich, mit mehreren Bodenkarten erst einmal das Fundament für mehrere parallele Kartenreihen zu schaffen. Und dann geht‘s ans Taktieren. Wohin kann ich welche Karte spielen? Und habe ich mehrere Optionen, folgt gleich das nächste Dilemma: Welches Kartensymbol opfere ich? Ein verdecktes Symbol kann nicht mehr zum Bezahlen neuer Karten beitragen. So muss ich schon genau schauen, wie ich mit diesen Symbolen haushalte, welche Karten ich als nächstes spielen möchte, wie ich die Symbole sinnvoll kombiniere und auf welche ich verzichten kann. Die Auslage ist dynamisch, sie verändert sich genau wie die Erlebnisse auf einer Wanderung eben. Da bekommt man ja auch stets Neues zu sehen, und das gefällt mir bei Meadow wirklich gut.

Zum vollendeten Spielerlebnis tragen auch die wunderschön illustrierten Karten bei. Die laden zum Träumen, zum Relaxen ein. Anders als vergleichbare Spiele in diesem Sektor, besitzt Meadow aber doch eine deutlich höhere Spieltiefe. Man sollte auf jeden Fall Spaß am Planen und Taktieren haben, ja, auch am Optimieren, denn ganz ohne Glück kommt man, wie gesagt, auch hier nicht aus. Natürlich kann es immer wieder mal passieren, dass einem anvisierte Karten vor der Nase weggeschnappt werden, insbesondere in Vollbesetzung. Im Spiel zu zweit hat man da etwas mehr Planungssicherheit. Dennoch kann ich das Spiel in jeder Besetzung empfehlen, wenn man dem Karten-, ja, eigentlich ist es schon Ressourcenmanagement, etwas abgewinnen kann. Das Verwalten der Ressourcen  wurde hier nämlich auf eine neue Weise interpretiert, die trickreich und herausfordernd ist. Das Worker-Placement-Element lässt aus dem Kartenspiel dann schon ein Brettspiel werden.

So vergebe ich insgesamt wirklich sehr gute 8 Kultpunkte. Wer, wie ich, dann auch noch dem Thema zugeneigt ist, wird sicher seine Freude an Meadow haben. Meine persönliche Tendenz geht im Genre der Natur-Spiele daher sogar schon in Richtung 9 für eine Spielidee, die komplett ohne Kartentexte auskommt und somit sprachneutral funktioniert - ein Denkpuzzle rund ums ständige Kombinieren von Kartensymbolen sozusagen, die stetig in Veränderung sind. Wer so etwas interessant findet, sollte sich das Spiel definitiv genauer anschauen, denn allein beim Anschauen wird man zudem in eine charmante Welt aus malerischen Illustrationen entführt. Ich mag Meadow daher echt gern!

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/BmQvRXlq5t8

KULTFAKTOR: 8/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 10/10
Spielablauf: 8/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 25.05.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch eine Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Rebel Studio / Asmodee
Weitere Fotos: Spielkultisten