REZENSION

WÜRFELREICHE VON VALERIA

  • Genre: Würfel-/ Taktikspiel
  • Jahr: 2023
  • Verlag: Schwerkraft Verlag (deutsche Version)
  • Autor: Levi Mote
  • Grafik: Mihajlo Dimitrievski
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Dauer: ca. 30 bis 45 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: mittel
  • Taktiklevel: 6/10

Monster, Bürger & Boni

In unserem Herzogtum herrscht Frieden, aber wie lange noch? Unsere Aufgabe in diesem Roll-and-Write-Spiel ist es, eine Festung aufzubauen, Gebiete zu erschließen, aber auch die Monster zu verjagen, die sich in ihren Verstecken am Waldrand aufhalten. Dabei warten, neben Punkten, vor allem unzählige Boni darauf, eingesammelt zu werden.

REGELN

Jeder erhält zwei Spielbögen, die nebeneinander gelegt werden. Beide Bögen ergänzen sich so zu einer Landschaft mit verschiedenen Aktionsbereichen. Mischt außerdem die Statuen-Karten getrennt nach Tag- und Nachtseite, legt die Tag-Karten verdeckt auf die Nacht-Karten, und deckt sechs Karten auf.

Gespielt wird reihum. Wer am Zug ist, wirft die sechs Würfel. Nun gibt es zwei Phasen:

(1) Ertragsphase (für alle Spieler): Jeder schaut sich die Sektoren seines Bürger-Tableaus an, die gewürfelt wurden. Dabei werden die schwarzen Würfel einzeln gewertet und in ihrer Summe, heißt: Eine geworfene 1 und 5 führt zur Kontrolle der Sektoren 1, 5 und 6 (als Summe aus 1 und 5). In jedem Sektor befinden sich zwei Bürger, die einer von insgesamt vier verschiedenen Gilden zugeordnet sind, die jedoch zunächst rekrutiert werden müssen. In der Ertragsphase werden ausschließlich bereits zuvor rekrutierte Bürger berücksichtigt. Zu Beginn des Spiels besitzt jeder bereits zwei Start-Bürger in den Sektoren 5 und 6. Für jeden rekrutierten Bürger einer Zahl, die durch die Würfel gewertet wird, wird eine Markierung auf der entsprechenden Gildenleiste gemacht. Die Gildenleisten werden von links nach rechts, von oben nach unten (also in Leserichtung) gefüllt und liefern auf diversen Feldern Boni (siehe unten). Ist eine Gildenleiste bereits komplett gefüllt, entfällt die Markierung.

(2) Aktionsphase (nur für den aktiven Spieler): Der aktive Spieler wählt nun aus den Farbwürfeln in gelb, rot und grün einen Würfel aus, mit dem er eine Aktion durchführen möchte. Dabei entscheidet die Augenzahl darüber, welche bzw. wie viele Felder markiert werden dürfen. Zum gewählten Würfel darf der Wert des blauen Würfels hinzuaddiert werden, wenn gewünscht.

Gelb = Bürger rekrutieren: Der Spieler markiert den ersten verfügbaren Bürger von links in der erwürfelten Sektion. Zeigt der gelbe Würfel also eine 4, wird die Markierung in Sektor 4 gemacht. Kombiniert der Spieler dabei den gelben Würfel mit dem blauen, können auch die höheren Sektoren (7 bis 12) erreicht werden. Viele Felder liefern Boni (siehe unten). Jeder so rekrutierte Bürger wird bei künftigen Ertragsphasen gewertet, wenn die entsprechende Zahl des Sektors gewürfelt wurde.

Rot = Monster erschlagen: Die Monster befinden sich in den insgesamt vier verschiedenen Monster-Verstecken am unteren Rand der beiden Spielbögen. Jedes Versteck ist in mehrere Kammern unterteilt, die nur mit der darüber angegebenen roten Würfelzahl (bzw. einer Zahlenspanne, ggf. kombiniert mit dem blauen Würfel) mit Markierungen gefüllt werden dürfen, wie gewohnt in Leserichtung. Wählt der Spieler den roten Würfel, erhält er immer auch sofort ein Gold als Bonus. Viele Felder liefern weitere Boni (siehe unten). Hat ein Spieler als erster alle Felder eines Verstecks mit Markierungen gefüllt, erhält er die höhere Punktezahl des Verstecks, die anderen Spieler spielen dann nur noch um die kleinere Punktezahl.

Grün = Bauen: Ausgehend von den bereits markierten Startfeldern, werden für die Würfelzahl des grünen Würfels (ggf. wieder in Kombination mit dem blauen) Straßenfelder markiert. Wird ein neues Gebiet erreicht, endet der Spielzug hier. Eventuell übrige Würfelaugen verfallen. Das Gebiet wird dann eingekreist. Viele Gebiete liefern dauerhafte Vorteile, die einmal pro Spielzug verwendet werden dürfen (+/- 1 auf bestimmte Würfelfarben, Drehen eines Würfels auf die Rückseite). Andere Gebiete liefern einmalige Vorteile, nämlich die Markierung des am weitesten links verfügbaren Feldes des Bürgers einer bestimmten Gilde. Auch die Markierungen der Straßen-Felder liefern erneut diverse Boni (siehe unten). Weitere Straßen-Felder dürfen in künftigen Aktionen (oder über das Ausführen von Boni) fortan auch immer an bereits begonnenen Straßen oder eingekreisten Gebieten fortgeführt werden.

Nach beiden Phasen werden die Würfel weitergereicht, und der nächste Spieler wird zum aktiven Spieler.

Die Boni:
Wie bereits mehrfach erwähnt, warten bei der Markierung von Feldern diverse Boni darauf, sofort ausgeführt zu werden. Die Ausführung einer Belohnung kann dazu führen, dass weitere Boni folgen, sodass Kettenaktionen entstehen.

  • Rekrutierung: Bei einem Feld mit Bürger-Symbol wird das äußerst links verfügbare Feld in einer Bürgersektion der eigenen Wahl markiert.
  • Straße: Für ein grün umrandetes Feld gibt es direkt eine Markierung im grünen Bereich des Spielerbogens, heißt: Der Spieler markiert ein Straßenfeld, das sich an bereits markierte Felder oder eine aktivierte Siedlung anschließt.
  • Ritter: Das nächste freie Feld der Ritter-Leiste auf der Stadtmauer wird markiert.
  • Monster: Das erste links verfügbare Feld in einem Monsterversteck der eigenen Wahl wird markiert.
  • Stern: Jedes markierte Stern-Feld bringt am Spielende einen Punkt.
  • Gold: Ein gelb umrandetes Feld liefert sofort eine Markierung auf der Gold-Leiste am linken Rand des linken Spielbogens. Auch die Goldleiste wird wieder in Leserichtung gefüllt. 
  • Sockel: Auf jedem sechsten Gold-Feld befindet sich ein Sockel-Symbol. Wird das markiert, erhält der Spieler sofort eine der ausliegenden Statuen-Karten, die einen (stärkeren) Sofort-Bonus oder aber, und das in der Mehrzahl, Siegpunkte für bestimmte Bedingungen am Spielende liefern (z.B. für jede markierte Brücke auf Straßen, für jeden rekrutierten Bürger der Arbeiter-Gilde etc.). Die Kartenauslage wird am Ende der jeweiligen Phase wieder aufgefüllt. Jeder Spieler darf jede Statuenkarte nur einmal besitzen, auch wenn je zwei Exemplare jeder Belohnung im Deck zu finden sind.


Spielende: Das Spiel endet, wenn ein Spieler die dritte Gildenleiste komplett gefüllt hat. Die Runde wird noch zu Ende gespielt, sodass alle gleich häufig aktiver Spieler waren, dann folgt die Schlusswertung:

  • Jedes markierte Feld mit einem Stern bringt 1 Punkt.
  • Jedes eingekreiste Gebiet bringt 1 Punkt.
  • Jedes abgeschlossene Monsterversteck bringt die erhaltenen Punkte (höhere oder niedrigere Punktezahl).
  • Jede eingesammelte Statuen-Karte mit Spielende-Wertung bringt die Punkte entsprechend ihrer Bedingung. 


Alle Punkte werden addiert. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

Das Spiel bietet auch eine Solo-Variante mit speziellen Ereigniskarten.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • abwechslungsreiches Roll-and-Write-Spiel
  • Kernidee des Grundspiels ist in Form der Ertragsphase erhalten geblieben
  • viele Boni sorgen für belohnende Kaskaden-Effekte


CONTRA 

  • Übersicht kann mitunter etwas verloren gehen

MEINUNG

Als “Königreich der Karten“ bezeichnet sich das „große“ Valeria, das eine ganze Spielwelt eröffnete, und das, obwohl die treibende Kraft im Engine Building auch in der Ursprungsversion schon zwei Würfel sind. Über Karten, die man im Spiel kauft, erhält man zunehmend mehr Möglichkeiten, Erträge einzufahren, nämlich dann, wenn die Würfelzahlen bzw. die Summe der Würfel in einer Art Lotterie die Zahlen auf den eigenen Karten treffen, und das auch in passiven Spielzügen. Genau dieses markante Element finden wir nun auch in der Roll-and-Write-Version, Würfelreiche von Valeria, wieder. Das holt damit auch direkt alle Fans von Valeria ab.

Anders als beim großen Vorbild, sind es diesmal jedoch keine Karten, die uns Vorteile oder Punkte liefern, sondern Würfel, die dem aktiven Spieler für Aktionen zur Verfügung stehen. Das Spiel bleibt dabei, trotz Kennerspiel-Anspruch, auf einem sehr angenehmen Niveau. Es ist schnell erklärt und ebenso schnell verstanden, denn letztlich gibt es nur drei Haupt-Aktionen, die zur Wahl stehen, und die für sich genommen auch keine komplizierten Regeln besitzen. Der Engine Builder-Effekt wird in dieser Version nun über die Bürger und ihrer zugeordneten Gildenleisten generiert, dazu gibt es etwas Wegeplanung und natürlich auch wieder Monster, die sich allerdings wirklich gut auf den Spielerbögen versteckt haben. So ist die Atmosphäre schon ein wenig abstrakterer Natur, wenngleich die berühmten Illustrationen von „The Mico“ auch hier wieder ins Auge fallen, nur in dezenterer Form. Die Spielstory unterstützt das Spiel aber gut.

Dadurch, dass die Ertragsphase stets alle Spieler absolvieren, ist jeder auch in den Spielzügen der Mitspieler involviert. Das ist dann immer ein schönes kleines Spannungselement, ob einem denn die rekrutierten Bürger auch Schritte auf den Gildenleisten einbringen. Dieser Glücksfaktor beim Werfen der Würfel gehört hier klar zum Konzept. Die Gildenleisten wiederum sind dann auch gleichzeitig der Timer fürs Spiel, denn über sie wird die Spiellänge entschieden, die meist in etwa bei 45 Minuten liegt. Für ein Roll-and-Write-Spiel schon eine etwas längere Zeit, die aber kurzweilig bleibt und auch schon gut für 12-Jährige, ja, mit Spielerfahrung auch für 10-Jährige machbar ist, wenngleich die offizielle Altersempfehlung mit 14 Jahren höher liegt.

Nun vereint Würfelreiche von Valeria in seinen einzelnen Aktionsbereichen durchaus bekannte Elemente. Mal müssen Straßen gebaut und Gebiete erschlossen werden, mal müssen bestimmte Würfelzahlen generiert werden, um die Engine auszubauen oder Monster zu verhauen. Vor allem aber, und das ist wohl auch das Herzstück des Spiels, müssen die Aktionen so klug kombiniert werden, dass im Idealfall ganze Kaskaden an Boni erzielt werden. Von den Boni, die es an allen Ecken und Enden der eigenen Spielzettel gibt, lebt das Spiel, denn so bewegt man den Stift, wenn es gut läuft, von einem Bereich zum nächsten, um überall Belohnungen abzukassieren. Wer Spiele wie Ganz schön clever mag, wird auch bei den Würfelreichen von Valeria mit sich gut anfühlenden Aktionsketten belohnt.

Nun könnte man der Meinung sein, in jeder Partie das selbe zu tun. Das ist wohl sogar auch etwas Wahres dran, denn alle drei Aktionen sind wichtig, um Punkte zu machen bzw. über ihre Boni verzahnt. Aber keine Sorge: Dennoch ist Varianz im Spiel vorhanden, denn die Würfel fallen schließlich in jeder Partie in immer neuen Kombinationen. Da stört es dann auch nicht wirklich, dass auf den Spielzetteln an sich keine Variablen zu finden sind. Auch über die Statuen-Karten, die einem eine asymmetrische Wertung am Spielende einbringen können, ja, die einem die Möglichkeit geben, die Wertung an die eigenen Erfolge im Spiel anzupassen, kommt Abwechslung ins Spiel.

Würfelreiche von Valeria bleibt für mich insgesamt ein schönes Absackerspiel im gehobenen Familienspiel- / einfachen Kennerspiel-Sektor. Ich finde es unterhaltsam und auch nicht als zu komplex, sodass es nach einem längeren Spieleabend keine rauchenden Köpfe geben wird; banal ist es dennoch nicht. Im fortgeschrittenen Verlauf einer Partie sind dann nämlich zunehmend mehr Stellschrauben vorhanden, die einem eine taktische Manipulation der Würfel erlauben.

Gerade anfangs muss man sich allerdings erst einmal mit den Spielzetteln anfreunden. Wir haben uns immer wieder dabei ertappt, einen Bonus übersehen zu haben. Das geht tatsächlich schnell, da einige Bonusfelder jetzt nicht so auffällig gekennzeichnet sind, dass einem der Bonus direkt ins Auge springt. Also, achtet immer genau darauf, was ihr gerade wo markiert. Die Übersicht ist dann vielleicht auch der einzige Kritikpunkt. Durch die Kettenreaktionen beim Auslösen von Boni springt man oftmals mehrfach hin und her, und wenn man dann noch zwei Boni auf einmal einsackt, und die Wege sich verzweigen, muss man schon am Ball bleiben, um keine Belohnung zu vergessen bzw. nicht den Faden zu verlieren. Im Prinzip ist das Handling der Zettel ganz simpel, dennoch gibt es da so kleine Gegebenheiten, die Flüchtigkeitsfehler verursachen können.

Ein wichtiger Tipp am Rande: Markiert die Felder am besten immer nur mit minimalistischen Punkten. Ihr müsst die Formen der Felder nämlich später teilweise noch einmal wiedererkennen können, wenn eine Statuen-Karte beispielsweise Punkte für Brücken oder es am Spielende Punkte für Sternenfelder gibt, die man dann noch einmal sorgfältig zusammensuchen muss. In der Hinsicht ist das Handling dann vielleicht an der einen oder anderen Stelle nicht ganz so elegant, aber es funktioniert, und das auch zunehmend besser, je öfter man sich in die Würfelreiche begibt.

Auch wenn dieses Roll-and-Write jetzt keine absolute Innovation im Genre der etwas komplexeren Würfelspiele darstellt, so ist es auf jeden Fall, in meinen Augen, eine sehr gelungene Mischung aus taktischen Überlegungen und eben auch Glück, und das mit einem eigenen Charakter. Die Wartezeiten sind recht gering, man hat zwischen seinen eigenen Zügen auch immer etwas zu tun, sodass die Aufmerksamkeit nicht schwindet. Das Thema kommt in dieser kleineren Variante zwar nicht mehr so groß zur Geltung wie im großen Spiel, aber für das, was es sein möchte, erhält dieser Valeria-Spross auf jeden Fall sehr sympathische 7 Kultpunkte von mir, ja, sogar mit Tendenz zur sehr guten 8, wenn man, wie ich, ein Fan von den beschriebenen Aktionsketten ist und erst einmal alle Verzahnungen verinnerlicht hat. 

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/iUQ_5JDgtB8

KULTFAKTOR: 7-8/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 7-8/10
Spielablauf: 8/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 12.02.2023

Bildnachweis:
Coverfoto: Schwerkraft Verlag
Weitere Fotos: Spielkultisten