REZENSION

TERRAFORMING MARS: ARES-EXPEDITION

  • Genre: Strategie-/ Kartenspiel
  • Jahr: 2022
  • Verlag: Schwerkraft Verlag
  • Autoren: Sydney Engelstein, Jacob Fryxelius, Nick Little
  • Grafik: William Bricker, Garrett Kaida, Nio Mendoza, Justine Nortjé, Naomi Robinson, Andrei Stef
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Dauer: ca. 60 Min. (eher: 90 bis 120 Min.)
  • Schwierigkeitsgrad: mittel
  • Taktiklevel: 7/10

Race for the Mars

In dieser Kartenspiel-Adaption des großen Brettspiels Terraforming Mars führt jeder von uns erneut ein Unternehmen, um Projekte zum Terraforming des roten Planeten zu verwirklichen. Um den Mars bewohnbar zu machen, müssen Temperatur und Sauerstoff gesteigert sowie Ozeane entdeckt und Wälder angepflanzt werden.

REGELN

Legt den zentralen Spielplan in die Mitte, mischt die Ozean-Plättchen mit der Rückseite nach oben und legt sie in zufälliger Anordnung auf die Felder des Spielplans. Jeder setzt einen seiner Spielermarker auf Feld 5 der Terraforming-Leiste. Zudem werden die beiden neutralen Marker für Sauerstoff und Temperatur ans untere Ende ihrer Leisten gelegt.

Jeder erhält ein eigenes Spielertableau, auf dem die Produktion von MegaCredits (Geld), Karten, Wärme, Pflanzen und deren Erträge sowie die Vergünstigungen durch Stahl und Titan festgehalten werden. Produktion und Fortschritt werden mit Spielermarkern auf Leisten markiert, die Sammelfelder für Geld, Wärme und Pflanzen werden mit identischen Ressourcenmarkern belegt - Kupfer hat den Wert 1, Silber den Wert 5 und Gold den Wert 10 der jeweiligen Ressource.

Vor Beginn erhält jeder eine Konzernkarte (bzw. zwei zur Auswahl, von denen er eine wählt). Diese gibt ein Startkapital sowie weitere individuelle Startvoraussetzungen vor. Außerdem erhält jede 8 Projektkarten vom gut gemischten Stapel. Fürs erste Spiel empfiehlt es ich, dass vier Start-Projekte mit vier weiteren Projekten kombiniert werden.

Die Projekte kosten Geld beim Ausspielen der jeweiligen Karte, und zwar in Form von Geld-Ressourcen oder anderen Handkarten (je 3 Geld pro abgeworfener Karte). Zudem zeigen die Karten zusätzliche Symbole, auf die sich andere Karten bzw. Vergünstigungen beziehen. Es gibt drei Kartenarten: grüne Karten (Produktionskarten), blaue Karten (Aktionskarten) sowie rote Karten (einmalige Effekte). Auf manchen Karten findet man zudem noch weitere Voraussetzungen, die zum Ausspielen der Karte erfüllt sein müssen (z.B. ein bestimmter Sauerstoff-Wert als Minimum etc.).

Jeder erhält zudem ein Set aus fünf Phasenkarten. In jeder Runde sucht sich jeder von euch eine Phase aus, die er in dieser Runde spielen möchte. Das geschieht zunächst verdeckt. Nach dem Aufdecken werden die entsprechenden Phasen-Plättchen für alle Spieler aktiviert. Heißt: Jede mindestens von einem Mitspielenden gewählte Phase wird in dieser Runde von allen Mitspielenden gespielt. Wurde eine Phase von niemandem gewählt, wird sie in dieser Runde übersprungen. Die gewählten Phasen werden, wie gesagt, von allen Spielenden ausgeführt, allerdings bekommt derjenige, der die Phasenkarte gespielt hat, einen wertvollen Bonus in dieser Phase.

Folgende Phasen gibt es:

  • (1) Entwicklungsphase: In dieser Phase darf jeder eine grüne Projektkarte ausspielen und vor sich in die eigene Auslage legen. Dazu müssen die Kosten entrichtet werden, ggf. mit Vergünstigungen durch den Bonus der gewählten Phase oder durch andere Karten bzw. bereits gesteigerte Stahl- und Titan-Leisten (die Vergünstigungen zählen im letzteren Fall nur für bestimmte Karten-Symbole). Entsprechend der gespielten Karte, wird die darauf angegebene Produktion auf dem eigenen Tableau angepasst, also z.B. die Wärme-Produktion mit dem Marker um 2 Felder erhöht etc.


  • (2) Bauphase: Hier darf jeder eine blaue oder rote Karte ausspielen und in seine Auslage legen, sofern er sie bezahlen kann. Blaue Karten liefern Aktionen, die in jeder Aktionsphase einmal aktiviert werden, teilweise auch Effekte, die unter bestimmten Voraussetzungen im Spiel ausgeführt werden dürfen. Als Bonus für die gewählte Phase darf eine weitere Karte gespielt oder eine neue Karte vom Stapel gezogen werden.


  • (3) Aktionsphase: Hier darf jeder sämtliche Aktionen von bereits ausgespielten eigenen blauen Karten einmal ausführen. Als Bonus darf eine Aktion doppelt ausgeführt werden. Zudem dürfen Standard-Aktionen ausgeführt werden, bei denen Geld, Wärme und Pflanzen eingetauscht werden dürfen, wie es auf dem Spielertableau vorgegeben ist. Bei den Pflanzen wird der Sauerstoff-Marker des zentralen Spielplans um 1 Stufe erhöht, und der entsprechende Spieler erhält 1 Terraforming-Wert (Siegpunkt). Zudem erhält der Spieler ein Wald-Plättchen. Bei der Wärme wird entsprechend die Temperatur gesteigert (ebenfalls verbunden mit der Steigerung des eigenen Markers auf der Terraforming-Leiste). Geld kann diese Ressourcen ersetzen. Nur mit Geld lässt sich auch ein Ozeanplättchen aufdecken (für einen Schritt auf der Terraforming-Leiste und einer zufälligen Belohnung auf der umgedrehten Seite des Plättchens).


  • (4) Produktionsphase: Hier werden die Erträge der vier eigenen Produktionsleisten (Geld, Karten, Wärme, Pflanzen) mit Ressourcenmarkern bzw. Karten ausgeschüttet. Als Bonus für die gewählte Phase gibt es 4 Geld extra.


  • (5) Forschungsphase: Jeder zieht zwei Karten vom verdeckten Nachziehstapel und behält davon eine, mit dem Bonus der Phasen-Wahl werden fünf Karten gezogen, von denen zwei behalten werden. Das Handkartenlimit beträgt 10 am Ende der Runde.


In der nächsten Runde muss jeder Mitspielende eine andere Phase als in der Runde zuvor wählen. Die zuvor gespielte eigene Phasenkarte kommt nämlich erst jetzt zurück auf die Hand und steht dann erst wieder in der darauffolgenden Runde zur Verfügung.

Ende des Spiels: Gespielt wird, bis alle drei Globalen Ziele erfüllt wurden, also sich der neutrale Sauerstoff-Marker und der Temparatur-Marker auf dem Maximum befinden und zudem alle Ozeane entdeckt wurden. Nun werden zu den erreichten eigenen Punkten auf der Terraforming-Leiste noch die eventuellen Punkte von ausgespielten Karten sowie die Punkte von gesammelten Wald-Plättchen hinzu addiert. Wer die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.

Das Spiel bietet auch einen Solo-Modus sowie eine kooperative 2-Spieler-Variante.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • interessanter Engine Builder
  • schöne Illustrationen
  • mit mehr Spielern schneller als das bekannte große Spiel
  • trickreiche Aktionsauswahl
  • Aktionen können simultan ausgeführt werden


CONTRA

  • erinnert an Race for the Galaxy, hat aber eine deutlich längere Spieldauer
  • zu zweit kommt es im kompetitiven Modus öfters zu gewissen Längen

MEINUNG

Das epische Terraforming Mars gehört bei vielen wohl zu den beliebtesten Strategiespielen aller Zeiten. Auch das große Spiel wird mit Karten gesteuert, insofern ist es vielleicht verwunderlich, warum es nun ein eigenes Terraforming Mars-Kartenspiel braucht, das zudem auch wieder mit einem Spielplan daherkommt. Aber in der Tat gibt es da dann doch signifikante Unterschiede.

Das Grundkonzept der Ares-Expedition erinnert mit seiner kurzweiligen Aktionsauswahl an ein ganz anderes Spiel, nämlich Race for the Galaxy. Spielen wir also jetzt Race for the Mars? Nein, dann doch nicht, denn während Race for the Galaxy ein schneller Absacker-Titel ist, wird die Ares-Expedition dann doch erneut zu einer längeren Angelegenheit. Zu zweit müsst ihr mit gut 2 Stunden Spielzeit rechnen, denn die Engine, die man sich über Produktionskarten aufbaut, muss erst einmal in Gang kommen. Anfangs folgt man eher dem Motto „Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen“. Da ist auch immer Kartenglück im Spiel, was ich so für Produktionskarten erhalte und wie schnell die wirklich ertragreich sind.

Die Endbedingung des Spiels ist mit mehr als zwei Spielern meistens schneller erreicht, da es natürlich flotter geht, wenn vier Mitspielende die Leisten steigern. Das schöne an der Ares-Expedition: Die einzelnen Phasen können simultan gespielt werden, sodass es zu kaum Downtime kommt. Andererseits ist das Spiel deutlich solitärer als das Grundspiel. Der beiliegende kleine Spielplan dient nur zum Tracken der Werte bzw. als Ablagefläche für die Ozeanplättchen. Interaktion ist im Spiel nicht vorhanden, jeder macht sein Ding für sich.

Nun gut, ja, es gibt doch ein wenig indirekte Interaktion, nämlich beim Auswählen der Spielphasen. Gerade im Spiel zu viert, kann man darauf zocken, dass ein anderer Spieler eine Aktion wählt, die für einen selbst ebenfalls wichtig ist. So kann man sich selbst auf eine andere Aktionswahl konzentrieren. Natürlich ist das auch das immer etwas mit einem gewissen Glücksfaktor verbunden; der ist aber kurzweilig und behindert nicht. Im schlimmsten Fall wählen alle die selbe Aktion, dann erhalten auch alle den Bonus, aber es wird halt nur eine Phase in dieser Runde ausgeführt. Zu zweit kann man da die kooperative Variante empfehlen, denn mit nur zwei Spielern kommt das Konzept mit der wechselnden Aktionswahl nicht so gut zur Geltung wie zu viert.

Nun ist Terraforming Mars - Ares-Expedition also vornehmlich ein Engine-Builder-Spiel, das mich für gesteigerte Produktionsleisten belohnt. Da kann es gerade mit Erstspielern passieren, dass das Spiel dann ab einem gewissen Punkt nur noch zum Abarbeiten von Produktion und Aktion im Wechsel verkommt, bis das Spiel dann irgendwann endet. Das ist dann leider etwas repetitiv. Man schleppt sich dann so über die Runden. Viel interessanter wird es, wenn man das Spiel schon etwas besser kennt, und gezielt auf gute Karten-Kombos spielt. Da lassen sich einige Aktionsketten aufbauen, ja, Boni einheimsen, die diejenigen, die nur auf bloße Produktion und Eintausch der Ressourcen in Punkte spielen, abfangen können. Die Illustrationen der Karten gefallen mir übrigens besser als im großen Spiel, die Symbolik ist gut verständlich. Auch das restliche Spielmaterial ist qualitativ hochwertig.

Braucht man die Ares-Expedition, wenn man Terraforming Mars besitzt? Jein. Wem die Wartezeiten im 4-Spieler-Spiel beim großen Bruder zu lang sind, der erhält mit der Ares-Expedition eine schnellere Variante, die allerdings das Gefühl, hier wirklich Terraforming zu betreiben, nur auf die Illustrationen der ausgespielten Karten beschränkt. Auf dem Spielplan passiert nichts weiter, es gibt keine konfrontative Interaktion, und letztlich fühlt sich das Spiel eher nach „produziere Ressourcen, zahle Ressourcen“ an. Da hatte das große Original für mich spielerisch mehr thematischen Charme.

Braucht man die Ares-Expedition, wenn man Race for the Galaxy besitzt? Jein. Wer ein rasantes Spiel erwartet, das man in gut 30 Minuten runterspielen kann, der ist bei der Ares-Expedition falsch. Die auf der Schachtel angegebenen 60 Minuten lassen sich nur selten einhalten, meistens verdoppelt sich die Spielzeit. Dafür kann man bei der Ares-Expedition eine wirklich produktive Engine aufbauen, nach und nach, Karte für Karte. Wem so etwas gefällt, der wird die Ares-Expedition bevorzugen.

Ich bin zugebenermaßen etwas zwiegespalten, was dieses Spiel angeht. Ich mag die Optik der Karten, die kurzweilige Aktionsauswahl, bin allerdings persönlich kein Fan davon, gefühlt stets das selbe machen zu müssen, also z.B. immer wieder Wärme zu sammeln, um die Temperatur zu steigern, dann wieder quasi bei Null zu beginnen, neu zu produzieren, um Wärme-Ressorucen wieder in Temperatur zu wandeln ... Gerade anfangs fühlt sich das recht schleppend an, ohne dass wirklich viel passiert. Mit einer funktionierenden Engine und ca. ab der Mitte der Spielzeit wird es deutlich spannender. Dann entwickelt sich auch ein schönes Wettrennen um die Punkte, wobei mir persönlich bei diesem Spiel immer noch ein gewisses Maß an direkter Interaktion fehlt. Das ist aber eine persönliche Geschmackssache, die jeder anders empfindet.

Fazit: Zu zweit konnte mich die Ares-Expedition kompetitiv nur bedingt überzeugen. Da waren mir zu viele Dopplungen in der Aktionswahl, zu viele Wiederholungen im Spiel vorhanden. Zu viert ist das alles besser verteilt, das Spiel an sich auch flotter. Man muss es allerdings auch hier mögen, dass man nebeneinander solitär spielt. Das Spiel ist grundsolide, für mich jetzt aber kein besseres Terraforming Mars, da es das Ziel, das Spiel schneller zu machen, im Kontrast zur abgespeckten Mechanik, für mich nur bedingt erfüllt.

So spaltet die Ares-Expedition  dann tatsächlich auch die Meinungen unserer Spielkultisten. Die einen feiern diese Variante für sich ab, die anderen sehen darin weniger Spielreiz als im großen Spiel. Ich liege mit meiner Meinung wohl irgendwo dazwischen - so vergebe ich insgesamt gute 7 Punkte, würde aber das große Terraforming Mars nach wie vor bevorzugen, und im Bereich der Engine Builder dann wohl meistens eher die flotteren Alternativen (Race for the Galaxy oder, wenn auch mit völlig anderem Spielkonzept, Eine wundervolle Welt) auf den Tisch bringen. Das heißt aber nicht, dass ich mich nicht dennoch auch gern einmal wieder auf die Ares-Expedition begeben würde - zumindest ab drei, noch besser mit vier Spielern bin ich jederzeit für eine Partie zu haben, wenn ich mich auf ein kleines, aber dennoch längeres Spiel auf Kennerspiel-Niveau einlassen möchte.

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 6-8/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 05.05.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein vergünstigtes Presse-Exemplar. 

Bildnachweis:
Coverfoto: Schwerkraft Verlag
Weitere Fotos: Spielkultisten