REZENSION

SETI: AUF DER SUCHE NACH AUßERIRDISCHEM LEBEN

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2024
  • Verlag: CGE / deutsche Version: HeidelBÄR Games 
  • Autor: Tomáš Holek
  • Grafik: Jakub Politzer (Art Director) u.a.
  • Spieler: 1 bis 4 
  • Alter: ab 13 Jahren
  • Dauer: ca. 40 bis 160 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: mittel bis hoch
  • Taktiklevel: 7/10

Die Suche nach dem optimalen Spielzug

Wir senden Sonden ins All und lauschen dem Universum, um zu beweisen, dass wir nicht alleine sind. Und im Brettspiel SETI ist zudem die Entdeckung zweier Alien-Spezies garantiert.

REGELN

Mit unseren begrenzten Finanzen und einigen Projekten versuchen wir, Spuren von Aliens zu entdecken. Diese gibt es auf verschiedene Arten, aber alle resultieren in Punkten und Belohnungen. Die verschiedenen Aliens, die im Spiel entdeckt werden, geben dann noch mehr Möglichkeiten für Punkte.

SETI steht für Search for Extraterrestrial Intelligence (auf deutsch: Suche nach extraterrestrischer Intelligenz) und so gewaltig, wie sich so ein Projekt anhört, ist auch SETI. Ich werde mich also auf die wichtigsten Regeln beschränken müssen.

SETI wird über 5 Runden gespielt. In jeder Runde seid ihr reihum am Zug und führt eine Hauptaktion und beliebig viele freie Aktionen durch. Eine Runde endet, wenn alle gepasst haben.

Eine Hauptaktion erlaubt das Starten einer Sonde. Gegen 2 Geld platzierst du eine Sonde auf der Erde. Diese findest du auf den Ringen des Sonnensystems. Durch bestimmte Karten oder Rohstoffe kann sich die Sonde (häufig als freie Aktion) durch das Sonnensystem bewegen.

Steht deine Sonde auf einem Planeten, kannst du beim Umkreisen als Hauptaktionen deine Sonde zu einem Satelliten („Orbiter“) dieses Planeten machen. Dafür gibt es die beim Planeten angezeigte Belohnung. Diese Aktion erlaubt es dir oft, dein Einkommen zu steigern, indem du eine Karte hinter deine Einkommenskarten schiebst. Das angezeigte Symbol liefert dir auch sofort einmalig diese Ressource.

Alternativ kann deine Sonde (gegen Abgabe von Energie) auf dem Planeten landen. Dann bekommst du oft Daten und ein gelbes Lebenszeichen, hier als Spur bezeichnet. Mit Spuren (in drei Farben) besetzt ihr Felder, die euch (zunächst) allen zur Verfügung stehen. Vor jedem Spiel werden geheim zwei Alien-Spezies (aus einer Auswahl von fünf) ausgelost. Diese werden aufgedeckt, sobald die drei Entdeckungsfelder der Spezies mit einer gelben, pinken und blauen Lebensspur belegt sind. Die Alien-Spezies wird aufgedeckt und deren Regeln vorgelesen. Da es Spaß macht, die verschiedenen Aliens zu entdecken, werde ich hier nicht zu sehr ins Detail gehen, aber im Prinzip bringen die Aliens mehr Möglichkeiten, Punkte zu machen, in der Regel durch weitere Lebenszeichen.

Dann kannst du noch das All scannen, also mit Radioteleskopen mal schauen, was bei einigen Sternen so abgeht. Du markierst diese Sterne mit deinen Spielsteinen (Signalen) und bekommst Daten. Wo und wie viele Sterne du scannen kannst, hängt von der Ausrichtung des Sonnensystems und den Technologien fürs Scannen ab, die du schon gebaut hast. Ist ein Sternen-Sektor komplett mit Spielsteinen gefüllt, so kommt es zu einer Wertung. Hast du dort die Mehrheit der Steine platziert, bekommst du die angegebene Belohnung, was meist eine pinke Lebensspur ist. Bist du nur Zweiter, darfst du einen Stein am Stern belassen, während alle anderen Steine entfernt werden und der Stern wieder mit Daten bestückt wird.

Die ganzen Daten sammelst du in deinem Datenpool, wo Platz für sechs Daten ist. Du kannst jederzeit Daten vom Pool in den Computer bewegen. Dieser wird von links nach rechts gefüllt. Beim Belegen geben einige Felder einen Bonus. Wenn der Computer voll ist, kann du bei der Datenanalyse-Hauptaktion eine Energie ausgeben, um alle Daten wieder zu entfernen und eine blaue Spur zu entdecken.

Du kannst zudem Technologien erforschen, indem du 6 „Bekanntheit“ ausgibst. Diese gibt es beim Vorbeifliegen an Planeten oder Asteroiden und an diversen anderen Stellen. Zunächst drehst du eine der drei Scheiben, die das Sonnensystem darstellen. So ändert sich die Ausrichtung der Planeten und anderen Objekte, was für den Flug von Sonden und das Scannen der Sterne wichtig ist. Wenn du anschließend eine Technologie nimmst, zeigt diese einen Sofortbonus wie Energie, Karten, Punkte oder Bekanntheit. Nimmst du eine Technologie, die niemand sonst bisher besitzt, gibt es 2 Punkte extra. Du kannst jede Technologie nur einmal besitzen. Während Technologien, die Scannen oder den Sondenflug verbessern, feste Plätze haben, dürfen Computertechnologien beliebig in den Computer gesetzt werden. Bei letzteren gibt es jetzt mehr Felder mit Boni in deinem Computer.

Eine weitere Hauptaktion ist das Ausspielen einer Karte. Spielst du eine Karte aus, musst du deren Preis in Geld bezahlen und dann machen, was die Karte sagt. Karten können dir verschiedene Aktionen geben, meist handelt es sich dabei um Variationen von anderen Hauptaktionen. Weiterhin gibt es Missionskarten, die du unter bestimmten Bedingungen einlösen kannst, um einen Bonus zu erhalten. Dann gibt es noch Karten, die am Spielende Punkte liefern, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Immer wenn du Punkte bekommst, bewegst du dich auf der Punkteleiste nach vorne. Erreichst du dabei ein goldenes Feld, darfst du einen Stein auf eine der goldenen Tafeln legen. Diese geben dir dann am Spielende Punkte, abhängig davon, wie oft du die Bedingung der Tafel erfüllt hast. Je früher du die Tafel belegt hast, desto mehr Punkte bekommst du.

Eine Hauptaktion, die ich bisher ausgelassen habe, ist das Passen. Wenn du passt, weil du keine andere Hauptaktion machen möchtest oder kannst, dann darfst du noch maximal vier Karten auf der Hand behalten. Wirf ggf. überzählige Karten ab. Passt du als erste Person diese Runde, dann bewegst du das Sonnensystem. Jetzt gibt es noch eine Karte vom Abschlussstapel dieser Runde. Je eher du passt, desto mehr Karten gibt es dort zur Auswahl.

Haben alle gepasst, so gibt es Einkommen, das ihr durch bestimmte Aktionen erhöhen könnt. Der Startmond wandert im Uhrzeigersinn zur nächsten Person, und diese beginnt dann die neue Runde.

Spielende: Nach 5 Runden wertet ihr noch eure Punkte durch die Alienspezies,  Spielende-Karten und die goldenen Tafeln. Wer die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt.

Das Spiel kann auch solo gespielt werden.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • tolles Thema
  • echte Forschung
  • klare Spielanleitung
  • belohnend


CONTRA

  • viel Planung
  • mitunter lange Wartezeiten

MEINUNG

Die Menschheit fragt sich nicht erst seit Akte X, ob sie alleine ist - und so gibt es immer wieder Projekte, die versuchen, ein Stückchen mehr vom Weltraum und möglichen anderen Bewohnern zu erfahren. SETI steht für "Search for Extraterrestrial Intelligence" und umschriebt eine Reihe von Projekten, die dazu dienen, außerirdische Intelligenz zu beweisen. Das Brettspiel SETI hat gegenüber der Realität einen entscheidenden Vorteil: Es gibt eine Erfolgsgarantie. Zum einen werden wir Lebenszeichen von zwei verschiedenen außerirdischen Spezies entdecken, und zum anderen wird eine Person mit den meisten Punkten gewinnen.

Schon vor der Veröffentlichung hat SETI aufgrund seines Settings viel Aufmerksamkeit bekommen. Nach der Veröffentlichung bekommt es diese immer noch, weil es ein gutes Spiel ist.

SETI bringt viele an den Tisch, weil es sich dabei um Science-Fiction im ursprünglichen Sinne handelt. Wir nehmen bestehende Technologien und versuchen vorherzusagen, wie sich diese entwickeln und was sie erreichen können. Im Falle von SETI sind alle regulären Karten existierende Projekte, Ereignisse oder es ist geplante Forschung. Mein Mann sah auf seine Kartenhand und meinte „Du weißt, dass wir zu diesem Radioteleskop nur 30 Minuten fahren?“ - und ich selbst hatte die Rosetta-Sonde auf der Hand, von der ich bereits in einer Vorlesung im Jahr 2003 gehört hatte. Das ist wirklich toll. Und dann kommt der Fiction-Teil hinzu. Wir schicken unsere Sonden ins All, und diese reisen recht flott an den Rand unseres Sonnensystems. Und wir finden tatsächlich Spuren außerirdischer Intelligenz.

Dies ist eine Besonderheit des Spiels. Ungefähr zur Hälfte oder im ersten Drittel von SETI werden wir die zwei Spezies entdecken. Diese sind bis dahin verdeckt und wurden aus fünf Alien-Spezies ausgelost. Die Aliens gefallen mir wirklich gut, denn sie sorgen für etwas Unerwartetes, ohne dabei radikale Änderungen hervorzurufen. Ich würde euch empfehlen, die Regeln für die Aliens erst zu lesen, wenn diese aufgedeckt werden. Jede Spezies gibt denjenigen ein paar Bonuskarten, die an der Entdeckung beteiligt waren. Und sie bietet jedem von euch neue Möglichkeiten, Lebenszeichen in Punkte oder anderen Boni umzutauschen. Dabei bietet jede Alien-Art einen anderen Mechanismus, aber dabei ist es nicht so, dass jemand, der z.B. zufällig bestimmte Technologien besitzt, direkt einen Vorteil hat. Auch von ihrer Geschichte unterscheiden sich die verschiedenen Entdeckungen, z.B. ist nicht jede Alien-Spezies noch aktiv.

Einer meiner Mitspieler hätte sich tatsächlich extremere Auswirkungen gewünscht, und dies ist etwas, was ich mir gut als erste Erweiterung vorstellen kann: extremere Aliens. Einfach mehr Aliens, die dann noch stärkere Auswirkungen auf das Spiel haben.

Die Mechanismen von SETI passen glücklicherweise sehr gut zum Thema und bilden ein logisches Konstrukt. Zusammen mit der guten Anleitung gibt es, in Anbetracht der Komplexität und Umfang der Regeln, wenige offenen Fragen. Und wer doch Zweifel hat, findet online bereits ein FAQ.

Lasst euch aber dadurch nicht täuschen, denn eure Erklärung wird trotzdem einige Zeit in Anspruch nehmen. Das Spiel spielt sich dann zwar flüssig, aber es gibt öfter, als ich es mir wünschen würde, längere Wartezeiten. Die auf der Schachtel angegeben 40 Minuten pro Person habe ich bisher immer überbieten können – unsere Partien dauerten dann doch eher 2,5 bis 3,5 Stunden.

Dies lässt mich immer etwas ins Straucheln kommen, wenn ich nach der optimalen Spieleranzahl gefragt werde. Eine der Hauptaktionen, das Scannen, dreht sich um Mehrheiten-Wertungen. Diese sind spannender mit vier statt nur zwei Forscherteams, denn es gibt keine Anpassung an die Spielerzahl, was an der ein oder anderen Stelle wohl geschickt gewesen wäre. Allerdings geht die Spielzeit mit mehr Leuten am Tisch auch in die Höhe. Zum einen, weil eben vier Leute optimale Spielzüge suchen, und zum anderen, weil die Gefahr steigt, dass jemand unerwartet das Sonnensystem dreht. Es hängt also von eurer Geduld ab. Langweilig fühlt sich SETI dabei aber nicht an.

Wo ich gerade das Sonnensystem erwähne, sollte ich vielleicht die tolle Qualität und das Design der Materialien erwähnen. Die Spielübersicht ist toll, die Symbole sind hilfreich, viele Regeln werden einfach durch das Design des Spiels visuell unterstützt. Hier haben Redaktion und Grafik wirklich gut gearbeitet. Pro-Tipp: Installiert noch ein kleines LED-Licht in eurer Sonne, und es kommt richtig Stimmung auf!

Weiterhin ist das Sonnensystem auch ein spannender Mechanismus. Wir schicken unsere Sonden durch das Sonnensystem und diese werden von den sich drehenden Scheiben mitbewegt - manchmal zum Verdruss, manchmal zum Vorteil. Wann sich das Sonnensystem bewegt, hängt von allen ab. Wird eine Technologie erforscht, bewegt sich das Sonnensystem. Die Bewegungen sind relativ vorhersehbar, da sich nur bestimmte Teile zu bestimmten Zeiten bewegen. Weiterhin teilen sich alle die Bekanntheitsleiste, was es recht übersichtlich macht, abzuschätzen, wann jemand in der Lage ist, sich eine neue Technologie zu gönnen.

Das Spielgefühl besteht hauptsächlich darin, mit wenig viel zu erreichen. Zunächst denke ich, dass ich nicht mehr erreichen kann, als eine Karte zu spielen, aber durch Abwerfen einiger Karten, eine neue Technologie und dem Bonus für meine Jupiter-Landung, kann ich weitere Daten in meinem Computer platzieren, was mir Einkommen bringt usw. Dies fühlt sich immer wieder gut an, aber bedeutet natürlich, dass besseres Planen auch belohnt wird. Dies macht es dann schwieriger, den Leuten böse zu sein, die sich mehr Zeit fürs Planen nehmen.

Dieses Spielgefühl erinnert mich stark an Evenfall, welches 2023 bei Nanox Games und dlp Games erschien. Auch dort dachte ich am Anfang jeder Runde, dass ich nichts schaffen werde, aber dann lag da am Ende jeder Runde doch einiges auf dem Tisch, wobei SETI aber durch die örtliche Komponente des Sonnensystems, den acht Hauptaktionen und drei verschiedene Lebensspuren an Komplexität noch eine Schippe drauf legt.

Ich finde SETI wirklich gut gemacht, und mir macht es Spaß, dieses Spiel zu spielen. Ich werde für gute Planung belohnt. Die kleinen Überraschungen, wenn die Aliens entdeckt werden, sind schon besonders. Mir gefällt auch das Thema sehr gut, da fast alles auf existierender Forschung beruht. Nur würde ich gerne etwas weniger warten müssen, während die anderen auf der Suche nach optimalen Spielzügen für ihre Suche nach außerirdischem Leben sind. Insgesamt vergebe ich sehr gute 8, mit entsprechender Geduld auch richtig starke 9 Kultpunkte.

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/qwwf9MBPN08

KULTFAKTOR: 8-9/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

LUTZ

Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast

Eine Rezension vom 03.11.2024

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: CGE / HeidelBÄR Games
Weitere Fotos: Spielkultisten