REZENSION
EIN WUNDERVOLLES KÖNIGREICH
- Genre: Strategie
- Jahr: 2022 (Original: "It's a wonderful Kingdom", 2021)
- Verlag: Kobold Spieleverlag (Original: La Boîte de Jeu, Origames)
- Autor: Frédéric Guérard
- Grafik: Anthony Wolff
- Spieler: 1 bis 2
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: ca. 45 bis 60 Min.
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 6/10
Ein Königreich aus Karten
Bei Ein wundervolles Königreich wetteifern zwei Spieler darum, wer das eindrucksvollste Königreich aufgebaut bekommt. Abwechselnd wählen sie Karten aus zwei verschiedenen Bereichen aus, um ihr Königreich wachsen zu lassen – doch Vorsicht! Dort, wo ein Königreich wächst, lauern auch Gefahren: Die Gegenspieler versuchen, ihrem Gegenüber heimlich Bedrohungen zuzuschieben, beispielsweise in Form von Riesenratten ...
REGELN
Wer schon Eine wundervolle Welt gespielt hat, wird einige Mechanismen aus Ein wundervolles Königreich bereits kennen. Der Aufbau des Königreichs ist nahezu identisch mit dem Aufbau der wundervollen Welt. Der Hauptunterschied liegt im Erlangen der Karten.
Beim Spielaufbau wird zunächst das kleine Spielbrett zwischen den Spielern platziert. Die Ausrichtung legt fest, wer in welcher Runde Startspieler ist. Auf dem Brett werden die Rohstoff-Steinchen platziert. Die Positionen der Steinchen auf dem Spielbrett geben an, in welcher Reihenfolge sie produziert werden. Jeder Spieler erhält eine Herzogtum-Karte, die die Grundlage des eigenen Königreichs bildet, und zwei Fallen-Plättchen. Außerdem gibt es einen verdeckten Stapel mit Entwicklungskarten und einen Stapel mit Katastrophenkarten. Im Anschluss erhält jeder Spieler sieben Entwicklungskarten und nimmt sich zusätzlich eine Katastrophenkarte.
Das Spiel beginnt mit einer Auswahlphase, die wie folgt abläuft: Der Startspieler beginnt und wählt zwei seiner Handkarten. Diese beiden Handkarten darf er nun beliebig in den Angebotsbereichen (links und rechts vom Spielplan) verteilen. Er darf jeweils eine in jeden Bereich legen oder auch beide in einen. Im Anschluss ist der Gegenspieler dran und wählt einen der beiden Angebotsbereiche. Hat er gewählt, nimmt er alle Karten aus diesem Bereich und legt sie vor sich ab. Danach wählt er zwei Karten seiner Hand und legt sie ebenfalls in einen oder beide Angebotsbereiche. Diese Aktionen (angebotene Karten nehmen, zwei Karten legen) werden so lange durchgeführt, bis beide Spieler keine Handkarten mehr haben (4 Runden) und jeder viermal Karten genommen hat.
Beim Legen der Karten darf sich jeder Spieler zweimal entscheiden, je eine Karte verdeckt zu legen. Dafür wird einer der Fallenmarker auf die „Verbraucht“-Seite gelegt. Dabei kann entweder nur eine der beiden gelegten Karten verdeckt gelegt werden oder auch beide. Auf diese Weise können besonders gute Karten ins Spiel gebracht werden oder auch Katastrophenkarten, die demjenigen, der so eine Karte nimmt, Minuspunkte bringt. Wer eine verdeckte Karte nimmt, lässt sie zunächst verdeckt im eigenen Königreich liegen, damit keiner weiß, ob es eine Katastrophe ist oder eine normale Karte für das Königreich.
Sobald die Auswahlphase abgeschlossen ist, beginnt die Planungsphase. Wer verdeckte Karten gewählt hat, darf diese nun aufdecken. Nun wird für jede gewählte Karte entschieden, ob sie im eigenen Königreich gebaut werden soll oder ob sie recycelt wird. Beim Recyceln erzeugen Entwicklungskarten immer den im oberen Bereich angegebenen Rohstoff. Es gibt Schatzkarten, die zwei Rohstoffe erzeugen – diese können allerdings nicht gebaut werden. Wird eine Karte recycelt, darf der Rohstoff (oder die Rohstoffe bei einer Schatzkarte) direkt auf eine im Bau befindliche Entwicklungskarte mit farblich entsprechenden Feldern gelegt werden. Gibt es keine passende, werden die Rohstoffe auf die Herzogtum-Karte gelegt und können im Verhältnis 5:1 gegen die Joker-Ressource „Krystallium“ getauscht werden.
Nach der Planungsphase beginnt die Produktionsphase. Jedes Königreich produziert immer gleichzeitig eine bestimmte Ressource (Baumaterial > Bevölkerung > Gold > Erkundung). Produzierte Ressourcen werden direkt auf die Karten im Bau (oder die Herzogtum-Karte) gelegt. Sobald alle benötigten Ressourcen auf einer Entwicklungskarte liegen, wird sie fertiggestellt und produziert ab sofort Ressourcen (auch höherwertige in der aktuellen Runde). Bei jeder Ressource vergleichen die Spieler, wer mehr produziert. Wer zum ersten Mal mehr produziert, nimmt ein Soldatenplättchen aus dem Vorrat und legt es auf seine Seite des Spielbretts. Beim zweiten Mal mit höherer Produktion darf der Spieler das Plättchen von seiner Seite des Spielbretts erhalten. So erhalten die Spieler jeweils jedes zweite Mal bei höherer Produktion die Soldatenplättchen. Soldaten dienen dazu, einige Fortschrittskarten zu erhalten und können verwendet werden, um Katastrophenkarten nach Erhalt wieder loszuwerden.
Diese drei Phasen (Auswahl, Planung und Produktion) werden insgesamt viermal durchlaufen. Nach der vierten Produktionsphase werden die im Königreich erhaltenen Punkte beider Spieler zusammengezählt und ein Gewinner bestimmt.
Im Spiel gibt es drei verschiedene Module, von denen vor jedem Spiel eines gewählt werden muss:
- Bedrohungsmodul: Die Katastrophenkarten werden aus dem Spiel entfernt, jeder Spieler wählt ein Bedrohungsdeck und legt die vier zugehörigen Karten in den eigenen Bereich. Diese Karten werden anstelle der Katastrophen auf die Hand genommen. Jede Bedrohung hat eigene Sonderregeln: Riesenratten bringen zusätzlich Ungeziefer ins Königreich, das am Ende Minuspunkte gibt, Eisriesen blockieren im Bau befindliche Karten, Schatten lassen die Spieler Karten abwerfen, und Diebe blockieren Ressourcen bei der Produktion.
- Unterstützungsmodul: Die Schatzkarten werden aus dem Entwicklungsstapel entfernt und durch Unterstützungskarten (Karten mit Zusatzeffekten) ersetzt.
- Missionsmodul: Im Spiel befindet sich eine Missionskarte, die mehrere Missionen beinhaltet. Das Spiel kann nur gewonnen werden, wenn die finale Mission erfüllt wurde. Die anderen Missionen können erfüllt werden, müssen aber nicht. Die Missionen bestehen darin, bestimmte Würfel abzugeben, um einen Bonus zu bekommen.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- gute 2-Spieler-Anpassung von Eine wundervolle Welt
- neue Spielelemente
- mehr Interaktion
CONTRA
- Minuspunkte-Verschieben kann anfangs nerven
- weniger Auswahl durch fehlenden Draft-Mechanismus
MEINUNG
Wer bereits Eine wundervolle Welt gespielt hat, wird bereits den recht sarkastischen Titel bemerkt haben. In unserer wundervollen Welt bauen wir fleißig Atomkraftwerke und Bohrinseln, Panzer und Kampfkolosse. Viele Karten sind auf Krieg ausgerichtet und klingen so gar nicht nach einer „wundervollen“ Welt, eher nach einer Realität, die jeder gerne hinter sich lassen würde.
Die Karten aus Ein wundervolles Königreich versetzen uns zurück in eine Zeit vor der Umweltzerstörung. Doch auch im Mittelalter ist nicht alles so wundervoll, wie es der Titel auf den ersten Blick vermuten lässt. Neben dem Bauernhof gibt es bereits die Kaserne, in der Akademie wird fleißig Bogenschießen geübt, und auch das Steueramt ist nicht fern. Wer bei dem Titel Ein wundervolles Königreich erwartet, aus der Realität abzutauchen und sich ein schönes Reich aufzubauen, irrt sich also gewaltig.
Spielerisch ist Ein wundervolles Königreich eine gelungene Umsetzung für zwei Spieler. Es bringt mit der Ressourcenproduktion die Hauptelemente des Vorgängers mit und verzichtet auf den Draft-Mechanismus, der für Runden in kleiner Besetzung weniger gut geeignet war. Der stattdessen eingefügte Bluff-Mechanismus fügt sich gut ins Spiel ein und macht die Zwei-Spieler-Variante durchaus spannend bis zum Schluss. Die Spieler müssen stets einschätzen, ob die Katastrophen zu einer starken Karte hinzugelegt wurden, oder ob sie doch auf der leeren Seite liegen, um den Gegenspieler zu täuschen. So bleiben die Runden bis zum Ende spannend, denn erst dann wird festgestellt, ob Katastrophen eingesammelt wurden oder eine unerwartet starke Karte.
Während bei der wundervollen Welt im Grunde jeder für sich gespielt hat und der einzige Berührungspunkt in der Kartenauswahl bestand, läuft das wundervolle Königreich deutlich konfrontativer ab. Die Gegenspieler versuchen ständig, dem Gegenüber irgendwie die Minuspunkte zuzuschustern und für sie die vermeintlich schlechtesten Kartenkombinationen zu legen. Weiterhin wird darum gefochten, wer bei den Waren die meisten produziert, um Soldaten zu erlangen.
Ich hatte mit Ein wundervolles Königreich meine Anlaufschwierigkeiten. Beim Vorgänger gefällt es mir sehr gut, dass ich einfach meine Karten auswählen und den Rest weitergeben kann. Ich weiß dort also immer, was mich am Ende der Runde beim Ausspielen der Karten erwartet. Der neue Mechanismus des ständigen Minuspunkte-Verschiebens hat den Spielfluss anfangs doch stark gestört. Erst nach einigen Spielen wurde klar, dass es nicht unbedingt dramatisch ist, die verdeckten Karten zu nehmen. Oftmals werden die Minuspunkte ausgeglichen durch dort ebenfalls liegende starke Karten. Je mehr Runden wir gespielt haben, desto taktischer wurde das Verbergen der Minuspunkte und das Nehmen der verdeckten Karten im richtigen Augenblick.
Mit jeder Runde gefiel mir Ein wundervolles Königreich besser. Trotzdem bleibt dieses Zwei-Spieler-Spiel für mich immer ein Stück weit hinter dem Vorgänger. Aus diesem Grund vergebe ich hier einen Punkt weniger als beim Ursprungsspiel. Ein wundervolles Königreich bekommt von mir daher gute 7 Kultpunkte.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 8/10
EURE REZENSENTIN
CAROLA
Strategiespielerin, Ork-Flüsterin, Miniaturenbemalerin
Eine Rezension vom 25.09.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: La Boîte de Jeu, Origames, Kobold Spieleverlag
Weitere Fotos: Spielkultisten