REZENSION
DIE ERBAUER VON TEOTIHUACAN
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2022
- Verlag: Schwerkraft (deutsche Version), Board & Dice (Originalversion: Founders of Teotihuacan)
- Autor: Filip Głowacz
- Grafik: Chuy de Leon, Odysseas Stamoglou, Aleksander Zawada
- Spieler: 1 bis 4
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: ca. 60 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 8/10
Stadtplanung in Mesoamerika
Teotihuacan ist eines der Expertenspiel-Highlights der letzten Jahre und jetzt schon als moderner Klassiker des Genres zu bezeichnen. Bisher sind drei Erweiterungen erschienen. Founders of Teotihuacan ist nun das erste alleinstehende Spiel in diesem Universum - ein Puzzlespiel! Und da darf man sich die Frage stellen: Reihen sich die Erbauer thematisch und vom Spielgefühl gut in diese Welt ein?
Hinweis vorab: Zum Test stand uns die englischsprachige Version des Spiels (Founders of Teotihuacan) zur Verfügung. Das Spiel ist in Deutschland unter dem Namen Die Erbauer von Teotihuacan erhältlich.
REGELN
Der Spielplan ist in drei Aktionsbereiche unterteilt, wobei jeder Bereich in ein Bau- und in eine Einflussaktion unterteilt ist. Auf dem Spieler-Board werden Tempel, Gebäude und die Pyramide gebaut. Zu Beginn des Spiels erhält jeder Spieler ein Pyramiden-Plättchen jeder Farbe und baut diese Plättchen in die eigene Pyramide ein. Dafür gibt es sofort den abgebildeten Bonus.
Das Spiel wird - je nach Spielerzahl - über drei oder vier Runden gespielt. In Spielerreihenfolge legen die Spieler reihum bis zu drei ihrer sechs Aktionsscheiben auf ein Aktionsfeld entweder einer Bau- oder Einflussaktion aus, bis alle Spieler gepasst haben. Jeder Aktionsbereich besitzt drei Einsetzfelder für die Aktionsscheiben. Der erste Spieler, der ein solches Feld besetzt, bekommt den Bonus des Feldes (dies können zusätzliche Aktionen, Ressourcen oder Siegpunkte sein). Auf jedem Feld können genau drei Scheiben liegen. Die Anzahl der Scheiben bestimmt die Stärke der Aktion, wobei die erste Scheibe der Aktion eine Stärke von zwei gibt, die zweite drei und die dritte vier.
Die Bauaktionen:
(1) Ein Gebäude platzieren: Der Spieler sucht sich eines der Gebäudeplättchen aus, das seiner aktuellen Aktionsstärke entspricht (Stärke= Größe des Plättchens) und platziert es auf seiner Spielertafel. Dabei muss sich das gesamte Plättchen in der Reichweite des eigenen Architekten befinden. Nun wird die Ressource des Gebäudes (Stein (grau), Holz (braun) oder Gold (gelb)) auf jedes freie orthogonal benachbarte Feld neben das Gebäude gelegt.
(2) Einen Tempel bauen: Der Spieler sucht sich einen verfügbaren Tempel aus und bezahlt die Kosten mit den entsprechenden Ressourcen von seinem Board. Wenn die eigene Aktionsstärke unter der Plättchengröße liegt, wird die Differenz mit, je nach Art des Gebäudes, zusätzlichen Ressourcen bezahlt. Auch das Tempelplättchen muss in Reichweite des Architekten gebaut werden. Ressourcen dürfen überbaut werden, kommen aber zurück in den allgemeinen Vorrat. Danach erhält der Spieler ein Anbetungsplättchen der Farbe des gebauten Tempels.
Wenn Gebäude oder Tempel gebaut werden, können auch Masken überbaut werden. Wenn ein Spieler alle Masken einer Art auf diese Weise überbaut hat, nimmt er sich das entsprechende höchste noch verfügbare Maskenplättchen und bekommt sofort die entsprechenden Siegpunkte.
(3) An der Pyramide bauen: Alle Pyramidenplättchen haben eine Stärke von vier und kosten zwei Gold und ein Holz. Auch hier muss man die Differenz zur eigenen Aktionsstärke mit Ressourcen bezahlen (in diesem Fall Gold). Das Pyramidenplättchen wird auf ein freies Feld (und in Sichtweite des Architekten) in der eigenen Pyramide gebaut. Der Spieler enthält ggf. den abgedeckten Bonus und in jedem Fall zwei Siegpunkte. Die Pyramidenplättchen können auch in die Höhe gebaut werden, solange sie komplett von vier darunterliegenden Plättchen gestützt werden.
Die Einflussaktionen:
(1) Ressourcen produzieren: Hier liegt man neben jedes seiner Gebäude (entsprechend der Regeln) eine entsprechende Ressource oder baut alternativ zwei 1er-Gebäude.
(2) Eine Opfergabe darbieten: Der Spieler kann eines seiner neben sich liegenden Darbietungsplättchen erfüllen, um die darauf abgebildeten Effekte zu erhalten (meist sind dies Siegpunkte). Die grünen Plättchen verlangen Ressourcen, die blauen bestimmte gebaute Gebäude und die roten gebaute Tempel.
(3) An Gunst gewinnen: Der Spieler rückt auf der Gunstleiste ein Feld weiter und bekommt sofort die dazugehörigen Siegpunkte. Zusätzlich kann er ein Darbietungsplättchen gegen ein beliebig ausliegendes umtauschen.
Sobald man seine Aktion durchgeführt hat, wandert der eigene Architekt im Uhrzeigersinn auf die nächste Seite der eigenen Spielertafel. Dies ist ein Effekt, den man erfahrungsgemäß leicht vergessen kann.
Sobald alle Spieler gepasst haben wird die nächste Runde vorbereitet:
- Der Sonnenmarker wandert einen Schritt weiter.
- Jeder Spieler entfernt eine Aktionsscheibe aus dem Spiel.
- Alles Bonusscheiben werden gemischt und neu auf die Aktionsfelder verteilt.
- Jetzt erst werden Gebäude und Tempel neu aufgefüllt.
- Der Startspieler wandert im Uhrzeigersinn weiter.
Endwertung: Am Ende des Spieles gibt es noch eine Schlusswertung. Hier wird jedes Pyramidenplättchen gewertet. Dabei schaut man, wie viele Tempel der gleichen Farbe sich im selben Distrikt (Quadranten) des Plättchens befinden. Diese Zahl multipliziert man mit dem Wert des Pyramidenplättchens. Der Wert bestimmt sich über die Lage (zwei für die unterste Ebene, drei für die oberen Ebenen).
Das Spiel bietet auch eine Solo-Variante.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- clevere Ideen für ein Puzzlespiel
- schöne Spieltiefe
- hohe Spielerinteraktion
CONTRA
- thematisch sehr generisch
- Spielmaterial wirkt eher langweilig
MEINUNG
Bevor die in der Einleitung gestellte Frage beantwortet wird, muss erwähnt werden, dass das Spiel Die Erbauer von Teotihuacan viele clevere Dinge macht. Die Aktionsauswahl ist clever, die Platzierung der Ressourcen auf der Spielertafel ist clever, die Abgabe einer Aktionsscheibe in jeder Runde ist clever, die Endwertung ist clever, die Baurestriktion durch den Architekten ist clever. Rein mechanisch kann man dem Spiel sehr wenig vorwerfen, besonders, da es sich auch recht flott spielt. In diesem Sinn gehört es zu den besseren Tetris-artigen Spielen, die ich in den letzten Jahren gespielt habe. Und eines sollte man auch nicht außer Acht lassen: Es besitzt definitiv eine schöne Spieltiefe und ist ein eher komplexeres Legespiel, obwohl ich die Altersangabe „ab 14 Jahren“ auf der Originalausgabe für etwas zu hoch angesetzt halte, in der deutschen Version wird sie mit „12 Jahren“ besser getroffen.
Merkwürdigerweise wollte während meiner Partien dennoch nie die ganz große Spielfreunde bei mir aufkommen, und ich frage mich, woran das liegt. Das Spielmaterial ist okay, optisch doch eher langweilig, aber da habe ich auch schon biederere Spiele auf den Tisch gehabt. Und während ich weiter über die Tatsache nachdenke, warum mich Die Erbauer von Teotihuacan nicht so richtig abholen vermag, komme ich zu meiner Anfangsfrage zurück. Wenn wir Spiele spielen, haben wir, ob wir wollen oder nicht, immer Erwartungen. Und wenn auf einer Spielschachtel Teotihuacan steht, ein Spiel, welches sich auf meiner aktuellen Top-Liste der besten Spiele aller Zeiten in den Top 20 befindet, erwarte ich beim Spielen auch ein Teo-Feeling, dieses ist im hier besprochenen eigenständigen Spiel nie aufgekommen. Okay, man baut an einer Pyramide und es erinnert optisch ans Original, aber das war es auch schon.
Und jetzt sitze ich hier, und möchte diesem Spiel dennoch eine gerechte Bewertung geben. Wer Plättchen-Legespiele mag, besonders Tetris-artige Spiele, und dabei eine spielerische, taktische Tiefe sucht, der kann Die Erbauer von Teotihuacan getrost spielen und wird auch definitiv Spielspaß haben. In meiner internen Wertung, die eben vom Vergleich zum großen Strategiespiel geprägt ist, habe ich dem Spiel wohlgesonnene sechs Punkte zugeteilt, aber objektiv gesehen hat es dann wohl mehr verdient. Es macht einfach zu viele Dinge richtig, um den Vergleich mit einem anderen Genre zu rechtfertigen. Deswegen vergebe ich dann gerechterweise doch noch 7 von 10 Pyramiden.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 6/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
MATTHIAS
Traingames, you say? Hold my beer!
Eine Rezension vom 17.10.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Schwerkraft / Board & Dice
Weitere Fotos: Spielkultisten