REZENSION
DECIPHER
- Genre: Denkspiel
- Jahr: 2020
- Verlag: HeidelBÄR Games
- Autoren: Bill Eberle, Peter Olotka, Greg Olotka, Jack Kittredge
- Grafik: Kwanchai Moriya
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 30 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Initiativlevel: 7/10
Galgenmännchen 2.0
Wer kennt es nicht, das Wortspiel, bei dem man Buchstaben nennen musste, um aus ihrer Position ein Wort zu entziffern? Auch die TV-Show "Glücksrad" basierte auf diesem Prinzip. "Decipher" geht aber einen Schritt weiter, denn hier ordnen wir erst einmal nur Buchstaben-Fragmente ihren Positionen zu. Da muss man genau überlegen, welche Teile zu welchem Buchstaben verschmelzen und wie dann schließlich das Lösungswort lautet.
REGELN
Zunächst wird die Schachtel eingerichtet. Die einzelnen Fächer werden gefüllt mit den Buchstabenteilen, den Buchstabenmarkern, den Nein-Markern und der Wortklappe.
Als erstes nutzt der aktive Rätselsteller das Board. Er dreht es so zu sich, dass er die Fächer offen sieht. Zudem steckt er den Spielplan als Sichtschirm in das entsprechende Schachtelfach. Dann nimmt er sich die Wortklappe. In ihr befinden sich zwei Felder. Die Gruppe einigt sich zunächst auf die Wortlänge (3 bis 6 Buchstaben). Der Rätselsteller sucht sich nun ein Wort geheim aus, das der Buchstabenlänge entspricht und legt es mittels der Buchstabenmarker in das obere der beiden Wortklappenfelder. Die zu den Buchstaben gehörenden Kunststoff-Teile sucht er sich, ebenfalls verdeckt aus ihren Fächern, heraus. Dabei sollte gut aufgepasst werden, dass kein Teil vergessen wird. Dann schließt er die Wortklappe, dreht sie und steckt sie in das zugehörige Fach. Öffnet er sie, sieht er die Buchstaben nun auf dem Kopf stehend. Das ist gewollt, da er so besser die Perspektive der Wortsucher einnehmen kann. Die Klappe bleibt dabei halb geöffnet und fungiert als Mini-Sichtschirm. Der Spielplan-Sichtschirm wird nun abgebaut und zur Spielfläche für die Rater, die Fächer abdeckend, umfunktioniert. Dabei muss auf die Buchstabenanzahl geachtet werden. Sie bestimmt, welche der beiden Seiten verwendet wird. Auf dem Spielplan werden folgende Felder bestückt: die drei Bonus-Marker-Felder (2 Siegpunkte) und das Decipher-Feld (5 Siegpunkte). Die Nein-Marker sind in ihrem Feld offen nutzbar.
Nun beginnt das eigentliche Raten.
Wie bereits erwähnt, wurden die Buchstaben in Einzelteile zerlegt, die sich zum Teil verschiedenen Buchstaben zuordnen lassen. Zur Kontrolle für die Rater findet sich an jeder Seite des Spielschachtel das Letter-Piece-Game-Alphabet zum Anschauen. Der Spielplan zeigt nun einige Felder, je Buchstabe ein Feld in Leserichtung.
Achtung, das Spiel ist kein kooperatives Spiel, aber der Rätselsteller erhält umso mehr Siegpunkte, je mehr "Nein" die Rater produzieren und je länger sie brauchen, das gesuchte Wort zu erraten.
Der erste Spieler nach dem Rätselsteller ist der erste Wortsucher. Der Rätselsteller nimmt sich nun ein beliebiges Buchstaben-Teil aus seiner bereitgelegten Auswahl und gibt es dem Rater. Der überlegt nun, wohin es platziert werden könnte. Er zeigt auf das Buchstabenfeld: Gehört es an diese Stelle im Wort? Passt das Teil nicht zu dem Buchstaben des Feldes, muss der Rätselsteller ein "Nein" ansagen, und ein Nein-Marker wird in diesem Feld auf das Symbol des Buchstabenteils gelegt. Der Wortsucher muss das Teil nun einem anderen Feld zuweisen. Erneut stellt er die Frage. Passt das aktuelle Teil, erhält er vom Rätselsteller ein "Ja" und legt es auf das entsprechende Feld. Es kann passieren, dass ein Fragment auf mehrere Felder platziert werden könnte. Erhält der Rater ein "Ja", ist nun der nächste Spieler an der Reihe. Der Rätselsteller übergibt ihm ein neues Teil.
Sind nur noch genau drei Teile im Vorrat des Rätselstellers übrig, sagt er dies an. Jetzt beginnt die Bonus-Phase. Nun muss der Rätselsteller immer zuerst fragen, ob der aktive Rater ein weiteres der verbliebenen Teile haben möchte, denn ab jetzt erhält der Rätselsteller für jedes herausgegebene Teil einen der Bonus-Marker, also glatte zwei Siegpunkte.
Ein Wortsucher kann jederzeit (!) versuchen, das Wort aufzulösen. Dazu übergibt er dem Rätselsteller einen seiner Ratemarker (1 Siegpunkt) und gibt genau einen Tipp ab. Ist der falsch, wird weitergespielt. Ein Rater scheidet aus, wenn er seinen dritten Tipp falsch abgegeben hat. Sobald ein Spieler jedoch richtig geraten hat, folgt zuerst die Auflösung und dann die Wertung. Die errungenen Siegpunkte werden in die Tabelle eingetragen.
Wortsucher:
- Je einen Siegpunkt für jeden nicht genutzten eigenen Rate-Marker.
Der Wortsucher, der das Wort gefunden hat, erhält zusätzlich:
- Die Punkte für jeden Bonus-Marker (je 2 SP), der sich noch auf dem Spielplan befindet.
- Die Siegpunkte für den Decipher-Marker (5 SP).
Der Rätselsteller erhält:
- Einen Siegpunkt für jeden Nein-Marker auf dem Spielplan.
- Zwei Siegpunkte für jeden erhaltenen Bonus-Marker.
- Einen Siegpunkt für jeden erhaltenen Ratemarker.
- Und falls die Spieler das Wort nicht erraten haben, den Decipher-Marker (5 SP).
Dann wird der Spielplan wieder auf Phase 1 zurückgesetzt und es folgt eine neue Runde, solange, bis jeder einmal Rätselsteller war. Im Spiel zu zweit wird gespielt, bis jeder zweimal Rätselsteller war. Der Spieler, der dann die meisten Siegpunkte errungen hat, gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- erfrischende Umsetzung eines selten in Spielen umgesetzten Spielmechanismus
CONTRA
- wirkt durch die viele Administration komplizierter als es ist
MEINUNG
Nachdem ich immer noch begeistert "Wordsmith" (> Testbericht) spiele, war ich nun entsprechend gespannt auf das nächste Spiel mit den Buchstaben-Fragementen ("Letter Piece Games"). Wird das Spiel halten, was ich mir davon verspreche?
Nach der ersten Runde bin ich überrascht. Der erste Gedanke unserer Gruppe gilt der absolut durchdachten Schachtel samt Material. Alles hat seinen Platz, um es dem Rätselsteller zu erleichtern. Selbst die Wortklappe, die das Wort letztlich auf den Kopf stellt, unsichtbar für die anderen, passt super in ihr Spielfach für die zweite Phase. In der zweiten Phase wird alles Störende einfach durch den Sichtschirm-Spielplan abgedeckt. Nur das, was jetzt noch gebraucht wird, bleibt sichtbar und findet erneut seinen Platz. Die Spielanleitung wird nur bis zum ersten Verständnis gebraucht. Der Ablauf ist dann leicht zu verinnerlichen.
Nach der ersten Runde wird klar: Hey, das erinnert an "Hangman". Der Vergleich liegt nahe, auch wenn sich das Spiel ganz klar davon unterscheidet. Ich, als Rätselsteller, wähle ein Wort, drei bis sechs Buchstaben lang, z.B. SPIEL. Dann suche ich alle benötigten Kunststoff-Buchstabenteile heraus; einzeln gebe ich die Teile an die Rater weiter. Sie ordnen sie einem Feld zu und versuchen einen passenden Buchstaben für sich zu finden: Ein grüner Bogen? Der passt zum B, J, P, R, S, U. Ich werde natürlich den zweiten grünen Bogen etwas später herausgeben, um möglichst lange möglichst viele Buchstaben im Rennen zu halten, schließlich gibt mir jeder Fehler der Rater einen Siegpunkt. Und je schneller sie die Zuordnung der Buchstaben finden, desto schneller finden sie das Wort, und je weniger Punkte erhalte ich. Das will doch keiner.
Als Ratender (Wortsucher) wiederrum bin ich bestrebt, auch bei einer guten Idee so wenig wie möglich preiszugeben, um selbst die meisten Punkte einzuheimsen, indem ich das Lösungswort errate. Das kann zu einem frühen Zeitpunkt echt viele Punkte bringen. Allerdings habe ich nur drei Rateversuche. Und jeder Versuch schenkt dem Rätselsteller Punkte. Das ist trickreich und tatsächlich auch spannend. Es geht nicht nur um bloße Wortsuche, sondern auch um Deduktion. Anhand der Nein-Marker sehe ich zunehmend, welches Teil nicht zu einem Buchstaben gehört - und kann Rückschlüsse ziehen, welcher Buchstabe an dieser Stelle des Wortes überhaupt noch in Frage kommt.
Doch so begeistert ich selbst auch von dem Spiel bin, ist das Spiel doch auch gruppenabhängig. Spieler, die Spiele mit Wörtern bzw. Buchstaben, und gar noch Buchstabenteilen, nicht mögen, werden in der Wertung immer hintenan liegen, was die Spiellaune dann doch senken kann. Hier geht offenbar wieder einmal nur Top oder Flop. Für mich jedenfalls hat "Decipher" gehalten, was es verspricht, und ich freue mich auch auf die ersten Runden in der Schule, da kann das Spiel nämlich sogar als Lernspiel fungieren, wenngleich es eigentlich ein Deduktionsspiel ist für alle, die Spaß am Umgang mit Sprache haben. Es kommt auf das gewählte Wort an, ab welchem Alter man "Decipher" spielen kann. Das Spiel ist auf jeden Fall anpassungsfähig und auch für Fremdsprachen geeignet.
Fazit: "Decipher" ist eine erfrischend innovative Wortsuche, die dank seiner Buchstaben-Zerlegung das Erraten bzw. Kombinieren auf eine neue Stufe hebt. Für mich sind das sehr gute 8 Kultpunkte!
Ein Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/UXjyfC0qhGw
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 9/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10
EURE REZENSENTIN
GABI
Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester
Eine Rezension vom 18.01.2021
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: HeidelBÄR Games
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