REZENSION
DABBA WALLA
- Genre: Familienspiel
- Jahr: 2024
- Verlag: Queen Games
- Autoren: Felix Leder, Patricia Limberger
- Grafik: Patricia Limberger
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 30 bis 45 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 6/10
Ein Tag in Mumbai
Bereits aufs Jahr 1890 geht die Tradition der Dabba Walla zurück. Damals kam ein Banker auf die Idee, sich Essen von zuhause an den Arbeitsplatz liefern zu lassen. Daraus entstand über Jahre ein bestens funktionierendes Netzwerk aus Lieferanten, die die frisch gekochten Mittagsmahlzeiten abholen und an die Empfänger zustellen - mit einer Erfolgsquote von über 99 Prozent.
REGELN
Mischt die Karten, sortiert (je nach Spielerzahl) eine bestimmte Anzahl zufällig und unbesehen aus, legt dann sechs Karten offen an den Spielplan an, der die Stadt zeigt mit sechs Verteilstationen, an denen Essen aufgeladen werden kann. Dazu einigt ihr euch vor dem Spiel noch auf ein Transportmittel-Tableau, das jeder in seiner Farbe vor sich legt. Vier verschiedene Transportmittel (und damit Grundrisse) fürs Stapeln der Essensbehälter stehen zur Auswahl. Nehmt euch zudem noch jeweils sechs Tickets und zieht zwei erste Karten vom Stapel auf die Hand. Die Karten zeigen im oberen Bereich Polyomino-Plättchen, die die Dabbas (die Behälter) darstellen. Im unteren Bereich gibt es farbig unterlegte Zahlen, die die Werte der ausgelieferten Dabbas in der zweiten Phase des Spiels verändern.
Phase 1: Abholphase
Ihr spielt reihum. Bist du am Zug, stellst du deinen Figuren-Aufsteller auf ein beliebiges Ortsfeld, es dürfen auch mehrere Figuren auf einem Ort stehen. Nimm die an diesem Ort ausliegende Karte auf die Hand. Fülle den freien Platz dann mit einer neuen Karte vom Stapel. In späteren Spielzügen bewegst du dich zunächst kostenlos einen Ort nach links oder rechts, für weitere Entfernungen musst du übersprungene Orte mit jeweils einem Ticket bezahlen. Lege die Tickets auf die jeweilige übersprungene Karte. Wer später eine Karte mit Tickets aufnimmt, erhält die Tickets entsprechend in seinen Vorrat. Die Bewegung ist in dieser Phase obligatorisch!
Spiele nun eine deiner drei Handkarten aus. Nimm dir das Plättchen, das auf der Karte dargestellt ist, aus der jeweiligen Sortierbox und lege es im Anschluss auf dein Transportmittel-Tableau. Natürlich muss sich das gesamte Plättchen innerhalb der Abgrenzungen befinden. Du kannst in späteren Spielzügen auch in die Höhe bauen. Dazu müssen aber alle Felder unter dem neu gelegten Plättchen bereits unterfüttert sein (mit einem oder mehreren anderen Plättchen). Sollte einmal eine Lücke entstehen, die du nicht füllen kannst, kannst du jederzeit ein graues 1er-Plättchen aus dem allgemeinen Vorrat nehmen und so das Fundament für weitere Plättchen erschaffen. Solche Lückenfüller sollten allerdings vermieden werden, da sie am Spielende Minuspunkte bedeuten. Für jede neu erreichte Ebene an gestapelten Dabbas bewegst du deinen Ebenenmarker um einen Schritt nach oben.
Auf jedem der Dabbas (außer auf den Sonderplättchen) findet sich zudem ein halbes Chai-Symbol. Legst du die Plättchen geschickt aneinander und vervollständigst zwei halbe Symbole zu einem ganzen, nimmst du sofort ein zufälliges Chai-Plättchen aus dem Vorrat und siehst es dir geheim an. Du kannst solche Plättchen am Spielende in Punkte tauschen oder im Spiel einsetzen für einen Vorteil (z.B. kannst du damit bei einer Bewegung zu einem beliebigen Ort springen oder eine Handkarte mit einer offen ausliegenden Karte tauschen, in Phase 2 kannst du zudem beispielsweise die Werte der Dabbas zusätzlich beeinflussen). Ein eingesetztes Plättchen wird abgelegt, Punkte gibt es dafür am Ende dann nicht mehr.
Kann keine Karte mehr nachgelegt werden, spielen alle noch ihre verbliebenen Handkarten aus und verbauen die entsprechenden Dabbas. Danach wird der Spielplan auf die Rückseite gedreht.
Phase 2: Lieferphase
Bestimmt zunächst, wer die höchste Ebene auf seinem Transportmittel durchs Stapeln der Plättchen erreicht hat. Genau so viele Wertungsrunden werden nun gespielt. Ihr nehmt alle an jeder Wertungsrunde teil, Punkte (oder thematisch: Trinkgeld) gibt es allerdings nur für diejenigen, die auch Dabbas in der gewerteten Ebene besitzen.
Nehmt euch zunächst aber erst einmal 1x Trinkgeld für jedes übrige Ticket, das ihr noch besitzt. Nehmt dann alle eure ausgespielten Karten auf die Hand und betrachtet nun deren untere Hälfte. Bei jeder Ebenen-Wertung, die nun folgt, spielt jeder eine Karte aus, zunächst verdeckt. Mit den Karten, die im Anschluss aufgedeckt werden, und ihren Werten im unteren Kartenbereich, verändert ihr die Wertigkeit der vier verschiedenen Dabba-Farben. Eine rote 2 lässt den Marker der roten Dabbas also zwei Felder nach vorn schreiten. Maximal kann jede Farbe den Wert von 4 erreichen.
Für zusätzliche Veränderungen könnt ihr bei der Wahl der Karte auch direkt noch eigene Chai-Plättchen hinzufügen, ebenfalls zunächst verdeckt. Diese werden dann mit der Karte aufgedeckt und erhöhen den Wert einzelner Farben oder verringern ihn zusätzlich!
Wurden alle Karten und ggf. Plättchen einer Wertungsrunde aufgedeckt, erhält jeder, der Dabbas auf dieser Ebene besitzt, nun entsprechend Trinkgeld. Zeigt ein grünes Polyomino-Plättchen beispielsweise 4 Essensbehälter, so gibt es dafür dann viermal den Wert der grünen Dabbas. Wurde der Wert zum Beispiel auf 3 gesteigert, so sind das 4x3 = 12 Trinkgeld (bzw. Punkte).
Gewertete Dabba-Plättchen werden vom eigenen Tableau entfernt. Nach einer Wertungsrunde werden die Wertmarker wieder zurück aufs Feld 0 ihrer Leiste gelegt. Danach folgt die Wertung für die nächstniedrigere Ebene. Dies wiederholt sich, bis alle Ebenen gewertet wurden.
Hat jemand graue Lückenfüller verbaut, gibt es dafür jeweils 2 Minuspunkte, thematisch zwei Trinkgeld Abzug.
Am Ende der Lieferphase bringt jedes übrige, nicht eingesetzte Chai-Plättchen noch einmal 2 Trinkgeld. Wer nun insgesamt das meiste Trinkgeld (= die meisten Punkte) sammeln konnte, gewinnt.
Zusatzmodule:
- Ihr könnt die Wertleisten einzelner Dabba-Farben verändern, indem ihr sie mit den entsprechenden Plättchen verlängert oder verkürzt.
- Ihr könnt zudem auch noch 1 bis 3 allgemeine Aufträge mit ins Spiel nehmen, die euch dann bei der Schlusswertung zusätzliche Punkte liefern, z.B. für jede gebaute Ebene oder die Anzahl unterschiedlicher Dabba-Farben in einer Ebene etc.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- kurzweiliges Familienspiel
- schöner Mix aus Puzzeln und Bieten
- Variationsmöglichkeiten durch unterschiedliche Tableaus und Wertungskarten
- praktische Aufbewahrungsboxen
CONTRA
- Spielgefühl hängt auch von der Spielerzahl ab
MEINUNG
"Hör‘ ich da ... Dabba Walla?!" - Tja, mit über 99 Prozent zuverlässig-pünktlicher Zustellquote könnte sich so mancher Essenslieferdienst bei uns wohl eine Scheibe vom so gut funktionierenden Netzwerk in Mumbai abschneiden, oder? Der Tagesablauf der berühmten Dabba Walla wird in diesem Familienspiel mit unterhaltsamen Spielelementen dargestellt.
Los geht der Tag mit der Abholphase. Das Bewegen über den Spielplan zu den zufällig ausliegenden Karten ist durchaus taktisch geprägt. Die Karten, die ich auf die Hand nehme, sollten mir sowohl passene Dabba-Plättchen zum Puzzeln liefern, ich sollte aber auch immer vorausschauend auf die Wertveränderungen der Dabba-Farben achten, die so eine Karte offeriert. Die Krux: Zeigt eine Karte ein gelbes Plättchen, verändert sie in Phase 2 beispielsweise den roten Wert. Diese Karte hilft mir also nicht dabei, mein über sie erhaltenes gelbes Plättchen später auch zu werten. Da muss ich mich dann in anderen Spielzügen drum kümmern. Wenn ich da den Anfängerfehler mache, nur auf die Plättchen zu schauen, werde ich in Phase 2 eventuell ein böses Erwachen erleben, wenn die Konkurrenz das Trinkgeld für mich natürlich bewusst kleinhalten und ich ohne passende Karten keine Möglichkeit besitze, aktiv entgegenzusteuern.
Natürlich ist beim Kartenangebot auch immer Glück im Spiel vorhanden. Da kann es passieren, dass jemand kostenlos zu einer perfekt passenden Karte ziehen kann, während Pechvögel erst einmal Tickets löhnen müssen. Aber: Es zeigte sich in unseren Runden, dass sich das meistens über die Partie hinweg recht gut ausgleicht.
Das Puzzeln der Polyomino-Plättchen aufs eigene Tableau kennen wir aus nicht wenigen anderen Spielen dieser Art. Diesen Mechanismus sollte man also grundlegend mögen, damit man Gefallen an Dabba Walla findet. Ich persönlich mag solche Spiele gern, Planet Unknown ist da beispielsweise derzeit immer noch mein Lieblingsspiel. Und auch die Idee, in die Höhe bauen zu müssen, kennen wir in ähnlicher Form bereits, z.B. vom Spiel Hexenhaus. Dennoch gibt es bei Dabba Walla eigene Kniffe. Da wären zum einen die hilfreichen Chai-Plättchen, von denen man sich möglichst viele erspielen sollte. Da wäre der Malus, wenn ich Lücken im Dabba-Fundament füllen muss. Da wäre aber vor allem auch die Überlegung, mit wie vielen Dabbas einer Farbe ich so eine Ebene belege. Eine einfarbige Ebene kann mir in der Wertungsphase richtig viel Trinkgeld bescheren, wenn, ja, wenn der Wert dieser Farbe dann in dieser Wertungsrunde auch richtig gesteigert wird.
In der Wertungsphase macht sich die Spielerzahl auf jeden Fall bemerkbar. Im Spiel zu zweit wird es eher darauf hinaus laufen, dass beide Beteiligten dafür sorgen, „ihre“ Farben zu pushen bzw. konkret darauf anspielen, dem Gegenüber eine Wertung zu vermiesen, insbesondere auch mit Chai-Plättchen. Normalerweise sage ich an dieser Stelle ja immer: zu zweit gefällt mir das Spiel besser, weil es dann planbarer ist. Lustigerweise empfinde ich das bei Dabba Walla anders. Das Spiel besitzt eh so seine Glücksfaktoren; es ist klar als Familienspiel angelegt. Und da entsteht mit mehr Personen tatsächlich dann auch mehr Dynamik. Bewegt sich der Trinkgeld-Marker einer Farbe im Spiel zu zweit oft nur ein oder zwei Felder weit, sind in Vollbesetzung größere Sprünge möglich, da verschiedene Personen oftmals gleichermaßen Interesse an einer Wertsteigerung haben - oder mehr Möglichkeiten besitzen, eine besonders lukrative Wertung destruktiv zu unterbinden. Gerade diese Überraschungseffekte sind für mich bei diesem Spiel dann tatsächlich auch ein echter Unterhaltungsfaktor. Da kann man sich nie ganz sicher sein, ob die eigenen Pläne bei einer Wertung wirklich aufgehen. (* siehe dazu auch: Update, unten)
Wer dennoch etwas mehr Sicherheit haben möchte, Trinkgeld zu kassieren, kann und sollte die Aufträge mit ins Spiel nehmen. Bis zu drei Auftragskarten sorgen da in veränderbaren Kombinationen auch immer wieder für etwas Varianz im Spiel. Schön ist es auch, dass man gleich vier verschiedene Spieltableau-Seiten pro Person in der Schachtel findet. Die veränderten Grundrisse der Lagerfläche stellen einen dadurch zusätzlich vor neue Herausforderungen.
Das Spielmaterial ist von guter Qualität. Dass die Spielpläne Einschubkerben besitzen, liegt daran, dass sie gleichzeitig als Deckel für die Sortierboxen verwendet werden. Das ist auf jeden Fall gut durchdacht. Gerade bei den vielen Dabba-Plättchen in unterschiedlicher Farbe und Form erweisen sich die Sortiereinlagen als äußerst praktisch. Einzig ihr Zusammenbau gestaltete sich, trotz Aufbau-Anleitung, als etwas herausfordernd, wenn sich die Trennwände vor der Fertigstellung teils wieder aus ihren Verankerungen lösten oder sich etwas Pappe beim Einstecken spaltete. Mag sein, dass mir da die nötige Feinmotorik fehlt. Nun gut, das war eh eine einmalige Sache, jetzt sitzt alles, und missen möchte ich diese Boxen auf keinen Fall mehr.
Fazit: Dabba Walla vereint verschiedene erprobte Spielmechaniken zu einem stimmigen Ganzen, das mich (als Familienspiel) sehr gut zu unterhalten weiß. Ich vergebe dafür sehr gute 8 Kultpunkte, einzig im Spiel zu zweit würde ich für mich persönlich einen Punkt abziehen, da dann das sympathische (gewollte) Chaos in den Wertungsrunden geringer ausfällt, wobei dieses Empfinden wirklich am persönlichen Geschmack festzumachen ist. Wer mehr Planungssicherheit haben möchte, wird das für sich eventuell genau konträr sehen. So oder so: Dabba Walla ist für mich eine wirklich gelungene Hommage an das Heimatland von Rajive Gupta, dem Verlagschef von Queen Games.
* UPDATE (05.05.2024): Autoren und Verlag haben nachträglich eine PDF mit Spielvarianten veröffentlicht. Darunter befindet sich auch eine Variante für das 2-Personen-Spiel, das durch die Einführung eines imaginären dritten Spielers dynamischer werden soll. Die PDF-Datei findet ihr auf der Queen Games-Webseite: https://new.queen-games.com/dabba-walla/
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/2XMy7c-FvuI
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 28.04.2024
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Queen Games
Weitere Fotos: Spielkultisten