REZENSION
BOTANICUS
- Genre: Familien-/ Taktikspiel
- Jahr: 2024
- Verlag: Hans im Glück / im Vertrieb von Asmodee
- Autoren: Vieri Masseini, Samuele Tabellini
- Illustrationen: Marcel Gröber
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 45 bis 60 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
- Taktiklevel: 8/10
Step by Step zur Blütenpracht
In diesem Spiel legen wir einen botanischen Garten an, der die Besucher beeindrucken soll. Da zieht der Gärtner über die Wege, um neue Blumen anzupflanzen, sie zu gießen und wachsen zu lassen. Die wartenden Gäste haben jedoch ihre eigenen Wünsche, was sie gern sehen möchten, und so gilt es, ihre Aufträge umzusetzen.
REGELN
Legt den Spielplan in die Mitte, zunächst mit der Seite nach oben, die für das Standardspiel gedacht ist. Mischt die Bonusplättchen und belegt die entsprechenden Felder in zufälliger Anordnung. Nehmt euch jeweils ein eigenes Gartentableau und stellt den Gärtner auf das Startfeld zwischen die Beete. Auf dem Tableau sind fünf Aufträge fest aufgedruckt, weitere fünf ordnet ihr aus einer zufälligen Auswahl jeweils den fünf Beet-Reihen zu, sodass jede Reihe zu zwei Aufträgen beitragen kann.
Der große Spielplan zeigt im oberen Bereich drei Fortschrittsleisten, darunter die Aktionsspalten. Stapelt eure Aktionsblumen auf das Startfeld der Aktionsspalten. Wer oben liegt, ist am Zug.
Bist du an der Reihe, darfst du zunächst deinen Gärtner in Stellung bringen, indem du ihn auf deinem Tableau über beliebig viele Wege ziehst. Jede Wegstrecke muss allerdings mit 1 Münze bezahlt werden, zu Beginn besitzt du 6 als Startkapital. Zudem darfst du, falls vorhanden, eine Gartenkarte ausspielen (entfällt im ersten Spielzug), um dir dafür entweder Münzen im Wert von 3 zu nehmen oder aber, gegen Bezahlung von 2 Münzen, eine auf der Karte aufgedruckte Sonderaktion auszuführen.
Im zweiten Schritt deines Spielzuges versetzt du deine Blume auf ein beliebiges Einsetzfeld der nächsten Aktionsspalte. Damit wählst du die Aktion aus, die neben dem Feld zu sehen ist. Überdeckst du einen Bonus bzw. ein Bonusplättchen, erhältst du diesen Bonus bzw. diese Bonus-Aktion. Wichtig: Auf einem Feld dürfen sich auch mehrere Blumen befinden. Ziehst du allerdings auf ein bereits besetztes Feld, musst du pro bereits vorhandener Blume 3 Geld in den Vorrat zahlen. Zudem kannst du auf einem bereits besetzten Feld keinen eventuell vorhandenen Bonus einstreichen, sondern nur die Feld-Aktion ausführen.
Haben alle ihre Spielzüge durchgeführt, bestimmt die Reihenfolge der Blumen in der aktiven Spalte die Zugreihenfolge für den nächsten Spielzug. Wer sich oben befindet, darf als erster einen neuen Spielzug durchführen, die anderen folgen entsprechend. Generell gilt: Wer sich in einer Spalte weiter oben platziert, wird im nächsten Spielzug früher am Zug sein, allerdings ist die Aktion dann tendenziell schwächer als auf den unteren Einsetzfeldern.
Habt ihr alle Spalten durchgespielt, setzt ihr eure Blumen wieder an den Anfang zurück und dreht die Bonusplättchen auf ihre Rückseite. Dann wird eine zweite Runde in identischer Art und Weise gespielt.
Die Aktionen:
Drei Symbole (Sack, Schubkarre, Schaufel) beziehen sich auf die Leisten des großen Spielplans. Zeigt das Aktionssymbol z.B. eine Schaufel mit der Zahl 3, bedeutet das, dass du drei Schritte auf der entsprechenden Leiste nach vorn ziehen darfst. Du darfst auch weniger Schritte machen; in diesem Fall erhältst du überzählige Schritte als Siegpunkte ausgezahlt. Du darfst aber auch mehr Schritte machen als vorgegeben; in diesem Fall musst du pro Zusatzschritt 3 Geld bezahlen. Das Feld, auf dem du stehen bleibst, bringt dir dann eine Aktion. Die Sack-Leiste liefert dir meistens neues Geld, die Schubkarren-Leiste Gieß-Aktionen, die jeweils eine bereits gesetzte Pflanzen pro Gießkannen-Symbol um eine Stufe (es gibt die Wachstumsstufen 1 bis 4) aufwertet, sie also wachsen lässt. Die Schaufel-Leiste hingegen liefert dir hauptsächlich neue Pflanzen, die du auf freie Beet-Felder deines Tableaus legst. Goldene Regel: Beim Gießen oder Pflanzen muss dein Gärtner angrenzend zum gewählten Beet stehen! Erreichst du das Ende einer Leiste, erhältst du Bonuspunkte, danach stellst du deinen Marker wieder auf den Beginn der Leiste. Manche Strecken auf den Leisten kosten dich Geld, wenn du sie benutzen möchtest.
Weitere Aktionssymbole in den Aktionsspalten bzw. auf den Bonusplättchen liefern die Geld, Punkte, Gartenkarten, neue Pflanzen, kostenlose Bewegungen mit dem Gärtner oder auch Tiere, die du dann jeweils auf das nächste freie Tierfeld stellst, um Punkte zu machen.
Die Aufträge:
Liegen die von den Besuchern geforderten Pflanzen in der mit ihr verbundenen Reihe deines Tableaus, erhältst du sofort die entsprechenden Siegpunkte. Ziehe nun den vorher zugeordneten "besonderen Auftrag" auf das Wertungsfeld. Erfüllst du zu einem späteren Zeitpunkt auch ihn, erhältst du dessen Punkte und drehst das Plättchen auf die Rückseite.
Spielende:
Habt ihr zwei komplette Durchgänge absolviert, erhält jeder noch eine finale Aktion auf einer der drei Leisten des großen Spielplans. Bei der Schlusswertung werden nun noch Punkte für vollständig gefüllte Beet-Spalten vergeben. Dabei zählt pro Spalte die höchste verfügbare Stufe einer Pflanze, idealerweise also eine 4er-Pflanze, die dann auch entsprechend die meisten Punkte einbringt. Wer nun insgesamt die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt.
Kleine Änderung im 2-Spieler-Spiel: Da zieht derjenige, der als erster am Zug ist, zunächst noch eine neutrale Aktionsblume in die nächste Spalte und sorgt so für etwas mehr Einschränkungen bei der Aktionsauswahl.
Optional könnt ihr auch die Spielende-Karten mit ins Spiel nehmen. Da erhaltet ihr vor Spielbeginn jeweils drei zufällig und sucht euch davon eine aus, deren Auftrag ihr geheim haltet. Am Spielende belohnt euch diese Karte dann mit zusätzlichen Punkten, je nach Vorgabe (z.B. mit 4 Punkten pro 4er-Pflanze etc.)
Wer das Spiel schon besser kennt, kann es auch in der Experten-Version spielen. Da dreht ihr den Spielplan und eure Tableaus auf die Rückseite. Die Tableaus sind nun asymmetrisch; jeder botanische Garten ist somit anders angelegt, hat auch unterschiedliche Aufträge. Die Wege, über die der Gärtner zieht, verursachen unterschiedloch hohe Kosten. Ab dem zweiten Durchgang kommt dann jeweils ein zweiter Gärtner für jeden Spieler aufs eigene Tableau, sodass Pflanz- und Gießaktionen variabler umgesetzt werden können.
Zudem belegen die Tiere nun zunächst noch jeweils ein Beet-Feld. Ein Beet darf erst bepflanzt werden, wenn das Tier darauf über die Tier-Aktion entfernt wurde. Bei einer Tier-Aktion darfst du ein beliebiges deiner Tiere von deinem Tableau nehmen. Dafür erhältst du dann auch noch den Bonus des entsprechenden Tieres, beim Vogel z.B. Zusatzpunkte für künftige Tier-Aktionen und Zielplättchen (Bonuspunkte am Ende der Leisten), das Eichhörnchen liefert jeweils 6 Geld beim vollständigen Belegen einer Spalte, der Schmetterling bringt fortan zusätzliche Punkte für einen erfüllten Auftrag usw.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- taktische Aktionsauswahl mit viel Interaktion
- geschmeidiger Ablauf
- im Anspruch anpassbar
- hochwertiges Spielmaterial
CONTRA
- klassisches Gartenthema spricht nicht jeden gleichermaßen an
- Pflanzen-Management ist an grundlegend stets ähnliche Arbeit geknüpft
MEINUNG
Es gibt ja Menschen, die sehen in der Gartenarbeit etwas Beruhigendes, Meditatives. Für andere Personen wiederum ist das als Hausbesitzer eher eine lästige Pflicht, ja, eben doch, wie das Wort schon sagt, mehr Arbeit als Hobby.
Bei Botanicus frönen wir nun genau dieser Gartenarbeit. Auch wenn wir thematisch einen botanischen Garten anlegen, den die Besucher bewundern sollen, wandern im Laufe des Spiels doch immer nur einzelne Pflanzen in die Beete, sodass das fertige Tableau dann am Ende zwar deutlich bunter als zu Spielbeginn aussieht, in manchen Reihen aber eher mickrige Pflanzen zu sehen sind, die eher an einen Hobby-Schrebergarten erinnern, aber nun gut ... Vielleicht sollten wir das mit dem botanischen Garten einfach auch nicht allzu wörtlich nehmen. Das Spielmaterial ist jedenfalls hochwertig, Naturfreunde werden ihre Freude am Spiel haben, zumal die ausgewachsenen Pflanzen auch noch ausführlich in der Anleitung beschrieben werden. Ein nettes Gimmick, wenn auch ohne spielerischen Nutzen, denn letztlich legen wir dann einfach beispielsweise 1er-Pflanzen auf freie Beete und lassen daraus später 2er-, 3er- oder 4er-Pflanzen werden. Dass die Pflanzen beim Gießen dann auch einfach mal gefühlt ihre Art wechseln, interessiert keinen ernsthaft, da niemand wirklich darauf achten wird, was da auf dem Beet eigentlich genau wächst.
Botanicus bedient beim Erfüllen der Aufträge also eher abstraktes Ressourcenmanagement bzw. Tableau Building. Ich muss zusehen, dass ich meinen Gärtner an die passenden Stellen meines Gartens ziehe, um wiederum passende Pflanzen anwachsen zu lassen bzw. sie auf höhere Wachstumsstufen zu gießen. Dieser Teil des Spiels ist der Haupt-Punktegenerator, taktisch, teilweise auch tricky in der Umsetzung, wenngleich man da gefühlt in jeder Partie dasselbe macht, nur an unterschiedlichen Stellen. Dieses Element des Spiels wäre jetzt noch nicht das, was mich alleine so richtig gut unterhalten würde, denn hier zeigt sich gefühlt dann öfters doch wieder, warum Gartenarbeit „Arbeit“ heißt.
Der Weg dorthin hingegen ist wunderbar fluffig. Die Aktionsauswahl über die Spalten und die damit verbundene Zugreihenfolge ist wirklich elegant, schrittweises Worker Placement sozusagen, für die meisten sicher auch innovativ, zumindest unverbraucht. Ganz neu ist sie allerdings nicht. Das kleine Spiel Floriferous (deutsche Version: Blumengarten) verwendete diese Art der Aktionsauswahl in Kombination mit dem Gartenthema bereits ebenfalls, wenn auch auf mit anderen spielerischen Konsequenzen. Dieser Teil des Spiels ist wunderbar interaktiv, kann ich doch auch bewusst Felder teurer machen oder Boni wegschnappen oder mich in Position für den nächsten Spielzug bringen. Die Verknüpfung mit den überdimensionierten Fortschrittsleisten erfordert anfangs noch ein wildes Hin- und Herschauen, welches Symbol mir welche Konsequenz offeriert, mit jeder Runde läuft das dann aber schneller ab, sodass das Spiel tatsächlich in gut 45 Minuten zu schaffen ist, sogar wenn in Vollbesetzung gespielt wird. Zu zweit kann man Botanicus gar in 30 Minuten absolvieren, wenn niemand endlos über die eigenen Spielzüge nachdenkt.
Das Puzzle-Element beim Pflanzen und Gießen in Kombination mit der Aktionsauswahl wird noch spannender durch den Wettlauf-Charakter. Wer als Erster am Ende einer Leiste ankommt, staubt auch noch schönes Bonuspunkte ab. Die Tiere sind im Grundspiel ein einfacher zusätzlicher Punktelieferant; man fragt sich allerdings zunächst schon, warum es da überhaupt unterschiedliche Tierarten gibt. Das klärt sich dann im Expertenspiel, zu dem ich auf jeden Fall raten kann, wenn ihr bereits etwas Spielerfahrung besitzt. Die Asymmetrie verlangt dann nach neuen taktischen Überlegungen, vor allem die Boni der Tiere, die man von den Beeten entfernen muss, um diese zu bepflanzen, bieten da noch einmal neue strategische Möglichkeiten. Grundlegend gilt auch hier, dass ich prinzipiell in jeder Partie gefühlt das selbe machen, aber ich muss mich anpassen an die Entscheidungen meiner Mitspieler, und ich bekomme auch noch eine individuelle Varianz durch die Gartenkarten und die geheimen Spielende-Karten geliefert. Wer also auch sonst gern auf Kennerspiel-Niveau spielt, dem empfehle ich klar die Fortgeschrittenen-Regeln, während das Grundspiel schon gut als Familienspiel funktioniert.
Ob ihr das Gartenthema spannend findet, müsst ihr für euch selbst entscheiden. Das Spiel an sich ist aber auf jeden Fall ein gutes (gehobenes) Familien- bis Kennerspiel, anpassbar an den eigenen Anspruch, schön ausgestattet und mit einem frischen, kurzweiligen Spielablauf. Ich vergebe gute 7 Kultpunkte an das Grundspiel von Botanicus und sehr gute 8 Kultpunkte an die bereits integrierte Experten-Version.
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/jFwf5iNLey4
KULTFAKTOR: 7-8/10
Spielidee: 7-8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 19.05.2024
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Hans im Glück / Asmodee
Weitere Fotos: Spielkultisten