REZENSION
AZUL: DER SOMMERPAVILLON
- Genre: Familie, Denken
- Jahr: 2019
- Verlag: Next Move Games
- Autor: Michael Kiesling
- Grafik: Philippe Guérin, Chris Quilliams
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 30 - 45 Min.
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 8/10
Das leuchtet!
Am Hofe Manuels I. in Portugal erbauen wir im dritten Teil von "Azul" farbige Sommerpavillons. Punkte gibt es, wenn man Fliesen möglichst geschickt angrenzend legt und die Bonusfliesen einheimst!
REGELN
Zunächst entscheiden sich die Spieler für eine Seite ihrer Spielertafel. Die Standardseite ist bereits farbig bedruckt, in der Fortgeschrittenen-Variante müssen die Spieler für sich selbst bestimmen, wie die Farben verteilt sind.
Die ausgelegten Manufakturen (Spieleranzahl mal 2, plus 1) werden mit jeweils 4 zufällig gezogenen Fliesen belegt. Gespielt werden 6 Runden, in denen jeweils eine der sechs Farben zur Jokerfarbe wird.
Jede Runde ist in zwei Phasen unterteilt:
(1) Fliesen sammeln:
Reihum wählt jeder Spieler immer eine Manufaktur aus, nimmt sich von dort sämtliche Steine einer Farbe und schiebt die anderen Steine dieses Plättchens in die Mitte. Liegt mindestens 1 Jokerstein auf dieser Manufaktur, erhält der Spieler genau einen Stein dieser Farbe hinzu (verpflichtend). Später können die Spieler auch Steine aus der Mitte nehmen (alle Fliesen einer Farbe + ggf. verpflichtend 1 Jokerstein, falls vorhanden). Der erste Spieler, der sich aus der Mitte bedient, erhält den Startspielerstein, muss aber die Anzahl der entnommenen Steine aus der Mitte als Minuspunkte in Kauf nehmen. In weiteren Spielzügen dieser Runde gibt es diesen Malus nicht mehr. Die Fliesen sammeln die Spieler erst einmal neben ihrer Spielertafel.
Wurden alle Fliesen verteilt, folgt Phase 2:
(2) Fliesen legen:
Reihum füllt jeder Spieler in seinem Spielzug immer genau 1 Feld seiner Spielertafel mit einem farblich passenden Stein. Die Felder sind mit Zahlen von 1 bis 6 markiert. Wer einen Stein auf die 1 legt, legt ihn direkt auf dieses Feld. Wer einen Stein auf die 2 legt, muss 2 Steine dieser Farbe "bezahlen", von denen er einen auf das Feld legt. Bei Feld 5 müssen dementsprechend 5 Steine der Farbe bezahlt werden, wovon 1 Stein auf das Feld gelegt wird. Es darf mit Jokern bezahlt werden, mindestens 1 Stein der "echten" Farbe muss aber dabei sein, denn nur dieser Stein darf auf die Spielertafel wandern.
Für einen einzelnen Stein auf einem Stern gibt es erst einmal nur 1 Punkt, egal auf welchem Feld er liegt. Werden weitere Fliesen direkt angrenzend gelegt, gibt es zunehmend mehr Punkte. Für 2 Steine, die aneinander liegen, 2 Punkte bis hin zu 6 Punkten, wenn der sechste Stein einen Stern füllt. Auf diese Weise kann ein Spieler maximal 21 Punkte pro Farbstern erhalten, unabhängig davon, mit welcher Zahl er das Belegen beginnt. Dabei MUSS nicht angrenzend gelegt werden, es können auch Lücken gelassen werden. Natürlich gibt es dann aber entsprechend weniger Punkte.
Wird ein Bonussymbol umschlossen, erhält der Spieler sofort weitere Steine vom gemeinschaftlichen Spielplan - bei einem Kreis 1 Stein, bei einer Statue 2 Steine und beim Fenster 3 Steine. Die kann er beliebig aus der Auslage wählen; anschließend wird hier wieder sofort nachgefüllt.
Der dunkle Stern in der Mitte der Spielertafel wird übrigens prinzipiell genau wie die Farbsterne belegt, nur gibt es hier keine Farbvorgabe. Der Spieler kann also selbst entscheiden, welche Farbe er wo ablegt, allerdings darf jede Farbe nur einmal im Stern vorkommen!
Bezahlte Steine werden immer in den Turm geworfen. Ist der Beutel zum Nachfüllen von Fliesen leer, werden die Steine aus dem Turm zurück in den Beutel gegeben und neu gemischt.
Kann oder möchte der Spieler keine Steine mehr legen, kann er bis zu 4 in die nächste Runde mitnehmen (Ablageflächen in den Ecken der Tafel). Sollten mehr Steine übrig bleiben, gibt es Minuspunkte. Die Steine dürfen dann in der nächsten Runde verbaut werden.
Nach jeder Runde wechselt die Jokerfarbe. Nach 6 Runden ist das Spiel beendet. Auch jetzt bringen überschüssige Fliesen noch einmal Minuspunkte. Bei der Schlusswertung gibt es nun Bonuspunkte für komplett gefüllte Sterne und das Belegen sämtlicher 1er, 2er, 3er und/oder 4er-Felder. Wer nun die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- bekannte Grundmechanik mit neuem Kniff beim Legen
- schönes Optik, tolles Material
- taktischer als die Vorgänger
CONTRA
- Ärgerfaktor "Minuspunkte" fast vollständig verschwunden
MEINUNG
Die Auszeichnung "Spiel des Jahres" ist ja oftmals Fluch und Segen zugleich. Auch wenn das ausgezeichnete Spiel meistens von uns eine Empfehlung erhielt und der Verlag natürlich entsprechend hohe Umsatzzahlen generiert, so brachten diverse "Spiel des Jahres"-Titel dann unzählige Erweiterungen und Sequels hervor, was bei manchen Spielen durchaus Sinn machte, bei anderen aufgesetzt wirkte. Beim zweiten Teil von "Azul", der erschien, nachdem das Spiel 2018 zum Spiel des Jahres (> Testbericht) gekürt wurde, hatte ich das Gefühl, dass "Die Buntglasfenster von Sintra" (> Testbericht) zwar eine ganz nette Fortsetzung sind, aber nicht an den ersten Teil heranreichen. Schnell habe ich mich wieder von meinem Exemplar getrennt. Als dann im Jahr 2019 Teil 3 angekündigt wurde, muss ich zugeben, dass ich ernsthafte Bedenken hatte, ob hier nicht nur noch die "Kuh gemolken" wird. Nach der ersten Testpartie musste ich feststellen: Meine Bedenken waren unnötig, im Gegenteil.
"Azul 3", oder richtig genannt: "Der Sommerpavillon", lässt die Vergaberegeln der Steine fast unberührt, erweitert sie nur durch eine rundenbasierte Jokerfarbe. Hier muss man ein wenig aufpassen, dass man in jeder Runde auch auf die richtige Farbe achtet! Ansonsten fühlen sich "Azul"-Spieler aber zuhause.
Völlig neu hingegen ist der getrennte "Nehmen"-/"Legen"-Ablauf. Jetzt wird erst einmal fleißig gesammelt. Der nette Ärgerfaktor aus Teil 1, bei dem man zum Schluss hin überschüssige Steine bekam, die einem Minuspunkte reindrückten, ist beim 3. Teil deutlich reduziert worden. Wer hier geschickt plant, kann die Minuspunkte vermeiden - oder sie halt mal freiwillig in Kauf nehmen, um Startspieler zu werden und als erster Spieler Steine aus der Mitte nehmen zu dürfen. Diese Minuspunkte lassen sich aber gut kompensieren.
Das Legen reihum ist dann überaus taktisch. Hier gilt es, die Ausbeute klug zu kombinieren und möglichst viele Punkte durch angrenzendes Anlegen und Boni durch Umschließen der Bonusfelder zu generieren. Was sich am Anfang einer Partie eher langsam entwickelt, wird dann im späteren Verlauf immer mehr zur Herausforderung, wenn immer weniger Möglichkeiten zum Ablegen vorhanden sind. Da baut das Spiel dann auch zunehmend Spannung auf, ob man bestimmte Pläne noch umsetzen kann. Letztere sind in diesem Teil offener als in Teil 1.
Das Spielmaterial ist - bis auf das etwas dünn geratene Gemeinschaftstableau, und die Tatsache, dass der Rundenanzeiger, je nach Sitzposition, die Jokerfarben verdeckt, wirklich top. Die Fliesen, die man in einem Haushalt mit Kindern übrigens nicht unbeaufsichtigt lassen sollte, da sie eine Ähnlichkeit zu einer bekannten Lakritz-Süßigkeit haben, sind optisch und haptisch wieder echte Hand- und Augenschmeichler, überhaupt wirkt das ganze Spiel in seiner Optik farbenfroh und einladend.
Insgesamt ist "Der Sommerpavillon" für mich tatsächlich der beste Teil von "Azul". Der Kauf lohnt sich für Fans abstrakter Legespiel auf jeden Fall, für Fans, die bereits Teil 1 und / oder Teil 2 besitzen, ebenfalls, da das Spiel die bekannte Grundmechanik mit einem noch einmal völlig neuen Spielgefühl kombiniert. Ich vergebe daher nahezu perfekte 9 Kultpunkte!
Ein Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/L86_tVvAApE
KULTFAKTOR: 9/10
Spielidee: 9/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 9/10
TEAM-TREND
Die Kultfaktor-Wertungen weiterer Spielkultisten:
Anke: 9/10
Beate: 8/10
Gerhild: 8/10
Klaus: 8/10
Jürgen: 7/10
Ulf: 7/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 12.03.2020
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Next Move Games
Weitere Fotos: Spielkultisten