REZENSION

APPLEJACK

  • Genre: Familien-/ Legespiel
  • Jahr: 2022
  • Verlag: The Game Builders
  • Autor: Uwe Rosenberg
  • Grafik: Lukas Siegmon
  • Spieleranzahl: 1 bis 4
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Dauer: ca. 30 bis 60 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
  • Taktiklevel: 7/10

Ernten, was die Wiese hergibt

Willkommen auf Applejacks Cottage. In diesem taktischen Legespiel lassen wir eine bunte Streuobstwiese mit verschiedenen Apfelsorten und Bienenkörben entstehen. Während die verschiedenen Apfelsorten in zusammenhängenden Gruppen vereint werden wollen, ist der Honig Zahlungsmittel und Punktelieferant zugleich.

REGELN

Legt den Spielplan mit der Seite in die Mitte, die eurer Spielerzahl entspricht. Mischt die Legeplättchen ("Baumplättchen") verdeckt und verteilt jeweils zwei zufällige (nun offen liegende) in die Mulden des Spielplans. Bestimmt einen Startspieler und erhaltet ein Startkapital an Honig-Plättchen (im Spiel zu dritt beispielsweise 16 / 19 / 22). Der Würfel wird auf die 1 (für Runde 1) gedreht und auf das Startfeld des Weges gelegt. Von nun an spielt ihr drei Runden lang reihum.

Bist du am Zug, suchst du dir ein Plättchen von einer der beiden angrenzenden Mulden oder ein verdecktes vom Nachziehstapel aus. Jedes Plättchen zeigt mindestens einen Bienenkorb. Die Zahl, die in diesem Korb steht, musst du nun einmalig mit Honig bezahlen, wenn du das Plättchen offen auf deine Wiese legen möchtest. Lege das Plättchen dazu dann auf ein freies Feld deiner eigenen Spielertafel. Plättchen müssen nicht zwingend angrenzend zueinander gelegt werden.

Legst du zwei Bienenkörbe aneinander, erhältst du den niedrigeren Wert an Honig ausgezahlt. Bei zwei identischen Körben bekommst du den vollen Honig-Wert. Honigkörbe findest du nicht nur auf den Plättchen (in verschiedener Anzahl), sondern auch mehrfach am Rand der eigenen Spielertafel. Solltest du in einem Spielzug durch das Hinzufügen eines Plättchens gleich mehrere Körbe aneinanderlegen können, erhältst du von jeder Verbindung den niedrigeren Honig-Wert ausgezahlt.

Alternativ kannst du auch ein neues Plättchen auf die Rückseite drehen und mit dieser Seite (Schafe) auf die Spielertafel legen. In diesem Fall zahlst du nichts, sondern erhältst zwei Honigtropfen.

Rücke anschließend den Würfel auf das nächste Feld des Spielplan-Weges. Der nächste Spieler ist dran.

Da die Mulden nicht von alleine aufgefüllt werden, kann es passieren, dass du in einem späteren Spielzug nur noch ein Plättchen in beiden zur Verfügung stehenden Mulden angeboten bekommst. In diesem Fall wird nachgefüllt, d.h. alle Mulden erhalten nun ein neues zufälliges Plättchen vom Nachziehstapel.

Die Plättchen zeigen aber nicht nur Bienenkörbe, sondern vor allem auch verschiedene Apfelsorten in unterschiedlicher Anzahl. Wann immer der Würfel über ein Apfel-Wertungsfeld gezogen wird, wird die entsprechende Sorte nun bei allen Teilnehmern gewertet. Schaut, wie viele Äpfel dieser Sorte ihr auf zusammenhängenden (!) Plättchen zählt. Zieht davon den Würfelwert ab (also minus 1 in Runde 1). Die Differenz wird in Honig ausgezahlt. Gerade anfangs wird man da auch noch öfter leer ausgehen. In späteren Wertungen können auch getrennte Gruppen gleicher Äpfel entstanden sein. Wertet diese Gruppen dann jeweils einzeln. Lukrativer ist es natürlich, eine verbundene große Gruppe für jede Sorte zu besitzen, da ja für jede einzelne Wertungsgruppe immer der Würfelwert abgezogen wird.

Ihr folgt auf dieser Weise dem Weg bis zum Rundenende. Dann findet eine Blütenwertung statt. Zählt die auf manchen Plättchen abgebildeten Blüten auf eurer Wiese. Die Blüten müssen, anders als die Äpfel, nicht zusammenhängend ausgelegt sein. Die Anzahl der Blüten erhaltet ihr in Honig ausgezahlt.

In Runde 2 wird der Würfel auf die 2 gedreht. Bei jeder Apfelwertung wird nun von der Anzahl der zusammenhängend ausliegenden Äpfel dieser Sorte auf der eigenen Wiese ein Wert von 2 abgezogen. Am Ende der Runde wird die Blütenwertung mit 2 multipliziert.

In Runde 3 wird der Würfel auf die 3 gedreht. Bei jeder Apfelwertung wird nun der Wert 3 abgezogen. Der Weg in Runde 3 endet vorzeitig auf dem Herbst-Feld.

Hat der Würfel das Zielfeld erreicht, findet eine Schlusswertung statt, die jeder für sich durchführt.

  • Noch einmal wertest du nun alle (!) Apfelsorten auf deiner Wiese auf die zuvor beschriebene Weise von Runde 3. Den Gesamtwert an Honig, den du so erhältst, verdoppelst du. 
  • Ist es dir gelungen, 4 oder mehr Apfelsorten in die Wertung zu bringen, erhältst du einen Bonus, der umso höher ausfällt, je mehr verschiedene Apfelsorten du werten konntest (maximal gibt es sieben verschiedene Sorten für den Höchstbonus).
  • Führe eine letzte Blütenwertung durch (einfacher Wert wie in Runde 1). 
  • Addiere den Honig hinzu, den du während des Spiels bereits sammeln konntest.


Wer nun insgesamt den meisten Honig produziert hat, gewinnt.


Varianten:

  • Belegt einzelne Wertungsfelder mit den Apfelplättchen. So könnt ihr die Reihenfolge der Wertungen verändern.
  • Legt am Anfang jeweils ein Plättchen neben eure Wiese. Im eigenen Spielzug kann dann jeweils gewählt werden, ob das neu genommene Plättchen auf die Spielertafel gelegt wird oder das, das neben der Wiese liegt. Im letzteren Fall wird das neue Plättchen dann neben die Wiese gelegt. Dadurch könnt ihr euch beispielsweise teurere Plättchen für spätere Spielzüge reservieren.
  • Dreht die Spielertafel auf die Rückseite. Jeder besitzt nun eine asymmetrische Symbol-Verteilung am Rand der Wiese. Da gibt es dann nicht nur andere Bienenkorb-Werte, sondern an manchen Stellen auch Äpfel, die dann, sobald sie über Plättchen angeschlossen wurden, mit in die Wertung eingehen können.
  • Das Spiel kann auch solo gespielt werden.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • trickreiche Optimierungsaufgabe in Form eines Legespiels
  • Honig als Zahlungsmittel und gleichzeitiger Punktelieferant 
  • Varianz durch immer neue Plättchenverteilung und asymmetrische Spielertafeln


CONTRA 

  • eindimensionale Strategie
  • teilweise entscheidet auch das Glück über den Erfolg

MEINUNG

Uwe Rosenberg und Ernte-Spiele - na, welche Spiele fallen euch da ein? Die Liste könnte da durchaus länger ausfallen. Mit Applejack kommt im frisch gegründeten Verlag The Game Builders nun ein weiteres Spiel mit diesem Thema hinzu. Entsprechend klassisch wirken Aufmachung und Cover des Spiels, was aber nicht negativ gemeint ist. Das Setting besitzt seinen eigenen Charme.

Wer nun denkt, man hole sich hier ein Obstgarten 2.0 auf den Tisch, der irrt sich. Applejack ist keinesfalls ein Kinderspiel, sondern ein sehr taktisches Legespiel. Auch wenn die Partien durch die zufällige Plättchenauslage nie identisch verlaufen, ist das Spielziel dabei klar definiert und eindimensional: Gleiche Apfelsorten zu großen Gruppen verbinden, nebenher Blüten sammeln für die Blütenwertung und die Bienenkörbe taktisch klug zusammenfügen. Das sind die drei Elemente, auf die man sich in jedem Spiel gleichermaßen konzentrieren muss. Es gibt keine verschiedenen Strategien, die zum Spielsieg führen können, aber die braucht es auch nicht, denn die Optimierungsaufgabe hat schon einen erhöhten Denkanspruch.

Dabei sind die Regeln einfach. So kann schnell losgespielt werden, auch aus dem Bauch heraus. So richtig verstehen wird man das Konzept spätestens dann, wenn man merkt, dass man bei den Apfel-Wertungen leer ausgeht. Die Faustregel für einen wirtschaftlich gesunden Obstanbau lautet: Mindestens einen Apfel mehr pro Sorte über Plättchen verbunden zu haben, als es die Rundenzahl vorgibt. Nur so kann auch am Spielende die wertvolle Bonus-Wertung noch einmal ordentlich Punkte bringen.

Ein interessantes Konzept ist die Art und Weise, wie neue Plättchen bezahlt werden, nämlich mit Honig, der gleichermaßen auch der Punktelieferant im Spiel ist. Da auf nicht wenigen Plättchen mehrere Körbe zu sehen sind, sollte man diese geschickt auf der eigenen Tafel auslegen. Hat ein Plättchen an seinen sechs Seiten beispielsweise insgesamt gleich vier Körbe, dann sollte so ein Plättchen vielleicht besser irgendwo in der Mitte der Wiese liegen, um bei jedem Anschluss auch neuen Honig zu produzieren. Überhaupt sind die Bienenkorb-Werte ein schönes taktisches Element, das man gut ausnutzen sollte. Lege ich eine 9 an eine 2, dann bezahle ich 9 Honig für das neue Plättchen, bekomme aber, wie immer, nur den kleineren Wert zurück. Somit sollte ich dieses Potenzial nicht verschenken. Füge ich hingegen eine 9 an eine 8, erhalte ich 8 Honig zurück. Ein deutlicher Zugewinn. Lege ich eine 6 an eine 7, dann zahle ich 6 für dieses Plättchen und erhalte auch 6 zurück. Da ist das Legen dann quasi kostenlos.

Klar ist bei Applejack auch Glück im Spiel. Es kann durchaus passieren, dass einem gewisse Apfelsorten in ausreichender Anzahl verwehrt bleiben, einfach, weil die "falschen" Plättchen in der Auslage liegen und man auch kein Glück beim Ziehen hat. Ärgert euch nicht, wenn ihr eine Apfelsorte vielleicht überhaupt nicht auf eure Wiese holt. Es kann besser sein, eine Sorte gänzlich zu ignorieren und eine andere entsprechend zu pushen, als von manchen Sorten so wenig zusammenhänge Äpfel zu besitzen, dass sie gar nicht gewertet werden können. Der fortlaufende Aufbau der Erträge mit dem immer höherer werdenden Malus bei den Wertungen erfordert konsequentes Engine Buildung. Wie bereits gesagt: Aus dem Bauch heraus spielen geht, aber so richtig Punkte wird man nur machen, wenn man die Anordnung der Apfelsorten gut plant und möglichst nicht mehrere getrennte Gruppen an gleichen Äpfeln entstehen lässt.

Jetzt kann man sagen: Okay, da mag es gefühlt ähnliche Spiele geben. Dennoch macht mir die Optimierungsaufgabe in Applejack Spaß, und in der Zusammenstellung der verschiedenen Elemente ist das Spiel dann doch frischer, als es das Thema vielleicht vermuten lässt. Das Setting geht aber auf jeden Fall in Ordnung, und die Anleitung wurde auch noch liebevoll mit einer Geschichte des Apfels versehen.

Mit der taktischeren Variante des Reserve-Plättchens gibt es spielerisch dann noch mehr Freiheiten, und mit den asymmetrischen Spielertafeln lässt sich eine weitere schöne Abwechslung ins Spiel bringen. Die Spieldauer skaliert dabei mit der Spielerzahl. Das Spiel ist zu zweit nicht schlechter als zu viert, es ist aber flotter gespielt. Man sollte wissen, dass man die auf der Schachtel angegebenen 30 Minuten zu viert auf jeden Fall eher mehr als verdoppeln sollte. Die Altersangabe „ab 8 Jahren“ kann ich zumindest für spielerfahrene Familien bestätigen.

Insgesamt vergebe ich gute 7 Punkte an dieses Spiel. Wer ein echter Fan von Optimierungs-Puzzeln wie z.B. Calico ist, der kann bei Applejack auch gern noch einen Punkt drauf rechnen, genau wie Spieler, die solche Natur-/ Landwirtschafts-, bzw. hier konkret Obstanbau-Themen mögen. Es ist definitiv ein schönes Puzzle-Legespiel, das sich, trotz Kleinverlag (hinter dessen Kulissen aber ebenfalls Spielerfahrung steckt!), auch vom Material nicht hinter ähnlichen Legespielen zu verstecken braucht!

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/FjYScAltKRI

KULTFAKTOR: 7-8/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 8/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 01.11.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: The Game Builders
Weitere Fotos: Spielkultisten