REZENSION

WITCHSTONE

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2021
  • Verlag: R&R Games, HUCH!
  • Autoren: Reiner Knizia, Martino Chiacchiera
  • Grafik: Mariusz Gandzel
  • Spieler: 2 bis 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 60 bis 90 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: mittel
  • Taktiklevel: 7/10

Von Hexen und Hexplättchen

Rund um den sagenumwobenen Hexenstein versammeln sich die Zauberer und Hexen, um verschiedene Orte zu besuchen, indem sie Energieverbindungen herstellen. Außerdem nutzen sie die Kraft des Pentagramms, alte Schriftrollen und magische Kristalle, um der Meister ihrer Zunft zu werden.

REGELN

Bereitet zunächst den Spielplan vor. Belegt jeden Ort in der großen Kristallkugel mit zufällig gezogenen lilafarbenen Magie-Chips, legt den Rest unter das Phiolen-Regal. Deckt 6 erste Schriftrollen-Karten vom verdeckt gemischten Stapel auf. Bestückt das Pentagramm mit den Punktechips in absteigender Reihenfolge sowie mit 3 zufälligen blauen Bonus-Plättchen.

Jeder Spieler erhält einen Zauberkessel, auf dessen Felder mit Blubberblasen er jeweils einen Kristall seiner Farbe legt. In die Mitte kommt ein schwarzer Kristall. Dann mischt jeder Spieler verdeckt seine 15 Hexplättchen. Jedes Hexplättchen besteht aus 2 Aktionssymbolen. 5 Plättchen werden dann offen hinter den eigenen Sichtschirm gelegt. Nun bezieht jeder Spieler noch mit seiner großen Spielfigur einen eigenen Startturm auf dem Spielplan. Auf diese Weise erhält jeder auch bereits seinen ersten magischen Chip, der bis zum Ende des Spielzuges eingelöst werden muss.

Gespielt wird reihum. Wer an der Reihe ist, nimmt ein Hexplättchen, das hinter dem eigenen Sichtschirm liegt, und legt es auf zwei freie Felder seines Kessels. Dann führt er die Aktionen des Plättchens aus. Wurden durch angrenzende gleiche Symbole (auf Plättchen oder aufgedruckten Feldern) Gruppen aus gleichen Symbolen gebildet, wird die jeweilige Aktion mehrfach durchgeführt - bei 5 gleichen Symbolen also z.B. fünfmal. Danach zieht der Spieler wieder ein neues Plättchen nach und legt es hinter seinen Sichtschirm; der nächste Spieler ist dran. Gespielt wird, bis jeder Spieler alle Plättchen nachgezogen und dann noch ein finales Plättchen gespielt hat, insgesamt also 11 Plättchen im Kessel liegen.

Die einzelnen Aktionen:

  • Energie: Der Spieler legt pro Energieaktion einen Energiestein auf ein freies Energiefeld. Schließt er damit eine Verbindung aus 1 bis 3 Feldern ab, erhält er 1 bis 6 Punkte. Jede Verbindung von Ort zu Ort kann jeweils nur von einem Spieler belegt werden.


  • Hexe: Der Spieler kann eine neue Hexe aus seinem Vorrat am Startturm bereitlegen oder eine bereitgelegte Hexe über sein eigenes Energie-Netzwerk zu einem verbundenen Ort ziehen. In jedem Ort darf jeder Spieler nur einmal vertreten sein, es dürfen sich aber Hexen unterschiedlicher Spieler am selben Ort befinden. Die erste Hexe, die auf einen Ort gestellt wird, erhält den dort liegenden Magie-Chip, der eine Bonusaktion liefert. Am Hexenstein in der Mitte gibt es keinen Chip, dafür gestaffelte Siegpunkte. Jede Hexe in einem Ort bringt dem Spieler zudem immer sofort 2 Punkte ein. Das Nutzen eigener Energie-Verbindungen kostet generell nur 1 Aktion, egal, über wie viele Orte sich das Netzwerk erstreckt. Für jede fremde Verbindung eines anderen Spielers hingegen muss der Spieler eine zusätzliche Aktion ausgeben.


  • Pentagramm: Für jede Aktion schreitet die Figur des Spielers im Uhrzeigersinn im Kreis rund um das Pentagramm vorwärts. Zieht die Figur auf oder über ein gelbes Feld, gibt es einen Siegpunkte-Chip. Der erste Chip im Stapel bringt die meisten Punkte; die Werte der weiter unten liegenden Chips nehmen immer weiter ab. Auf blauen Feldern hingegen gibt es Chips mit Bonus-Aktionen. Zu sehen sind zwei Aktionen - der Spieler kann den Chip nun umdrehen, um eine der beiden Aktionen zweifach zu nutzen, oder er legt den Chips mit der Vorderseite auf ein freies Feld in seinen Kessel. Die Symbole zählen dann zu dort gebildeten Gruppen aus gleichen Symbolen hinzu.


  • Kristall: Für jede Kristall-Aktion darf ein Kristall 1 Feld weit im bzw. aus dem Kessel gezogen werden. Belegte Felder können mit der entsprechenden Anzahl an Aktionen übersprungen werden, die Bewegung muss aber auf einem leeren Feld oder auf dem Kesselrand enden. Ist letzteres der Fall, gibt das Symbol am Kesselrand vor, in welcher Reihe des Phiolen-Regals der Kristall gelegt wird. Der Spieler erhält die entsprechende Aktion noch im selben Spielzug doppelt hinzu, sofern sich in der Regal-Reihe noch ein freier Platz befindet. Auch kann der Kristall alternativ unter das Regal gelegt werden, um ein dort ausliegendes Plättchen aufzunehmen und einzutauschen. 


  • Schriftrolle: Für ein Schriftrollen-Symbol erhält der Spieler die vorderste der 6 ausliegenden Karten. Für jedes weitere Symbol bekommt der Spieler mehr Auswahl bei der Entscheidung, welche Karte er nehmen darf. Auf den Karten gibt  es Verstärkungszauber, die zusätzliche Aktionsschritte für bestimmte Aktionen liefern, und es gibt Auftragskarten. Die sind immer 3, 5 oder 7 Punkte wert, je nachdem, wie gut der Auftrag bis zum Spielende erfüllt wurde (z.B. Anzahl der gesammelten blauen Plättchen, Hexen in bestimmten Orten etc.).


  • Zauberstab: Für jedes Zauberstab-Symbol geht der Spieler einen Schritt auf dem Zauberstab nach vorn. Gelangt er auf oder über ein Feld mit einer Aktion, erhält er diese - als erster Spieler sogar doppelt. Liegen mehrere Spieler gleichauf, gilt der Bonus für alle Spieler. Auch gibt es auf dem Zauberstab Wertungsfelder, die beim Betreten bzw. Überschreiten ausgelöst werden, z.B. für eigene Hexen auf dem Plan, für Energieverbindungen, für Karten, Plättchen etc.


Sobald jeder Spieler 11 Hex-Plättchen in den Kessel gelegt hat, ist das Spiel beendet. Nun gibt es noch einmal Punkte für gesammelte Plättchen, jeder Magie-Chip ist 2 Punkte wert. Und jede individuell gekaufte Wertungskarte bringt entsprechend der Erfüllung ihres Auftrages Punkte. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • schöne Tischpräsenz
  • trickreiche Aktionsauswahl und -verstärkung
  • tolle Aktionsketten
  • gute Verzahnung
  • diverse Wettrennen-Elemente


CONTRA

  • Thema geht im Spiel eher unter
  • auf lange Sicht keine allzu große strategische Varianz

MEINUNG

Hexen und Zauberer sind in Brettspielen gern gesehene Protagonisten. Das Thema von Witchstone ist also nicht gerade unverbraucht, dennoch erzeugt die Gestaltung des Spielplans und der Hexenkessel eine schöne Tischpräsenz.

Die Aktionsauswahl erinnert mich an Stefan Felds Bonfire. Da wurden Aktionsstreifen aneinander gelegt - und je mehr gleiche Symbole sich berührten, umso mehr Aktionen gab es dafür. Ja, genauso funktioniert Witchstone auch, mit dem Unterschied, dass jedes Plättchen immer nur exakt 2 Aktionen liefert und diese Aktionen nicht in Form von Markern einlösbar sind, sondern immer sofort im Spielzug verbraucht werden.

Die Regeln von Witchstone befinden sich auf eher einfacherem Kennerspiel-Niveau, dennoch hat das Spiel eine schöne Spieltiefe. Die ergibt sich aus der Verzahnung der einzelnen Aktionen - jede für sich genommen stellt jetzt keine große Innovation dar (mal geht es um Netzwerk-Bildung, mal ums Erklimmen von Fortschrittsleisten, mal werden Karten gekauft oder Figuren taktisch klug positioniert ...), sie wurden aber zu einem stimmigen Ganzen zusammengefügt, wenngleich das Thema beim Spielen gar nicht mehr so richtig im Vordergrund steht; das ist, ganz Eurogame-typisch, dann doch eher die Mechanik.

Und diese Spielmechanik lebt dann vom Optimieren der eigenen Spielzüge. So muss ich planen, wann ich welche Aktion benötige, wohin ich welches Plättchen lege, um eine Aktion mehrfach nutzen zu können. Timing ist da gefragt, denn was bringen mir 5 Hexen-Aktionen, wenn noch gar keine Energieverbindungen erstellt wurden. So bestimmt teilweise eine Aktion die andere, andere Aktionen wiederum sind immer nützlich. Vieles läuft hier über Boni. Wenn ich nur meine einfachen Standardaktionen nutze, ohne Verstärkungen zu erzielen oder Boni auf dem Spielplan einzusammeln, werde ich sicher nicht gewinnen. Ziel ist es also, die Synergien zu erkennen und für sich bestmöglich auszunutzen.

Oftmals steht man da auch vor einem Dilemma. Das Spiel ist, obwohl es auf den ersten Blick gar nicht so scheint, interaktiver, als man vielleicht denkt. An verschiedenen Stellen des Spiels tritt ein Wettrennen-Charakter ein, der die Spieler auffordert, doch bitte der Schnellste zu sein, der diese Aktion ausführt. Nur ist ein bloßes Nach-vorn-Preschen auch nicht immer das, was man möchte. Nehmen wir als Beispiel den Zauberstab. Der wertet diverse Dinge beim Überqueren bestimmter Felder. Tja, und da sollte ich dann die Wertungsvorgaben auch einigermaßen erfüllen, um nicht wertvolle Punkte zu verschenken. Eine gute Balance ist wichtig, und das ist die Herausforderung in diesem Spiel.

Witchstone besitzt auf lange Sicht jetzt gar nicht einmal eine übermäßige strategische Varianz, im Grunde muss ich stets die selben Schritte in Einklang bringen, allerdings sind es die stets zufällig ausliegenden Bonusplättchen jeglicher Art sowie die ebenso zufällig gezogenen Hexplättchen, die eine immer neue Spielweise bzw. Abfolge einfordern. Ich muss mit dem planen, was mir vorgelegt wird. Optimierung statt langfristige Strategie ist hier also gefragt.

Und da macht Witchstone seine Sache sehr gut. Das Spiel ist kurzweilig, kommt ohne ewige Wartezeiten aus, es bietet genug Freiraum für taktische Entscheidungen, dennoch verliert es sich nicht in irgendwelchen Klein-Klein-Regeln, die das Spiel unnötig kompliziert machen. Im direkte Vergleich gefällt mir das vom Spielgefühl ähnliche Bonfire vielleicht noch eine ganz kleine Spur besser, da hier noch mehr Varianz von Partie zu Partie im Spiel ist, aber Witchstone ist auf jeden Fall auch eine klare Empfehlung in diesem Genre und hat auch für die Spieler seine Daseinsberechtigung, die Bonfire bereits besitzen. Ich vergebe daher insgesamt sehr gute 8 Kultpunkte!


VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/KI9P0UI9IAE

KULTFAKTOR: 8/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 12.09.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: R&R Games / HUCH!
Weitere Fotos: Spielkultisten