REZENSION

WILD: SERENGETI

  • Genre: Taktikspiel
  • Jahr: 2021 / 2022
  • Verlag: Bad Comet
  • Autor: Gunho Kim
  • Grafik: Hani Chang, Sophia Kang
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Dauer: 45 bis 120 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 7/10

Es ist das Nashorn, nicht der Elefant!

Als Tierfilmer sind wir in der berühmten Serengeti unterwegs, um die besten Tieraufnahmen zu machen. Da haben unsere Auftraggeber dann genaue Vorstellungen, was sie vor unserer Linse sehen möchten. Wenn wir dem nachkommen, erhalten wir Einkommen, Like- und Ruhmespunkte.

KICKSTARTER PREVIEW 

Wichtige Info vorab: Uns wurde zum Test ein englischsprachiger Prototyp zur Verfügung gestellt. Sowohl Regeln als auch die Gestaltung können sich bis zur Produktion des Spiels noch ändern! 

REGELN 

Der Spielplan zeigt die Serengeti und ist unterteilt in ein Raster aus Feldern; jedes Feld ist einer Landschaftszone zugeordnet (Wasser, Grasland, Wald, Gebirge). Die Tierfiguren werden auf dem zweiten Spielplan in ihre Bereiche gestellt. 12 Tierarten mit je 3 Exemplaren befinden sich im Spiel - vom Gnu bis zur Giraffe.

Jeder Spieler erhält einen Archiv-Streifen, unter dem er erfüllte Aufträge sammelt. Dazu erhält er 8 Auftragskarten auf die Hand, von denen er 4 auswählt und sie offen vor sich auslegt. Weitere 6 Auftragskarten werden als allgemeines Angebot für alle Spieler ausgelegt.

Gespielt werden 6 Runden. Diese werden auf dem „Fels der Zeit“ markiert. Der erinnert dann auch immer daran, wie hoch das Einkommen der Spieler vor einer neuen Runde ist. In den Runden 1 bis 3 beträgt das Einkommen 6 Münzen, in den Runde 4 bis 6 sind es 7 Münzen. Die Münzen liefern im Spiel den Zugang zu den Aktionen. Ab Runde 2 erhält jeder Spieler zu Rundenbeginn auch 4 neue Auftragskarten, von denen er stets eine auswählt.

Jeder Spieler besitzt zwei Kamera-Figuren seiner Farbe. Eine Figur wird als Punktemarker verwendet, die andere als „Worker“, denn Wild Serengeti ist ein Worker Placement-Spiel. Spielt ihr mit weniger als 4 Spielern, müsst ihr vor Spielbeginn einige Aktionsfelder blockieren.

Gespielt wird reihum. Wer am Zug ist, setzt seine Aktions-Kamera auf ein freies Aktionsfeld und führt die Aktion aus. Jede Aktion kostet eine Münze. Möchte der Spieler direkt eine zweite Aktion machen, muss er nun schon 2 Münzen zahlen. Andernfalls gibt er nach einer Aktion weiter an den nächsten Spieler. Das geht so lange, bis alle Spieler gepasst haben, weil sie keine Münzen mehr besitzen oder aber in dieser Runde keine Aktion mehr ausführen wollen. Dann wird die nächste Runde vorbereitet.

Die Aktionen:

  • Tierzonen: Wird die Kamera in eine der vier Tierzonen gestellt, nimmt sich der Spieler eine Tierfigur aus diesem Bereich und setzt sie auf ein freies Feld des Spielplans. Hier gibt es keine weiteren Vorgaben.
  • Neue Karte kaufen: Hier darf der Spieler eine neue Auftragskarte aus dem Angebot auswählen und vor sich als neuen (noch nicht erfüllten) Auftrag ablegen. Für jede weitere bezahlte Münze gibt es eine zusätzliche Karte.
  • Das Kartenangebot austauschen: Hier werden alle ausliegenden 6 Auftragskarten entfernt und gegen neue ausgetauscht. Der Spieler erhält eine Karte und kann für jede zusätzlich ausgegebene Münze eine weitere kaufen, um sie wieder als (unerfüllten) Auftrag vor sich abzulegen.
  • Tiere tauschen (ab Runde 2): Der Spieler vertauscht zwei Tierfiguren auf dem Spielplan.
  • Tier bewegen (ab Runde 2): Der Spieler bewegt ein Tier auf dem Spielplan 1 bis 3 Felder (nie diagonal!) auf ein neues freies Feld.


Sollten alle Einsetzfelder einer Aktion besetzt sein, kann sich ein Spieler dennoch dazu stellen, muss das dann aber mit einer zusätzlichen Münze bezahlen.

Maximal 8 (unerfüllte) Aufträge darf ein Spieler gleichzeitig annehmen. Jederzeit kann er einen Auftrag abwerfen. Wirft er zwei Aufträge ab, erhält er dafür eine Münze.

Das Erfüllen der Aufträge ist keine eigene Aktion. Aufträge können im eigenen Spielzug jederzeit nebenher erfüllt werden. Es gibt drei Auftragsarten:

  • Reihe: Eine bestimmte Tierformation muss in der angegebenen Reihenfolge in einer beliebigen Reihe oder Spalte vorzufinden sein (Lücken sind erlaubt). Teilweise müssen bestimmte Tiere in bestimmten Landschaftszonen stehen.
  • Gruppe: Bestimmte Tiere müssen sich neben bzw. rund um ein anderes vorgegebenes Tier gruppieren. Teilweise müssen bestimmte Tiere in bestimmten Landschaftszonen stehen.
  • Landschaft: Bestimmte Tiere müssen sich in bestimmten Landschaftszonen befinden. Dabei müssen sie nicht angrenzend zueinander stehen.


Nach dem Erfüllen eines Auftrages (oder auch mehrerer Aufträge auf einmal), legt der Spieler diese Karten in sein Archiv. Er erhält ggf. eine Sofortbelohnung (unten auf der Karte): Punkte, Special-Effects, Futtermarker, ... und oft gleichzeitig ein Symbol, das sich oben rechts auf der Karte befindet.

Die Symbole zeigen folgendes:

  • Pflanzen werden gesammelt, um mit bestimmten Auftragskarten als Sofortbelohnung Punkte für gesammelte Pflanzensymbole zu erhalten.
  • „Rare“ Karten geben besonders viele Punkte, da diese Symbole seltener im Deck zu finden sind.
  • Likes (Herzen) bringen am Spielende Punkte - je nachdem, wie viele gesammelt wurden.
  • Futter bzw. Special-Effects-Symbole bringen vor Rundenbeginn als dauerhaftes Einkommen einen entsprechenden Marker.
  • Tatzen helfen bei der Trophäen-Vergabe (mehr dazu gleich).


Gesammelte Marker können jederzeit im eigenen Spielzug beliebig häufig eingesetzt werden, das zählt nicht als eigene Aktion.

  • Futtermarker erlauben es, ein Tier pro Marker 1 Feld (nicht diagonal) über den Spielplan zu ziehen. Die Bewegung muss auch hier wieder auf einem freien Feld enden.
  • Special-Effects-Marker suggerieren dem Auftraggeber, das ein Tier in der gewünschten Landschaftszone steht, obwohl es sich eigentlich woanders befindet.


In Runde 4 und Runde 6 gibt es eine Trophäen-Vergabe. Vor Spielbeginn werden zufällig zwei Tiere bestimmt, die hier bewertet werden. Dann wird jeweils geschaut, wer die meisten Tiere dieser Art auf erfüllten Aufträgen besitzt. Tatzen zählen als Joker hinzu. Der Erstplatzierte erhält seine Anzahl verdoppelt als Punkte, der Zweitplatzierte immerhin noch die einfache Anzahl als Punkte.

Vor den Runden 4 bis 6 findet zudem eine große Tierwanderung statt. Eine entsprechende Karte wird aufgedeckt, und sämtliche Tiere auf den markierten Positionen werden entfernt und wieder aufs Angebotstableau zurückgestellt.

Ende des Spiels: Nach Runde 6 erhalten die Spieler dann noch Punkte für ihre Likes. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

Wer das Spiel asymmetrisch gestalten möchte, kann auch die Charakter-Karten als Variante mit ins Spiel nehmen. Dann besitzt jeder Spieler eine individuelle Fähigkeit.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • starke Tischpräsenz durch grandiose Optik
  • 12 verschiedene Tierarten als Holzfiguren
  • taktisches Gerangel um Spielplan-Positionen
  • leicht verständlicher Worker-Placement-Mechanismus
  • kleines Engine-Builder-Element durch Symbole auf erfüllten Karten


CONTRA

  • nicht alle Karten wirken gleich stark
  • man muss z.T. damit leben können, dass Gegenspieler einem die Tour vermasseln

MEINUNG

Wow, Wild Serengeti ist mal wieder so ein Spiel, das schon allein durch seine Optik Interesse weckt. Während die Spielpläne leer noch recht unspektakulär erscheinen, ist es dann schon der "Fels der Zeit", der zeigt, wohin die Reihe geht - zur Opulenz. Sofort wird man an den Everdell-Baum erinnert, der, genau wie der Fels bei Wild Serengeti, eigentlich gar keine Spielfunktion hat - er sieht halt hübsch aus. Wild Serengeti schafft das zudem mit seinen 36  bedruckten Tierfiguren aus Holz, je 3 in 12 Arten. Das ist schon eine Augenweide, wenn die Tiere nach und nach auf den Spielplan wandern - zumindest für Tierfans, zu denen ich mich zähle. Zwei kleine Beinbrüche beim Transport ließen sich schnell kleben, das kann aber auch dem Prototypen geschuldet sein, der seine Reise aus Südkorea zu uns nach Deutschland machte. Auch die Auftragskarten sind schön und zweckmäßig zugleich illustriert, die Ikonografie ist eindeutig, die Belohnungssymbole und die Schriftgröße setzen jedoch voraus, dass man nicht gerade an einer Sehschwächte leidet, aber das geht alles absolut in Ordnung.

Nun ist die Optik das eine, das Spiel das andere. Zunächst einmal verwendet Wild Serengeti einen klassischen Worker-Placement-Mechanismus ohne viel Schnickschnack. Neues Einsetzfeld suchen, bezahlen, Aktion ausführen. So leicht, so gut. Schnell wird man im Spiel merken, dass sich so eine Partie doch oftmals in ein gewisses Gerangel um die besten Tierpositionen entwickelt. Da platziere ich einen Löwen im Gebirge als Vorbereitung für einen Auftrag, und der nächste Spieler verschiebt ihn zurück zum Wasser ... solche Situationen kommen häufig vor - je mehr Spieler mitspielen, umso unberechenbarer wird das Spiel.

Nun ist man diesem Dilemma aber nicht machtlos ausgeliefert. Man kann durch erspielte Marker oder eben zusätzliche Münzen mehr als nur eine Aktion pro Spielzug machen. Das sollte man dann auch mal öfters nutzen, damit man Auftragskarten durchbringt, bevor einem die Mitspieler wieder einen Strich durch die Rechnung machen. Die Aufträge sind von unterschiedlicher Natur - sowohl von der Aufgabenstellung (Achtung, Nashörner sind keine Elefanten! - ein kleiner Insider, denn in unseren Testrunden wurden die Tiere immer wieder verwechselt ...), als auch von der Belohnung. Nicht alles scheint da gleich stark zu sein. Ob es da noch Anpassungen am Balancing geben wird, kann ich an dieser Stelle nicht sagen. Wie gesagt: Wir hatten einen Prototypen zum Test.

Vielleicht erscheinen die Karten aber auch nur deshalb unterschiedlich stark, weil die Mitspieler es zulassen, das ein Spieler besonders wertvolle Karten erfüllt. Klar, eine gewisse Glücksabhängigkeit ist beim Ziehen der Karten auch vorhanden - und es gibt einfach Karten, die liefern viele Punkte, während andere vielleicht nur ein kleines Symbol einbringen. Aber: Da mit offenen Karten gespielt wird, kann die Konkurrenz da aktiv eingreifen, und eine Einseitigkeit bei der Punktevergabe verhindern. Das gehört zum Spielkonzept.

Die Symbole, die man so nach und nach ansammelt, erzeugen teilweise kleine Engine -Builder-Effekte. Das gefällt mir gut. Die Spiellänge hingegen ist mit gut 2 Stunden schon recht lang; ich würde das Spiel daher schon als Kennerspiel einordnen. Vielleicht kann man noch Regeln für eine abgespeckte Familien-Variante entwerfen, die einen schneller ins Ziel bringen. Das Spiel ist ja eigentlich wie gemacht für Spielrunden in der Familie.

Der Spielmechanismus, bestimmte Dinge auf bestimmte Felder zu bekommen, bzw. Formationen zu erzeugen, ist aus anderen Spielen bereits bekannt. Käme Wild Serengeti jetzt nur mit einfachen Pappplättchen daher, würde wohl viel von der Atmosphäre verloren gehen. So muss man hier ganz klar sagen: Die Material trägt stark zum Spielgefühl bei. Und das ist nach meinem Ersteindruck (Prototyp, ihr wisst ...) wirklich gut. Das Spiel suggeriert einem tatsächlich, auf einer Safari unterwegs zu sein, da es einem die spielerischen Aufträge bildlich in einer 3D-Optik vor Augen führt.

Wer taktische Legespiele (im Grunde ist es das ja) mag, wer Spiele wie Reef oder Ecos gut findet, der erhält mit Wild Serengeti einen echten Hingucker dieses Genres. Es erfindet das Genre nicht komplett neu, hinterlässt aber einen sehr guten Eindruck am Tisch, und der ist mir dann auch bereits jetzt 8 Kultpunkte wert. Vielleicht gibt es bis zum fertigen Produkt noch die eine oder andere Optimierung.


VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/eLFZHnMMD9g

KULTFAKTOR: 8/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 10/10
Spielablauf: 8/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 30.07.2021

Für diesen Spieletest wurde uns ein Prototyp zur Verfügung gestellt.

Bildnachweis:
Coverfoto: Bad Comet
Weitere Fotos: Spielkultisten