REZENSION
TOWER UP
- Genre: Familien-/ Taktikspiel
- Jahr: 2024
- Verlag: Pegasus Spiele
- Autoren: Frank Crittin, Grégoire Largey, Sébastien Pauchon
- Grafik: Nadege Calegari, Laurent Escoffier, Geoffrey Stepourenko
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 30 bis 45 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 7/10
Taktische Hochstapelei
Nein, keine Sorge: Alles, was wir in diesem Spiel bauen, hat seine Berechtigung. Wir errichten Gebäude und lassen sie zu Wolkenkratzern werden. Und dafür gibt es, wer hätte das gedacht, auch klare Bauvorschriften. Allerdings benötigen wir zunächst die richtigen Materialen, und dann bauen wir so ein Gebäude auch nicht immer allein, denn jeder hat stets dieselben Ziele vor Augen ...
REGELN
Legt den Spielplan mit der Seite in die Mitte, die eurer Personenzahl entspricht. Im Spiel zu dritt und zu viert spielt ihr mit dem vollen Spielplan, im Spiel zu zweit faltet ihr ihn auf eine halbierte Spielfläche. Auf dem Spielplan befinden sich über weiße Linien („Straßen“) verbundene Bauplätze. Für die Gebäude stehen stapelbare Bausteine („Stockwerke“) in schwarz, weiß, braun und grau zur Verfügung. Mischt die Vorratskarten (die immer einer unterschiedliche Kombinationen und Anzahl von Stockwerken zeigen) und deckt drei offen auf. Nehmt euch jeweils ein Stockwerk aus dem Vorrat, das auf den Karten an unterster Stelle angegeben ist, insgesamt also drei. Verteilt diese zufällig auf dem Spielplan, wobei niemals zwei gleiche Farben über Straßen verbunden sein dürfen.
Jeder erhält ein eigenes Spieltableau, setzt die Maschinenmarker auf den Beginn der jeweiligen Leiste und nimmt sich von jeder Stockwerk-Farbe einen Baustein in den eigenen Vorrat. Außerdem erhält jeder die zehn Dächer in der eigenen Spielerfarbe.
Legt nun noch drei zufällige Zielkarten samt Bonus-Chips auf den Plan (in Abhängigkeit der Personenanzahl). Für das erste Spiel werden die mit einem „S“ markierten Ziele empfohlen.
Gespielt wird reihum. Bist du am Zug, hast du die Wahl aus zwei Optionen:
(A) Du suchst dir eine Vorratskarte aus dem offenen Angebot aus und nimmst dir alles, was darauf zu sehen ist: neue Stockwerke und ggf. auch Leisten-Schritte mit Maschinenmarkern. Achtung: Am Ende deines Zuges darfst du maximal zehn Stockwerke in deinem Vorrat besitzen, wirf ggf. überzählige an. Einen leeren Platz im Kartenangebot füllst du mit einer neuen Karte vom Stapel auf.
(B) Du kannst stattdessen auch ein neues Gebäude errichten. Setze dazu ein Stockwerk aus deinem Vorrat auf einen leeren Bauplatz, der mindestens an ein anderes Gebäude angrenzt, also mit einer Straße verbunden ist. Auch dieses angrenzende Gebäude musst du nun um ein Stockwerk erhöhen; sind es mehrere angrenzende Gebäude, musst du sie alle um ein Stockwerk erweitern. Jedes Gebäude muss immer einfarbig gebaut werden; du benötigst also immer passende Stockwerke im eigenen Vorrat. Zudem gilt auch hier wieder die goldene Regel: Niemals dürfen zwei gleiche Gebäudefarben über eine Straße direkt miteinander verbunden sein!
Nun sammelst du Punkte, indem du eines deiner Dächer auf dem neuen oder einem der gerade erhöhten Gebäude platzierst. Du erhältst dann so viele Schritte mit dem Maschinenmarker in der Farbe des gewählten Gebäudes. Grundsätzlich dürfen Dächer später auch wieder mit neuen Stockwerken überbaut werden, wenn die Regeln der zuvor genannten Bauvorschriften eingehalten werden. So können sich dann auch die Dächer mehrerer Personen in einem Gebäude befinden; jedes Dach zählt aber, auch wenn es überbaut wurde, noch als Beteiligung der entsprechenden Person an diesem Gebäude.
Hast du alle vier Maschinenmarker auf bzw. über eine farbige senkrechte Markierung auf deinem Tableau nach vorn gerückt, erhältst du einen Extra-Spielzug, den du sofort ausführst. Pro Tableau gibt es vier dieser Markierungen.
Punkte kannst du dir auch über die Zielkarten erspielen. Sobald du ein Ziel erfüllt hast, nimmst du dir den wertvollsten noch ausliegenden Bonus-Chip neben der Zielkarte und legst ihn auf dein Tableau. So kann es zum Beispiel ein Ziel sein, mit einem Dach in allen vier Gebäudefarben vertreten zu sein oder sich an vier Gebäuden in verschiedenen Parks (entsprechend umrandete Baufelder) oder an fünf verbundenen oder an vier verschiedenen Gebäuden an einem See beteiligt zu haben etc.
Spielende: Gespielt wird, bis eine Person ihr letztes Dach verbaut hat. Diese Person zählt am Ende ihres Spielzuges nun die Anzahl der Gebäude mit einem eigenen Dach auf der Spitze. Diese Anzahl wird mit dem Kegelmarker auf dem eigenen Tableau festgehalten. Die anderen Personen haben reihum noch einen letzten Spielzug, wobei jeder nach seinem Zug die Anzahl der eigenen, von oben sichtbaren Dächer ermittelt. Dabei ist es durchaus möglich, dass bereits zuvor gewertete Dächer anderer Personen noch einmal überbaut werden; das beeinflusst dann im Nachhinein nicht mehr die vorherige Wertung der Konkurrenz.
Nun zählt jeder seine Punkte:
- Der Fortschritt auf den Leisten der einzelnen Maschinenmarker und auf der Leiste des Kegelmarkers wird in Punkte umgerechnet, die jeweils oben über der erreichten Spalte angegeben sind. Je weiter ein Marker also nach vorn gewandert ist, umso mehr Punkte liefert er.
- Hinzu kommen die Punkte der Bonus-Chips, die über das Wettrennen um die Ziele erspielt wurden.
Wer die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt. Die Anzahl übriger Stockwerke im eigenen Vorrat wäre dabei ggf. der Tie-Breaker.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- trickreiches Bauspiel
- interessante taktische Entscheidungen
- Wettlauf-Charakter
- variabel durch verschiedene Ziel-Kombinationen
- gut ausgestattet
CONTRA
- kann im fortgeschrittenen Spielverlauf mitunter zum Grübeln einladen
MEINUNG
Tower Up ist ein eigentlich abstraktes Spiel um Mehrheiten, wobei es nicht allein darum geht, zum Schluss die meisten Bauplätze für sich erobert zu haben. Auch das bringt Punkte, ja, aber die meisten Punkte werden bereits im Spiel generiert, indem die Machinenmarker auf ihren Leisten nach vorn gezogen werden. Dieser Fortschritt ist wiederum gekoppelt an den Bau der Gebäude, und dieser wiederum benötigt passende Stockwerke, sodass auch die „Karten nehmen"-Aktion immer wieder genutzt werden muss, um überhaupt weiterbauen zu können. Das ist auf einfache Weise schön verzahnt.
Der Bau der Gebäude beinhaltet dann gleich mehrere taktische Entscheidungen. Bis auf die Zusatzwertung am Spielende, bei der die sichtbaren Dächer gezählt werden, kann mir die Konkurrenz während des Spiels glücklicherweise kein Gebäude streitig machen. Heißt: Gebäude, auf die ich irgendwann ein Dach platziert habe, zählen auch dann noch zu einer Ziel-Wertung, wenn ihre Dächer später überbaut wurden. Die Ziele, auf die alle gemeinsam hin spielen, können dabei in jeder Partie neu kombiniert werden, sodass für Abwechslung gesorgt ist. Mir gefällt dabei vor allem der Wettlauf-Charakter. Da fiebert man gerade bei den hohen Bonus-Chips mit, bei einer Wertung der Erste zu sein, und nein, das ist nicht zwingend der Startspieler, auch wenn er vielleicht einen kleinen Vorteil durch seinen Vorsprung besitzen mag, zumindest für eine der drei Aufgaben.
Die Ziele sind aber letztlich auch nur ein zusätzliches Goodie, denn hauptsächlich wird es darum gehen, die Leistenmarker nach vorn zu bringen. Der Auswahl eines guten Bauplatzes ist in jedem Spielzug essenziell. Zum einen bestimmt er mit dem anschließenden Belegen eines beteiligten Gebäudes mit einem Dach die Schritte, die ein Marker nach vorn zieht, wichtig ist dabei zum anderen aber auch, dass ich alle Bauvorschriften beachte. Die trickreiche Regel, auch stets alle direkt angrenzenden Gebäude erhöhen zu müssen, kann mich vor logistische Probleme stellen. Habe ich nicht genügend Stockwerke im Vorrat, muss ich zunächst einen Spielzug dafür verwenden, um mir neue zu beschaffen. Über das zufällige Kartenangebot ist dabei auch immer ein kleiner Glücksfaktor im Spiel, vor allem aber kann durch so einen Spielzug auch ein Kontrahent zum Zuge kommen, der die benötigten Steine vielleicht bereits besitzt. Hier ist Timing gefragt.
Nicht immer ist es dabei hilfreich, einfach das höchste der im eigenen Spielzug errichteten bzw. fortgesetzten Gebäude zu werten, da es sich durchaus auch bezahlt machen kann, zwei Spielzüge hintereinander machen zu können, und dafür wiederum ist ein gleichmäßiges Voranschreiten der Marker wichtig. So kann es also auch mal gut sein, ein niedriges Gebäude zu werten, um eine bestimmte Farbe zu pushen, auch wieder zusätzlich in Bezug auf die ausliegenden Ziel-Aufgaben.
Das Spiel funktioniert grundlegend mit jeder Spielerzahl, wobei mein persönlicher Sweetspot drei Personen sind. Da spielen wir nämlich schon auf der großen Spielplan-Seite, haben aber noch etwas mehr Platz zum Taktieren, und jeder kann zudem, wenn gewünscht, auf eines der drei Ziele spielen, um dort Erster zu sein. Im Spiel zu viert wird es enger, und theoretisch kann eine vierte Person bei allen Zielen hintenan stehen, wobei das eher ein theoretisches Problem darstellt, denn praktisch mischen sich die Spielzüge und Voraussetzungen doch schnell so sehr, dass es da keine wirkliche Benachteiligung zu geben scheint. Zu zweit wird dann nur noch auf der kleinen Seite des Spielplans gespielt - das ist nötig, damit sich die beiden Personen nicht völlig aus dem Weg gehen können; auch das funktioniert gut, aber mir persönlich gefällt das Spiel mit mehr Konkurrenz noch besser.
Alles in allem ist Tower Up ein flott gespieltes Bauspiel mit anfangs recht schnellen Spielzügen, das später durch die im Spiel zunehmende Einschränkung der Übersicht bzw. zunehmende Komplexität der Spielsituation etwas ausgebremst wird, da jeder im eigenen Spielzug analysieren muss, wo sich der vermeintlich beste Bauplatz befindet und ob dieser überhaupt bedient werden kann. Da sich die Spielsituation durch die Mitspielenden schnell ändern kann, kann da nicht immer schon lange im Voraus geplant werden. Grundlegend zeigt sich das Spiel dann als ein Mix aus strategischen Überlegungen, die aber in den Spielzügen oft taktischen Optimierungen unterlegen. Das ist für ein Familienspiel, das Tower Up sein möchte, aber völlig okay. Wenn man solche (eigentlich) abstrakten Taktikspiele mag, ist das Spiel ein sehr gelungenes, ja, auch spannendes, dem ich sehr gute 8 Kultpunkte attestiere, bevorzugt im Spiel zu dritt und nicht mit Hardcore-Grüblern.
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/Tg__FBY8ov0
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 20.01.2025
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Pegasus Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten