REZENSION
TINY TURBO CARS
- Genre: Familienspiel
- Jahr: 2021
- Verlag: Horrible Guild / HeidelBÄR Games
- Autoren: Hjalmar Hach, 4Brains4Games
- Grafik: Edu Valls
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 30 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
- Taktiklevel: 8/10
Arcade-Feeling ohne Computer
Wer kennt sie nicht, die Autorennspiele für den PC oder für die beliebten Spielkonsolen. Ganz im Stil eines solches Spiels haben wir den Controller in der Hand, um das Rennen zu gewinnen. Doch statt reaktionsschnellem Tastendrücken ist beim Brettspiel eine taktische Programmierung der Aktionen gefragt!
REGELN
Das Material dieses Spiels besteht aus einer aus verschiedenen Teilstrecken beliebig zusammensetzbaren Rennstrecke mit unterschiedlichen Einschränkungen und Hindernisfeldern, dazu einem Controller für jeden, um die Fahrt zu planen. Außerdem gibt es verschiedene Marker: Batterie, Strom, Öl-Gefahr und Schnelligkeits-Smileys. Und natürlich für jeden Spieler ein Auto, samt Sondereigenschaftskarte.
Schon mit dem Material wird klar: Es geht darum, trotz aller Hindernisse der erste im Ziel zu sein. Und so wählen die Spieler zunächst ihre Streckenabschnitte und bauen ihre Rennbahn auf. Dann wählen sie ihre Fahrzeuge, unter Berücksichtigung der Fahrzeugeigenschaft (z.B. weiter fahren mit doppeltem Schaden, doppelter Superantrieb, doppelte Bewegungszahl bei Rutschgefahr in diagonaler Richtung, seitlich schießen, ein Schild, der Batteriewert steigt usw.).
Hat jeder noch drei Batterien und den Controller genommen, kann das Spiel beginnen. Eine Runde ist in genau drei Phasen aufgeteilt:
1. Programmieren
2. Fahren
3. Rundenende.
(1) Programmieren
Dazu wird der Controller benötigt. Der Controller beinhaltet ein 4x4 Raster mit einem Verschiebe-Puzzle. 14 Symbole sehen wir dort, doch nur die beiden mittleren Reihen (mit Pfeilen gekennzeichnet) stehen dem Spieler dann im Rennen zur Verfügung. Das heißt also: Zuerst wird jeder Controller verdeckt durcheinandergebracht und an den linken Spieler weitergegeben. Auf ein Startsignal hin versuchen alle Spieler gleichzeitig, ihre mittleren Reihen mit den für die Strecke benötigten Symbolen zu bestücken.
Dabei gibt es folgende Symbole:
- Vorwärts und 2x vorwärts
- Seitwärts rechts und 2x seitwärts rechts
- Seitwärts links und 2x seitwärts links
- Rückwärts
- Sprung
- Turbo und Rakete (mit letzterer kann man andere Fahrzeuge beschießen)
- Beschleunigen und Abbremsen
- Batterie laden (wieder auf die farbige Seite drehen)
Wer fertig ist, nimmt sich einen Smiley-Marker, beginnend beim fröhlichsten bis hin zum traurigsten Smiley. Diese Marker bestimmen im Rennen die Startreihenfolge. Der letzte Spieler, der das Programmieren beendet hat, muss zudem eine seiner Batterien entladen.
(2) Fahren
Die Symbole werden im Rennen dann in Leserichtung, erst die obere und dann die untere Zeile, abgehandelt. Beginnend beim Standort des eigenen Fahrzeuges auf der Startleiste, führt der aktive Spieler seine Aktionssymbole aus. Dabei muss er auf Sonderfelder achten.
Freie Felder können einfach befahren werden.
Teppichfelder und andere Felder mit dem Wellensymbol gelten als schwer befahrbar, egal wohin, man kann von einem Wellenfeld aus genau nur ein Feld weit fahren.
Plus-Felder sind Beschleuniger. Startet das Auto von einem solchen Feld aus, wird eine +1 auf den nächsten Befehl gewertet.
Hindernisse inkl. andere Fahrzeuge bedeuten schlicht: Unfall. Das eigene Fahrzeug nimmt einen Schaden. Es gibt nie mehr als einen Schaden. Für einen Schaden wird eine Batterie entladen und diese auf die farblose Seite gedreht.
Pfützen bringen den Rutschmarker ins Spiel. Der Rutschmarker lässt die Reifen des eigenen Fahrzeuges für die restlichen Aktionen beim seitlich/diagonal Fahren wegrutschen, sodass aus rechts links wird und aus links rechts.
Blockierte Felder wie Banden und mit Kreuz gekennzeichnete Felder können nicht befahren werden. Auch hier gilt: Unfall mit einem Schaden. Der Zug des Spielers endet sofort vor dem blockierten Feld.
So werden nach und nach alle teilnehmenden Fahrzeuge bewegt.
Im Spielverlauf kann es passieren, dass ein Spieler seine letzte Batterie entladen musste. Ohne Batterie kann das Auto nicht fahren. Um das Auto zu laden, muss der Spieler auf drei noch folgende Aktionen verzichten. Für jede dieser ausgesetzten Aktionen dreht er eine seiner Batterien von der Entladen-Seite auf die geladene Seite. Passiert das am Ende des Spielzuges, kann das Fahrzeug erst in der nächsten Runde wieder geladen werden (nach der Einstellung der neuen Befehle).
3. Ende der Runde
Sobald alle Spieler ihre Fahrzeuge bewegt haben, kontrollieren die Spieler, ob bereits ein Rennauto das Ziel erreicht hat. Wenn ja, gewinnt dieser Spieler. Sind mehrere Autos im Ziel, gewinnt der am weitesten vorn liegende. Bei Gleichstand gewinnt der mit dem glücklicheren Smiley.
Ist noch kein Spieler im Ziel, wird die nächste Runde gespielt.
Und wenn man mag, kann man auch Spielen, bis der letzte Spieler das Ziel erreicht, um eine genaue Siegreihenfolge zu ermitteln. Wird eine weitere Runde gespielt, erhalten die hinten liegenden Spieler einen Energieschild für jedes Fahrzeug vor sich. Energie kann statt einer Batterie abgegeben werden. Außerdem kann ein abgelegter Energieschild ein Fahrzeug zwei Felder vorwärts bringen.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- witzige Rennspielidee
- selten verwendeter Mechanismus
CONTRA
- Puzzle teilweise etwas schwergängig
- Programmierung muss erst verstanden werden, Stressfaktor interessenabhängig
MEINUNG
Nein, ein Kinderspiel ist dieses Spiel nicht, das schon mal gleich vorab. Was zunächst an ein Rennen im Stil von Mario Kart erinnert (mit den grundlegenden Rennelementen und der Konsole), birgt in sich die Erkenntnis, dass es nicht um Reaktionsvermögen, sondern um Planung geht. Ich sehe das Startfeld meines Autos und kann genau 8 Aktionen vorausplanen. Das geht vom Aufladen der Batterien bis hin zur möglichen Streckenführung.
Wie auch bei bekannten Computerspielen sehe ich Streckenfelder, die ich mag und einige, die ich eher vermeiden möchte. Verplane ich mich, krache ich an die Bande und nehme Schaden. Auch Auffahrunfälle sind bei maximaler Spielerzahl möglich.
Das Spiel stößt dabei spielerisch auf zwei Schwierigkeiten. Erstens: Kann ich mir die Aktionsplanung gut genug im Kopf vorstellen? Und zweitens: Kann ich diese auch schnell genug im Schiebepuzzle umsetzen? Beide Fragen beinhalten mitunter ein gewisses Frust-, ebenso wie Wettkampfpotential. Allen Unvermögenden kann ich empfehlen: Üben hilft! Die Spieler, die den Problemen aber mit einem gewissen Grundpotential oder schlichtem Interesse begegnen, die haben Spaß, ja sogar viel Spaß - schließlich ist das Material gut durchdacht: 12 miteinander austauschbare Streckenteile, 8 Autos zur Auswahl, ein Schachtel-Inlay mit genau passenden Mulden für jedes Teil, Spielerreihenfolge-Marker, einer Hilfestellung für die letzten Spieler und einer gut geschriebenen Anleitung mit großer Schrift. Hier ist vieles bedacht worden. So wirkt das Spiel auf jeden Fall sehr rund.
Die optimale Spielerzahl liegt bei drei bis vier Spielern. Zum Üben reicht aber auch das Spiel im Duell. Hier empfiehlt es sich, mit Einsteigern eine Runde ohne Schiebestress zu spielen, sprich, erst einmal langsam die Bewegung zu planen und zu vollziehen. Leichter fällt gerade Einsteigern die Sitzposition direkt vor der Startlinie mit Sicht zum Ziel, sodass die Pfeilrichtungen mit den Bewegungsrichtungen des Fahrzeuges übereinstimmen. Das erleichtert die räumliche Vorstellung für den Anfang.
In unseren Testrunden hatten wir Fans und Spieler, die keine zweite Runde starten wollten, gleichermaßen, was zum einen am persönlichen Geschmack lag, zum anderen aber auch an deutlichen Unterschieden in der Befähigung der Einzelnen. Den meisten Spaß haben die echten Rennspiel-Fans, die auch mit dem Schiebepuzzle gut klar kommen. Hier zeigt sich dann das volle Potential des Spieles, welches bei uns dann teils auch mit verlängerten Strecken gespielt wird.
Fazit: Tiny Turbo Cars ist ein witziges Autorennen, das mit einem kniffligen Planungsmechanismus (Schiebepuzzle) die Spieler durchaus vor eine neue Herausforderung stellen kann. Der Kultfaktor hängt stark vom eigenen Können ab – in der richtigen Zielgruppe bekommt das Spiel dann aber sehr gute 8 Kultpunkte!
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7-8/10
EURE REZENSENTIN
GABI
Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester
Eine Rezension vom 14.12.2021
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Horrible Guild / HeidelBÄR Games
Weitere Fotos: Spielkultisten