REZENSION
THE BORDER
- Genre: Würfelspiel
- Jahr: 2022
- Verlag: NSV
- Autoren: Michael Kiesling, Reinhard Staupe
- Grafik: Oliver Freudenreich, Sandra Freudenreich
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 30 Min.
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 6/10
Grenzgänger im Würfelland
Bei diesem Roll-and-Write-Spiel setzen wir uns wortwörtlich unsere eigenen Grenzen! So gilt es, Farbsegmente zu füllen und damit Landschaften zu umschließen. Während man als aktiver Spieler stets unter Erfolgsdruck steht, können die passiven Spieler in jedem Spielzug abstauben ...
REGELN
Jeder Spieler erhält ein Spielertableau und einen Stift. Die abwischbaren Tafeln sind grundsätzlich alle identisch aufgebaut und zeigen neun Landschaftsgebiete, umrahmt von farbigen Feldern. Einzig die Anordnung der Farben ist auf jedem Tableau unterschiedlich.
Gespielt wird reihum. Der aktive Spieler wirft die fünf Farbwürfel. Ihm stehen drei Würfelversuche zur Verfügung. Dabei dürfen nach den ersten beiden Würfen beliebige Würfel herausgelegt oder neu gewürfelt werden, spätestens nach dem dritten Wurf steht das Endergebnis fest. Natürlich kann der Spieler auch vorzeitig aufhören, zu würfeln.
Der aktive Spieler darf nun für jede gewürfelte Farbe ein Kreuz auf ein entsprechendes Farbfeld seiner Tafel setzen, sofern, und das ist wichtig, damit das komplette zusammenhängende Farbsegment gefüllt wird! Ein rotes 3er-Segment muss also mit drei roten Würfeln gefüllt werden; der Spieler darf dort kein Kreuz setzen, wenn er nur zwei rote Würfelergebnisse erzielt hat! Umgekehrt dürfen überschüssige Würfel verfallen.
Die passiven Spieler erhalten alle Würfel, die der aktive Spieler nicht nutzt. Diese Spieler haben den Vorteil, dass sie die Ergebnisse beliebig auf passende Farbfelder verteilen dürfen. Die Regel, dass ein Segment komplett abgeschlossen werden muss, gilt hier nicht! Heißt: Ein passiver Spieler kann z.B. nur zwei Kreuze in ein 5er-Segment setzen und damit schon einmal eine bessere Voraussetzung schaffen, die restlichen Felder im eigenen aktiven Spielzug zu füllen. Aber auch bei den passiven Spielern gibt es eine Einschränkung: Sie müssen ihre Kreuze immer angrenzend zu bereits gesetzten Kreuzen setzen, zu Beginn angrenzend an eines der beiden weißen Startfelder, später an beliebige andere Kreuze.
Sollte der aktive Spieler keinen einzigen Würfel regelkonform nutzen können, dürfen alle passiven Spieler also bis zu 5 Felder markieren. Sollte der aktiver Spieler hingegen alle Würfel nutzen können, dürfen die passiven Spieler als Trostpflaster zumindest noch einen dieser Würfel für sich nutzen.
Sobald ein Spieler ein Landschaftsgebiet komplett mit Kreuzen umschließt, bekommt er dafür Punkte. Ist er der erste Spieler, der diese Landschaft mit einer durchgängigen Grenze versehen hat, erhält er die höhere der beiden unten auf dem Tableau angegebenen Punktezahlen; alle anderen Spieler spielen dann nur noch um die kleinere Punktezahl. So etwas kann auch im passiven Zug passieren. Sollten mehrere Spieler im passiven Zug das selbe Gebiet abschließen, das vor ihnen noch niemand eingrenzen konnte, erhalten sie alle die höhere Punktezahl.
Sobald ein Spieler 6 Gebiete abgeschlossen hat (oder auch mehr, da es Felder gibt, die theoretisch zwei Gebiete auf einmal einschließen bzw. Würfel aufgeteilt werden können), ist das Spiel nach dieser Runde beendet. Nun addieren alle ihre gesammelten Punkte. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt. Bei einem Gleichstand gewinnt der, der die höhere Einzelpunktezahl erzielen konnte.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- einfache, aber raffinierte Regeln
- alle sind stets ins Spiel involviert
- schönes Wettrennen
- Mischung aus Glück, Taktik und Zocken
- in den Deckel integrierter Würfelteller
CONTRA
- bitte aufpassen, dass nichts verschmiert!
- kein Solomodus und keine begleitenden Farbsymbole
MEINUNG
Wer als Spieler den Namen NSV hört, der verbindet man diesem Verlag wohl insbesondere die vielen kleinen Würfelspiele, die in den letzten Jahren dort erschienen sind. Qwixx, Twenty One, Alles auf 1 Karte - die Spiele zeichnen sich stets durch einen leicht verständlichen, aber oftmals dennoch trickreichen Spielablauf aus, der alle Spieler mitnimmt - egal, ob Wenig- oder Vielspieler.
The Border („die Grenze“) erinnert dabei auf den ersten Blick an das im Jahr 2018 bei NSV erschienene Würfelland. Auch da gab es Farbwürfel und Gebiete, die gefüllt werden mussten. Während das Würfelland rein abstrakt blieb, zeigen die Tafeln von The Border nun kleine Landschaftsillustrationen, die das Ganze optisch lebendiger machen, wenngleich das Spiel an sich natürlich dennoch abstrakt bleibt.
Die Spielregeln sind, wie auch bei den anderen genannten Titeln, simpel. Als aktiver Spieler bis zu dreimal würfeln, hoffentlich Felder ankreuzen, und das, was man selbst nicht nutzen kann, den Mitspielern überlassen. Nun sind es die Eintrag-Regeln, die daraus dennoch etwas Trickreiches entstehen lassen, das seinen Effekt zunehmend mehr ausspielt, je weiter man in einer Partie voranschreitet.
Zu Beginn des Spiels sind Einträge im aktiven Spielzug noch einfach zu überschauen. Da würfelt man meistens erst einmal möglichst viele gleichfarbige Würfelseiten, um sich schnell auszubreiten. Als passiver Spieler wiederum ist der Einstieg da langsamer, mitunter kann es passieren, dass auch einfach die falschen Farben liegen bleiben und man so gar kein Kreuz setzen kann. Das gleicht sich aber recht schnell aus. Je öfter man Kreuze setzen konnte, umso größer wird dann der Entscheidungsfreiraum, wo man weiterspielen möchte.
The Border ist ein Wettrennen. Wer ein Landschaftsgebiet als erster umschließt, bekommt mehr Punkte als diejenigen, denen das erst später gelingt. Die Frage ist natürlich: Spiele ich eher auf die kleineren Gebiete oder versuche ich, mit einem großen Gebiet entsprechend mehr Punkte zu machen?
Wer denkt, das Spiel sei banal, der wird recht schnell merken, dass das nicht stimmt. Natürlich brauche ich Glück, dass die für mich richtigen Farben gewürfelt werden, aber das Vorbereiten in den passiven Zügen kann enorm wichtig sein, um im aktiven Zug zuzuschlagen. Schaffe ich es, in vielen Segmenten nur 1 bis 2 Felder frei zu lassen, kann ich im aktiven Zug locker 3 oder 4 Segmente abschließen, im Idealfall sogar alle fünf Würfel verwenden und die Einträge aufteilen, ja, vielleicht damit sogar mehrere Landschaften auf einmal abschließen.
Umgekehrt kann es spannend sein, ob man als aktiver Spieler seine drei Würfelversuche überhaupt ausnutzen möchte. Ja, vielleicht fehlt mir als aktiver Spieler noch genau ein roter Würfel, um ein Gebiet zu umschließen. Starte ich also einen letzten Würfelversuch, wenn ich weiß, dass einer meiner Gegner mit einem grauen Würfel gleich zwei Landschaften mit hoher Punktezahl abschließen könnte und damit sogar das Spiel beenden würde? Würfele ich erneut und der Würfel wird tatsächlich grau, ich selber habe aber kein graues Segment mehr, auf dem ich diesen Wurf eintragen könnte, um meinem Gegenspieler den Würfel wegzuschnappen, dann kann ich mich so richtig schön ärgern. Parallelen zu Man muss auch gönnen können sind hier ersichtlich, The Border setzt das jedoch noch einfacher um.
Das Spiel baut seine Spannung mit kleinen taktischen Finessen während einer Partie immer weiter auf. Dabei bleibt es rein mechanisch tatsächlich beim simplen Ankreuzen von Farben; es gibt keine Boni oder Winkelzüge, wie beispielsweise bei Ganz schön clever oder The Dice Charmers. Vom Spielgefühl erinnert The Border daher durchaus an Spiele wie eben Würfelland, Träxx oder auch Noch mal. Dennoch bietet das Spiel, das übrigens mit hochwertigen Stiften und einem in den Schachteldeckel intergierten Würfelteller ausgestattet ist, seinen eigenen Reiz. Achtet beim Spielen nur darauf, dass ihr nichts versehentlich verwischt, das kann im Eifer des Spiels nämlich mal passieren. Zudem solltet ihr nicht an einer Farb-Sehschwäche leiden, denn die Farben auf den Würfeln und Feldern sind nicht mit zusätzlichen Symbolen unterlegt.
In unseren Testpartien sprach The Border eine breite Zielgruppe an. Wenig- und Gelegenheitsspieler fanden leicht ins Spiel, aber auch Vielspieler hatten Spaß an diesem Wettrennen, einfach als nettes Zwischendurch- oder Absackerspiel bzw. als Spiel für die ganze Familie. Wer Spiele wie Noch mal gern spielt, dem kann ich The Border auf jeden Fall bedenkenlos empfehlen, da es ebenso schnell erlernt ist und einen eigenen Mechanismus besitzt, der sich als tricky und kurzweilig erweist, dabei aber nie zu langen Grübelorgien einlädt, da man seine Möglichkeiten immer schnell überblicken kann.
Die Mischung aus Taktik, Glück, Zocken, ja, Mut zum Risiko, beschränkt auf einfache Farbwürfel und -felder, ist für mich sehr reizvoll, wenn auch schon mal das Glück über den Sieg entscheiden kann und es leider keinen Solomodus gibt. Im Genre der einfachen Roll-and-Write-Spiele, für eine breit gefächerte Zielgruppe, ist das Spiel für mich jedenfalls überaus gelungen. Ich vergebe daher insgesamt sehr gute 8 Kultpunkte (sogar mit Tendenz zur 9 für Gelegenheitsspieler), sofern, und das ist die einzige wichtige Voraussetzung, jeder am Tisch alle Farben gut unterscheiden kann.
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/JTX9uqGpuhc
KULTFAKTOR: 8-9/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 9/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 31.01.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: NSV
Weitere Fotos: Spielkultisten