REZENSION
TAWANTINSUYU: DAS INKAREICH
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2020
- Verlag: Board & Dice / Giant Roc
- Autor: Dávid Turczi
- Grafik: Michał Długaj, Jakub Fajtanowski, Jakub Skop, Zbigniew Umgelter, Aleksander Zawada
- Spieler: 1 bis 4
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: ca. 60 bis 120 Min.
- Schwierigkeitsgrad: hoch
- Taktiklevel: 7/10
Inka-Konfetti
Die Inka-Priester von Tawantinsuyu lieben es anscheinend, ihre Mitarbeiter die Pyramiden hoch und hinunter zu scheuchen, denn in diesem sehr komplexen Spiel platzieren wird Arbeiter auf den Terrassen der Pyramide, um Standardaktionen auszulösen, oder wir bewegen unseren Priester, um dann Sonderaktionen für alle auszulösen.
REGELN
Tawantinsuyu ist wirklich umfangreich und aus diesem Grund überspringe ich große Teile des Aufbaus und versuche einfach alles im Regelteil zu erklären.
Zu Beginn bekommen alle Spieler acht Götterkarten. Von diesen Karten dürfen die Spieler drei behalten und von den anderen fünf Karten die darauf sichtbaren Belohnungen kassieren. So erhält jeder Spieler ein Startkapital. Es gibt auch noch zwei Arbeiter gratis und ein Stück Teppich.
Dann führen alle reihum Züge durch. Im eigenen Zug kann man entweder einen Inka platzieren oder die Sekundär-Aktion wählen, die ich eher als Doppelaktion bezeichnen würde.
Das Spielfeld zeigt eine Inka-Pyramide, die aus drei Terrassen besteht, welche jeweils fünf Seiten haben. Auf den Terrassen finden sich abstrakte Symbole, die von drei Aktionssymbolen umgeben sind. Einen Inka platziert man, indem man eine Gott-Karte mit dem Symbol ablegt, auf welches der Inka gestellt werden soll. Alternativ kann auch ein Gold bezahlt werden. Weiterhin muss Nahrung bezahlt werden, abhängig davon, wie weit der Einsatzort vom eigenen Priester entfernt ist. Einen Inka sollte man auch im eigenen Vorrat bereitstehen haben. Der platzierte Inka bringt eine Aktion. Inkas kommen in fünf verschiedenen Farben. Hat der gerade platzierte Inka Nachbarn in der gleichen Farbe, so gibt es eine zusätzliche Aktion pro passendem Nachbarn. Jede Farbe bringt auch noch eine spezielle Fähigkeit mit sich, die möglicherweise Extra-Aktionen einbringt. Diese Aktionen müssen jetzt auf die Aktionssymbole rund um den platzierten Inka verteilt werden.
Solche Aktionen erlauben es Rohstoffe, zu sammeln. Dies sind Kartoffeln, Mais, Stein und Gold. Es können auch Armeekarten aufgenommen werden. Gegen Abgabe von Rohstoffen können Gebäude gebaut werden, welche dauerhafte Vorteile oder eine Produktion bringen. Letztere wird auch durch ein Aktionssymbol ausgelöst. Weiterhin können noch Teppiche für Mais gekauft werden. Teppiche sollten Symbolpaare beim Anlegen bilden, da dies mehr Einkommen bedeutet. Dieses Einkommen kann durch ein anderes Aktionssymbol ausgelöst werden. Ein weiteres Symbol erlaubt es, Treppen zu bauen. Diese machen für alle das Platzieren von Arbeitern im Abschnitt mit der Treppe billiger, bringen aber nicht nur sofort Siegpunkte und Nahrung, sondern auch jedes Mal einen Punkt, wenn ein Gegner die Treppe benutzt.
Auch der Bau von Statuen für Stein kann durch ein Symbol ausgelöst werden. Diese bringen nicht nur Punkte, sondern zeigen die selben Symbole wie der Spielplan und die Götterkarten. Wurde eine Götterkarte zum Platzieren eines Arbeiters verwendet, und man besitzt eine Statue mit dem selben Symbole, kann man die Belohnung auf der Götterkarten kassieren. Diese Belohnungen können neue Inkas, Rohstoffe, aber auch Gebäude oder Statuen sein.
Wer keinen Inka platzieren möchte, wählt zwei verschiedene Sekundär-Aktionen. Diese erlauben es, zum einen Götterkarten, Armeekarten oder neue Inkas zu nehmen, und zum anderen offerieren sie die viel wichtigere Aktion: das Bewegen des Priesters. Dieser sitzt auf der Pyramidenspitze und kann dort im Uhrzeigersinn auf den fünf Aktionsfeldern maximal zwei Schritte machen. Dann kann das Zielfeld aktiviert oder ein Gold genommen werden. Die Priester-Aktionen erlauben immer allen Spielern eine Aktion durchzuführen, wobei der auslösende Spieler meist Vorteile hat. So können mehrere Gebäude produzieren, es können Statuen und Mais bezahlt werden, um auf der punkteträchtigen Tempelleiste voranzuschreiten. Es können Armeekarten gespielt werden, die dann genutzt werden können, um in vier verschiedenen Leisten Felder zu belegen, die sofort Belohnungen, aber auch bei jeder Zwischenwertung Punkte bringen.
Am Ende jedes Zuges darf noch ein Inka aus dem Dorf gekauft werden. Wurde der letzte Inka aus dem Dorf genommen, so gibt es ein Festival, was eine Zwischenwertung darstellt. Die Teppiche produzieren Einkommen, die Tempel schütten Punkte aus, Mehrheiten auf den Eroberungsleisten geben Punkte, für übrige Götterkarten muss bezahlt werden, und die neue Runde wird vorbereitet.
Nach dem dritten Festival endet das Spiel, und es gibt noch Punkte für Leute, die die oberen Tempel-Stockwerke erreicht haben. Für jeden Teppich gibt es Punkte - je länger dieser geworden ist, desto besser. Dann gibt es Punkte für eigene Besitztümer, z.B. Gebäude, Armeen und Götterkarten. Wer nun die meisten Punkte besitzt, wäre vermutlich bei den Inkas voll beliebt gewesen.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- interessantes Einsetzen der Arbeiter
- Gebäudefähigkeiten
CONTRA
- lange Wartezeiten, lange Spieldauer, viele Regeln
- z.T. unausgewogenen Startaufstellung
MEINUNG
Autor Dávid Turczi und der Verlag Board & Dice haben in den letzten Jahren mit der sogenannten T-Reihe schon mehrere komplexe Spiele veröffentlicht. Viele dieser Spiele sind berüchtigt für ihre vielen Regeln. Tawantinsuyu ist hier keine Ausnahme. Wer sich also von vielen Regeln abschrecken lässt, der ist hier nicht an der richtigen Adresse.
Diese ganzen Regeln sind aber nicht ganz umsonst, denn Tawantinsuyu hat ein paar interessante Aspekte. Der wichtigste dabei ist die Platzierung der Arbeiter. Hierbei sollten Spieler im Voraus planen, welchen Arbeiter sie mit welcher Götterkarte einsetzen wollen. Optimiert wird hier einmal, welche Arbeiter ich einsetze, um deren Fähigkeit zu nutzen, oder um Extra-Aktionen durch benachbarte, gleichfarbige Inkas zu bekommen. Natürlich sollten dabei auch Aktionen anfallen, die zu meinem Plan passen.
Das Spiel belohnt es, sich auf einzelne Punktelieferanten zu fokussieren. Dabei gibt es aber ein Hindernis. Entscheidend für den Erfolg sind die Aktionen der Priester. Wer viele Armeekarten hat, will oft die Eroberung auslösen. Wer viele Steine hat, baut Statuen und versucht diese zu opfern. Jetzt bewegt sich der Priester aber und braucht mit seinen zwei Schritten mindesten drei Züge, um wieder beim Ausgangspunkt zu sein. Weiterhin beeinflusst die Position des Priesters auch die Kosten zum Einsetzen der Inkas. Hier gibt es also viel zu bedenken.
Entsprechend lange muss jeder auf seinen Zug warten. Nicht immer, aber durchaus regelmäßig. Es ist mir auch schleierhaft, wie die Zeitspanne auf der Schachtel (60 bis 120 Minuten) ermittelt wurde, wenn wir mit zwei Spielern bereits mehr als zwei Stunden benötigen. Hier steht nämlich dem Spiel die eigene Endbedingung etwas im Wege. Wir hatten ein Spiel zu zweit, bei dem wir Arbeiter oft durch andere Effekte, als diese im Dorf zu kaufen, bekommen haben. Dies führte dazu, dass das Dorf sich nur sehr langsam leerte. Und mit mehr Spielern dauert das Spiel eben noch länger, weil wir eben recht viel warten.
Dabei macht Tawantinsuyu schon ganz viel, um Fragen zu reduzieren, denn die A4-große Spielerhilfe gibt einem eine wirklich gute Zusammenfassung. Die Symbole sind im Prinzip auch gut, aber manchmal muss man genau hinschauen, ob da ein Hammer vor dem Teppich liegt oder nicht, um wiederum zu wissen, ob ein Teppich gratis ist oder bezahlt werden muss. Schick aussehen tut das Spiel eher am Ende, wenn wir fertig sind und unsere Inka-Pyramide mit bunten Arbeitern gestreuselt haben, als hätte jemand eine Konfettikanone gezündet.
Bisher erscheint mir auch der Start des Spiels teilweise unausgewogen. Zu Beginn bekommt jeder acht Karten und kann von fünf Karten den Bonus als Startkapital einheimsen. Manchmal ist dieser Bonus, ein Gebäude oder einen Inka zu nehmen oder einfach mal eine Gratis-Statue. Letztere ist gerade am Anfang sehr stark. Abgesehen von den Punkten, die die Statue bringt, schaltet die Statue ja schon für einige Götterkarten die Belohnungen frei, sodass das Einkommen eines Spielers mit Statuen höher ist als bei den anderen Spielern. Wenn ein Spieler aus seiner Starthand Karten nutzt, um Statuen zu bauen, fühlt sich das für mich recht unfair an.
Aber auch die Gebäude mit permanenten Fähigkeiten dürfen nicht unterschätzt werden. Einige dieser Gebäude haben einen so starken Einfluss, dass sich der Spielstil einer ganzen Partie an einzelnen Gebäuden orientieren kann. Dies sorgt dann wiederum schon für neuen Spielreiz bei jeder Partie.
So bin ich bei Tawantinsuyu eigentlich insgesamt dann doch von vielen Aspekten recht angetan, aber ich würde mir eine Version mit weniger Regeln und Mechanismen wünschen. Den Tempel, die Teppiche und besonders die Eroberungen hätte ich gerne vereinfacht, ja ich hätte Tawantinsuyu tatsächlich wohl lieber als Kenner- statt als Expertenspiel in meiner Sammlung.
KULTFAKTOR: 6-7/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 6/10
EUER REZENSENT
LUTZ
Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast
Eine Rezension vom 26.10.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Board & Dice / Giant Roc
Weitere Fotos: Spielkultisten