REZENSION
SKULL CANYON SKI FEST
- Genre: Familien-/ Taktikspiel
- Jahr: 2022
- Verlag: Pandasaurus Games
- Autoren: Jason Klinke, Kip Noschese
- Grafik: Gica Tam
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: ca. 45 bis 60 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 6/10
Pistengaudi, Fame und Après-Ski
Ihr habt ein Wochenende im Schnee gebucht. Tagsüber geht es mit Ski und Snowboard auf die Pisten unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades, abends geht ihr dagegen im Dorf shoppen. Wohl dem, der sich zuvor genügend Fame erarbeitet hat.
REGELN
Jeder wählt einen Charakter, erhält die entsprechende Übersichtskarte, einen Punktemarker, eine Spielfigur (Ski-/ Snowboardfahrer) sowie sämtliche Beanspruchungsmarker der eigenen Farbe.
Legt den Spielplan mit der Seite aus, die eurer Spielerzahl entspricht. Belegt die Abfahrtsstil-Felder mit zufälligen Stil-Plättchen. Legt ein Sonnen-Plättchen auf Tag 1 der Wetter-Vorhersage, belegt die zwei weiteren Tage mit zufälligen Plättchen (Sonne, Eis, Schneefall). Mischt die Ausrüstungs-Karten und legt vier zufällige offen aus. Mischt die „Slope"-Karten und legt ebenfalls vier zufällige aus. Zieht sieben erste Slope-Karten vom Stapel auf die Hand. Die Slope-Karten gibt es in drei Farben, kombiniert mit unterschiedlichen Abfahrtsstilen (Slalom, Ski Cross etc.). Auch sind Joker-Karten im Deck, die einen Yeti zeigen, und die für jede Farbe und jeden Stil eingesetzt werden können.
Gespielt wird über 3 Tage. An Tag 1 und Tag 2 gibt es eine Ski- und eine Après-Ski-Phase; an Tag 3 endet das Spiel nach der Ski-Phase.
Die Ski-Phase ist unterteilt in vier Abschnitte (= Spielzüge pro Spieler), die durch den Tageszeiten-Marker festgehalten werden. Stellt eure Spielfiguren zur Hütte 1 am Fuße des Berges. Der Spielplan zeigt einen typischen Pistenplan, wie ihn Wintersportler aus dem Urlaub kennen. Zu sehen sind Lifte (rot) sowie diverse Pisten (in nordamerikanischer Einteilung, die etwas von der in Deutschland und Österreich gängigen Einteilung abweicht: grün = leicht, blau = mittelschwer, schwarz = schwer), manche davon, wie anfangs vorbereitet, mit zufälligen Stil-Markern versehen.
Gespielt wird reihum. Wer an der Reihe ist, führt immer zwei Aktionen aus. Dabei darf aus drei verschiedenen Aktionen gewählt werden, wobei ein Aktionstyp auch zweimal ausgeführt werden darf, wenn es nötig erscheint.
Karten ziehen: Wählst du diese Aktion, ziehe zwei Karten aus der offenen Auslage oder vom Stapel auf die Hand. Wählst du eine offen ausliegende Karte, wird der freie Platz direkt nachgefüllt. Achtung! Ein offen ausliegender Yeti zählt doppelt - bedeutet: Du kannst ihn nicht als zweite Karte aus der Auslage nehmen, da du bereits eine Karte aufgenommen hast. Du kannst ihn als erste Karte aus der Auslage nehmen, darfst dann aber keine zweite Karte mehr ziehen. Stammt der Yeti vom Stapel, gilt diese Regel nicht.
Lift fahren: Wähle einen Lift und fahre zur Bergstation. Am Fuß des Berges darf aus allen Lifte, die im Tal beginnen, gewählt werden. Lifte, die sich weiter oben auf dem Berg befinden, sind nur über Knotenpunkte durch andere Lifte oder Abfahrten erreichbar.
Eine Piste befahren: Befindest du dich am oberen Punkt einer Piste, spielst du Karten aus, um die Piste hinabzufahren (je nach Piste bis zum nächsten Knotenpunkt, bis zur nächsten Hütte / zum nächsten Lift oder bis ins Tal). Zweigen von einem Knotenpunkt mehrere Pisten ab, entscheidest du dich für eine Strecke. Je nach Schwierigkeitsgrad der Piste musst du nun eine bestimmte Anzahl identischer Karten (identisch in Farbe oder Stil) ausspielen und sie ggf. mit Yetis (Jokern) ergänzen. Dafür erhältst du Punkte und "Fame".
- Grüne Abfahrt (leicht): Spiele 2 identische Karten aus, erhalte 2 Punkte auf der Punkteleiste und 1 Fame-Plättchen.
- Blaue Abfahrt (mittelschwer): Spiele 4 identische Karten aus, erhalte 4 Punkte und 2 Fame.
- Schwarze Abfahrt (schwer): Spiele 7 identische Karten aus, erhalte 8 Punkte und 3 Fame.
Spielst du an einer Piste mit einer bestimmten Stil-Vorgabe alle Karten in eben diesem vorgegebenen Stil aus, verdoppelt sich dein Fame.
Bist du der Erste, der diese Piste befahren hat, legst du nun einen Beanspruchungsmarker deiner Farbe auf das entsprechende Feld des separaten Pisten-Kontroll-Boards. Wer hier am Spielende Mehrheiten insgesamt und in den einzelnen Schwierigkeitsgraden erzielt, erhält Bonuspunkte. Eine beanspruchte Piste darf weiterhin von allen Spielern befahren werden. Um einen Spieler vom Pisten-Board zu verdrängen und den eigenen Marker auf einen bereits vorhandenen zu legen, muss der entsprechende Spieler aber beim Befahren dieser Piste so viele Karten zusätzlich (nach den üblichen Set-Regeln) spielen, wie bereits Marker bei diesem Pisten-Namen zu finden sind. Am Ende zählen nur die jeweils obersten Marker für die Bonus-Wertung. Das "Stehlen" einer Pisten-Beanspruchung ist nicht verpflichtend, sondern lediglich eine Option!
Achtung, Yeti!
- Spielst du exakt 1 Yeti-Karte beim Befahren einer Piste in deinem Kartenset aus, so versetzt du die Yeti-Figur auf eine Piste deiner Wahl (außer Pisten mit Yeti-Verbotsschild). Diese Piste ist nun erst einmal für alle gesperrt, bis der Yeti erneut versetzt wird.
- Spielst du 2 oder mehr Yeti-Karten aus, so löst du eine Lawine aus. Alle Spieler müssen mit ihrer Figur nun vom derzeitigen Standort eine Piste hinabrutschen, ohne dafür Punkte oder Fame zu erhalten.
Nach dem letzten Spielzug in der Ski-Phase erhält jeder 1 Fame Bonus, wenn die eigene Figur zu diesem Zeitpunkt im Tal angekommen ist. In der Reihenfolge der Positionen auf dem Berg (von unten nach oben) wird nun eine Reihenfolge für die Après-Ski-Phase erstellt.
Die Après-Ski-Phase beginnt der Spieler, der auf Position 1 steht. Bist du am Zug, wählst du einen der Orte im Dorf mit einem freien Einsetzfeld (pro Ort gibt es ein Feld weniger, als Spieler teilnehmen), zahlst die Kosten und erhältst das, was am Ort angegeben ist, z.B. gegen Abgabe von einer Handkarte 3 Fame. Haben alle Spieler einen ersten Ort gewählt, ist von nun an immer der Spieler am Zug, der sich am weitesten hinten im Dorf befindet. Befinden sich mehrere Spieler am selben Ort, ist derjenige am Zug, der weiter links in der Reihenfolge der Einsetzfelder steht. So kann es passieren, dass ein Spieler auch mehrmals hintereinander am Zug ist.
Achtung, die Orte im Dorf sind durchnummeriert. Wählst du eine Nummer aus, kannst du später nicht mehr zu Orten mit niedrigerer Nummer zurückkehren, sondern immer nur vorwärts ziehen, bis du schließlich im Hotel ankommst, in dem alle Spieler diese Phase beenden. Im Dorf gibt es, neben neuen Handkarten, auch Lawinen-Sprengstoff, den du in der nächsten Ski-Phase zu einem beliebigen Zeitpunkt einsetzen kannst, um eine Lawine auszulösen. Auch gibt es dort ein Lift-Ticket zu erwerben, das du in der Ski-Phase einsetzen kannst, um einen Lift zu nutzen, ohne eine Aktion zu verbrauchen. Im Hotel werden dann schließlich (je nach Wetterlage am nächsten Tag) auch neue Handkarten nachgezogen. Zudem kann ein Ausrüstungsgegenstand geshoppt werden, der dann mit Fame bezahlt wird, am Spielende Siegpunkte liefert und fortan einen dauerhaften individuellen Vorteil liefert.
Auch Tag 2 besteht aus einer Ski- und einer Après-Ski-Phase. Tag 3 endet hingegen bereits nach der Ski-Phase. Bevor ihr das Skigebiet verlasst, gibt es jedoch noch eine Schlusswertung. Zu den Punkten, die im Spiel bereits über Abfahrten gesammelt wurden, gibt es nun noch Punkte für gekaufte Ausrüstung entsprechend der Karte(n), für je 3 Fame sowie für die Mehrheit an Markern auf dem Pisten-Board (8 Punkte für eine Mehrheit bei den grünen Pisten, 6 Punkte für eine Mehrheit bei den blauen Pisten, 4 Punkte für eine Mehrheit bei den schwarzen Pisten, 4 Punkte für eine Mehrheit bei allen Pisten). Im Falle eines Gleichstandes werden die Punkte geteilt (ggf. abgerundet). Wer nun insgesamt die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.
Für das Spiel zu zweit wird die Rückseite des Spielplans verwendet. Das Skigebiet ist nun ein wenig geschrumpft. In der Après-Ski-Phase steht pro Ort nur ein Einsetzfeld zur Verfügung.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- atmosphärische Umsetzung des Ski-Hobbys als Familienspiel
- eine Art Zug um Zug im Winterkleid mit neuen Ideen
- nette kleine Ärger- und Verdrängungselemente sorgen für Interaktion
CONTRA
- Glück beim Kartenziehen kann auch mal über den Sieg entscheiden (für ein Familienspiel aber völlig okay)
MEINUNG
Bereits als 3-jähriger Knirps wurde ich von meinen Eltern das erste Mal auf Skier gestellt. Nein, keine Sorge, das war kein auferlegter Zwang, ich hatte sofort großen Gefallen daran, die zunächst noch kleinen Hänge hinabzurutschen. Der jährliche Winterurlaub in den österreichischen Alpen bzw. italienischen Dolomiten führt mich dann stetig auf immer anspruchsvollere Pisten. Ja, wer einmal den Geschwindigkeitsrausch bei einer rasanten Abfahrt auf Skiern oder das Glücksgefühl beim Carven auf Pulverschnee erlebt hat, der wird meine Begeisterung für dieses Hobby nachempfinden können.
Dass es mit Skull Canyon Ski Fest nun ein Spiel gibt, das exakt mein liebstes sportliches Hobby einfängt, erfeut mich verständlicherweise entsprechend. So ist die Gestaltung des Spielplans auch direkt Winterurlaubs-Feeling pur für mich. Während die scherzhaft als „Flachlandtiroler“ bezeichneten Menschen unter euch da wahrscheinlich nur bunte, abstrakte Linien auf einem weißen Berg ausmachen, sind solche Pistenpläne für Ski- und Snowboardfahrer Urlaubsalltag. Exakt wie der Spielplan sehen die Pläne der Skigebiete aus, die eine wichtige Hilfe bei der Entscheidung darstellen, mit welcher Gondel, welcher Sesselbahn es den Berg hinaufgeht, und auf welcher Piste dann wieder hinab.
Während man im echten Leben sein eigenes Fahrkönnen gut einschätzen können sollte, um sich und andere Menschen am Ende nicht auf einer extrem steilen schwarzen Piste in Gefahr zu bringen, sind die Schwierigkeitsgrade der Pisten in diesem Brettspiel einfach an der Größe der auszuspielenden Kartensets festgemacht. Zwei identische Karten (Farbe oder Motiv) hat man schnell beisammen, eine grüne Piste ist somit fast immer befahrbar. Grünen Pisten eignen sich gut, um Mehrheiten auf dem Pistenboard zu generieren, nicht aber, um wirklich viele Punkte im Spiel zu sammeln. Gerade einmal 2 Punkte winken bei einer grünen Abfahrt, während eine schwarze direkt mit 8 Punkten lockt.
Die Karten-Mechanik erinnert dabei an den modernen Klassiker Zug um Zug, allerdings sind einmal beanspruchte Strecken bei Skull Canyon nicht gleich für andere Spieler gesperrt. Jeder kann die Pisten frei wählen, einzig der Verdrängungsmechanimus auf dem Pisten-Board kann dazu anspornen, mehr Karten als nötig auszuspielen, um hier einen Kontrahenten zu übertreffen. Das ist aber nur wichtig für die Schlusswertung und keine Pflicht. Punkte und Fame gibt es auch so.
So ist die Ski-Phase von gutem Timing geprägt. Wann mache ich welche Aktion? Ziehe ich lieber zunächst häufiger Karten, oder nutze ich direkt einen oder zwei Lifte, um zur Bergspitze zu gelangen? Nutze ich bei einer Abfahrt einen oder mehrere Joker und bin mir den Konsequenzen bewusst? Bei zwei oder mehr Yetis kommt es zur Lawine, die nicht nur die Mitspieler betrifft. So eine Lawine, später auch (über den für so manche Skigebiete nötigen Lawinen-Sprengstoff) individuell zu provozieren, kann dabei sogar taktisch ausgelöst werden, einfach um eine Piste „hinabzurutschen“, die ich vielleicht gerade eh nicht mit entsprechenden Karten bezahlen kann, die mich aber ohne zusätzliche Aktion zu einem Knotenpunkt führt, von dem ich eine andere Piste oder einen Lift erreiche. Da ist also Planung im Spiel mit inbegriffen, auch bei der Frage, ob ich meinen Fame verdoppeln kann, wenn ich passende Karten zu einem vorgegebenen Abfahrtsstil ausspiele. Auch hier gilt wieder das Motto: Keine Pflicht, aber ein netter lockender Bonus.
So als Ski-Fan erlebe ich bei Skull Canyon tatsächlich einen echten Ski-Tag hautnah mit. Da fühlt man sich direkt an die schönsten Wintertage in einem Skigebiet erinnert. Dazu trägt auch die angehängte Après-Ski-Phase bei. Nein, im Dorf gibt es keine Partymusik und hochprozentige Drinks, sondern nette spielerische Gimmicks für den nächsten Skitag: Neue Karten, Lift-Tickets, die Möglichkeit, Pisten-Stile auszutauschen, vor allem aber auch die Ausrüstung, die teilweise echt starke Vorteile liefert, aber eben auch bezahlt werden will. Der Zugmechanimus im Dorf erinnert dabei an Spiele wie Parks, heißt: immer vorwärts, niemals zurück. Da es nur begrenzte Einsetzfelder an jedem Ort gibt (was insbesondere im Spiel zu zweit auffällt), kann es auch schon mal besser sein, einen Ort auszulassen, um die Aktion eines anderen Ortes sicher zu erhalten. Gleichzeitig öffnet man damit aber Tür und Tor für die Konkurrenz, die dann im Extremfall gleich mehrere Orte hintereinander abklappern kann ...
Ja, so mancher Erfolg auf der Piste hängt bei einem kartengesteuerten Spiel wie Skull Canyon Ski Fest natürlich auch vom Glück ab, wie die Karten in die Auslage kommen bzw. welche Karten ich ziehe. Wer da echt Pech hat und keine großen Sets mit passenden Motiven zusammenbekommt, muss kleinere Brötchen backen. Aber auch mehrere weniger spektakuläre Pisten können Punkte ausgleichen. Bei uns waren die Ergebnisse bisher immer sehr eng. Das Spiel macht als Familienspiel auch durchaus denjenigen Spaß, die bisher im Winter lieber in den sonnigen Süden gereist sind, allerdings fehlt diesen Menschen dann doch oft der emotionale Bezug zum Thema, und das Thema wurde hier wirklich atmosphärisch umgesetzt.
Als Ski-Fan trifft Skull Canyon Ski Fest mit seinem unverbrauchten Setting jedenfalls genau meinen Geschmack, die Mischung aus Taktik, Glück, kleinen Ärger-Elementen, taktischem Upleveln beim Après-Ski und Interaktion beim Verdrängen von Positionen um Mehrheiten ist sehr kurzweilig. In Vollbesetzung kann es beim Durchdenken der Aktionen zwar auch mal zu kleinen Wartezeiten kommen, aber die gibt es in vollen Skigebieten an den Talstationen der Liftanlagen ja ebenfalls ... Alles in allem vergebe ich, eben auch mit dem Themen-Bonus, sehr gute 8 Kultpunkte an dieses Spiel, das bislang nur in englischer Sprache erhältlich ist, die aber nur für schnelle Übersetzungen bei den Ausrüstungen und im Dorf von Bedeutung ist. Der Rest des Spiels funktioniert sprachneutral.
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/THrjLlnkhxA
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 22.01.2023
Bildnachweis:
Coverfoto: Pandasaurus Games
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