REZENSION
RIVERSIDE
- Genre: Würfelspiel
- Jahr: 2022
- Verlag: Chilifox Games / deutsche Ausgabe: Kobold Spieleverlag
- Autoren: Eilif Svensson, Åsmund Svensson
- Grafik: Gjermund Bohne
- Spieler: 1 bis 6
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 15 bis 25 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
- Taktiklevel: 6/10
Ship and Write
Als kleine Reederei bieten wir traumhafte Touren durch den hohen Norden an. Egal, ob Rentierschlittenfahrt, Eisfischen oder eine Eisbärsafari: Die angebotenen Events sind auf jeden Fall ein Erlebnis, lohnen sich für uns aber nur, wenn es genügend Touristen an Bord gibt, die auch Tickets für die Ausflüge lösen.
REGELN
Legt zunächst die zehn Flussabschnitte in beliebiger Reihenfolge plus West- und Ost-Abschnitt zu einem Rundkurs zusammen. Stellt das Schiff auf das Startfeld. Jeder bekommt ein Blatt vom doppelseitig (identisch) bedruckten Block sowie einen Stift. Ein Spieler übernimmt die Rolle des Kapitäns.
Es wird eine vorher noch nicht bestimmte Anzahl an Runden gespielt. Jede Runde besteht aus 3 Phasen:
(1) Würfeln und Schiff bewegen:
Der Kapitän wirft zu Beginn jeder Runde die sechs Touristen-Würfel. Der grüne Aurora-Würfel wird immer oberhalb des Kapitän-Plättchens in den beheizten Bereich des Schiffes gelegt. Die verbliebenen fünf Ausflugswürfel (farblich passend zu den fünf verschiedenen Ausflugsschiffen auf dem eigenen Spielzettel) werden aufsteigend nach Zahlen sortiert und nebeneinander gelegt. Der dritte (also der mittlere) Würfel ("Median") bestimmt die Temperatur dieser Runde. Alle Würfel, die eine höhere Augenzahl zeigen, werden nun ebenfalls in den beheizten Bereich oberhalb des Plättchens verschoben, die anderen Würfel bleiben unterhalb des Plättchens liegen. Das Schiff wird auf seiner Fahrtroute um so viele Felder nach vorne bewegt, wie es der Median-Würfel dieser Runde vorgibt.
(2) Würfel wählen und Sitzplätze besetzen:
Alle wählen nun gleichzeitig für sich einen Würfel aus der Auslage und kreuzen im entsprechenden Farbbereich so viele Felder an, wie es die Augenzahl des Würfels vorgibt. Dabei entfernt niemand einen Würfel; alle Personen haben also stets die freie Auswahl. Achtung! Wird ein Würfel aus dem beheizten Bereich verwendet, müssen zusätzlich so viele Flammen-Felder durchgestrichen werden, wie es der Augenzahl entspricht. Sind nicht mehr genügend Flammen-Felder frei, kann der Würfel nicht gewählt werden. Würfel unterhalb des Kapitän-Plättchens sind dagegen „kostenlos“. Alle Würfelzahlen lassen sich durch die Hinzunahme des grünen Aurora-Würfels um dessen Augenzahl erhöhen. Da der Aurora-Würfel aber grundsätzlich auch im beheizten Bereich liegt, kostet das wieder Flammen entsprechend seiner Augenzahl.
Beispiel: Du hast dich für die weiße 4 entschieden, die unterhalb des Kapitän-Plättchens liegt. Du brauchst keine Flammen ankreuzen, da sich der Würfel nicht im beheizten Bereich befindet. Kreuze nun auf deinem Spielzettel im Bereich des weißen Ausflugsschiffs, entsprechend der gewählten Augenzahl, vier Kreise an. Jedes Ausflugsschiff hat vier Sitzreihen, die unabhängig voneinander gefüllt werden können. Jede Reihe muss aber von links nach rechts ausgefüllt werden. Die Kreuze dürfen innerhalb des Farbbereichs beliebig verteilt werden.
Wurde eine Reihe komplett gefüllt, löst diese Touristengruppe ein Ticket für einen Ausflug. Das Ticket wird angekreuzt und bringt am Spielende die angezeigten Siegpunkte, ist zudem aber auch für die Ausflugswertungen wichtig. Hinzu kommt ein Bonus, der es dann ermöglicht, ein oder zwei weitere Touristen (= Kreuze) aufs Schiff der angegebenen Farbe zu setzen. Auf diese Weise können Kettenreaktionen beim Besetzen der Reihen entstehen.
Wurden beide rosafarbenen VIP-Plätze auf einem Schiff angekreuzt, schalten sie einen einmaligen Vorteil frei, der zu einem späteren Zeitpunkt eingelöst werden kann. Jedes der fünf Schiffe hat da einen individuellen VIP-Bonus, z.B. die Erhöhung eines Würfelwerts, mehr Bewegungsfreiheit bei einem Ausflug oder den Verzicht aufs Ankreuzen von Flammen bei der Wahl des Aurora-Würfels.
(3) Auflüge veranstalten:
Auch diese Phase spielen alle gleichzeitig und jeder für sich. Ausgehend von der Position des Schiffes, kann nun ein Ausflugsort anvisiert werden. Die zur Auswahl stehenden Orte mit Stegen dürfen sich maximal drei Felder vom Schiff entfernt befinden. Durchs Ankreuzen eines Extra-Tanks erhöht sich die Reichweite um ein zusätzliches Feld. Drei Tanks stehen für das gesamte Spiel zur Verfügung. Sie können ggf. einzeln oder auch in Kombination verwendet werden, um beispielsweise eine Distanz von fünf oder gar sechs Feldern zu überwinden.
Am gewählten Ort gibt es nun Ausflugspunkte für die dort angegebene(n) Ausflugsart(en). Multipliziert dazu die bislang verkaufte Anzahl an Tickets (NICHT die Punkte der Tickets!) auf dem farblich passenden Ausflugsboot mit der Punktezahl des Ausflugsortes. Wurden auf dem braunen Schiff also z.B. zwei Reihen gefüllt und dann ein Ort angelaufen, an dem Rentierschlittenfahrten im Wert von 9 angeboten werden, sind das 2x 9= 18 Punkte. Diese werden in den ersten Kreis der Ausflugswertungen des entsprechenden Bootes geschrieben. Zwei weitere Kreise können später erneut Punkte für diese Ausflugsart liefern, allerdings müssen die Punkte in jedem weiteren Kreis stets höher sein als im vorherigen. In Orten mit zwei verschiedenen Ausflugsarten dürfen beide Arten gewertet werden.
In Dörfern mit Stabkirchen werden sämtliche verkaufte Tickets aller eigenen Boote auf dem Spielzettel mit dem Wert des Dorfes multipliziert. Hier gibt es nur zwei Kreise zum Eintragen der Wertungen.
Die verschiedenen Ausflugstypen kommen auf dem Rundparcours mehrfach vor, allerdings in unterschiedlichen Wertigkeiten. Ein Dorf kann auch in verschiedenen Runden mehrfach für Wertungen genutzt werden, wenn es jeweils innerhalb der Reichweite des Schiffes liegt, z.B. auch über die kleinen Kanal-Verbindungen.
Haben alle Spieler einen Würfel gewählt, ihre Kreuze gesetzt und ggf. einen Ausflug zu einem Ort (mit bis zu zwei Ausflugsarten) veranstaltet, endet die Runde. So lange das Schiff noch nicht am Zielort des Rundparcours‘ angekommen ist, wird nun die nächste Runde gespielt.
Spielende und Wertung:
Das Spiel endet sofort, wenn das Schiff auf das Ankerfeld der Rundstrecke gezogen wird (oder darüber hinaus). Bei der Schlusswertung werden nun Punkte addiert:
- Jedes verkaufte Ticket (also jede gefüllte Reihe) bringt die daneben angegebenen Punkte. Notiert die Punkte für jeden Farbbereich separat.
- Jede eingetragene Ausflugswertung bringt die individuell erzielten Punkte in diesem Farbbereich. Addiert pro Bereich die bis zu drei eingetragenen Wertungen.
- Tickets und Ausflüge ergeben zusammen das Ergebnis eines Farbbereichs (Ausflugsbootes).
- Die beiden Stabkirchen-Wertungen werden zu dem niedrigsten Gesamtergebnis aller Farbbereiche hinzuaddiert. Der so ermittelte Kapitänswert bringt dem Spieler, der den höchsten Wert erzielt hat, 15 Extra-Punkte. Derjenige mit dem niedrigsten Kapitänswert verliert hingegen 15 Punkte.
Wer nun insgesamt die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.
Variante „Fernreise“: Fügt die zwei Erweiterungsabschnitte den übrigen 10 Fluss-Abschnitten hinzu. So wird der Roundparcours länger. In einem der beiden zusätzlichen Dörfer können direkt drei Ausflugsarten gewertet werden.
Das Spiel kann mit den identischen Regeln auch solo gespielt werden.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- Roll-and-Write mit netten Kettenreaktionen
- taktische Planung der Wertungen
- schöne Synergien möglich
CONTRA
- sehr mathematisch
- Würfel bestimmen die Spiellänge und so auch das mögliche Gesamtergebnis
MEINUNG
Geradezu romantisch wirkt das Cover von Riverside. In einer malerischen Schneelandschaft schippern wir von Dorf zu Dorf, um Touristen Erlebnisse zu bieten, die hierzulande wohl sonst nur Jochen Schweizer verkaufen würde: Eisbär-Safaris, Rentierschlittenfahrten ... Da kommt doch direkt eine winterliche Urlaubsstimmung auf, welche sich auch auf den modularen Flussabschnitten, die den gemeinschaftlichen Spielplan bilden, fortsetzt. Nun gut, auf den Spielzetteln, von denen jeder einen vor sich liegen hat, endet das pittoreske Setting. Die Bögen des Blocks sind dann doch eher nüchtern, eher zweckmäßig gestaltet. Das ist aber wahrscheinlich auch einfach nötig, um bei den diversen auszufüllenden Feldern nicht den Überblick zu verlieren.
Spielerisch ist Riverside solitär geprägt. Das Schiff bewegt sich für alle Spieler gleichermaßen, die Würfel werden für alle Spieler geworfen und sortiert. Was man dann jedoch aus dem Ergebnis macht, ist jedem selbst überlassen. Alle spielen gleichzeitig, Wartezeiten gibt es somit kaum. Dass alle am Tisch dann auch stets die selben Entscheidungen treffen, ist möglich, aber äußerst unwahrscheinlich. Und so geht es
dann darum, Würfel taktisch klug zu wählen, um Felder, ja, Reihen zu füllen, Tickets zu verkaufen, Boni auszulösen. Wie beispielsweise in der Ganz schön clever-Reihe sind es gerade die Boni, die zwischendurch immer wieder so kleine Belohnungsmomente auslösen, und die einen im Idealfall dann von Schiff zu Schiff führen, also Kettenreaktionen beim Ankreuzen auslösen können.
Nun sollte man die Ausflugsorte, die ja in jeder Partie neu kombiniert ausliegen, nicht aus dem Blick verlieren. Am besten ist es natürlich, wenn ich in jeder Ausflugsphase auch Dörfer erreiche, in denen ich Punkte mache. Dass die drei Wertungsfelder pro Ausflugsschiff, also pro Ausflugsart, aufsteigend gefüllt werden müssen, setzt einen in der Hinsicht unter Druck, als dass sich hohe Werte anfangs vielleicht gar nicht mal als so klug erweisen, schließlich müssen sie fortlaufend getoppt werden, wenn die Felder am Ende nicht leer bleiben sollen. Dieser Mechanismus erinnert mich dann an das kleine Würfelspiel Kribbeln, das ebenso mit der Wertigkeit beim Eintragen der Würfel-Ergebnisse zockte.
Das Spiel kann aufgrund seiner solitären Art dann natürlich auch ideal als Solospiel gespielt werden. Die Bewertungspunkte in der Anleitung bzw. die Vorgabe, das Solospiel nur mit 300 Punkten oder mehr zu gewinnen, ist zugegebenermaßen etwas beliebig, schließlich hängen die Ausflugsmöglichkeiten auch von den Würfelzahlen ab. Bewegt sich das Schiff dank niedriger Augenzahlen eher langsam, lässt es sich leichter taktieren, als wenn es direkt mit großen Schritten in Richtung Anker fährt. Die Spiellänge ist also an den Zufall gekoppelt, wobei man sagen muss, dass sich die ausgefüllten Kreise, also die Touristen an Bord, dann doch am Ende meist annähern, da man mit billigen hohen Würfeln halt schneller Reihen vollbekommt, als wenn immer nur sehr niedrige Zahlen unterhalb des Kapitän-Plättchens liegen. Zum richtigen Zeitpunkt auch mal Würfel aus dem beheizten Bereich zu verwenden, ist lukrativ, allerdings auch nicht zu oft möglich, da die Flammen bei hohen Würfelzahlen schnell verbraucht sind.
Wer Spaß an taktischen Würfelspielen hat, dem wird Riverside sicher gefallen. So romantisch die Spielschachtel jedoch aussieht, so mathematisch ist das Spiel dann gefühlt. Ja, Riverside ist im Kern sogar ein Mathe-Puzzle. Es wird viel gerechnet in dem Spiel, und nur wenn die Rechnungen aufgehen, füllen sich auch die Wertungsfelder, wie man es sich wünscht. Wer da anfangs aus dem Bauch heraus drauflos spielt, wird wenig Chancen gegen jemanden haben, der weiß, wie man perfekte Synergien erzielt. Das Spiel gehört also definitiv schon zu den etwas anspruchsvolleren Würfelspielen dieser Kategorie, wobei erfahrene Spieler die Regeln natürlich dennoch schnell verstehen und das Spiel dann auch flott gespielt ist.
Wer keine Probleme mit einer solitären Spielweise und einem vergleichsweise hohen rechnerischen Anteil in einem Spiel hat, der erhält mit Riverside einen schönen Vertreter des Roll-and-Write-Genres. Alles in allem erzeugt das Spiel bei mir zwar nicht dieses Suchtgefühl der Ganz schön clever-Reihe, das bei diesen Spielen dazu führt, das ich sie allein wegen immer neuen Highscores erneut spielen möchte. Auch bietet Riverside spielerisch jetzt nicht die ganz große Innovation im Roll-and-Write-Sektor. Die einzelnen Elemente, die es in ähnlicher Form auch schon in anderen Spielen gab, wurden aber zu einem harmonischen Ganzen verwoben und in ein passendes Setting gesetzt, das sogar mit einem Thema aufwartet. Und kurzweilig ist die Fahrt durch den eisigen Norden zudem zwischendurch allemal. Dafür gibt es von mir dann auch insgesamt gute 7 Kultpunkte.
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/mg-OLQZufXE
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 22.12.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Chilfox Games / Kobold Spieleverlag
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