REZENSION

POLYNESIA

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2021
  • Verlag: Ludonova / im Vertrieb von Asmodee
  • Autor: Peer Sylvester 
  • Grafik: Laura Bevon, David Prieto
  • Spieler: 2 bis 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 60 bis 75 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: mittel 
  • Taktiklevel: 8/10

Bring deinen Clan in Sicherheit!

Im Schatten der Berge zittert die Erde. Den Bewohnern der Inseln wird klar: Flucht wird die Rettung sein, die Flucht vor dem Vulkan. Das Ziel: Rette dein Volk vor dem Untergang. Bring jeden Einzelnen zu den vorgelagerten Inseln. Dieses Spiel ist quasi eine Hommage an die ersten Siedler Polynesiens, die den Gefahren der Natur trotzten und dem Meer auch ohne die Technik der neuen Zeit zu folgen wussten. 

REGELN

Aufbau: 

Der doppelseitige Spielplan wird in der Tischmitte platziert; die der Spielerzahl entsprechende Seite liegt oben. Die Ressourcenmarker werden zufällig auf den Inseln ausgelegt. Der Spielplan zeigt viele kleine Inseln. Einige Inseln sind zu Archipelen zusammengefasst. Außerdem sind Seewege als Linien sichtbar. 


Neben den Spielplan werden noch drei Gezeitenkarten (je Art eine Karte) gezogen und offen ausgelegt. Sie entsprechen zusätzlichen Zielen für die Wertung oder zusätzlichen Regeln. Sie sollten allen unbedingt noch einmal vorgelesen werden.


Jeder nimmt sich die Figuren, ein Spieler-Board und Schiffe einer Farbe. Fünf Figuren jedes Stammes werden schon mal auf die Vulkaninsel in der Ecke des Spielplans gestellt. Alle anderen Figuren bleiben auf den Feldern des eigenen Boards stehen. Dort finden auch die Boote Platz. Jeder erhält als Startkapital drei Fische und drei Muscheln.


Dann wird noch der Stoffbeutel („Der Vulkan“) vorbereitet. Es werden 10 verschiedene Holzwürfel in den Beutel gesteckt. Sobald der sechste von den sechs roten Würfeln aus dem Beutel gezogen wird, endet das Spiel sofort.


Spielablauf:

Orientieren können sich die Spieler an der Aktionsleiste auf dem Spielplan. Insgesamt sieben Felder zeigen dort den Spielverlauf an. Es werden mehrere Runden gespielt, die aus immer zwei Phasen bestehen: 


1. Aktionsphase

Sie bezieht sich auf die ersten drei Felder der Aktionsleiste des Spielplans (3/2/1). Immer wenn alle Spieler das jeweilige Feld ausgeführt haben, wird der Aktionsmarker weitergeschoben und der nächste Umlauf folgt sofort. Jeder Spieler kann eine der folgenden möglichen Aktionen ausführen:

  • Schiff auf einen neuen Seeweg setzen (gestrichelte Linie auf dem Spielplan zwischen zwei Inseln, Achtung: im Spiel zu zweit darf immer nur das Schiff eines Spielers dort stehen): Es ist nicht notwendig, eigene Figuren an den angrenzenden Inseln zu besitzen. Die Kosten werden vom Aktionsmarker angezeigt. Der Spieler muss 3, 2 oder 1 Ressource (Fisch, Muscheln) neben den zu erschließenden Seeweg legen.
  • Schiff auf einen bereits besetzten Seeweg setzen: Dann platziert der Besitzer des neuen Schiffes für jedes bereits dort stehende Schiff zwei Ressourcen des Typs, der dort schon liegt, ebenfalls an dem Seeweg.
  • Versetzen von Figuren anhand erschlossener Seewege: Der Spieler kann so viele Bewegungspunkte nutzen, wie der Aktionsmarker (3/2/1) anzeigt. Der Spieler kann entweder alle Bewegungspunkte einer Figur zuordnen oder, aufgeteilt, einzelne Figuren bewegen. Ein fremder Seeweg kann nur genutzt werden, wenn sich auf der zugehörigen Start-Insel eine gegnerische Figur befindet. Sie muss die eigene Figur zur nächsten Insel begleiten. Außerdem erhält der Besitzer des Seeweges eine der am Seeweg liegenden Ressourcen. Achtung: Nur der aktive Spieler erhält ein auf der Zielinsel noch befindliches Ressourcenplättchen (usw.) 
  • Eine Insel bevölkern: Dabei kann der Spieler wählen: 3 eigene Figuren auf die Vulkan-Start-Insel oder eine Figur auf eine Insel, auf der schon ein eigenes Stammesmitglied steht, stellen. Die neuen Figuren werden vom eigenen Spieler-Board genommen. 
  • Fischen gehen: Dazu darf der Spieler so viele Ressourcen (Fische oder Muscheln) seiner Wahl nehmen, wie der aktuelle Aktionsmarker anzeigt.


Sobald die Felder 3/2/1 der Aktionsleiste abgearbeitet wurden, tritt die nächste Phase in Kraft:

2. Unterhaltsphase:

Auch hier zeigt der Aktionsmarker an, was geschieht:

  • Feld 4 - Vulkangrollen: Ein Spieler zieht einen der Lavasteine aus dem Beutel. Bei grauen Steinen passiert nichts, ein schwarzer Stein fordert dazu auf, direkt noch zwei zu ziehen, und ein roter Stein wird auf die Vulkaninsel gelegt. Der sechste rote Stein beendet das Spiel sofort. 
  • Feld 5 - Ressourcenverknappung: Der aktive Spieler wählt eine Ressource, die alle Spieler an den Vorrat zurückgeben müssen.
  • Feld 6 - Neue Ressourcen: Jeder Spieler erhält für jede Figur auf einer Insel mit 
  • Ressourcensymbol (Fisch / Muschel) und für ein Sonderplättchen mit dem Symbol eine entsprechende Ressource.
  • Feld 7 - Das Startspieler-Plättchen wird weitergegeben. Eine neue Runde beginnt.


Hinzu kommen einige Sonderregeln, die z.B. durch die Gezeitenkarten ins Spiel gebracht werden.

  • Kosten zum Erschließen von Seewegen werden teurer oder billiger und/ oder bringen Sonderboni.
  • Zusätzlich kommen für die Archipele Punkteplättchen ins Spiel.
  • Masken bringen Ressourcen oder bringen Figuren auf die Inseln.
  • Zusätzliches Stellen von Figuren gegen weitere Ressourcen wird möglich usw.


Schlusswertung: 

Sobald der sechste rote Stein gezogen wurde, folgt die Endwertung: 

  • Figuren auf dem eigenen Spielertableau bringen so viele Punkte, wie das letzte leere Feld vor den noch stehenden Figuren zeigt (abgeräumt wird immer in Lese-Richtung von oben nach unten).
  • Jedes Schildkröten-Symbol auf einer Insel mit eigener Figur und jeder Schildkrötenmarker bringen je einen Punkt.
  • Punkteplättchen bringen einen Punkt.
  • Außerdem gibt es Punkte für die Erfüllung der Gezeitenkarten usw.

 GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • optisch ansprechend
  • einfachere Grundregeln
  • sehr taktisch geprägt


CONTRA

  • Fleißaufgaben durch die Gezeitenkarten
  • abstrakte Spielweise

MEINUNG

Die Schachtelgrafik spricht an. Polynesien – Ozeanien – Südsee …irgendwie würde man da schon gerne mal Urlaub machen. Obwohl, so schön wie die kleinen Inseln dort auch sind, der pazifische Feuergürtel ist nicht weit. Und so widmet der Autor das Spiel der Erinnerung an die frühen Seefahrer Polynesiens, die sich ohne technische Hilfsmittel rein auf ihre nautischen Kenntnisse verließen, um Polynesien zu besiedeln. Spiele, die mich thematisch auf neue Ideen bringen, finde ich immer eine gute Idee. Und der Ausbruch des Unterwasservulkans bei Tonga in den letzten Tagen bringt dabei eine traurige Realität zu Tage, an die man ungern denkt. Die Aufgabe ist eindeutig: Bring deine Leute in Sicherheit vor dem Vulkan! 


Das optisch bunte Spiel verschleiert zunächst den abstrakten Spielgedanken. Der einzige sehr überschaubare Glücksaspekt ist das Ziehen der Vulkanwürfel und damit das nicht 100% einschätzbare Spielende, das fünf bis neun Runden dauern kann. Alles andere muss durchdacht und geplant werden. Welche Aktionen nutze ich wann? Was bringt mir am meisten? Und will ich eigentlich mit fremden Schiffen fahren und dem Mitspieler wertvolle Ressourcen zukommen lassen? 


Auch wenn es dann letztlich im eigentlichen Sinne gar nicht darum geht, nur meine Leute zu retten, sondern mehr um die begehrten Siegpunkte, ist es doch auch sinnvoll, die Stammesmitglieder von der Insel zu bringen und sie vorzugsweise auf reiche Inseln zu transportieren. „Kluge Verteilung“ ist das Schlüsselwort. Dabei sind die Punktabstände zwischen den Spielern oft gering, was für eine gute Balance des Spieles spricht. Einzig die Gezeitenkarten können für etwas Unruhe sorgen. Sie bringen immer wieder neue Regeln ins Spiel, die die eigenen Planungen, falls man dran denkt, stark beeinflussen können. 


Besonders angenehm spielt sich das Spiel mit drei oder vier Personen. Hier trifft Konkurrenzdenken auf Risiko und Planung auf taktische Tiefe. In unseren Gruppen kam das Spiel vor allem bei logischen Denkern an. Hier fielen höhere Wartezeiten nicht ins Gewicht. In erfahrenen Familien wurde eher die 3er-Runde bevorzugt. Insgesamt kam das Spiel vor allem deshalb gut an, weil schnell erlernbares Grundregelwerk um immer neue Nuancen erweitert werden konnte und diese den Anspruch aber auch immer wieder auf neue Aspekte legen.


Fazit: Polynesia ist ein an sich abstrakter, aber spannender Punkte-Wettlauf mit optisch passender Spielgeschichte, der vor allem für alle, die gern Spielzüge planen und komplett durchdenken, eine Empfehlung wert ist.

KULTFAKTOR: 7-8/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 8/10

EURE REZENSENTIN

GABI

Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester

Eine Rezension vom 09.03.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Ludonova / Asmodee
Weitere Fotos: Spielkultisten