REZENSION
PAGAN - FATE OF ROANOKE
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2021 (in Planung)
- Verlag: Wyrmgold
- Autoren: Kasper Kjær Christiansen, Kåre Storgaard
- Grafik: Maren Gutt
- Spieler: 2
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: ca. 30 - 60 Min.
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Initiativlevel: 7/10
Von Hexen, Jägern und Ritualen
Wir befinden uns im Jahr 1587. Eine Hexe, getarnt als Dorfbewohner, treibt ihr Unwesen und möchte ein verhängnisvolles Ritual ausführen, das der Hexenjäger, unterstützt von einigen Verbündeten, verhindern muss.
REGELN
KICKSTARTER-PREVIEW
„Pagan“ ist ein reines 2-Spieler-Spiel. Ein Spieler übernimmt die Rolle der Hexe, der andere Spieler die Rolle des Jägers. Jeder Spieler besitzt 3 Aktionsmarker („Gehilfen“), ein eigenes Kartendeck, ein Spielertableau sowie runde und eckige Marker. Der Hexen-Spieler zieht vom gemischten Stapel der neun Dorfbewohner geheim eine Karte auf die Hand, schaut sie sich an und legt sie dann verdeckt vor sich ab. Diese Karte bestimmt die wahre Identität der Hexe. Die Dorfbewohner-Pendants befinden sich auf dem aus drei Teilen zusammengesetzten Dorf-Tableau.
Die Hexe beginnt das Spiel, dann wird abwechselnd weitergespielt, bis eine Siegbedingung eintritt. Im eigenen Spielzug werden immer zwei Phasen durchlaufen:
- In der Unterhaltsphase (in Runde 1 unwichtig) werden zuvor eingesetzte eigene Gehilfen wieder zurückgeholt. Außerdem werden Karteneffekte, die sich auf diese Phase beziehen, ausgeführt. Der Jäger muss ausgespielte Verbündete entlohnen, andernfalls verliert er diese. Maximal 7 Handkarten darf ein Spieler nun besitzen, bevor er zur Phase 2 wechselt.
- In der Aktionsphase platziert der aktive Spieler seine drei Gehilfen (in Runde 1 besitzt die Hexe nur zwei davon) auf verschiedene Aktionsfelder.
Zum einen stehen da die Dorfbewohner zur Verfügung, auf denen sich noch kein Gehilfe befindet. Der Spieler erhält dadurch die auf dem Dorfbewohner angegebene Aktion und generiert auf diese Weise u.a. Einfluss auf seiner Einfluss-Scheibe (jeder Spieler startet das Spiel mit 2 Einfluss), er erhält neue Karten auf die Hand oder darf eine Handkarte ausspielen. Außerdem gibt der Dorfbewohner eine Anzahl von eigenen (runden) Markern an, die der Spieler an eine andere Bewohner-Karte anlegt, deren Farbe ebenfalls der Dorfbewohner vorgibt. Die Hexe platziert ihre Marker („Geheimnisse“) unter so einem Bewohner, der Jäger seine Marker („Hinweise“) über dem Bewohner. Drei angesammelte Marker darf die Hexe in einen eckigen Marker umtauschen („Gefälligkeit“), beim Jäger bleiben die Hinweise liegen, dennoch darf er für drei Hinweise einen eckigen Marker seiner Farbe („Beweis“) in seinen Vorrat legen.
Weitere Aktionsfelder finden die Spieler auf ihren Tableaus. So lässt sich auch hier Einfluss generieren, es lassen sich Karten ausspielen oder es wandern neue Karten auf die Hand. Zudem kann ein Spieler einen Dorfbewohner „frei räumen“, indem er einen eigenen runden Marker, der bei diesem Bewohner liegt, bezahlt, um einen gegnerischen Gehilfen von dem Dorfbewohner zu entfernen. So könnte er den Bewohner dann anschließend selbst belegen. Der Jäger kann auch einen Dorfbewohner plündern, indem er drei runde Marker aus dem entsprechenden Farbgebiet des Dorfes bezahlt, um alle gegnerischen runden Marker (Geheimnisse) oder einen eckigen Marker (Gefälligkeit) unter einer Person zu entfernen.
Es gibt dann noch weitere asymmetrische Aktionsmöglichkeiten, auf die ich etwas später eingehen werde.
Zunächst aber schauen wir uns das Ausspielen einer Karte genauer an. Wählt der aktive Spieler eine solche Aktion, muss er die Kosten der Handkarte, der er ausspielen möchte, mit dem angegebenen Einfluss bezahlen. Die beiden Kontrahenten haben unterschiedliche Kartenarten in ihrem Deck.
Die Hexe besitzt
- Zauber: So eine Karte löst eine einmalige Sofort-Aktion aus; die Karte wird danach abgelegt.
- Verzauberungen: So eine Karte wird auf das Insel-Tableau (neben dem Dorf) gelegt. Das erste Feld ist kostenlos, weitere Felder müssen mit zusätzlichem Einfluss bezahlt werden. So eine Verzauberung bringt dann eine neue Spielregel ins Spiel, beispielsweise verursacht sie zusätzliche Kosten für den Jäger. Der Jäger kann so eine Verzauberung über eine seiner Tableau-Aktionen gegen Bezahlung wieder entfernen.
- Zaubertränke: Sie werden auf die oberen drei Felder des eigenen Tableaus gelegt. Auf ihnen können dann - wie auch unter den Dorfbewohnern - Geheimnis-Marker angesammelt werden. Ist die vorgegebene Anzahl an Markern auf einer Karte vorhanden, kann sie nun kostenlos (ohne den Einsatz eines Gehilfen) aktiviert und die darauf stehende Aktion genutzt werden.
- Vertraute: Diese werden auf die unteren drei Felder des eigenen Tableaus gelegt. Der Hexen-Spieler besitzt nämlich unter seinen drei Gehilfen einen besonderen, den Vertrauten (Raben). Wird er platziert, kann er mit einer zusätzlichen Aktion, die die Vertrauten-Karte bestimmt, ausgestattet werden. So eine Vertrauten-Aktion lässt sich durch Bezahlung der angegebenen Kosten auch noch upgraden.
Der Jäger besitzt:
- Orte: Ortskarten werden auf die oberen drei Felder des eigenen Tableaus gelegt. Eine Ortskarte besitzt ein zusätzliches Aktionsfeld, das der Spieler mit einem Gehilfen belegen kann, um die Aktion der Karte auszuführen.
- Verbündete: Diese liefern individuelle Vorteile, müssen aber in der jeweiligen Unterhaltsphase entlohnt werden.
- Ereignisse: Sie entsprechen den Zaubern der Hexe, heißt: Eine einmalige Sofort-Aktion; die Karte wird dann abgelegt.
- Untersuchungen: Eine Untersuchung wird an einen Dorfbewohner angelegt und verändert bei Aktivierung dieses Bewohners durch einen Gehilfen die Regeln - entweder für den Jäger selbst oder für die Hexe.
Ziel des Spiels ist es für den Jäger, die Hexe zu enttarnen. Dazu besitzt der Spieler zwei weitere Aktionen:
- Gegen Abgabe von drei Beweisen (eckige Marker) darf der Spieler eine Karte vom Bewohner-Stapel aufdecken. So schließt er für jede aufgedeckte Karte einen Bewohner als Hexe aus, denn die Karte mit der Identität der Hexe wurde ja vor Spielbeginn von der Hexe zur Seite gelegt.
- Besitzt der Spieler auf jedem Bewohner mindestens einen runden Marker („Hinweis“) und auf der gewählten Person drei dieser Marker, kann er die passende Tableau-Aktion wählen, um diesen Bewohner zu exekutieren. War es nicht der Bewohner mit der Identität der Hexe, so werden alle Hinweise abgelegt, die Karte kann nicht mehr für Aktionen genutzt werden.
Der Jäger gewinnt das Spiel, wenn ...
- er die achte Bewohner-Karte aufdeckt und so automatisch die Identität der Hexe durch das Ausschlussverfahren offenbart ODER
- er den Bewohner exekutiert, den die Hexe vor Spielbeginn als ihre Identität gezogen hat.
Die Hexe gewinnt das Spiel, wenn ...
- der Jäger den dritten falschen Bewohner exekutiert ODER
- sie die Tableau-Aktion „Ritual ausführen“ wählt. In diesem Fall muss der Bewohner mit ihrer zugelosten Identität „frei“ sein, d.h. sie muss einen Gehilfen darauf platzieren. Das Wichtigste: Es müssen sich drei eckige Gefälligkeitsmarker der Hexe unter dieser Person befinden, damit das Ritual gelingt und die Hexe siegreich aus der Partie geht.
GALERIE
Anklicken / Antippen für Komplettansicht
CHECKPOINT
PRO
- asymmetrisches 2-Spieler-Spiel
- eingängige Regeln
- tolle Illustrationen
- taktisch und spannend
CONTRA
- der Jäger scheint zunächst leicht im Vorteil zu sein
MEINUNG
Düster blicken uns Hexe und Jäger vom Cover dieses 2-Spieler-Spiels entgegen. Dass das Thema der Hexenjagd anscheinend einen Trigger darstellt, scheint den Wyrmgold-Verlag bereits beschäftigt zu haben, denn es gibt einen entsprechenden Disclaimer zu Beginn der Anleitung. Auch für uns ist klar, dass man es hier mit einem Fantasy-Thema zu tun hat, das nicht aufs reale Leben übertragen werden sollte. Nun gut, in der heutigen Zeit scheinen diese Erklärungen auch bei fiktiven Storys nötig zu sein ...
Die düstere Story der Hexe, die sich als Dorfbewohner tarnt und Unheil anrichten möchte, und des Hexenjägers, der zu allen Mitteln greift, um die Identität der Hexe ausfindig zu machen, ja, dadurch auch manchmal unschuldige Menschen meuchelt, wird grandios in Szene gesetzt von Maren Gutt, die für die Illustrationen verantwortlich zeichnet. Der Grafikstil gefällt mir wirklich gut, er passt perfekt zum Setting. Auch die übrige Ausstattung ist sehr gelungen, wobei uns zum Spieletest ein ausgereifter Prototyp zur Verfügung stand. Trotzdem der Hinweis: Das Material ist auf unseren Fotos noch nicht final. Zudem stand uns das Spiel in englischer Sprache zur Verfügung. Wenn ihr es auf Kickstarter unterstützt (oder später in Deutschland erwerbt), wird es eine Version mit deutschsprachigen Regel-, Tableau- und Kartentexten geben.
Die Atmosphäre ist also schon einmal stimmig, doch trifft das auch auf den Spielablauf zu? Der scheint auf den ersten Blick im Kern recht abstrakt zu sein. Es sieht so aus, als bewege man letztlich immer Scheiben hin und her, um so an sein individuelles Ziel zu gelangen. Das kann man nicht mal abstreiten. Seine Seele erlangt das Spiel aber dann durch die verschiedenen Kartenarten in den Decks der Spieler. Die unterschiedlichen Kartentypen sorgen nicht nur für Abwechslung, sondern auch für die nötige Prise Taktik. Wann spiele ich was aus, was hilft mir weiter, um meinem Ziel näherzukommen, wie kann ich meinen Gegner ausbremsen? Durch die Karten entsteht Interaktion, auch direkte Konfrontation, indem man dem Gegenspieler Flüche auferlegt oder ihm durch Untersuchungen das Leben schwer macht. Auch bieten ausgespielte Karten erweiterte Aktionsmöglichkeiten; die Karten sind also ganz klar das Herzstück des Spiels, denn allein mit den Bewohner-Aktionen und dem Verteilen von Markern wird man vermutlich nicht gewinnen können.
Das Deduktionselement im Spiel sorgt für Spannung. Der Jäger gibt alles, um der Hexe auf die Schliche zu kommen. Die wiederum wird alles dafür tun, genau das zu verhindern, allerdings kann sie das Spiel aus eigener Kraft nur mit einem Ritual beenden, dessen Voraussetzungen bei der Vorbereitung schon ziemlich offensichtlich sein können. Also heißt es, falsche Fährten zu legen, sich Tauschoptionen offenzuhalten, gegen die scheinbar stärkere Macht des Jägers anzuspielen. Das gelingt, wenn man das Spiel besser kennt. Anfangs scheint es der Jäger zu sein, der hier leichteres Spiel hat, zumal er auch durch einen Zufallstreffer gewinnen kann.
Ob es noch Anpassungen am Balancing des Spiels geben wird, kann ich zum momentanen Zeitpunkt nicht sagen. Der Prototyp hat aber bereits einen wirklich hervorragenden Eindruck bei mir hinterlassen. Die düstere Fantasy-Welt, die taktischen Bluff- und Aktionselemente, eine verdeckte Identität und diverse Fallen sorgen für ein spannendes Duell-Erlebnis, dem ich schon jetzt wirklich sehr gute 9 Kultpunkte geben möchte. Und da wir immer wieder E-Mails von Lesern bekommen, die fragen, ob wir eigentlich für unsere Reviews (oder auch Kickstarter-Previews) von den Verlagen bezahlt werden, die uns ihre Spiele-Exemplare zum Test zur Verfügung stellen, auch noch einmal an dieser Stelle die klare Ansage: Nein, das werden wir nicht! Unsere Tests sind stets unabhängig! Allein die Tatsache, dass "Pagan" auf Kickstarter bereits vor Veröffentlichung unseres Testberichtes finanziert war, dürfte das auch unterstreichen. Heißt: Wenn ich einem Spiel dann 9 Kultpunkte gebe, dann wirklich nur, weil es meinen Spielgeschmack nahezu perfekt getroffen hat!
Von meiner Seite aus ganz klar Daumen hoch für „Pagan“; eine klare Empfehlung für alle, die taktische Duellspiele, insbesondere mit einer morbiden Story, suchen!
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/BLECi_E-0_A
Und hier findet ihr den externen Link zur Kickstarter-Kampagne: https://www.kickstarter.com/projects/pagan/pagan-fate-of-roanoke/
KULTFAKTOR: 9/10
Spielidee: 9/10
Ausstattung: 9/10 (Prototyp)
Spielablauf: 9/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 15.03.2021
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch einen bereitgestellten Prototypen.
Bildnachweis:
Coverfoto: Wyrmgold
Weitere Fotos: Spielkultisten