REZENSION
PACIFICA
- Genre: Kartenspiel
- Jahr: 2023
- Verlag: KOSMOS
- Autoren: Martin Kallenborn, Matthias Prinz
- Illustration: Amber Scharf
- Spieler: 2
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 30 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 5/10
Tauziehen am Meeresgrund
In diesem schnellen 2-Personen-Kartenspiel konkurrieren wir um den Wiederaufbau der versunkenen Stadt Pacifica. So sammeln wir Schätze, steigern unsere Bevölkerung, sorgen für neue Gebäude oder feiern Stadtfeste. Wer sich besonders engagiert, erhält ein sogenanntes Idol, eine Art Medaille, doch der endgültige Besitzer steht damit noch nicht fest ...
REGELN
Mischt die Karten getrennt nach ihrer Rückseite und legt sie dann in einer Reihe, die eure Spielbereiche trennt, in sieben verdeckten Stapeln in der vorgegebenen Reihenfolge aus: Zuerst die Schätze, dann die Bevölkerung, Ressourcen, Architektur, Wissen, Maschinen und als letztes die Stadtfest-Karten. Legt zudem die Idole (drehbare Medaillen) bereit. Für jede Karten-Kategorie gibt es ein solches Idol, das zunächst auf die Zahl 3 eingestellt wird. Außerdem gibt es noch das weiße Vielfalts-Idol. Dieses wird auf die 1 gestellt.
Wählt einen Startspieler. Der Kontrahent erhält dann als zweiter Spieler bereits 2 Karten von beliebigen Stapeln auf die Hand.
Bin ich am Zug, stehen mir immer 3 Aktionen zur Verfügung. Jede Aktion kann ich aus 3 verschiedenen Optionen auswählen, wobei ich durchaus auch dreimal die selbe Aktion durchführen darf - oder ich mische die Aktionen beliebig.
Folgende Aktionen sind möglich:
(A) Karte ziehen: Ich ziehe die oberste Karte von einem beliebigen Kartenstapel auf die Hand. Achtung! Das Handkarten-Limit beträgt 3 Karten.
(B) Karte spielen: Ich spiele eine Karte von meiner Hand aus und lege sie in meinen eigenen Spielbereich neben den entsprechenden Kartenstapel, eine Architektur-Karte also beispielsweise neben den Architektur-Stapel.
(C) Bis zu 2 Karten aktivieren: Einige Karten sind bereits beim Ausspielen aktiv. Diese Karten haben einen vorgedruckten grünen Haken in der oberen rechten Ecke. Andere Karten müssen erst über die Aktion (C) aktiviert werden. In der rechten oberen Ecke stehen die Anforderungen. Das sind immer vorgegebene Symbole in einer bestimmten Anzahl und Kombination, die sich auf bereits aktivierten anderen Karten im eigenen Spielbereich befinden müssen. Diese Symbole finden wir auf der linken Seite der Karten. Sind die Anforderungen rot umrandet, genügt es nicht, die Symbole auf aktivierten Karten in der eigenen Auslage zu besitzen. Stattdessen müssen Karten, die diese Symbole liefern, aus der Auslage entfernt und abgelegt werden!
Die meisten Karten liefern durchs Aktivieren eben (oftmals auch gleich mehrere) Symbole zum Aktivieren anderer Karten. Die Maschinen-Karten liefern hingegen zum Teil auch, einmal aktiviert, dauerhafte Vorteile. Die Stadtfest-Karten liefern teilweise beim Aktivieren einmalige Soforteffekte.
Gelingt es einem Spieler, die auf dem farblich passenenden Idol angezeigte Anzahl an Symbolen dieser Art auf aktivierten Karten im eigenen Bereich vorzuweisen, erhält dieser Spieler das entsprechende Idol und dreht es nun auf die nächsthöhere Zahl (erst 5, dann 7). So kann auch der Kontrahent noch das Idol übernehmen, wenn er die nächste nötige Anzahl zuerst erreicht. Hat ein Spieler die 7-Symbole-Anforderung erfüllt, dreht er das Idol auf die Rückseite. So ein Idol gilt als „gesichert“ und kann nicht mehr abgejagt werden. Das Vielfalts-Idol bekommt zunächst der, der von jeder Symbolart ein Symbol auf aktivierten Karten in seinem Bereich vorweisen kann. Dann wird das Idol auf die 2 gedreht. Kann ein Spieler dann 2 Symbole jedes Typs vorzeigen (wie immer auf aktivierten Karten), ist auch dieses Idol gesichert.
Wer zuerst 3 gesicherte Idole oder 5 beliebige (egal, auf welcher Stufe) gesammelt hat, gewinnt das Spiel.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- flottes Karten-Duell
- nette kleine Synergien
- Tauziehen um den Sieg
- schöne Gestaltung
CONTRA
- teilweise sehr glückslastig ...
- ... dadurch recht beliebig für taktische Spieler
MEINUNG
Das Cover der kleinen Schachtel verspricht ein spannendes Unterwasser-Abenteuer. Als reines 2-Personen-Spiel konzipiert, möchte Pacifica ein flott gespieltes Kartenspiel sein, das sich selbst als „ideales Feierabendspiel“ bezeichnet. Wie kann man dieses Attribut deuten? Ich habe da so eine Idee, aber dazu kommen wir später.
Erst einmal: Die Gestaltung ist gelungen. Was beim Auspacken bereits positiv auffällt, ist die Tatsache, dass die Karten nicht mehr in Folie, sondern in einer Papier-Hülle verpackt sind. Da geht KOSMOS auf jeden Fall schon mal gute neue Wege. So ganz ohne Plastik kommt Pacifica dann aber auch wieder nicht aus, denn die Befestigungen für die drehbaren Idole sind aus Kunststoff. Die funktionieren so einigermaßen gut; in unserem Exemplar mussten wir allerdings teilweise etwas mit Klebstoff nachhelfen, weil sie sich durch ihre offenbar sehr eng bemessene Passgenauigkeit immer wieder von alleine lösten. Aber okay, damit lässt sich leben.
Das Spiel an sich hat dann erst einmal eine nette Idee. Die verschiedenen Kategorien zeigen untereinander Synergien auf, und so benötige ich bestimmte Kartensymbole, um andere Karten zu aktivieren - mal muss ich die Symbole nur besitzen, mal muss ich sie dann auch wirklich bezahlen, also andere Karten aus der Auslage entfernen. So entsteht da ein kleines Ressourcen-Management, was durchaus gut funktionieren kann, wenn man eben passende Karten zieht.
Und da wären wir auch schon bei der „Feierabend"-Bezeichnung. Darunter stelle ich mir ein Spiel vor, bei dem ich relaxen kann, nicht viel nachdenken muss. Eigentlich passt das gar nicht so recht zum doch auf den ersten Blick taktisch wirkenden Mechanismus. Aber so übermäßig taktisch ist der dann gar nicht. Erst einmal bin ich in meinen Möglichkeiten doch eingeschränkt. Abwechselndes Ziehen von Karten und Ausspielen gehört zum Standard eines Spielzuges. Die Aktivierungs-Option sollte ich vor allem dann nutzen, wenn ich damit gleich zwei Karten aktiviert bekomme, denn das erlaubt mir diese Aktion; da kann ich dann zugunsten einer lukrativen Reihenfolge entscheiden. Und so mancher Sofort-Vorteil sollte auch besser für einen zeitlich passenden Moment aufgehoben werden.
Trotzdem merkt man beim Aktivieren der Karten, dass Pacifica einen nicht zu unterschätzenden Glücksfaktor in sich birgt. So scheint ganz klar derjenige im Vorteil, der anfangs schnell bereits aktivierte Karten zieht, einfach, um seine Symbol-Engine ans Laufen zu bekommen. Ziehe ich hingegen Karten, die gleich mehrere Symbole einfordern, die ich bestenfalls auf anderen Karten besitze, welche aber ebenfalls noch nicht aktiviert werden können, dann bringt mich das ein wenig in Rücklage. Ja, solche Karten liefern mir, wenn sie dann später aktiviert sind, zwar gleich mehrere Symbole oder andere Vorteile, aber Pacifica ist halt auch ein Wettrennen.
Drei Symbole einer Art lassen sich mit etwas Glück schnell sammeln. Die aufsteigenden Anforderungen an die Idole (ich hätte sie übrigens in der deutschen Sprache eher als Medaillen bezeichnet), sind eine nette Idee, allerdings ist jemand, der mit einer Symbolart schnell nach vorn prescht, nur schwer einzuholen.
Und wenn es auch wirklich eng wird bei der Frage, wer das Duell nun für sich entscheidet, kann es immer noch passieren, dass das Glück über den Sieg urteilt. So fehlte uns in einer Runde beispielsweise jeweils genau ein drittes gesichertes Idol. Während meine Kontrahentin nur noch ein Ressourcen-Symbol benötigte, aber auf Teufel komm raus nur teurere Karten zog, die sie vor Anforderungen stellte, die sie mal eben nicht erfüllen konnte, erwischte ich beim ersten Ziehen direkt eine kostenlose Karte aus dem Architektur-Stapel - zack, da war es, das fehlende Architektur-Symbol, direkt aktiviert - fertig! Gewonnen!
Pacifica sollte also nicht als allzu taktisches Spiel angesehen werden. Es hat taktische Ansätze, ja, aber es stellt sich mehr als ein lockeres Karten- und Symbol-Sammelspiel dar, das seine Spannung tatsächlich aus dem recht schnellen möglichen Spielende zieht. Das Gerangel um die Idole ist dabei jedoch manchmal ein wenig beliebig - es gibt echt starke Karten, die einen ordentlich nach vorn bringen, und es gibt Karten, die man halt mal ausspielt, weil man seine Hand leeren möchte, ohne dass sie sofortige Effekte zeigen, die einen näher an den Sieg heran bringen. Das muss man wissen, wenn man Pacifica spielt. In diesem Sinne soll es dann wohl das anfangs erwähnte „Feierabend"-Spiel sein. Einfach runterspielen und gucken, wer gewinnt. Gern auch zwei, drei Partien hintereinander, denn es ist schnell gespielt. Das tut niemandem weh, das ist auch teilweise mal ganz belohnend, und doch irgendwie auch in gewisser Weise ein wenig zufällig.
Wer eben ein solches unkompliziertes Karten-Duell sucht, das mit einem Mix aus kleinen Symbol-Verzahnungen, aber auch mit der nötigen Portion Glück gewonnen werden kann, der erhält mit Pacifica ein ganz sympathisches kleines Spielchen, das vermutlich aber eher die Wenig- und Gelegenheitsspieler dauerhaft begeistern wird. Als Vielspieler war mir dann persönlich doch zu viel Fortunas Hilfe nötig, um das Tauziehen so richtig toll zu finden. Als nettes Zwischendurch- oder Absackerspiel geht das für mich aber in Ordnung.
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/TL9kAC3eJpI
KULTFAKTOR: 6/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 6/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 28.03.2023
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: KOSMOS
Weitere Fotos: Spielkultisten