REZENSION

OATH - REICH & EXIL: DIE CHRONIKEN

  • Genre: Strategie
  • Jahr: 2022 (deutsche Version)
  • Verlag: Spielworxx 
  • Autor: Cole Wehrle
  • Grafik: Kyle Ferrin
  • Spieler: 1 bis 6
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: ca. 45 bis 150 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: hoch
  • Taktiklevel: 5/10

Vom Exilanten zum Kanzler

In Oath (deutsch: Eid, Schwur) lenken wir das Schicksal eines alten Königreichs. Ein Spieler ist der Kanzler, und die restlichen Spieler spielen als Exilanten bzw. Bürger, um für die folgende Runde den Titel des Kanzlers zu ergattern. Die Spieler konkurrieren um Gebiete, Reliquien und Banner. Sobald ein Spieler seine eigenen Siegbedingungen erfüllt, endet das Spiel. Einige der aufgedeckten Gebiete und Karten bleiben für das nächste Spiel erhalten, der Rest wird gegen neue Gebiete ausgetauscht, sodass sich das Land stets verändert.

REGELN

Hinweis vorab: Oath ist ein komplexes Spiel mit vielen Regel-Details. In dieser Rezension werden die wichtigsten Abläufe der Konzepte beschrieben, ohne alle Details auszuführen.

Für das erste Spiel gibt es eine Losspiel-Anleitung, nach der das Spiel exakt aufgebaut wird. Ein Spieler ist der Kanzler und die anderen starten alle als Exilanten. Alle bekommen Gunst, Geheimnisse und Scharen (Einheiten) als Startressourcen. Auf den entsprechenden Feldern werden verdeckte und offene Orte ausgelegt. Jeweils ein Stapel mit Bewohner- und Visionen-Karten und mit Reliquien werden verdeckt bereit gelegt. Außerdem gibt es sechs Gunstlager auf dem Spielfeld, den verschiedenen Kartenfarben entsprechend. Es gibt außerdem vier verschiedene Zielübersichten, von denen für jedes Spiel eine ausgewählt wird. Dieses Ziel bestimmt, wer den Bewahrer-Titel trägt.

Nach dem Spielaufbau beginnt der Kanzler mit seinem ersten Zug. Im Anschluss sind die Exilanten und Bürger der Reihe nach dran. Alle Rollen haben die gleichen Aktionsmöglichkeiten. Der Hauptunterschied der verschiedenen Rollen besteht in den unterschiedlichen Spielzielen und einer begrenzten Kooperation zwischen Kanzler und Bürgern.

Jedem Spieler steht jede Runde eine bestimmte Anzahl an Vorräten zur Verfügung. Mit diesen Vorräten werden hauptsächlich die Aktionen bezahlt. Die Spieler können so viele Aktionen machen, wie sie möchten und bezahlen können. Folgende Aktionen stehen zur Auswahl:

  • Suchen: Karten ziehen, entweder vom Weltstapel (= Hauptstapel) oder von einem der drei Ablagestapel. Es werden bis zu drei Karten gezogen, aber nur eine behalten. Die restlichen Karten werden auf einen der Gebietsablagestapel geworfen.
  • Anwerben: Der Spieler darf gegen Bezahlung zwei seiner Scharen aus dem Vorrat aufs Tableau stellen. Diese Scharen stehen für folgende Kämpfe zur Verfügung.
  • Tauschen: Gunst wird gegen Geheimnisse und Geheimnisse gegen Gunst getauscht. Durch clevere Orts- und Kartenwahl kann der Reichtum so vermehrt werden.
  • Reisen: Der Spieler darf seine Figur auf ein beliebiges Feld versetzen. Die Kosten variieren, je nachdem in welches Gebiet gereist wird.
  • Bergen: Gegen Zahlung der zugehörigen Kosten können Reliquien und Banner geborgen werden. Banner werden aus dem Vorrat oder von einem Mitspieler geborgen. Reliquien liegen an bestimmten Orten bereit und können dort geborgen werden.
  • Kämpfen: Ein Gegner, der sich entweder in Form seiner Hauptfigur oder Scharen am selben Ort befindet, kann angegriffen werden. Ziel können dabei Orte (Gebietsübernahme), Reliquien, Banner oder Gunst sein. Dabei können beliebig viele der genannten Ziele gleichzeitig gewählt werden – allerdings steigt dadurch auch die Verteidigungsmöglichkeit des Angegriffenen. Sobald die Ziele festgelegt wurden, wirft der Verteidiger Verteidigungswürfel. Der Angreifer hingegen wirft Angriffswürfel und kann im Anschluss eigene Scharen vernichten, um den Angriffswert zu erhöhen.


Sobald ein Spieler mit seinen Aktionen durch ist, kontrolliert er die Anzahl eigener Scharen im Vorrat. Je mehr Scharen sich dort (und weder auf seinem Tableau, noch auf dem Spielfeld) befinden, desto mehr Vorräte erhält er für die folgende Runde.

In jedem Spiel liegt ein Ziel bereit, dass die Siegbedingung für die aktuelle Runde vorgibt. Dies kann zum Beispiel das Besitzen der meisten Gebiete oder Reliquien / Banner sein. Wer das Ziel aktuell erfüllt, bekommt den Titel des Bewahrers. Wird ein Exilant Bewahrer, muss er es zwei Runden am Stück bleiben, um das Spiel sofort als Thronräuber zu gewinnen. 

Zusätzlich gibt es im Kartenstapel Visionen-Karten. Exilanten können Visionen-Karten offenbaren und erhalten dadurch weitere Siegbedingungen. Erfüllt ein Exilant seine Vision am Anfang seines Zuges, gewinnt er das Spiel sofort.

Verbleibt der Bewahrer beim Kanzler oder bei einem Bürger, wird ab Ende der fünften Runde gewürfelt, um zu entscheiden, ob das Spiel endet. Spätestens nach der achten Runde ist eine Partie beendet. Je nachdem, welche der folgenden Bedingungen zutrifft, wird ein Gewinner bestimmt:

  •  Der Kanzler gewinnt, wenn er (oder ein Bürger) Bewahrer ist.
  •  Erfüllt ein Bürger (als Bewahrer) jedoch das Nachfolger-Ziel laut Zielkarte, gewinnt er stattdessen.
  •  Ist ein Exilant Thronräuber (zweite Runde in Folge Bewahrer), gewinnt er.
  •  Hat ein Exilant eine Vision offenbart und erfüllt, gewinnt er.
  •  Trifft keiner der obengenannten Punkte zu, gewinnt der Kanzler oder der Bürger, wenn er das Nachfolger-Ziel erfüllt (auch ohne Bewahrer-Titel).


Der Kanzler bekommt zum Spielanfang das prachtvolle Zepter (eine Reliquie). Dieses Zepter gibt ihm die Möglichkeit, einen Exilanten zum Bürger zu ernennen. Nimmt der Bürger die Ernennung an, werden alle seine Scharen (auf dem Tableau und Spielfeld) durch die Scharen des Kanzlers ersetzt. Kanzler und Bürger können Scharen untereinander tauschen, wenn sie am selben Ort sind und sich somit beim Kämpfen unterstützen. Trotzdem kann nur einer von ihnen das Spiel gewinnen. Eine Unterstützung macht demnach nur Sinn, wenn es vor allem dem eigenen Vorteil gilt. Bürger können nicht durch Visionen gewinnen. Um als Bürger gewinnen zu können, muss der Spieler das Nachfolger-Ziel beim Spielende erfüllen. Bürger können wieder zu Exilanten werden, wenn sie dem Besitzer des Zepters Gunst geben. Alternativ kann der Besitzer des Zepters einen Bürger ins Exil schicken, indem er ihm Gunst zahlt.

Das Spiel bietet auch eine Solo-Variante, die im Rahmen dieser Rezension nicht getestet wurde.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • grandioses Spielmaterial / tolle Grafiken
  • verschiedene Taktiken führen ans Ziel
  • Weiterentwicklung der Spielwelt
  • interessante Spielmechaniken


CONTRA

  • glückslastig durch Kampfwürfel
  • schwieriger Einstieg
  • „Kanzlermacher“

MEINUNG

Zunächst einmal ein großes Lob vorab an Kyle Ferrin: Oath fällt in jedem Regal allein durch seine tolle farbliche Gestaltung und Grafik auf. Hier wurde wirklich grandiose Arbeit geleistet. Und auch nach dem Öffnen der Schachtel wird niemand enttäuscht: Tolle Holzfiguren, eine sehr hochwertige und schön gestaltete Spielmatte und tolle Illustrationen auf den Karten begeistern. Wer auf die comicartige Gestaltung steht, wird hier bereits vor dem ersten Spiel viel zum Anschauen haben.

Zum ersten Spiel: Oath liegt eine Losspiel-Anleitung bei, die eine komplette Spielrunde beschreibt. Dies soll den Spielern den Einstieg ins Spiel erleichtern. In meiner Gruppe, bestehend aus der empfohlenen Teilnehmerzahl von vier Spielern, haben wir genau diese Losspiel-Anleitung getestet. Zunächst werden zwei Doppelseiten Erklärungen laut vorgelesen. Dann wird für jeden einzelnen Spieler der komplette Zug durchgespielt, mit kurzen Erklärungen zu den Aktionen und Beweggründen, warum Aktionen genau so durchgeführt wurden. Im Anschluss kommen noch ein paar Seiten ergänzende Regeln, und dann sind die Spieler auf sich alleine gestellt. Nun ja, auch als erfahrene Spieler haben wir für das erste Spiel inklusive Anleitung vier Stunden gebraucht. Bei fast jedem Zug hatte da noch jemand die Anleitung in der Hand, da es einige Regelunklarheiten gab. Ich würde daher jeder Gruppe empfehlen, zumindest eine Person vorher die komplette Anleitung lesen zu lassen, um aufkommende Fragen während des Spiels schneller klären zu können. Das hätte unsere erste Partie weniger holprig gestaltet. Ab der zweiten Partie liefen die Spielzüge deutlich angenehmer, es kamen nur noch wenige Fragen auf. Die Gesamtspielzeit belief sich auf unter zwei Stunden.

Vor allem die sich ständig anpassende Welt und die verschiedenen Spielziele und Rollen bringen viel Abwechslung ins Spiel. Das Schöne an Oath sind die verschiedenen Taktiken. Hier führen nicht nur Kämpfe ans Ziel. Area Control bezieht sich hier nicht nur rein auf die verschiedenen Gebiete, denn - je nach Spielziel - kann es auch interessant sein, verschiedene Reliquien und Banner zu besitzen.

Beim Kämpfen sehe ich (für mich) dann eine Schwäche im Spiel. In einer Runde hatte ich den Sieg schon so ziemlich sicher – jedoch war das Glück komplett gegen mich. Bei einer eigentlich sicheren Verteidigung zeigten fast alle Verteidigungswürfel eine leere Seite, und der Angreifer hatte leichtes Spiel. Leider gibt es keine Möglichkeit, solche kompletten Fehlwürfe zu wiederholen oder seine Verteidigung anderweitig zu erhöhen. Das kann dann bei Pechvögeln schon mal kurzfristig zu kleinen Frust-Momenten führen.

Davon abgesehen bietet Oath aber wirklich tolle neue Spielmechaniken. Beim Ertauschen von Gunst und Geheimnissen werden die abgegebenen Ressourcen auf Karten bereit gelegt und die erhaltene Menge entscheidet sich danach, wie viele Karten der selben Farbe in der eigenen Auslage liegen. Außerdem darf Gunst nur aus dem entsprechenden Lager der Farbe genommen werden. Dadurch stehen die gewünschten Ressourcen oftmals nicht zur Verfügung, und gelegte Karten müssen wohl überlegt werden. Zudem können Spieler über verschiedene Karten taktisch Lager leer räumen, um ihre Mitspieler leer ausgehen zu lassen. Es entsteht dadurch im Spiel eine Knappheit an Gunst.

Kleine (nicht ganz ernst gemeinte) Warnung: Sobald ein Spieler sein Spielziel erfüllt, haben sich in unserer Gruppe die anderen zusammengetan, um genau dies zu verhindern - auch, wenn dadurch klar wurde, dass einer der anderen stattdessen unweigerlich gewinnt. Erwischt dies den falschen, kann so eine Spielweise Freundschaften oder Ehen gefährden ... Dies ist also nur zu empfehlen, wenn die Beziehungen erprobt sind oder man seine Freunde loswerden möchte ;)

Fazit: Wir haben mit Oath abwechslungsreiche und hitzige Runden erlebt. Daher vergebe ich alles in allem sehr gute 8 Kultpunkte an dieses schöne Spiel.

KULTFAKTOR: 8/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 10/10
Spielablauf: 7/10

EURE REZENSENTIN

CAROLA

Strategiespielerin, Ork-Flüsterin, Miniaturenbemalerin

Eine Rezension vom 02.04.2023

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Leder Games / Spielworxx

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