REZENSION
NEBEL ÜBER CARCASSONNE
- Genre: Familienspiel
- Jahr: 2022
- Verlag: Hans im Glück / im Vertrieb von Asmodee
- Autor: Klaus-Jürgen Wrede
- Grafik: Marcel Gröber, Anne Pätzke
- Spieler: 1 bis 5
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 35 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 6/10
Die Geister, die wir riefen ...
Nebel breitet sich über die Landschaft rund um die bekannte Stadt Carcassonne aus. Die Geister der Katharer sind wieder zu Leben erweckt! Kooperativ gilt es nun, sie zu besänftigen, und die Spukschlösser unter Kontrolle zu bekommen.
REGELN
Schon das Material macht klar: Hier gibt's ein neues Carcassonne mit Legeteilen in (fast) althergebrachter Weise - mit Wegen, Wiesen und Städten. Der zweite Blick zeigt dann aber auch schon die Unterschiede: Nebel, Geister, Schlösser und Friedhöfe sind da zu sehen; es wird geisterhaft in Carcassonne! Die wichtigste Änderung aber ist, dass jetzt alle gemeinsam gegen das Spiel antreten. Und das hat es in sich. Das Spiel wird in aufsteigenden Levels gespielt. In jedem Level ändern sich partiell zu nutzende Teile und einige Regeln. So kann das Spielgeschehen nach und nach erlernt werden.
Level 1
Von den 60 Landschaftsplättchen werden zunächst alle Schlösser und Friedhöfe aussortiert. Sie werden erst in späteren Levels benötigt. Die anderen Teile zeigen die bekannten Wege, Stadtteile und Wiesen und den berüchtigten Geister mitbringenden Nebel. Alle diese Legeteile werden als gemischte Stapel verdeckt bereit gelegt. Die Wertungstafel bleibt an der Seite liegen. Sie wird mit einem Pöppel einer nicht von den Spielern genutzten Farbe besetzt. Dieser gilt für alle Spieler. Das Zielplättchen wird in Level 1 auf der 50 platziert. Jeder Mitspieler nimmt sich die fünf Meeple seiner Farbe. Dann kann das Spiel beginnen.
Die Spieler legen reihum Plättchen wie gewohnt an: Weg an Weg, Stadt an Stadt, Wiese an Wiese. Nebel muss nicht an Nebel liegen, aber dann gilt der Nebel als nicht abgeschlossen. Ziel ist es, dass die Spieler gemeinsam 50 Punkte erzielen, ohne vorher gegen das Spiel zu verlieren. Die Spieler verlieren sofort, wenn ein Geist auf ein Feld gelegt werden muss, und kein Geist mehr im Vorrat liegt. Sie verlieren aber auch, wenn die Landschaftsteile aufgebraucht sind und die 50 Punkte noch nicht erreicht wurden.
Wer an der Reihe ist, zieht, wie gewohnt ein Plättchen und legt es passend an. Dann darf der Spieler einen eigenen Meeple auf dem eben gelegten Plättchen (Weg oder Stadt) aufstellen und es so als Eigentum der Gruppe markieren. Wird etwas abgeschlossen, also ein Weg mit einem klaren Start- und Zielpunkt, eine Stadt mit umlaufenden Mauern (Wiesen werden nicht gewertet), wird sofort eine kleine Wertung ausgelöst:
- Die Spieler erhalten pro beteiligtem Stadtteil 2 Punkte bei Vollendung, zusätzlich 2 Punkte für jedes Wappen in der Stadt.
- Die Spieler erhalten pro beteiligtem Weg-Teil 1 Punkt bei Vollendung.
Die Punkte werden sofort auf der Wertungstafel gezogen. Allerdings kommen jetzt auch die Geister ins Spiel. Einige (oder besser sehr viele) der Plättchen sind mit Nebelfeldern und Geistermotiven versehen. Jedes Mal, wenn eines der Nebel-Felder an die in der Mitte wachsende Spielfläche angelegt wird, muss die entsprechend darauf verzeichnete Anzahl an Geistern aus dem Vorrat darauf gelegt werden. Auf manchen Nebelstücken kommen so gleich mal drei Geister zum Vorschein. Doch nur 15 Geister stehen den Spielern im Vorrat zur Verfügung. Da ein Nicht-Platzieren-Können von Geistern aber den Spielsieg kostet, müssen die Spieler gut miteinander kommunizieren, wie die Plättchen am besten passen.
Besondere Regeln:
- Lege ich ein Geisterplättchen an ein bereits bestehendes Geisterfeld an, darf ich einen Geist weniger als angezeigt darauf legen.
- Eigene Meeple werden wie gewohnt platziert, wenn noch kein anderer Meeple den entsprechenden Bereich markiert.
- Kann ich einen Nebel vollenden (wie eine Stadt rundherum abgeschlossen), darf ich alle Geister aus dem komplettierten Nebel entfernen und zurück in den Vorrat legen. Für abgeschlossene Nebel gibt es keine Punkte.
- Sobald eine normale Wertung (Stadt oder Weg) ausgelöst wird, dürfen sich die Spieler entscheiden: Punkte auf der Wertungstafel vorrücken oder max. drei Geister von einem liegenden Landschaftsplättchen entfernen und zurück in den Vorrat legen.
Level 2
Nun werden die fünf Schlösser und die fünf Friedhöfe unter die Landschaftskärtchen gemischt. Der Rest bleibt identisch. Ziel ist es nun, 75 Siegpunkte zu erlangen.
Besondere Regeln:
- Schlössererinnern an das Spiel mit den Klöstern. Ein eigener Meeple kann auch auf ein Schloss gestellt werden. Vollendet ist das Schloss, sobald ringsum alle 8 Landschaftsplättchen das Schloss umschließen. Die Spieler erhalten je 2 Punkte für jedes an das Schloss anliegende Feld, auf dem Nebel zu sehen ist (inkl. Schloss-Nebel).
- Friedhöfe werden ebenfalls regulär angelegt. Allerdings haben sie eine unangenehme Eigenschaft. Jedes Mal, wenn ein Spieler ein Nebelfeld an die Spielfläche anlegt, muss zusätzlich zu den Geistern des Nebelfeldes ein weiterer Geist auf einem beliebigen noch offenen Friedhof platziert werden. Es ist also empfehlenswert, Friedhöfe bald zu schließen. Sie gelten als geschlossen, sobald das vierte Feld an direkten sichtbaren Seiten (waagrecht und senkrecht) angelegt wurde. Dann müssen die Spieler einen beliebigen ihrer Meeple, auf der Spielfläche liegend, auf dem Friedhof „beerdigen“. Er bleibt dort bis zum Spielende, vertreibt aber alle dort befindlichen Geister wieder in den Vorrat und verhindert neue.
Der Rest spielt sich wie in Level 1, nur sind die Geister schon deutlich hartnäckiger.
Level 3
Nun kommen die Hunde dazu. Hund 1 wird auf das Feld 15 der Wertungstabelle gelegt, Hund 2 auf das Feld 50. Die 60 Landschaftsplättchen werden gemischt und als drei verdeckte Stapel à 20 Stück ausgelegt.
Die Spieler ziehen gemeinsam zuerst nur vom ersten Stapel, bis der erste Hund zum Einsatz kommt. Dann wird nach und nach der zweiten Stapel geleert usw. Ist der erste Stapel aufgebraucht, können die Spieler nur weiterspielen, wenn sie auf der Wertungstabelle ein Hund (also 15 oder 50 Punkte für Stapel 2) erreicht haben. Der erreichte Hund wird sofort eingesetzt:
- Er wird zu einem nicht beerdigten Meeple auf das Spielfeld gelegt. Dort verbleibt er, bis der dort stehende Meeple gewertet wird. Beim Einsetzen vertreibt er bis zu 3 Geister von zwei umliegenden Feldern.
- Sobald der Meeple nach Abschluss seiner Stadt oder seines Weges gewertet wurde, folgt die Wertung des Hundes. Er erhält für jeden Geist auf dem Spielfeld einen Punkt. Diese Punkte können nicht gegen das Entfernen von Geistern eingetauscht werden.
- Nach der Wertung wird der Hund abgelegt und kehrt nicht ins Spiel zurück.
Das Spiel besitzt noch drei weitere Level, in denen mehr Punkte unter noch schwierigeren Bedingungen, z.B. weniger Geister, geknackt werden müssen.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- Carcassonne bleibt Carcassonne
- bestens für Fans von kooperativen Spielen geeignet
CONTRA
- Spielgefühl hängt von der Gruppe ab (mitunter das Problem des Alpha-Spielers)
MEINUNG
Kooperativ geht auch, oder? Ja, und zwar überraschend gut! Der erste Anblick bietet in der Verpackung erst einmal alles, was Carcassonne auch sonst verspricht. Legeteile, Meeple, eine separate Siegpunkteleiste und Begleitmaterial. Das etwas gruselige Thema spricht direkt an: Nebel, Friedhöfe und Geister sorgen für eine zum Thema passende Atmosphäre.
Das Innovative am Spiel: Gemeinschaftliches Tüfteln am kooperativen Sieg. Grundlegende Regeln bleiben dabei erhalten: Weg an Weg, Stadt an Stadt. Nebel an … nein, Nebel muss nicht an Nebel angelegt werden. Das allerdings widerspricht dem eigenen Ordnungsempfinden und verhindert außerdem, dass Geister aus dem Gebiet so einfach wieder entfernt werden können. Generell halten einen die Geister ganz schön auf Trab. Die tauchen auf allen Nebelfeldern auf und müssen möglichst bald entfernt werden, denn der Vorrat an Geistern ist begrenzt. Sind die Geister im Vorrat alle, endet das Spiel und alle verlieren gemeinsam.
Während eingefleischte Carcassonne-Fans zunächst verhalten reagieren, zeigen sie sich schon wenige Runden später als überzeugte Fans. Das gemeinsame Überlegen zeigt unbekannte Carcassonne-Reize. Was sehr einfach beginnt, wächst schnell zu ausgewachsenen Tüftel-Runden heran, und das bei grundlegend gleichbleibendem Spielgefühl. Hat man ein Level bestanden, gibt es neue Herausforderungen.
Das einzige Problem des gemeinsamen Spielens ist, wie so oft im kooperativen Genre, die Übernahme aller Entscheidungen durch einen Anführer. Hier sollten alle Spieler darauf achten, dass jeder mitreden darf und Entscheidungen, nach den Hinweisen der Gruppe, von jedem Spieler selbst getroffen und von allen freundlich akzeptiert werden. Ist diese Voraussetzung gegeben, eignet sich das Spiel auch sehr gut für gemeinsame Spielrunden mit Kindern.
Fazit: Nebel über Carcassonne ist eine sehr schöne kooperative Carcassonne-Variante für Familien und Fans, die einen einfachen Einstieg bietet und in ihren Herausforderungen immer weiter ansteigt.
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10
EURE REZENSENTIN
GABI
Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester
Eine Rezension vom 09.02.2023
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Hans im Glück / Asmodee
Weitere Fotos: Spielkultisten