REZENSION

MYSTERIUM KIDS - DER SCHATZ VON KAPITÄN BUH

  • Genre: Kinder
  • Jahr: 2022
  • Verlag: Libellud / Space Cow, im Vertrieb von Asmodee
  • Autoren: Antonin Boccara, Yves Hirschfeld
  • Grafik: Olivier Danchin
  • Spieler: 2 bis 6
  • Alter: ab 6 Jahren
  • Dauer: ca. 21 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Initiativlevel: 8/10

Hör mal, was da klopft und hämmert ...

Es soll ja Leute geben, die Brettspiele anhand des Geräusches erkennen, das die Bestandteile beim Ausschütten der Schachtel auf den Tisch verursachen. Für solche Menschen bietet der TV-Dinosaurier Wetten, dass..? (solange es ihn noch gibt) bekanntlich eine große Bühne. Wer nicht gerade das Glück hat, sein akustisches Talent vor einem Millionenpublikum zu bezeugen, der darf nun immerhin in vertrauter Spielerunde seine Fähigkeiten unter Beweis stellen. 

REGELN

Mysterium Kids, das Kinderspiel des Jahres 2023, entführt 2 bis 6 Nachteulen in eine verlassene Villa, in der zahlreiche Schätze darauf warten, entdeckt zu werden. Dabei hilft euch Kapitän Buh. Der kann zwar nicht sprechen, aber immerhin Tamburin spielen. Und davon macht er oft Gebrauch, um euch auf die richtige Fährte zu locken. 


Und das geht so: Auf die Villa-Tafel werden zu Beginn jeder Runde fünf Geräuschkarten abgelegt. Das kann zum Beispiel das Motiv einer Katze sein, die sich kratzend an einer Tapete zu schaffen macht. Oder ein Luftballon, der kurz vor dem Platzen ist. Auf einer anderen Karte ist eine Schiefertafel dargestellt, auf die mit Kreide der Umriss eines Geistes gemalt wird. Weitere Beispiele für die Geräuschkarten, die sich im Spiel befinden, sind ein pochendes Herz, eine wassertropfende Gießkanne oder eine Computertastatur mit Maus. Man merkt an dieser Stelle schon: Die Bandbreite an Geräuschen, die auf den Karten dokumentiert sind, ist äußerst vielfältig, und immerhin sind es 78 Klänge bzw. dargestellte Szenen, die man sich für das Spiel in Form einer Karte ausgedacht hat. Sie liegen zunächst als verdeckter, gemischter Stapel neben der Villa-Tafel bereit. Ebenso werden die Schatzplättchen neben der Tafel abgelegt.

Der älteste Spieler darf zuerst in die Rolle von Kapitän Buh schlüpfen. Er erhält die fünf Geisterplättchen (mit den Zahlen von 1 bis 5) sowie das Tamburin. Für alle, die im Musikunterricht nicht aufgepasst haben: Das ist ein kleines Musikinstrument, ähnlich einer Trommel, das mit den Fingern, mit der Faust oder der Handfläche bedient werden kann – wahlweise rhythmisch trommelnd, langsam streichend, sanft tippend oder großflächig hämmernd. Man hat schnell den Dreh raus, welche Klänge man der hochwertigen Trommel entlocken kann. Mal dumpf, mal schrill und laut - ihr habt es buchstäblich in der Hand! 

Wer Kapitän Buh spielt, platziert nun fünf Geräuschkarten offen auf die Villa-Tafel und deckt (vor den Blicken der anderen geschützt) ein zufälliges Geisterplättchen auf. So erfährt der Kapitän, welches Kartenmotiv er in der laufenden Runde mit dem Tamburin den Mitspielern akustisch „darstellen“ muss. Im Falle der Karte „Katze kratzt an der Tapete“ würde man beispielsweise auf die Idee kommen, die gespreizten Finger langsam über das Tamburin zu bewegen. Beim Motiv „Tischtennis“ wäre es denkbar, das Tamburin locker in die Hand zu nehmen (eine kleine Öffnung erleichtert die Handhabung) und mit der Handfläche gleichmäßig ein „Poch“-Geräusch zu imitieren. Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Mit einem „Buh!“ beendet ihr euren akustischen Erklärungsversuch.

Die übrigen Mitspieler dürfen sich im Anschluss beratschlagen, welche der fünf ausliegenden Geräuschkarten gesucht wird. Im Falle einer richtigen Antwort wird eines von den 7 verdeckt gestapelten Schatzplättchen aufgedeckt und offen neben die Villatafel gelegt. War der Tipp falsch? Dann habt ihr in dieser Runde leider keinen Schatz entdeckt! In späteren Runden kann es auch vorkommen, dass ihr gleich zwei Geräusche hintereinander pro Runde erklären müsst. Praktischerweise kann man so natürlich auch zwei Schätze ergattern. 

Nach sechs Runden folgt die Schlusswertung: Jedes gesammelte einzelne Schatzplättchen gibt am Spielende einen Punkt. Schafft ihr es, Pärchen zu finden, kommt ein Extrapunkt dazu.

Wie gut ihr als Team abgeschnitten habt, verrät dann ein Blick in die Spielanleitung. Zwischen „Nicht schlecht“ (0 bis 3 Punkte) und „Perfekt“ (9 Punkte) ist alles drin. 

GALERIE

Anklicken / Antippen für Komplettansicht

CHECKPOINT

PRO

  • wunderschön umgesetztes neues Spielerlebnis 
  • Jeder möchte mal der Tamburin-Spieler sein, ...
  • ... aber auch das Raten macht Laune
  • sehr hochwertige Ausstattung


CONTRA

  • mehr Karten wären schön gewesen
  • in der selben Besetzung setzt schnell ein Lernfaktor ein

MEINUNG

Mysterium Kids ist während der ersten Partien ein ganz fantastisches Spiel. Die Materialien sind von herausragender Qualität, der Spielaufbau dauert kaum länger als der Glockenschlag um Mitternacht und selbst Neulinge können zu jedem beliebigen Zeitpunkt des Spielverlaufs ein- und aussteigen. Diese perfekte Zugänglichkeit, gepaart mit einem ebenso schnellen wie witzigen Spielablauf,  sichert dem Spiel sofort die geballte Aufmerksamkeit. Hinzu kommt das Tamburin als faszinierendes neues Instrument, um den fünf ausliegenden Begriffen akustisch auf die Schliche zu kommen. All das fasziniert und begeistert nicht nur Kinder, sondern auch erwachsene Mitspieler von Beginn an und übt eine solche Anziehungskraft aus, sodass nach der ersten Partie in den allermeisten Fällen noch etliche weitere folgen. Dass ein Spiel kaum länger als eine Viertelstunde dauert, trägt abermals zum hohen anfänglichen Spielreiz bei. Die angegebene Spielzeit von 21 Minuten wird also in den meisten Fällen sogar noch spielend unterboten. Insofern ist die Entscheidung der „Spiel des Jahres“-Jury, Mysterium Kids für den blauen Pöppel zu nominieren und ihm diesen letztlich auch zu verleihen, nachvollziehbar.

Wäre da nicht ein klitzekleines Problem mit einer allzu schnellen Lernkurve, das an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben sollte. Denn so faszinierend Mysterium Kids zu Beginn ist, so schnell kann ein Ermüdungseffekt eintreten, der vor allem dann recht schnell kommen kann, je häufiger sich die selbe Spielergruppe zur Schatzsuche in der Gruselvilla verabredet. Rechnen wir es mal ganz nüchtern durch: Jede Partie besteht aus sechs Runden, in denen jeweils fünf Geräuschkarten ausgelegt werden. Das bedeutet, dass sich bei jedem Spiel genau 30 Motive in der Auswahl befinden, was knapp der Hälfte aller enthaltenen Karten entspricht. Im schwierigeren Modus werden in vier Runden sogar gleich zwei Geräusche gesucht, wodurch 10 Geräusche pro Partie mit dem Tamburin imitiert werden. Dem mag man anfangs noch keine allzu große Bedeutung beimessen, doch mit jeder weiteren Partie erhöht sich die Chance, dass ein Begriff vom Rateteam bereits nachgestellt wurde. Und natürlich sind Kids so clever, dass sie sich ganz genau merken, wie ein bestimmtes Motiv erfolgreich gelöst wurde. So ist irgendwann klar, dass die Karte „Pochendes Herz“ mit mehreren gleichmäßigen Doppelschlägen gegen das Tamburin bestens erkannt wird, während beim Bild „Boxhandschuhe“ zweimal die Faust gegen das Instrument geschlagen wird.

Es mag sich sehr haarspalterisch anhören, aber diese schnelle Lernkurve sorgt dafür, dass kleine Nachteulen bald spielend leicht alle Geräuschkarten zuordnen können und somit die meisten Schatzplättchen auf Anhieb ergattern. Das gilt wie gesagt für den Umstand, wenn die Gruppe stets konstant bleibt, was natürlich in Familien schnell eintreffen kann. Dann kann der Reiz schnell verflogen sein, da die meisten Karten auf Anhieb erkannt werden - und die Spielmechanik ist sozusagen „entzaubert“.

Nicht falsch verstehen: Mysterium Kids ist ein ganz tolles Kinderspiel und funktioniert mit wechselnden Gruppen stets ganz hervorragend – sofern die Kinder damit leben können, dass man bei den gemeinsamen Absprachen auch mal überstimmt werden kann und man (trotz wechselnder Rollen als Tamburin-Spieler und Teil des Rateteams) kooperativ agiert.

Aufgrund der geschilderten Kritikpunkte, die sich aber schon nach relativ wenigen Partien ergeben, und einer vergleichsweise niedrigen Kartenzahl (gemessen an der Vielzahl an aufgedeckten Karten pro Runde), vergebe ich zunächst „nur“ 7 Kultpunkte. Wer überwiegend mit wechselnden Gruppen spielt, darf gern einen Punkt hinzufügen. Ein tolles Kinderspiel mit hochwertiger Ausstattung, blendender Spielbarkeit und einem gewitzten Instrument, das auf diese Weise garantiert noch niemand verwendet hat, ist Mysterium Kids nämlich allemal. (Anmerkung von Ingo: Und durch die Auszeichnung zum „Kinderspiel des Jahres“ wird man ja vielleicht auch auf Erweiterungen hoffen können.)

KULTFAKTOR: 7-8/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 9/10

EUER REZENSENT

CHRISTOPH

Kinder- und Kennerspiel-Spieler, Stefan-Feld-Fan, Im-Sommer-in-jeden-See-Springer

Eine Rezension vom 14.07.2023

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Libellud / Asmodee
Weitere Fotos: Spielkultisten