REZENSION
MY CITY
- Genre: Familienspiel
- Jahr: 2020
- Verlag: KOSMOS
- Autor: Reiner Knizia
- Grafik: Michael Menzel
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 30 Min. pro Partie
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 6/10
Zeit für Veränderungen
Nachdem ihr neues Land entdeckt habt, seid ihr mit der Planung einer Stadt beauftragt. Welche Gebäude errichtet werden sollen, wird euch vorgegeben. Wohin ihr sie baut, entscheidet jeder Spieler für sich selbst. In 8 Kapiteln entwickeln sich die Ansprüche und die Grundlagen für dieses Vorhaben immer weiter. Und das "ewige Spiel" garantiert zudem dauerhaftes Spielvergnügen.
REGELN
Legacy-Spiel: Jeder Spieler erhält ein eigenes Spielertableau sowie 24 Legeplättchen (8 Gebäudearten in je 3 Farben). Der Punktemarker wird vor der ersten Partie auf die "10" gesetzt. Die Karten werden gemischt.
Es spielen alle gleichzeitig. Die oberste Karte wird vom Stapel aufgedeckt. Das angezeigte Gebäudeplättchen muss nun jeder Spieler auf seinem Spielplan einbauen. Dabei gilt für die erste Partie: Gebaut werden darf nur auf den hellgrünen Feldern (nicht im Wald oder im Gebirge), das erste Plättchen muss eine gemeinsame Kante zum Fluss besitzen, darf ihn aber nicht überbauen.
So wird dann Karte für Karte gezogen und Plättchen für Plättchen verbaut, wobei jedes folgende Plättchen stets eine gemeinsame Kante zu einem bereits liegenden Plättchen haben muss.
Kann oder möchte ein Spieler ein bestimmtes Plättchen nicht verbauen, darf er passen. Dann legt er das Plättchen zur Seite und muss dafür 1 Punkt auf der Punkteleiste opfern. Besitzt ein Spieler keine Punkte mehr, oder möchte er keinen weiteren Punkt ausgeben, um ein Plättchen nicht legen zu müssen, so beendet er das Spiel für sich. Er nimmt dann für den Rest der Partie nicht mehr am Spiel teil. Spätestens nach der letzten aufgedeckten Karte endet das Spiel für alle.
Die Grundwertung beschert den Spielern nun je 1 Punkt pro sichtbarem Baum auf einem hellgrünen Feld, 1 Minuspunkt für jeden sichtbaren Stein auf einem hellgrünen Feld (sind 2 Steine auf einem Feld zu sehen, kostet das dementsprechend 2 Minuspunkte). Jedes komplett leere hellgrüne Feld, auf dem sich also kein Gebäude befindet, kostet ebenfalls 1 Minuspunkt. Die Punkte errichten sich aus der Summe der übrig gebliebenen Startpunkte und der Schlusswertung.
Wer nun die meisten Punkte machen konnte, darf sich 2 Fortschrittspunkte am oberen Rand seiner Tafel markieren, der Zweitplatzierte noch einen. Bei einem Gleichstand gewinnt der Spieler, der wenige freie Felder in der obersten Reihe seiner Spielertafel übrig hat. Ggf. wird dann auch auf die zweite, dritte, ... Reihe geschaut, wenn es immer noch einen Gleichstand gibt.
Das Spiel ist unterteilt in 8 Kapitel; jedes Kapitel besteht aus 3 Partien. Die entsprechenden zusätzlichen Regeln und weiteres Material etc. befinden sich jeweils in einem Umschlag. Nach der Wertung verändert sich das Spielertableau individuell nach der Platzierung in der vorangegangenen Partie. So bringen aufzubringende Sticker dauerhafte Änderungen mit sich. Jede Stadt wird also tatsächlich einzigartig.
Gesamtsieger ist, wer nach 24 Einzelpartien, also am Ende des 8. Kapitels, die meisten Fortschrittspunkte gesammelt hat.
Das "ewige Spiel" erlaubt ein dauerhaftes Spielen ohne Veränderungen, sei es, weil man nicht mit seiner Stammgruppe spielt oder aber, weil man bereits alle Kapitel der Legacy-Variante kennt. Die Grundregeln bleiben gleich, allerdings kommen noch einige Zusatzelemente ins Spiel:
- Wird die Sperrkarte aufgedeckt, muss das nächste Puzzleteil aus dem Spiel genommen werden und darf nicht verbaut werden.
- Wird eine Kirchen-Karte gezogen, muss das entsprechende Kirchenplättchen verbaut werden; es darf nicht gepasst werden! Kann oder möchte ein Spieler die Kirche nicht bauen, muss er sofort das Spiel für sich beenden.
- Der Brunnen bringt 4 Punkte, wenn seine Kanten an 4 Gebäude grenzen.
- Jede Kirche bringt 3 Punkte, wenn an ihren Kanten 3 Gebäude unterschiedlicher Farbe zu finden sind.
- Die Goldader bringt sofort 3 Punkte für denjenigen, der beide Felder als erster überbaut hat.
- 1 Punkt gibt es pro Gebäude in der größten zusammenhängenden Gebäudegruppe dieser Farbe auf dem eigenen Spielertableau. Gewertet werden alle 3 Farben.
- Die restlichen Punkte werden wie im Legacy-Spiel berechnet.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- führt in die Welt der Legacy-Spiele ein
- schöne Dynamik
- 24 Partien im Legacy-Modus
- dauerhaftes Spiel integriert
CONTRA
- Gebäudeoptik eher nüchtern
- Kernmechanismus bereits aus anderen Spielen bekannt, wird aber durch Legacy-Modus aufgewertet
MEINUNG
Und noch ein Puzzlespiel? In der Tat schreitet Reiner Knizia mit der grundlegenden Spielmechanik von "My City" auf bekannten Pfaden. Jeder legt auf seinem Spielertableau eine eigene Stadt, deren Bestandteile durch zufällig gezogene Karten in eine immer neue Reihenfolge gebracht werden. So verläuft jede Partie schon mal grundlegend anders. Dass es da keine direkte Interaktion gibt, hat einen Vorteil: Alle spielen gleichzeitig. Das "ewige Spiel" bezieht seinen Reiz vornehmlich also aus der direkten Konkurrenz bei der Wertung. Wer besser geplant hat, gewinnt, wobei hier jeder Spieler die gleichen Voraussetzungen besitzt Blaupausen entstehen trotzdem fast nie. Das "ewige Spiel" macht Spaß, auf lange Sicht bietet es jedoch nur das schnelle Vergnügen zwischendurch und bietet jetzt keine großen Neuerungen gegenüber ähnlichen Spielen.
Nun lebt "My City" aber auch nicht vom "ewigen Spiel". Ja, es ist eine schöne Draufgabe, die verhindert, dass man das Spiel weggibt, wenn man die noch viel reizvollere Legacy-Variante komplett durchgespielt hat. Und es ermöglicht auch schnelle Partien zwischendurch, wenn man "My City" mal nicht mit seiner Stammbesetzung spielen kann. Die Stammbesetzung ist wie bei so vielen Legacy-Spielen für das Hauptspiel wirklich ratsam, da sich jede Stadt individuell weiterentwickelt. Je nach Punktestand müssen da neue (positive oder negative) Sticker aufgebracht werden, deren Platzierung dann auch noch Raum für eigene Entscheidungen bietet. Die Änderungen sind dann nicht mehr rückgängig zu machen, sodass Spieler, die kurzfristig andere Spieler ersetzen, mit der Landschaft klarkommen müssen, die ein anderer Spieler zuvor so "erspielt" hat.
Die Legacy-Komponente bringt den nötigen Drive ins sonst eher harmlos wirkende Legespiel. Die verschlossenen Umschläge erzeugen natürlich Spannung. Man möchte wissen, wie es weitergeht. Man möchte sehen, wie sich die Spielertafel weiterentwickelt. Man möchte neue Regeln und zusätzliches Material hinzufügen. Die Unterteilung in 8 Kapitel à 3 Partien ist dabei gut gelungen. So lassen sich schnelle 30 Minuten-Partien zwischendurch spielen oder auch mal alle 3 Partien eines Kapitels am Stück, was sich für einen längeren Spieleabend empfiehlt.
Die Regeln sind dabei grundlegend simpel. Karte aufdecken, Plättchen legen. Ein ideales Familien-/Taktikspiel also, das immer mehr an Spieltiefe gewinnt, je weiter es voranschreitet. Neue Regeln werden häppchenweise eingeführt, sodass hier niemand überfordert wird. So gelingt es "My City", die aus sonst so epischen Strategiespielen bekannten Legacy-Momente auf ein gar klassisches Legespiel zu projizieren. Freunde dieser Art von Spielen werden auf jeden Fall ihre Freude an dieser in diesem Genre bislang noch nicht verbreiteten Spielweise des sich entwickelnden Spiels haben. "My City" eignet sich so auch ideal, um Familien oder Gelegenheitsspieler die Welt von Legacy-Spielen näherzubringen, auch wenn hier keine "große" begleitende Spielstory zu erwarten ist.
Um die Rezension spoilerfrei zu halten, möchte ich nicht näher auf die einzelnen Kapitel eingehen. Meine Erfahrung zeigt jedoch: Wer einmal anfängt, "My City" zu spielen, bleibt definitiv am Ball. Wer mit seiner Familie oder mit Freunden also gern mehrere Tage / Wochen mit nur einem Spiel verbringen möchte, der erhält hier einen überaus empfehlenswerten Titel - eben auf (gehobenem) Familienspielniveau.
Ein Wort noch zum Spielmaterial: Das ist von guter Qualität. Die Gebäude sind auf den ersten Blick jetzt keine Hingucker, hier wurde schon mehr Wert auf die Funktionalität gelegt. Wer aber genauer hinsieht, merkt, dass jedes Gebäude dann doch eine eigene Illustration von Michael Menzel erhalten hat - passend zur Gebäudegruppe (gelb = Wohngebäude, rot = öffentliches Gebäude, blau = Gewerbe-Gebäude). Die Anleitung ist gut struktuiert und beschreibt das Spiel ausführlich und leicht zugänglich.
Fazit: Während sich das "ewige Spiel" nur bedingt von ähnlichen Legespielen unterscheidet, aber die Kritiker von "sich verbrauchenden" Spielen versöhnt, geht "My City" mit der dominierenden "Legacy"-Spielweise hingegen neue Wege. Die Legacy-Spielweise wird der Hauptgrund sein, sich dieses Spiel zulegen zu wollen. Alle Freunde von Puzzlespielen werden daher auf jeden Fall begeistert sein. Je mehr mitspielen, umso mehr Konkurrenz und Spannung kommt bei der Punktevergabe auf, wobei das Spiel auch zu zweit gut funktioniert, die Veränderungen nach jeder Partie aber dann in konzentrierter Form auftreten.
Für mich als Freund solcher Puzzle-Legespiele auf jeden Fall eine klare Empfehlung! Von mir gibt es 8 Kultpunkte, mit Tendenz zur 9 für alle Genre-Fans! Und vielleicht sogar auch eine Empfehlung für eine Spiel des Jahres-Nominierung? Ich finde, "My City" könnte diesem Titel gerecht werden, da die Mischung aus klassischen und innovativen Elementen hier wohl perfekt zur Zielgruppe dieser Auszeichnung passen würde.
Ein Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/ApTeCqVqh5I
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 9/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 11.05.2020
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: KOSMOS
Weitere Fotos: Spielkultisten