REZENSION
MOESTEIRO
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2022
- Verlag: PYTHAGORAS / im Vertrieb von Hutter Trade
- Autoren: Rôla & Costa
- Grafik: Chema Román, Pedro Soto
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 60 Min.
- Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
- Taktiklevel: 6/10
Wenn Architekten würfeln ...
Wir befinden uns am Ende des 14. Jahrhunderts. Der portugiesische König hat den Auftrag zum Bau des Klosters Santa Maria da Vitória erteilt, und wir machen uns auf, um uns an diesem Vorhaben zu beteiligen.
REGELN
Moesteiro ist ein Würfeleinsetz- (oder Dice-Placement-)Spiel. Zu Beginn erhält jeder zwei kleine Würfel in der eigenen Spielerfarbe („Arbeiter“, W6 mit den Würfelaugen von 1 bis 6) sowie einen großen („Meister", W6 mit je zweimal den Würfelaugen von 1 bis 3). Bereitet den Spielplan vor, indem ihr diverse Plätten als Stapel bereitlegt und einige davon offen auslegt. Legt eure Spielerscheiben auf die jeweiligen Startfelder der Punkteleiste (Feld 0), die Nahrungsleiste (Feld 0), die Kranleiste (Feld 2) sowie die Stärkeleiste (Feld 5).
Gespielt werden 5 Runden. Zu Beginn jeder Runde gibt es den auf der Rundenleiste angezeigten Bonus (Ressourcen, zusätzliche Würfel) bzw. einen Würfeltausch oder auch eine Reduzierung der Würfelanzahl.
Jede Runde folgt einem gleichbleibenden Schema. Werft zunächst eure Würfel und legt sie vor euch ab. Achtet darauf, dass ihr die Werte nicht verändert! Im Spiel zu zweit bzw. dritt werden einige Einsetzfelder mit Würfeln einer nicht benutzten Spielerfarbe belegt. Auch diese Würfel werden zuvor geworfen. Passt den Ressourcen-Vorrat an. Holz und Stein sind immer in maximaler Anzahl verfügbar, die Anzahl der Sturzbögen und Säulen richtet sich nach der Summe der Meister-Würfel.
Als nächstes wählt jeder, in der Reihenfolge der Stärkeleiste (von links nach rechts bzw. oben nach unten), ein Königsplättchen. Das gewährt in der laufenden Runde einen Vorteil (z.B. Siegpunkte, Ressourcen, Schritte auf einer Leiste etc.). Außerdem bestimmt die Zahl auf dem Plättchen nun die Spielerreihenfolge für die folgenden Aktionen.
Nun setzt jeder reihum immer einen seinen Würfel auf ein freies Einsetzfeld. Das wiederholt sich, bis alle Würfel eingesetzt wurden. Dabei gilt: Die kleinste Augenzahl liegt auf jeder Einsetzleiste eines Ortes stets links, weitere Zahlen schließen sich ggf. aufsteigend an. Setzt ein Spieler eine Zahl ein, die bereits auf dieser Leiste vorhanden ist, so wird ein Arbeiter rechts vom letzten bereits vorhandenen Würfel dieser Zahl eingefügt. Ein Meister schiebt sich hingegen vor einen Arbeiter, bei mehreren Meistern wiederum reihen diese sich wie gewohnt rechts neben bereits vorhandenen Meistern der selben Zahl ein.
Die Aktionen werden anschließend in der Reihenfolge der Nummerierung der Orte durchgeführt, wobei jede Einsetzleiste immer von links nach rechts aufgelöst wird, d.h. der am weitesten links liegende Würfel beschert seinem Besitzer die erste Aktion usw. Generell entsprechen die Augen eines eingesetzten Würfels der Stärke, die für diese Aktion verfügbar ist. Mit dem Zurückschreiten auf der Stärkeleiste kann die Würfelstärke mit jedem Schritt zurück um 1 erhöht werden, wobei der Stärkewert nur für die Ausführung der Aktion gilt; der eingesetzte Würfel wird nicht physisch auf einen höheren Wert gedreht. Sollte der Stärkewert eines Würfels (max. 6) nicht komplett für eine Aktion ausgereizt werden, gibt es als Bonus einen Schritt auf der Stärkeleiste vorwärts, wird ein Würfel ohne Auslösen der Aktion vom Plan genommen, sogar zwei Schritte.
(1) Wald und Landwirtschaft: Die Stärke (Würfelaugen plus evtl. „zugekaufte“ Stärke von der Stärkeleiste) liefert auf den ersten zwei Einsetzfeldern je 1 Holz pro Stärkepunkt, ab dem dritten Feld liefern zwei Stärkepunkte je 1 Holz. Auf der gesamten Leiste können auch zwei Stärkepunkte verwendet werden für einen Schritt auf der Nahrungsleiste.
(2) Das Dorf: Hier liegen immer 4 Dorfplättchen offen aus, verbunden mit Kosten (Stärke, Ressourcen). Wer mit seinem Würfel am Zug ist und die Kosten eines Plättchens aufbringen kann, nimmt das Plättchen und belegt damit ein freies Dorffeld. Dafür gibt es Punkte und teilweise weitere Boni (Ressourcen, Leisten-Schritte etc.). Grundsätzlich dürfen nur Felder bebaut werden, die der eigene Marker auf der Nahrungsleiste bereits erreicht hat. Je weiter ein Spieler auf der Nahrungsleiste nach vorn (bzw. auf dem Plan nach unten) schreitet, umso mehr Auswahl hat er bei den Bauflächen und umso mehr Punkte liefern potenzielle Bauflächen auch.
(3) Steinbruch: Wie schon bei (1) werden hier Ressourcen erworben. Jeder Stein kostet 1 Stärkepunkt, jeder Sturzbogen 2 Stärkepunkte und jede Säule 3 Stärkepunkte. Denkt daran, dass die Anzahl der Bögen und Säulen in jeder Runde begrenzt ist.
(4) Baustelle: Pro eingesetztem Würfel gibt es das darüber liegende Mauerwerk-Plättchen sowie Schritte auf der Kranleiste.
(5) Bleiglas-Fenster: Für einen hier eingesetzten Würfel gibt es ein noch ausliegendes Bleiglas-Plättchen. Die dafür nötigen Stärkepunkte variieren je nach Position des Plättchens bzw. der Anzahl bereits entnommener Plättchen.
Im letzten Schritt können die Spieler, in der Reihenfolge auf der Kranleiste, am Kloster bauen. Da liegen immer vier Plättchen offen aus, die mit Punkten locken. Um die Punkte in voller Anzahl zu erhalten, müssen entsprechend viele Schritte auf der Kranleiste sowie die angegebenen Ressourcen bezahlt werden. Reichen die Ressourcen nicht zur vollen Bezahlung aus, gibt es immerhin noch 3 Punkte pro eingesetzter Resssource. Die Bauplättchen werden anschließend mit der Rückseite nach oben auf die Baufelder des Klosters gelegt. So entsteht über die 5 Runden dann das komplette Kloster aus 20 Plättchen.
Nach der 5. Runde (wobei jede Runde mit neuen Plättchen und Ressourcen vorbereitet wird) gibt es die Schlusswertung:
- Jeder erhält die markierten Siegpunkte entsprechend der Position auf der Stärkeleiste.
- Zudem bildet jeder nun Sets aus eingesammelten Mauerwerk- und Bleiglas-Plättchen. Jedes Set aus 1 / 2 / 3 / 4 / 5 verschiedenen Motiven bringt 1 / 4 / 9 / 16 / 25 Punkte.
Wer nun die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- interessantes, interaktives Dice-Placement
- verschiedene Möglichkeiten, Punkte zu machen
- recht einfacher Zugang
CONTRA
- Grundprinzip bereits bekannt
- Anleitung und Symbolik teilweise nicht ganz klar
- teilweise glücksabhängig und auf Dauer etwas repetitiv
MEINUNG
Ein mittelalterliches Kloster, Holz und Steine als Ressourcen, Bauaufträge - da sind wir doch direkt wieder mittendrin im klassischen Eurogame-Setting. Dass Würfel als Arbeiter eingesetzt werden, kennen wir ebenfalls bereits aus anderen Spielen, die Art des Dice- Placements ist aber raffiniert, vor allem ist sie sehr interaktiv. Je weiter ich mich mit kleineren Würfelaugen links platziere, umso früher bin ich am Zug. Mit höheren Werten habe ich entsprechend mehr Möglichkeiten, muss aber teilweise darum bangen, ob mir ein anvisiertes Ziel dann nicht mehr zur Verfügung steht. Von diesen Entscheidungen lebt das Spiel definitiv.
Tja, manchmal wird einem Spiel dann die Spielerfahrung derjenigen, die es spielen, zum kleinen Verhängnis. Für viele Personen dürfte der Einsetzmechanismus von Moesteiro erfrischend neu sein. Für Geeks hingegen ist er das nicht, denn im Jahr 2019 setzte The Artemis Project bereits auf ein sehr ähnliches Prinzip, sogar noch etwas knackiger in der Ausführung. So habe ich bei Moesteiro also nicht das Gefühl, hier etwas völlig Neues zu spielen, und das setzt sich dann auch in weiten Teilen des restlichen Spiels fort.
Die bereits zu Beginn jeder Runde stattfindende Wahl eines königlichen Vorteils ist ein bereits erprobtes Spielelement. Und dann errichte ich Gebäude für Ressourcen, sammle Plättchen für eine eher aufgesetzt wirkende Set-Wertung am Ende, ich beteilige mich am Bau des Klosters, indem ich erneut Ressourcen sammle und in Punkte eintausche. Kennen wir von vielen Kennerspielen. Wer immer noch Spaß an solchen Spielelementen hat, wird auch von Moesteiro nicht enttäuscht werden. Ja, da ist gerade beim Ressourcenmanagement auch Planung gefragt, allerdings ist die nicht immer so ganz steuerbar.
Moeistero hat definitiv einen Glücksfaktor, der sich durchs Würfeln ergibt. Klar, mit Schritten auf der Stärkeleiste können Würfel glücklicherweise manipuliert werden. Dennoch: Wer mit seinen Arbeiter-Würfeln oft hohe Augenzahlen wirft, kann sie gut zum Kauf von unbegrenzt vorhandenem Holz oder Stein verwenden. Wer immer nur Einsen wirft, wird da nicht viel ausrichten können, denn die Stärkeleiste ist endlich. Letztlich muss man dann sogar Würfel-Aktionen verschenken, um hier wieder nach vorn ziehen zu dürfen. Passiert einem das zu Beginn des Spiels, so kann man zumindest Vorbereitungen für (hoffentlich glücklichere) weitere Runden treffen. Gerade zum Ende hin kann es jedoch passieren, dass einem ein mieser Würfelwurf keine sinnvolle Aktion mehr ermöglicht.
Eine weitere Unsicherheit sind die eingesetzten Würfel der Mitspieler. Platziere ich meinen Würfel recht früh, weiß ich - insbesondere im 4-Personen-Spiel - nicht, wie weit dieser Würfel am Ende wirklich durchgereicht wird. Ich kann das anhand der gewürfelten Augenzahlen antizipieren, und das ist auch ein Kernelement des Spiels, dennoch kommt es nicht selten anders, als man es sich wünscht.
Die einzelnen Elemente des Spiels sind dabei durchaus verzahnt, wirken aber trotzdem etwas aneinander gereiht. So gibt es beispielsweise keine direkte Verbindung zwischen dem Dorf und dem Bau am Kloster. Da will bei mir auch nicht so richtig das Gefühl aufkommen, dass ich mir im Spiel etwas aufbaue. Ein zusätzlicher Engine-Builder-Effekt hätte dem Spiel aus meiner Sicht noch ganz gut gestanden. Stattdessen wirkt das Sammeln und Eintauschen auf mich langfristig etwas repetitiv. Letztlich verläuft jede Runde ähnlich. Der große Drang, das Spiel immer direkt erneut spielen zu wollen, blieb bei uns aus. Dabei ist Moesteiro aber kein schlechtes Spiel! Es ist kurzweilig und in manchen Momenten auch durchaus spannend.
Das Material geht dabei in Ordnung, wenngleich es jetzt kein optischer Knaller ist. Alles wirkt eher klassisch. Da macht es einem dann auch nichts aus, dass die Säulen aussehen wie zerkleinerte Bleistifte (sind sie es sogar?). Zusätzliche kleine Spielerhilfen wären zum Einstieg nett gewesen, manche Teile der Anleitung hinterlassen zudem kleine Fragen, was auch für die erzielten Siegpunkte auf der Stärkeleiste zutrifft. Die befinden sich nämlich immer zwischen zwei Feldern. Gelten die Punkte für beide Felder? Gelten sie als Grenze, die überschritten werden muss? Die Anleitung schweigt dazu. Dass die Meister-Würfel nur Zahlen von 1 bis 3 zeigen, haben wir auch erst in Runde 3, in der wir uns erneut ärgerten, mit diesen Würfeln keine höheren Zahlen gewürfelt zu haben, zufällig festgestellt, und dann herzlich gelacht. Ja, hier wäre noch etwas Optimierungsbedarf vorhanden.
Alles in allem ist Moesteiro ein Spiel, das wie ein guter Bekannter wirkt. Man fühlt sich unterhalten, die Spieldauer ist angenehm kurz, die Spielstory wird auf dem Spielplan auch visuell zum Leben erweckt. Über mangelnde Interaktion kann sich auch niemand beklagen, und doch hinterlässt das Spiel bei mir jetzt nicht den ganz großen bleibenden Eindruck. Wer sich an Spielen dieser Sorte noch nicht satt gespielt hat und den Würfel-Einsetz-Mechanismus noch nicht kennt, wer zudem auch mit Glücksfaktoren klarkommt, der wird Moesteiro sicher als „gut“ einstufen und auf jeden Fall 7 Kultpunkte vergeben. Da ich die ganze Zeit an The Artemis Project denken muss, und das noch spannender finde, erhält Moesteiro von mir dann insgesamt auf lange Sicht 6 Kultpunkte. Das würde ich auf jeden Fall wieder mitspielen, zumindest ab und zu, aber den ganz großen Innovationsbonus gibt es von mir leider auch nicht.
KULTFAKTOR: 6-7/10
Spielidee: 6/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 13.06.2023
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: dlp Games
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