REZENSION
MARVEL CHAMPIONS
- Genre: Strategie, Karten (LCG)
- Jahr: 2021
- Verlag: FFG / Asmodee
- Autoren: Michael Boggs, Nate French, Caleb Grace
- Grafik: Chris Beck, Evan Simonet
- Spieler: 1 bis 4
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: ca. 45 bis 90 Min.
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 6/10
Einmal Superheld sein ...
Wer hat nicht schon mindestens einmal davon geträumt, ein Superheld zu sein? Einfach in ein Kostüm schlüpfen, die Welt retten und abends wieder mit der Familie beisammen sitzen und entspannen. Marvel Champions macht genau dies möglich! Hier können wir in die Rollen von bekannten und beliebten Superhelden aus dem Marvel-Universum schlüpfen und die Bösen bekämpfen – und wenn wir verlieren, versuchen wir es einfach noch einmal! Toll!
REGELN
Marvel Champions ist ein „Living Card Game“, kurz LCG. Das heißt, dass es zusätzlich zum Grundspiel eine hohe Anzahl aus kleineren und größeren Erweiterungen zu kaufen gibt. Diese Packs haben, im Gegensatz zum „Trading Card Game“, immer einen festen Kartensatz. Das Grundspiel von Marvel Champions bringt fünf Charaktere und drei verschiedene Gegner mit – ausreichend Material für vier Spieler.
Am Anfang des Spiels wählt jeder Mitspieler seinen Lieblingshelden und nimmt sich die Heldenkarte – im Grundspiel enthalten sind Black Panther, Iron Man, She-Hulk, Captain Marvel und Spider-Man. Zusätzlich wählt jeder einen beliebigen Aspekt. Es gibt vier verschiedene Aspekte: Schutz, Aggression, Führung und Gerechtigkeit. Jeder dieser Aspekte hat einen anderen Schwerpunkt, der sich in den jeweiligen Karten widerspiegelt. Der Aspekt Aggression hat zum Beispiel viele Angriffskarten, während die Führung viele Verbündete mit sich bringt.
Nach der Wahl von Held und Aspekt stellen die Spieler ihre Decks zusammen. Bei Marvel Champions wird das Deck Building nur vor dem Spiel betrieben. Mit diesem Deck startet im Anschluss jeder in den Kampf und zieht Karten von dort, um sie auszuspielen. Die Decks setzen sich zusammen aus den Karten des Helden (alle Karten, die der Held mit bringt), Aspektkarten und Basiskarten. Bei den Aspektkarten dürfen nur die Karten aus dem jeweiligen gewählten Aspekt (zum Beispiel Aggression) gewählt werden. Insgesamt muss das Deck am Ende aus 40 bis 50 Karten bestehen, wobei der Spieler die Anzahl der Aspekt- und Basiskarten individuell wählen darf. Für die ersten Spiele und für Spieler, die keine Lust auf Deckbau haben, gibt es zu jedem Helden vorgeschlagene Decks.
Nach dem Aufbau der Spielerdecks wird das Deck des gewählten Gegners zusammengestellt. Dies setzt sich zusammen aus den individuellen Karten des Gegners, Standardkarten, den Verpflichtungskarten der Helden und einem beliebigen modularen Set. Das Grundspiel enthält fünf modulare Sets in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Jeder Gegner kann mit jedem Set gespielt werden. Dies erhöht die Variabilität und macht den Schwierigkeitsgrad beliebig anpassbar. Sobald alle Vorbereitungen getroffen wurden, ziehen die Spieler Karten entsprechend ihres Handkartenlimits, und der Kampf beginnt ...
Die Helden beginnen den Kampf und sind reihum am Zug. Jeder Spielzug besteht darin, dass der aktive Spieler Karten von seiner Hand ausspielt, indem er die angegebenen Kosten bezahlt. Dabei ist jede Karte auch gleichzeitig eine Ressourcenkarte. Die Kosten stehen in der oberen linken Ecke jeder Karte und unten links sind die Ressourcen abgebildet. Hierbei ist es wichtig zu entscheiden, welche Handkarten abgespielt werden sollen und welche als Ressourcen genutzt werden. Es gibt verschiedene Arten von Karten:
- Reine Ressourcenkarten haben keinen Effekt und können nicht ausgespielt werden. Dafür bilden sie, im Gegensatz zu anderen Karten, meist mehr als eine Ressource ab. Die Ressourcen im Spiel sind Geist, Körper, Energie und Joker (kann als jede andere Ressource verwendet werden).
- Verbündete sind bekannte MCU-Helden, die im Spielbereich abgelegt werden. Diese bringen meist einen Effekt mit und können den Gegner angreifen oder den eigenen Helden verteidigen.
- Upgrades stärken unseren Helden und bleiben liegen, bis ein Spieleffekt etwas anderes bewirkt.
- Vorteile werden ebenfalls dauerhaft bereit gelegt und geben dem Spieler zum Beispiel zusätzliche Aktionen.
- Ereignisse werden abgehandelt und kommen anschließend auf den Ablagestapel. Durch Ereignisse kann der Gegner zum Beispiel angegriffen werden.
Außerdem stehen den Helden charakterspezifische Aktionen zur Verfügung, die verwendet werden können. Auch darf jeder Spieler einmal pro Runde seine Identität wechseln – von „Alter Ego“ zum Helden oder umgekehrt. Als Alter Ego darf der Spieler seinen Charakter heilen und als Held stehen Angriffs- und Verteidigungsaktionen zur Verfügung. Auch die ausgespielten Verbündeten dürfen jede Runde gespielt werden – sie können angreifen, nehmen dadurch aber Schaden und sind dadurch nur begrenzt verfügbar. Die letzte Aktionsmöglichkeit besteht darin, eine Karte im eigenen Spielbereich mit Aktion zu nutzen.
Sobald jeder Spieler an der Reihe war, beginnt die Schurkenphase. Zunächst wird auf dem Hauptplan des Schurken eine festgelegte Menge an Bedrohung platziert. Sobald die Bedrohung einen Wert überschreitet, wird entweder der nächste Plan aufgedeckt oder die Spieler haben verloren. Anschließend wird der Schurke gegen jeden Spieler einmal aktiviert. Was dabei passiert, hängt von der Form des jeweiligen Charakters ab. Befindet er sich in Form „Alter Ego“, wird mehr Bedrohung auf dem Hauptplan des Schurken platziert. Befindet der Charakter sich in Helden-Form, wird er angegriffen und erleidet Schaden. Die Spieler erhalten mehr Schaden oder Bedrohung, wenn der Schurke zusätzliche Schergen im Spiel hat. Im letzten Schritt zieht jeder Spieler eine Begegnungskarte vom Begegnungsdeck und handelt sie ab. Diese Karten bringen Schergen ins Spiel, fügen dem Charakter weiteren Schaden zu, verstärken den Schurken oder fügen Nebenpläne hinzu.
Nach der Schurkenphase beginnt eine neue Spielerphase und die Spieler sind wieder reihum dran.
Spielende: Das Spiel endet, sobald entweder der Schurke oder die Charaktere besiegt wurden. Sobald ein Held ausscheidet, können die übrigen Helden den Kampf weiter bestreiten, haben es allerdings deutlich schwerer.
Das Spiel kann auch solo gespielt werden.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- Marvel !!
- einfacher, aber strategischer, Deckbau
- Schwierigkeitsgrad anpassbar
- zusätzliche Decks können beliebig erworben werden
- Zusatzpacks nicht zwingend notwendig
CONTRA
- hohe Downtime bei mehr als zwei Spielern
- Aufbau doch recht zeitintensiv
- mit Zusatzpacks sehr teuer
- Kartenglück entscheidet häufig über Sieg und Niederlage
MEINUNG
Das wichtigste vorweg: Ich habe bereits sehr viele Stunden Marvel Champions gespielt – hauptsächlich zu zweit – und es wird einfach nicht langweilig. Durch die Vielzahl an verschiedenen Helden und Gegner fühlt es sich einfach immer wieder neu an. Bereits ohne Zusatzpacks erhält man hier ein vollwertiges LCG, mit dem vier Spieler in eine Partie starten können. Das reine Grundspiel bietet schon ein tolles Spielerlebnis, richtiger Deckbau kann allerdings aufgrund der vergleichsweise niedrigen Anzahl an Karten noch nicht betrieben werden. Durch die Verwendung verschiedener Aspekte mit den Helden entstehen bereits viele Variationsmöglichkeiten, aber um den Deckbau richtig umsetzen zu können, sind dann doch zusätzliche Packs zu empfehlen.
Bisher habe ich mich von LCGs eher ferngehalten, da oftmals Kampagnen angeboten werden, mehrere Erweiterungen zu einer Kampagne gehören, und es der Story schadet, wenn zwischendurch Erweiterungen nicht erworben werden. Bei Marvel Champions hat sich der Verlag entschieden, nur eigenständige Inhalte anzubieten. Jedes Paket enthält einen Helden, einen Gegner oder eine eigenständige Kampagne. Dies ist vor allem für Spieler toll, die nicht ausnahmslos alle Inhalte kaufen wollen, sondern nur ihre Lieblingshelden.
Einige Gegner sind bei Marvel Champions wirklich sehr schwierig zu besiegen. Dies motiviert nach einer verlorenen Runde, das eigene Deck noch einmal zu überarbeiten, vielleicht einen anderen Aspekt auszuwählen und direkt noch einmal in die nächste Runde zu starten. Und wenn sonst nichts mehr hilft, kann das Gegnerdeck durch die Verwendung eines anderen modularen Decks vereinfacht werden. Hier muss natürlich bedacht werden, dass auch das Kartenglück häufig über Sieg und Niederlage entscheiden kann. Was bringen mir die besten Upgrades im Deck, wenn ich sie zu Spielbeginn nicht ziehe?
Marvel Champions ist vor allem ein Spiel, das alleine gespielt werden kann. Auch zu zweit bietet es noch ein schönes Spielerlebnis. Mit mehr Spielern ziehen sich allerdings die Schurkenzüge so sehr in die Länge, dass die Downtime stark zunimmt. Daher würde ich das Spiel nur für maximal zwei Helden empfehlen. Auch der Aufbau dauert leider immer etwas. Wer jede Runde mit einem anderen Helden spielen möchte, muss sich auch jedes Mal ein neues Deck zusammenstellen (es sei denn, er verzichtet auf den Deckbau und spielt die vorgeschlagenen Decks). Sobald aber einmal alle Spielerdecks und auch das Gegnerdeck zusammengestellt wurden, entsteht ein wirklich spannendes Spielerlebnis, das für alle Mühen belohnt. Hierfür vergebe ich dann wirklich sehr gute 9 Kultpunkte!
KULTFAKTOR: 9/10
Spielidee: 9/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 9/10
EURE REZENSENTIN
CAROLA
Strategiespielerin, Ork-Flüsterin, Miniaturenbemalerin
Eine Rezension vom 04.03.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto / Illustrationen der Karten: FFG / Asmodee
Weitere Fotos: Spielkultisten