REZENSION

MANDALA STONES

  • Genre: Denkspiel
  • Jahr: 2021
  • Verlag: Board & Dice / Kobold Spieleverlag
  • Autor: Filip Glowacz
  • Grafik: Zbigniew Umgelter
  • Spieler: 2 bis 4
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: ca. 30 Min. 
  • Schwierigkeitsgrad: mittel
  • Taktiklevel: 8/10

Ein Muster der Hochstapelei

Viele, viele bunte Steine, vier Sammler, ein Ziel: Steine anhäufen und individuell Wertungen auslösen, aber bitte im richtigen Moment, um möglichst viele Punkte abzugreifen. Wer da an ein Kinderspiel denkt, der irrt gewaltig! 

REGELN

Die 96 Farbsteine (je 48 in vier Farben, davon jeweils 24 pro Farbe in zwei Mustern) werden im Beutel gut durchgemischt und zufällig in 4er-Stapeln auf die Felder des Spielplans gelegt. Die vier Sammler (die höheren, schmaleren Holzsteine) werden auf ihre Startfelder gesetzt. Pro Muster gibt es zwei Sammler. Zudem erhält jeder Spieler zwei zufällige Wertungskarten, die er geheim hält.

Gespielt wird reihum. Wer an der Reihe ist, wählt zunächst die Aktion Sammeln. Dazu nimmt der Spieler einen Sammler und setzt ihn auf ein neues freies Sammelfeld. Nun werden vom Spieler rund um diesen Sammler Steine eingesammelt. Dabei gelten folgende Regeln:

  • Es müssen alle Steine eingesammelt werden, die das Muster des Sammlers zeigen.
  • Es dürfen keine Steine eingesammelt werden, die ein anderes Muster zeigen.
  • Es dürfen keine Steine eingesammelt werden, neben denen sich ein weiterer Sammler befindet (auch dann nicht, wenn sie das richtige Muster haben).
  • Der Spieler bestimmt den ersten Stein, den er einsammelt, alle eventuell weiteren Steine werden im Uhrzeigersinn rund um den Sammler-Stein eingesammelt und nacheinander aufeinander gestapelt. 


Der eingesammelte Stein bzw. Turm aus Steinen wird nun vom Spieler auf ein freies Feld des eigenen Künstler-Tableaus gestellt. Fünf freie Felder sind da anfangs vorhanden, jedes Feld offeriert eine eigene Wertung, die zum Stapel passen sollte.

Spätestens wenn kein Einsetzfeld auf dem eigenen Künstler-Tableau mehr frei ist, jederzeit aber auch früher, kann der Spieler, statt Steine zu sammeln, auch die alternative Aktion im eigenen Spielzug wählen: Werten. Dabei hat er die Wahl aus zwei Optionen:

  1. Bei einer Kopfstein-Wertung entfernt der Spieler von beliebig vielen Einsetzfeldern jeweils den obersten Stein eines Turms (bzw. einen Einzelstein). Maximal fünf Steine (von eben den fünf Stapelfeldern) lassen sich so werten. Pro Stein gibt es einen Punkt.
  2. Bei einer Farbwertung müssen mindestens zwei Kopfsteine (die obersten Steine auf den Stapelfeldern) die selbe Farbe besitzen. Der Spieler wählt eine solche Farbe und löst damit jede Wertung aus, auf deren Feld der von oben sichtbare Stein die gewählte Farbe besitzt. Folgende Wertungsfelder gibt es:
  • Anzahl der unterschiedlich hohen Stapel. Maximal können hier 5 Punkte geholt werden, nämlich für ein freies Einsetzfeld und jeweils einen 1er, 2er, 3er und 4er-Stapel (1 Feld).
  • Punkte entsprechend der jeweiligen Vorgaben des Felder für eine bestimmte Stapelhöhe. Auf jedem dieser Stapelfelder gibt es eine andere Punkteverteilung für die jeweilige Etagenzahl, die ein Stapel an dieser Stelle besitzt (3 Felder).
  • Anzahl verschiedener Farben im Stapel. Maximal können hier 4 Punkte geholt werden, nämlich 1 Punkt pro unterschiedlicher Farbe der Steine im auf diesem Feld gestapelten Turm (1 Feld). 


Nach einer Wertung werden die daran beteiligten Kopfsteine, die diese Wertung ausgelöst haben, vom Künstler-Tableau entfernt und auf das allgemeine Mandala-Tableau gelegt. Hier bildet sich vom Startpunkt aus eine farbige Schlange an Steinen. Wann immer ein Stein auf ein Plus 1- oder Plus 2-Feld gelegt wird, erhält der Spieler dafür einen bzw. zwei Bonuspunkte. Punkte werden immer auf der eigenen Punkteleiste festgehalten.

Das Spiel endet sofort, sobald ein Spieler weder regelkonform sammeln noch werten kann. Andernfalls wird so lange gespielt, bis das Zielfeld der Spielerzahl auf dem gemeinsamen Mandala-Tableau erreicht wurde. Die laufende Runde wird dann noch zu Ende gespielt. Zum Schluss darf jeder Spieler noch eine (!) seiner zwei anfangs erhaltenen Wertungskarten werten, sofern er ihre Bedingung auf dem eigenen Tableau erfüllt hat (z.B. mindestens noch 3 vorhandene Steine einer  Farbe, alle Kopfsteine mit dem selben Muster, genau 1 Stein, kein Stein ...). So eine Wertungskarte bringt dann noch einmal zwischen 6 und 10 Extrapunkte. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt. 

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO 

  • optisch und haptisch schönes Material
  • eleganter Sammelmechanismus 
  • taktisches Sammeln
  • individuelles Auslösen von Wertungen
  • hoher Denkanspruch für Punktemaximierung


CONTRA

  • hohe Downtime, wenn man mit Grüblern spielt
  • das Glück spielt ebenfalls mit
  • Muster bei ungünstiger Beleuchtung teils schwer auseinanderzuhalten 

MEINUNG

„Mal‘ doch mal ein Mandala aus!“, sagt man Kindergarten- und Grundschulkindern gern, wenn man als Erzieher oder Lehrer einfach mal fünf Minuten Ruhe braucht ... ja, die Mandalas sollen ja bekanntlich etwas Beruhigendes haben. Ist Mandala Stones gar ein Kinderspiel? Bei weitem nicht. Zwar können pfiffige Kinder ab ca. 8 Jahren schon gut mitspielen, dennoch ist es im Kern ganz klar ein abstraktes Denk- und Taktikspiel, das sogar einen erhöhten Denkanspruch einfordert und vom Schwierigkeitsgrad über dem von z.B. Azul liegt.

Azul als Referenz? Ja, der Vergleich drängt sich ein wenig auf, da man in der Azul-Reihe ebenfalls Steine taktisch klug sammeln muss, um über ihre Anordnung möglichst viele Punkte zu generieren. Das Spielmaterial von Mandala Stones kann da gut mithalten. Die Farbsteine sind aus dem selben Material wie die Steine in Azul 1 und Azul 3, haptische Handschmeichler also, schön bedruckt, wobei die beiden unterschiedlichen Muster gern noch etwas eindeutiger hätten sein können. Im Eifer des Spiels werden die durchaus mal auf den ersten Blick verwechselt, bei schlechten Lichtverhältnissen lässt sich die weiße Bedruckung auf den gelben Steinen z.B. nämlich eher mäßig gut erkennen. Also klarer Tipp: Spielt stets konzentriert und vor allem an einem gut beleuchteten Tisch, dann funktioniert alles prima.

Spielerisch haben wir es bei Mandala Stones also mit einer Mischung aus taktischem Sammeln und Werten zu tun. Klar, das Glück spielt bei der Steinauslage auch mit, dennoch überwiegt ganz klar die Taktik. Und der Denkanspruch ist, wie bereits gesagt, nicht gering, denn ich muss in meinem Zug gleich mehrere Dinge beachten. Am leichtesten fällt es, wenn ich das Pferd von hinten aufzäume. So sollte ich mir zunächst mein Künstler-Tableau betrachten und schauen, welche Wertungsfelder gerade frei sind und welche bzw. wie viele Steine ich dort im Idealfall benötige, um die bestmögliche Punktezahl herauszuholen, wenn ich dann irgendwann diesen Stapel werte. Der nächste Blick geht dann auf den Spielplan. An welcher freien Sammelstelle kann ich welche Steine für mich reklamieren?

Doch damit nicht genug! Auch die Reihenfolge, in der ich die Steine sammele, ist wichtig! Wer gut taktiert, geht nämlich schon im Kopf einen Schritt weiter, nämlich zur Wertung. Es lohnt sich ja nicht nur, auf einem Stapelfeld, das mir für exakt 2 Steine die meisten Punkte liefert, eben diese 2 Steine zu platzieren, sondern ich muss diese Wertung ja dann auch später auslösen können! Wenn ich da eine Kopfstein-Wertung mache, einfach, weil ich keinen freien Stapelfelder mehr besitze, dann ist das oft eher dumm, da ich die Stapelhöhe verändere und trotzdem keine Einzelwertung eines Feldes auslösen kann. Das kann ich nur mit einer Farbwertung. So sollte ich also tatsächlich darauf achten, farblich identische Steine auch in der richtigen Höhe liegen zu haben, um gleich mehrere passende Wertungen mit möglichst vielen Punkten auslösen zu können.

Da ich beim Sammeln immer alle Steine, die ich sammeln kann, auch sammeln muss, kann es manchmal auch von Vorteil sein, eine für eine Farbwertung benötigte Farbe unter anderen Steinen in der bestmöglichen Höhe zu verstecken, um die zusätzlichen Steine dann vorab z.B. mit Kopfstein-Wertungen abzubauen. Ja, und auch die Bonusfelder des Mandala-Tableaus sind nicht zu verachten, denn hier entsteht ein kleiner Nebenschauplatz, der noch einmal einen Wettrenn-Charakter auf die besten Bonusfelder auslöst.

Wie ihr euch schon denken könnt, ist Mandala Stones also ein Spiel, bei dem sich Grübler wirklich von ihrer bösesten Seite zeigen können - zumindest für alle die, die lieber aus dem Bauch heraus spielen. Letzteres kann man bei Mandala Stones zwar auch, keine Frage, aber es geht natürlich eigentlich ganz klar um Spielzug-Optimierung. Ich empfinde das Spiel daher als ideales 2-Spieler-Spiel. Da kann dann auch etwas mehr im Voraus geplant werden, da sich die Spielplan-Auslage nicht völlig ändert, bis ich wieder am Zug bin. Mit vier Spielern ist das Spiel unberechenbarer und die Wartezeit zwischen den einzelnen Spielzügen entsprechend höher. Wer das entspannt sieht, erlebt aber in jeder Spielerzahl einen spannenden Wettkampf ums punkteträchtige Stapeln.

Natürlich muss man solche abstrakten Spiele mögen, um Mandala Stones zu mögen. Man muss planen, ja, auch mal umplanen, um die Punkte maximieren zu können. Wer Spiele wie Azul mag, der wird sicher auch Freude an Mandala Stones haben. Das Spiel besitzt eine pfiffige Spielidee mit viel Raum zum Taktieren. Besonders gefällt mir, dass jede Entscheidung Einfluss auf weitere Aktionen hat, und der Timing-Faktor ebenfalls eine große Rolle für die Wertungen spielt. Die geheimen Zielaufträge liefern dabei nicht übermäßig viele Punkte (die meisten Punkte macht man während des Spiels), sie können aber noch einmal das entscheidende Zünglein an der Waage sein, wenn es einen engen Punktestand gibt. Dass diese Aufträge unterschiedlich schwer zu erfüllen sind, fällt dabei gar nicht so sehr ins Gewicht, da auch hier das goldene Motto gilt: Gut geplant ist halb gewonnen!

In der richtigen Spielrunde ist Mandala Stones definitiv ein sehr schönes, tatsächlich ruhiges Spiel, dem ich sehr gute 8 Kultpunkte attestiere - sogar mit persönlicher Tendenz zur 9 im 2-Spieler-Spiel; spielerisch übrigens spannend genug, um nicht als bloßer Pausenfüller zum Relaxen zu dienen, im Gegenteil!

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/MLG7CeCtGBU

KULTFAKTOR: 8/10

Spielidee: 9/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 02.05.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Board & Dice / Kobold Spieleverlag
Weitere Fotos: Spielkultisten