REZENSION
LITTLE SECRET
- Genre: Kommunikationsspiel
- Jahr: 2022
- Verlag: ATM Gaming
- Spieler: 4 bis 9
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 30 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Initiativlevel: 7/10
Vom Trittbrettfahrer zum Wortakrobaten
In dieser Mischung aus Assoziations- und Deduktionsspiel gibt es Agenten, Hacker und einen Journalisten. Wer welche Rolle hat, weiß niemand, doch alle beschreiben einen einzigen Begriff, den Secret Code. Dummerweise ist der richtige Code nur den Agenten bekannt ...
REGELN
Sortiert die Karten nach Missionen. Wichtig: Um ein reibungsloses Spielen zu ermöglichen, sollte jeder Missionsstapel identisch sortiert sein, z.B. zunächst die 3 Hacker-Karten, dann die Journalisten-Karte, dann die 5 Agenten-Karten und zum Schluss die Lösungskarte. Nur so könnt ihr gewährleisten, dass ihr beim Verteilen der Karten noch keine wichtigen Informationen seht. Hacker- und Agenten-Karten unterscheiden sich in einem Farbcode auf der Vorderseite.
Einigt euch vorher auf eine Anzahl zu spielender Missionen (z.B. fünf) und legt dann fünf Missionsstapel bereit. Startet nun mit einem beliebigen Stapel. Jeder Stapel ist einer Stadt zugeordnet. Die Rückseiten der Karten sind in jedem Stapel identisch, einzig die „Secret Code"-Karte ist gekennzeichnet und wird verdeckt in die Mitte gelegt.
Spielt ihr in Vollbesetzung, verwendet ihr alle weiteren Karten des Stapels. Das erspart euch eine nicht ganz einfache Aufgabe. Spielt ihr nämlich mit weniger als 9 Spielern, müsst ihr einzelne Karten, entsprechend der Tabelle in der Anleitung, aussortieren. Macht das, wenn irgendwie möglich, verdeckt und orientiert euch an eurer sorgfältigen Vorsortierung der Karten! Spielt ihr beispielsweise zu sechst, gibt es vier Agenten, einen Hacker und einen Journalisten, im Spiel zu siebt kommt dann ein weiterer Hacker hinzu etc.
Mischt nun die ausgewählten Karten und gebt jedem Spieler eine. Haltet die Karten immer noch verdeckt! Ein Spieler nennt nun eine Zahl von 1 bis 10. Nun schauen sich alle Spieler ihre erhaltene Karte an, aber so, dass kein anderer Spieler einen Blick darauf werfen kann! Auf jeder Karte stehen zehn nummerierte Begriffe. Wurde nun z.B. die 2 aufgerufen, gilt es gleich für jeden Spieler, den Begriff zu beschreiben, der auf der eigenen Karte bei der 2 abgedruckt ist. Doch Vorsicht: Nur die Agenten sehen den Begriff, der tatsächlich gesucht ist. Die Hacker lesen dort einen Begriff, der dem gesuchten Begriff zwar ähnlich ist, aber eben nur ähnlich ... Vielleicht können sie aber erahnen, was die Agenten beschreiben und so von ihrem Begriff abweichen? Niemand sollte allerdings zu diesem Zeitpunkt wissen, ob die eigene Karte eine Agenten- oder Hacker-Karte ist - manchmal liefert allerdings das Thema der Stadt schon einen Hinweis darauf. So richtig Pech hat der Journalist, der ab fünf Spielern mitspielt. Der sieht nämlich gar nichts auf seiner Karte ...
Ein Spieler beginnt und nennt nun laut ein Hinweiswort zu seinem Begriff. Die anderen Spieler folgen reihum. Das Wort der Karte darf nicht genannt werden. Der Journalist muss improvisieren und ein Wort nennen, das zu den gehörten Begriffen passt.
Haben alle ein Wort genannt, folgt eine Abstimmungsrunde, in der kurz diskutiert wird, wer als erster Spieler aus der Mission ausscheiden soll. Gibt es keine Mehrheit, müssen die am Gleichstand beteiligten Spieler Schnick-Schnack-Schnuck spielen. Sobald feststeht, wer ausscheidet, gibt es nun zwei Möglichkeiten:
- Ist es der Journalist, so hat er nun einmalig die Chance, das gesuchte Lösungswort, also den Secret Code, zu erraten. Schafft er dies, endet die Mission, und der Journalist erhält 2 Punkte.
- Ist es nicht der Journalist, schaut sich der betroffene Spieler nun geheim die Secret-Code-Karte in der Mitte an. Stimmt sie mit seiner Karte überein, verkündet er, dass er ein Agent war. Stimmt sie nicht überein, verkündet er, dass er ein Hacker war.
Eine Mission endet, wenn der Journalist das gesuchte Wort erraten hat oder sowohl der Journalist als auch alle Hacker (1 bis 3) ausgeschieden sind. Andernfalls beginnt nun die nächste Runde, in der alle übrig gebliebenen Spieler erneut Hinweiswörter zum gesuchten Begriff nennen. Kein Hinweis darf doppelt genannt werden!
Spätestens, wenn nur noch 2 Spieler übrig sind, ist die Mission beendet. Nun werden Punkte verteilt:
- Der Journalist erhält 2 Punkte, wenn er bis zum Schluss im Spiel geblieben ist (oder halt vorher das Lösungswort erraten hat).
- Die Hacker erhalten je 3 Punkte, wenn mindestens einer von ihnen bis zum Schluss im Spiel geblieben ist.
- Die Agenten erhalten je 1 Punkt, wenn die beiden anderen Rollen eliminiert wurden.
Notiert die Punkte auf einem Zettel. Dem Spiel liegt kein entsprechendes Material dafür bei.
Die nächste Mission wird auf die selbe Weise mit einem neuen Kartenstapel und einer neuen Zahl von 1 bis 10 gespielt. Wer nach der vorher festgelegten Rundenzahl die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.
Spielt ihr mit mindestens 6 Spielern, könnt ihr jedem Spieler auch noch eine "Spezialkraft" verleihen, die die Regeln individuell abändert oder ausgespielt werden kann, um z.B. einen Mitspieler zu schützen.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- grundsätzlich interessanter Mix aus Assoziations- und Bluffspiel
- gut geeignet für mittlere bis größere Spielrunden
- amüsante Diskussionen
CONTRA
- technische Hindernisse
- Spielerzahl bestimmt über den Spielspaß
MEINUNG
Little Secret reitet auf der Welle der Partyspiele, in denen verdeckte Identitäten, Wortgewandtheit und völlige Ahnungslosigkeit im Mittelpunkt stehen. So gibt es durchaus auch ähnliche Spiele, dennoch ist die Idee von Little Secret unterhaltsam.
Gleich zu Beginn wird die Gruppe allerdings vor ein Problem gestellt. Man soll die Kartenanzahl nach Rollen sortieren. Dazu müsste man sich die Vorderseiten der Karten anschauen. Da es eine eindeutige Farbcodierung gibt, fällt das Sortieren leicht, doch wie passt das dann zu der als „Wichtig!“ beschriebenen Regel, dass niemand zuvor wissen soll, ob die Farbgebung seiner Karte zu den Agenten oder zu den Hackern gehört?! Mindestens ein Spieler, nämlich der, der die Karten sortiert, weiß nun, welche Farbe was bedeutet. Auch sieht man unbewusst vielleicht schon Begriffe, die man eigentlich noch nicht sehen soll. Das gilt dann spätestens auch für Wiederholungspartien. Sinn macht es daher, wie oben schon erwähnt, die Karten immer nach dem selben Schema vorzusortieren und dann erst einmal alles ein paar Tage in der Schachtel liegen zu lassen, sodass sich niemand mehr sofort erinnert, ob in Berlin nun rote oder grüne Begriffe die Agenten-Begriffe sind. Wiederholungs-Partien sollten dementsprechend auch ihre Pausen dazwischen haben. Zusammengefasst: Die technische Umsetzung erfordert eigene Ideen, die Regel-Vorgaben gut umzusetzen. Das ist leider nicht so elegant gelöst.
Der eigentliche Spielablauf entfaltet sein volles Potenzial, wenn alle Rollen vertreten sind. Zu viert fehlt noch der Journalist. Erst ab fünf Spielern ist jede Rolle mit von der Partie. Die Spezialkräfte ab sechs Spielern hätte es für mich dagegen nicht gebraucht. Beim Nennen der Begriffe gibt es dann schon das nächste Hindernis: Natürlich wird sich der Journalist in der ersten Runde einer Mission niemals freiwillig melden, um einen Begriff in den Raum zu werfen, da er ja keinerlei Ahnung hat, worum es geht. Man kann also davon ausgehen, dass der, der freiwillig beginnt, niemals der Journalist ist. Ist nur ein Hacker im Spiel, kann dieser ebenfalls direkt unbewusst in die Falle tappen, indem er einen Begriff nennt, den die Agenten auf ihrer Karte sehen, er also unwissend den Secret Code ausruft. Die anschließende Abstimmung ist dann eindeutig, auch wenn niemand am Tisch laut sagen sollte, dass dieser Spieler einen verbotenen Begriff genannt hat, denn sonst weiß ja der Journalist direkt Bescheid ... Der Journalist wiederum wird umso länger im Spiel bleiben, je mehr Begriffe er gehört hat. Ist er als Zweiter dran, kann auch eine Existenz schnell enden.
Wer das Spiel etwas besser kennt, wird dann langsam merken, worauf es ankommt. Zu deutliche Hinweise auf das Lösungswort helfen dem Journalisten, dieses sofort zu erraten, und das ist nicht gewollt. Zu abwegige Hinweise können die anderen Spieler dazu bringen, zu glauben, man sei der Unwissende - und schon wird man eliminiert, obwohl man Agent ist. Die Wahrheit liegt also irgendwo dazwischen und das ist ein ganz interessanter Drahtseilakt. Beim Begriff „Dackel“ sollte man also beispielsweise besser nicht „Hund“ als Hinweis geben, sondern vielleicht eher „Tier“. Passt auf den Begriff, sagt aber noch wenig aus. Fest steht: Auf jeden Fall sollte das Interesse aller Spieler groß sein, den Journalisten schnell zu enttarnen, da er mit jeder weiteren Runde dem Secret Code näher kommen wird, sofern alle am Tisch weiterhin sinnvolle Begriffe nennen.
Die Spielerzahl ist dabei auch entscheidend, wie gut sich Little Secret über die Runden trägt. Meine bevorzugte Spielerzahl liegt tatsächlich bei den zuvor genannten fünf Spielern - alle Rollen sind vorhanden, dennoch ist das Spiel dann recht kurz und knackig. Mit sieben, acht oder gar neun Spielern zieht sich das etwas in die Länge: Jeder soll in jeder Runde ja ein Hinweiswort zum gesuchten Begriff nennen. Bleiben wir beim Beispiel „Dackel“, dann ist es vielleicht schon gar nicht so einfach, in Vollbesetzung neun verschiedene Hinweise zu geben. Nur ist eine Mission ja meistens nicht nach der ersten Runde beendet ... in Runde 2 werden es acht weitere Begriffe sind, in Runde 3 immer noch sieben - und keiner soll doppelt genannt werden. Da werden die Begriffe zunehmend schwammiger oder doch sehr ähnlich, weil einem einfach nichts mehr einfällt. Im Extremfall könnten tatsächlich acht Runden gespielt werden, bis das Missionsende ausgelöst wird. Über acht Runden lang immer noch neue Hinweise zum Dackel zu finden, ist schon ziemlich belastend ... Nun gut, das ist der Extremfall. Meistens endet eine Mission vorher, weil z.B. der Journalist das gesuchte Wort errät oder er und der (oder die) Hacker ausgeschieden sind.
Little Secret bleibt für mich ein kleines Mysterium. Die Spielidee an sich ist für mich auf jeden Fall interessant und kurzweilig; die Umsetzung wirkt in mehreren Details jedoch nicht so ganz zu Ende gedacht. Das rundeste Spielgefühl ergibt sich für mich persönlich, wie bereits mehrfach erwähnt, mit fünf Spielern, die spontan im Umgang mit der Sprache sind, und die auch gerne diskutieren, denn die Diskussionsrunden, die darüber bestimmen, wer aus der Runde ausscheidet, können schon witzig bis hitzig sein. Habt ihr die technischen Mängel umschifft, kann das dann alles ein recht lustiges Spielgefühl ergeben - die Betonung liegt aber auf „kann“ ...
Tja, und welchen Kultfaktor vergebe ich nun an ein Spiel, das in beide Richtungen extreme Unterschiede aufzuweisen vermag und zudem auch noch Geschick beim Umsetzen der Regeln benötigt? Ich möchte die Spielidee honorieren, weise aber explizit darauf hin, dass es tatsächlich mehrere Voraussetzungen benötigt, damit das Spiel richtig funktioniert und zündet. Wenn ihr bereits mit der Sortierung der Karten hadert, Probleme habt, ad hoc viele Hinweiswörter zu einem Begriff zu finden und ungern von den Mitspielern aus einer Runde eliminiert werdet, dann ist Little Secret wohl nichts für euch. Wenn ihr alles im Griff, eine vernünftige Personenzahl und überhaupt die "richtigen" Mitspieler am Tisch sitzen habt, und ggf. auch kurzzeitiges Zuschauen unterhaltsam findet, sind es gute 7 Punkte. Das hängt aber, nach meinen Erfahrungen, so sehr von den Mitspielern und den sonstigen Begebenheiten ab, dass ich mich da ausnahmsweise nicht auf einen festen Kultfaktor festlegen möchte. Ein weiteres Little Secret also ... na, das passt doch dann gut zum Spiel.
KULTFAKTOR: ?/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 5/10
Spielablauf: 6/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 04.10.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: ATM Gaming
Weitere Fotos: Spielkultisten