REZENSION

[KOSMOPOLI:T]

  • Genre: Partyspiel
  • Jahr: 2022
  • Verlag: HUCH! 
  • Autoren: Julien Prothière, Florent Toscano
  • Grafik: Stéphane Escapa
  • Spieler: 4 bis 8
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: 6 Minuten pro Runde
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Initiativlevel: 10/10

Herr Ober, einmal Mennemenn bitte!

Die Gäste in unserem Restaurant Kosmopolit sind international. Dummerweise bestellen sie auch nur das, was sie kennen. In Landessprache. Und da wir es uns zum Ziel gemacht haben, alle Wünsche zu erfüllen, braucht es nun gute Teamarbeit ... 

REGELN

Zunächst benötigt ihr die App, die ihr euch kostenlos aufs Smartphone oder Tablet laden müsst, um das Spiel spielen zu können. Legt euch einen Profilnamen zu, wählt dann die Spielerzahl und sucht euch die Kontinente aus, aus denen die Lieblingsgerichte eurer Gäste stammen. Legt die entsprechenden Länder-Kartenstapel bereit. Ebenso legt ihr stets alle Zutaten-Karten, sortiert in 6 Kategorien, in Stapeln aus. 

Teilt die Rollen auf und startet dann das Spiel, zunächst mit Schwierigkeitsgrad 1, später in höheren Levels. Von nun an laufen 6 Minuten rückwärts. 

  • Die Kellnerin interagiert mit der App. Sie nimmt die Bestellungen auf, die sie über die ans Smartphone anzuschließenden Kopfhörer (müssen ebenfalls vorhanden sein!) hört. Dazu tippt sie immer auf die Sprechblasen über den Gästen. Sie kann eine Bestellung mehrfach anhören, bevor sie sie dann laut nennt - nach bestem Wissen und Gewissen. Je nach Level werden die Gäste auch in verschiedenen Räumen sitzen, und die Anzahl der Bestellungen erhöht sich. Vorsicht! Möchte die Kellnerin nach weiteren Bestellungen wieder zu einem Gast zurückkehren, um sich seine Bestellung erneut anzuhören, gibt es dafür schon Punktabzug! Von daher: Lieber alles geordnet abarbeiten!
  • Der Oberkellner notiert die Bestellungen, die er von der Kellnerin genannt bekommt - natürlich auch wieder nach bestem Wissen und Gewissen, denn die Gerichte haben mitunter Namen, bei denen sich die Zunge verknotet ...
  • Die Köche verwalten die Länder- und Zutatenkarten. Sobald eine Bestellung genannt wurde, suchen alle Köche gleichzeitig nach dem Gericht. Die Gerichte sind auf den Länderkarten in phonetischer Lautschrift angegeben. Na, hoffentlich hat die Kellnerin da gut zugehört und alles richtig weitergegeben. Und hoffentlich hat der Oberkellner keine Tischnummern verwechselt oder eine Bestellung falsch notiert ... Sobald ein Koch glaubt, das gesuchte Gericht gefunden zu haben, nennt er nun laut die Haupt-Zutat des Gerichtes. Diese ist ebenfalls auf der Karte vermerkt. Wieder suchen alle Köche gleichzeitig - diesmal nach der Zutat. 


Wurde eine vermeintlich korrekte Kombination gefunden, wird sie dem Oberkellner übergeben, der nun noch die Tischnummer hinzufügt. Nun gibt er dieses Karten-Trio der Kellnerin, die in der App zunächst auf die Tischnummer, dann auf die richtige von sechs vorgeschlagenen Zutaten und zum Schluss auf die korrekte Sprache tippt. Hat das Team gut zusammengearbeitet, ist der Gast nun zufrieden. Hat er hingegen etwas falsches serviert bekommen, kommentiert er dies mit einem Grummeln. Ein neuer Versuch bringt Punkteabzug!


Nun kommen die Bestellungen teils gleichzeitig an, und die Zeit drängt. Überlegt euch gut, wie ihr mehrere Dinge parallel absolvieren könnt, damit ihr einen Level knackt. Die Punkte, die ihr in einer 6-Minuten-Runde erzielt habt, entscheiden darüber, ob ihr in ein Level  mit höherem Schwierigkeitsgrad wechseln dürft. Da gibt es dann noch mehr Gäste, und es kommen teilweise auch noch weitere Karten ins Spiel. 

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • witzige Spielidee
  • gute Einbindung der App
  • liebevolle Umsetzung


CONTRA 

  • Hektik verträgt nicht jeder
  • auf lange Sicht spielerische Abnutzungserscheinungen

MEINUNG

Wer selber schon einmal in der Gastronomie gearbeitet hat, ja, vielleicht auch nur eine Dokumentation darüber im Fernsehen gesehen hat, der wird wissen, das in Restaurant-Küchen oft ein rauer Ton weht. Spätestens nach diesem Spiel weiß dann auch jeder, warum es dort auch mal lauter zugeht.

[Kosmopoli:t] simuliert den Alltag in so einer Profi-Küche. Die Kellnerin wirft dem Oberkellner und den Köchen Bestellungen zu. Der Oberkellner notiert alles, damit keine Fehler passieren, die Köche sind für die Umsetzung zuständig. Klingt alles gar nicht so schwer. Wäre es auch nicht, wenn im Restaurant nur Wiener Schnitzel oder Spaghetti bestellt würden. Nein, wir sind hier international unterwegs. Und so bestellen die Gäste aus aller Welt ihre Lieblingsspeisen in Landessprache. Die App wurde da gut vertont. Doch nur der Spieler, der die Kopfhörer aufgesetzt hat und die App bedient, wird diese Sprachschnipsel hören. Eine lautgetreue Wiedergabe wird gerade bei längeren asiatischen oder afrikanischen Gerichten dann schon zu einer Herausforderung und kann auch echt für Lacher sorgen.

Das Spiel bedient sich dabei einem doppelten Stille-Post-Element. Die Kellnerin hört und spricht nach, der Oberkellner notiert, was er hört. Und ihr könnt euch sicher sein: Das ist in den meisten Fällen nicht wirklich das, was auf den Karten steht ... Anhand der Lautschrift müssen dann kooperativ Verbindungen hergestellt werden. Die Suche nach den Zutaten ist dagegen nur Fleißarbeit auf Zeit.

Wie wäre es schön, wenn das alles ruhig und geordnet nacheinander passieren würde. Nun ja, ihr könnt euch schon denken, dass auch das nur Wunschdenken ist. Bestellungen kommen parallel, die Kellnerin brüllt, die Köche suchen nach Lösungen, später nach der richtigen Zutat, und warum besitzt eigentlich niemand eine Karotte? Ach doch, da ist sie, aber zu welchem Gericht gehörte die nochmal? Lass den Oberkellner doch lieber die richtige Tischnummer raussuchen! Und die Kellnerin trommelt bereits auf den Tisch, denn ihre Gäste werden unzufrieden und die Zeit läuft gnadenlos rückwärts. Tischnummer? Zutat? Sprache? Alles korrekt eingegeben? Der Gast freut sich. Aber da sind ja noch mindestens fünf andere. Spätestens, wenn erste Fehler passieren, bricht wirklich Hektik aus.

Die App funktioniert (zumindest auf unseren Testgeräten) recht intuitiv und auch stabil. Die Bedienung der App sollte jedoch besser vorab geübt werden. Läuft erst einmal die Zeit, kann es fatal sein, wenn die Kellnerin erst Hilfe benötigt. Dass Bestellungen auch nach Ablauf der Zeit noch erfüllt werden dürfen, wenn die gesuchten Karten bereits bei der Kellnerin angekommen sind, gestaltet sich im Eifer des Spiels als möglicher Mogelfaktor - bewusst oder unbewusst, denn die App akzeptiert auch dann noch korrekte Eingaben, zeigt diese aber nicht mehr animiert an. Letztlich ist die Punktewertung dann das, was darüber entscheidet, ob in der nächsten Runde noch mehr Trubel im Restaurant herrscht.

[Kosmopoli:t] ist so eine Art Event-Partyspiel. Das macht in den ersten Runden echt Spaß und man fiebert auf höhere Level hin, wenngleich sich der rein spielerische Aspekt nur aufs Zuhören, Wiedergeben und Suchen beschränkt. Eigene Entscheidungen müssen nicht getroffen werden, es zählt einfach die Auffassungsgabe und die Schnelligkeit. Dass im Begleitheft noch zusätzliche Infos zur Sprach-Diversität zu finden sind und auch die App noch kleine Extras enthält, ist super gemacht. Hier wurde eine Idee mit Liebe zum Detail umgesetzt. Da sieht man dann auch gern darüber hinweg, dass das Spiel wenig „echtes" Spiel enthält. Anfangs - oder wenn [Kosmopoli:t] nur hin und wieder auf den Tisch kommt - sind das für mich in der richtigen Spielrunde sehr gute 8 Kultpunkte.


Allerdings zeigt das Spiel auch wieder, dass Stress-Aufgaben nicht jeder mag. So findet [Kosmopoli:t] sowohl echte Fans, als auch Leute, die kein weiteres Mal mitspielen möchten. Das ist bei Partyspielen aber oft so. Ganz objektiv muss man allerdings sagen: Spielt man das Spiel häufiger, gibt es schon kleine Abnutzungserscheinungen, z.B. weil man bestimmte Gerichte schon einmal „gespielt“ (= gehört) hat. Diese Abnutzungserscheinungen vergrößern sich, wenn man erst einmal höhere Level geknackt hat. Spielt man das Spiel dann noch einmal von vorne? Eher nicht. Dann rutscht die Kultwertung auf 6 Punkte - immer noch gut für eine Partie zwischendurch, aber kein ewiger Dauerbrenner.

Die Wahrheit liegt dann irgendwo dazwischen - versteht den Kultfaktor daher als Mischwertung. Ich werde das[Kosmopoli:t]-Restaurant sicher nicht zum letzten Mal betreten haben. Ja, vielleicht gibt es ja sogar noch künftige Add-Ons. Wie wir im Begleitheft erfahren, sind im Spiel „nur“ 60 Sprachen enthalten ... Die bringen einen bereits manchmal zur Verzweiflung, wenn das gesuchte Gericht partout nicht zu finden ist. Wir erfahren aber auch, dass auf der Welt 100-mal so viele Sprachen / Sprachvarianten gesprochen werden. Da wäre also noch ordentlich Potenzial für Nachschub vorhanden ...


VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/9xqfYKHVdmo

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 6/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 18.08.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Jeux Opla / HUCH!
Weitere Fotos: Spielkultisten