REZENSION
IKI
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2022
- Verlag: Sorry We Are French / deutsche Version: Giant Roc
- Autor: Koota Yamada
- Grafik: David Sitbon
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: ca. 60 bis 90 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 8/10
Die Erfahrung macht's!
Wir befinden uns im Japan des 17. bis 19. Jahrhunderts. Im Stadtteil Nihonbashi in Edo, heute Tokio, reihen sich die Läden der Händler und Handwerker. Ihr heuert genau diese Händler und Handwerker an, nutzt ihre Dienstleistungen, erwerbt Waren und errichtet Gebäude. Am Zahltag gibt es umso höhere Erträge, wenn ihr eure Erfahrung gesteigert habt. Aber Vorsicht! Immer wieder bedrohen vernichtende Feuer die Ladenzeile.
REGELN
Hinweis vorab: Ich beschreibe hier das 3- bzw. 4-Personen-Spiel. Für das Spiel zu zweit nutzt ihr die Rückseite des Spielplans und einige Sonderregeln.
Gespielt wird eine vorgegebene Anzahl an Runden, die sich auf die vier Jahreszeiten und das Neujahrsfest aufteilen. Für jede Jahreszeit gibt es eigene Händlerkarten und Plättchen. Legt den Spielplan aus und bestückt ihn mit den Plättchen (Fische, Tabakspfeifen und Tabaksbeutel) des Frühjahrs. Legt eine Spielerreihenfolge fest und platziert eure Scheiben entsprechend auf dem Feld 0 der Brandschutz-Leiste. Jeder erhält ein eigenes Spielertableau, 8 Mon (Geld), 1 Reis sowie ein Sandalen-Plättchen.
Stellt eure Oyakata-Figur auf das Startfeld des Marktplatzes, der wie ein Aktionsrondell funktioniert. Ihr könnte gegen den Uhrzeigersinn von Laden zu Laden ziehen, um Aktionen auszuführen. Wählt vor Spielbeginn (entgegen der Spielerreihenfolge) jeweils einen Start-Händler und besetzt das erste Erfahrungsfeld mit einem eigenen Kobun (Helfer-Figur; jeder besitzt vier davon). Die Starthändler werden auf den Eckfeldern der Ladenzeilen platziert.
Los geht‘s. Zu Beginn jeder Runde werden zunächst vier Händler vom entsprechenden Jahreszeiten-Stapel offen ausgelegt. In Spielerreihenfolge setzt nun jeder seine Ikizama-Figur auf ein freies Feld der Ikizama-Leiste. Die Felder bestimmen die Bewegungsreichweite der Oyakata-Figur in dieser Runde (1, 2, 3 oder 4 Felder) und gleichzeitig die Spielerreihenfolge in der Aktionsphase. Es gibt auch noch ein vorangestelltes Feld (1 bis 4 Schritte), das allerdings einen Nachteil besitzt; mehr dazu gleich.
In der Ikizama-Reihenfolge macht nun jeder seine Aktionsphase. Zunächst aber gibt es 4 Mon Einkommen oder die Möglichkeit, gegen Bezahlung einen der ausliegenden Händler einzustellen, ihn auf ein freies Feld des Spielplans zu legen und mit einer eigenen Kobun-Figur auf der untersten Erfahrungsstufe zu markieren. Jeder Händler besitzt eine eigene Aktion sowie Erträge auf der Erfahrungsleiste. Wer das vorangestellte 1-bis-4-Feld ausgewählt hat, erhält nur 1 Mon Einkommen und darf keinen Händler einstellen.
Danach wird die große eigene Oyakata-Figur um so viele Felder bewegt, wie es das belegte Ikizama-Feld vorgibt. Die Abgabe von Sandalen-Plättchen kann die Bewegung noch verändern (1 Schritt pro Sandale). Auf dem Zielfeld angekommen, gibt es nun einen vorgedruckten Laden, der eine Aktion offeriert sowie ggf. zwei Stände dahinter, die mit Händler-Karten gefüllt wurden. Im eigenen Spielzug darf ich die Laden-Aktion sowie die Aktion von einem der maximal dort ausliegenden zwei Händlern ausführen. Ist es ein eigener Händler, passiert sonst nichts weiter. Ist es ein fremder Händler, rückt die Kobun-Figur des Besitzers um eine Erfahrungsstufe nach oben.
So kann man sich über die Aktionen Geld holen, Geld eintauschen in Reis oder Gold, den Brandschutz verstärken, man kann Fische kaufen, Tabakspfeifen und -beutel mit verschiedenen Punkten und Funktionen, man kann über Händler Holz sammeln, um dann eine Bauaktion ausführen zu dürfen (Gebäude werden wir Händler platziert und mit einem eigenen Kobun versehen, der jedoch bis zum Spielende dort festsitzt).
Wann immer die Oyakata-Figur über das Startfeld des Marktplatzes gezogen wird, erhalten alle eigenen Händler zusätzliche Erfahrung. Kommt der Marker auf der letzten Stufe eines Händlers an, geht dieser Händler in Rente. Er wird ans eigene Spielertableau angelegt, hat während des Spiels keine Aktions-Funktion mehr, dafür aber ein regelmäßiges Einkommen an Zahltagen.
Nach jeder Runde werden neue Händler-Karten nachgelegt und evtl. noch ausliegende Karten im Angebot mit einem Mon belegt, sodass diese Karten attraktiver werden. Beim Kauf kann nämlich das auf einer Karte liegende Geld auch direkt für die Bezahlung verwendet werden. Bei einem Jahreszeitenwechsel werden die Karten im Angebot gegen neue ausgetauscht, ebenso die Plättchen auf dem Spielplan.
Nach bestimmten Runden findet ein Zahltag statt. Jeder eigene aktive Händler auf dem Spielplan liefert nun den Ertrag des nächsten sichtbaren Feldes der Erfahrungsleiste. Auch Händler in Rente liefern ihre dauerhaften Erträge. Jeder Händler auf dem Spielplan (außer in Gebäuden) muss mit Reis bezahlt werden, andernfalls verschwindet die Karte vom Brett. Zudem findet eine kleinen Zwischenwertung statt, der sogenannte „Harmonie-Bonus“. Da wird in jedem der Handelsviertel geschaut, ob es mindestens zwei Händler der identischen Kategorie (= mit identischer Farbe) gibt. Jeder Händler gibt dann so viele Punkte für den Besitzer, wie es Händler in dieser Farbe im entsprechenden Bezirk gibt. Die vier Kreuzungsfelder, die beim Belegen 2 Mon extra kosten, zählen als fünfter Bezirk.
Nach manchen Runden wütet ein Feuer. Mischt die vier Feuerplättchen und zieht ein zufälliges. Im betroffenen Viertel breitet sich das Feuer nun vom Rand aus in der angegebenen Stärke aus. Trifft das Feuer auf einen Stand, dessen Besitzer nicht genügend Brandschutz besitzt, muss dieser Händler vom Plan entfernt werden. Mit jedem weiteren Stand reduziert sich die Stärke des Feuers um 1. Kann ein Spieler mit seinem Brandschutz das Feuer abwehren, ist es gelöscht, und auch alle Stände dahinter sind geschützt.
In der letzten Runde wird keine Spielerreihenfolge mehr durch die Ikizama-Figuren festgelegt. Stattdessen darf jeder, in Spielerreihenfolge (wie immer anhand der Positionen auf der Brandschutzleiste), seinen Oyakata noch einmal auf ein Feld seiner Wahl stellen und hier wie üblich Geschäfte tätigen.
Bei der Schlusswertung gibt es zu den im Spiel gesammelten Iki (= Punkten) weitere Punkte für ...
- verschiedenfarbige Händler im eigenen Besitz (in Rente und auf dem Spielplan)
- die Anzahl unterschiedlicher Fische
- gesammelte Tabaksbeutel, verdoppelt, wenn auch eine Pfeife gekauft wurde
- errichtete Gebäude, teils in Abhängigkeit bestimmter Voraussetzungen
- übriges Gold, Holz und Geld.
Wer die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- schönes Erfahrungs-Konzept
- vielfältige Möglichkeiten durch verschiedene Händler
- Brand als Spannungsmoment
- sehr schöne Ausstattung
CONTRA
- bisweilen auch glücksabhängig
MEINUNG
Iki gab es bereits im Jahr 2015 schon einmal, damals allerdings noch in komplett anderer Optik. Die neue Optik ist, so finde ich, sehr schön geworden, überhaupt ist das ganze Spiel hochwertig ausgetattet.
Der Marktplatz bzw. das Handelsviertel von Edo ist spielerisch ein großes Aktionsrondell. Die Aktionen an sich sind eher gewohnte Kost - mal gibt es Geld, mal gibt es Ressourcen, Tauschoptionen, mal können wir bauen, mal Plättchen erwerben, am Spielende gibt es Set-Collection-Wertungen - alles schon mal gesehen, zugegeben.
Doch Iki macht dann doch auch vieles neu. Herzstück des Spiels sind die Händler, die in immer neuen Konstellationen auf die verschiedenen Felder des Spielplans wandern. So lassen sich Orte gezielt mit Aktionen bestücken, die man benötigt, und zudem kann man auch gleich sein Ikizama-Engagement danach ausrichten. So kann ich einen neuen Händler vielleicht genau an einem Stand platzieren, den ich mit meiner Bewegung erreiche.
Das Erfahtungskonzept ist dabei sehr interessant. So verändern sich auch die Erträge der Händler an Zahltagen. Doch nicht nur das: Geht ein Händler in Rente, habe ich wieder mehr Freiheiten und einen dauerhaften Ertrag, der nicht mehr gefährdet werden kann, allerdings verschwindet damit dann halt auch wieder die Aktion vom Spielplan - vielleicht sogar von den Gegenspielern forciert, obwohl ich sie gern noch genutzt hätte.
Ganz wichtig: Der Brandschutz. Wer den vernachlässigt, dem droht das Verlorengehen von Händlern, was an einen Glücksfaktor gekoppelt ist. Aber auch hier lässt sich gut taktieren: So kann ich Händler hinter fremden Händlern platzieren, die mir vielleicht den nötigen Schutz vor dem Feuer geben. Oder ich steigere meinen Brandschutz zunehmend, um auch einfach immer die erste Wahl in der Ikizama-Phase zu haben. Ja, hier sollte man auf jeden Fall aufpassen, nicht völlig den Anschluss zu verlieren, andernfalls kann ein stetiger letzter Platz nämlich bedeuten, dass ich nie die Bewegungsreichweite erhalte, die ich eigentlich gerade dringend benötige. Der Einsatz von Sandalen kann dann irgendwann teuer werden.
Fazit: Iki ist nicht nur optisch sehr gelungen. Es ist abwechslungsreich und fordert oftmals eine gute Planung, auch was die Mehrheiten-Wertungen angeht. Die Anleitung führt sicher durchs Spiel, einzig die japanischen Begriffe können anfangs etwas verwirren, zumal die Wörter Kobun (Assisent-Figur) und Koban (Gold) auch noch recht ähnlich sind. Das Spiel ist sprachneutral, die Ikonographie muss teilweise öfter nachgeschlagen werden. Das Konzept fühlt sich erfrischend neu an, sodass ich diese optisch aufgehübschte und erstmals in deutscher Sprache erhältliche Neuauflage sehr begrüße. Von mir gibt es überaus harmonische 8 Kultpunkte!
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/_CQ_Vat0XA0
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 11.12.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Sorry We Are French / Giant Roc
Weitere Fotos: Spielkultisten