REZENSION
GUTENBERG
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2021 (deutsche Version: 2022)
- Verlag: Granna / deutsche Version: HUCH!
- Autoren: Katarzyna Cioch, Wojciech Wiśniewski
- Grafik: Rafał Szłapa
- Spieler: 1 bis 4
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 60 - 120 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
- Initiativlevel: 8/10
Pioniere des Buchdrucks
In diesem Kennerspiel wandeln wir auf den Spuren von Johannes Gutenberg. Wir betreiben unsere eigene kleine Druckerei, besorgen und Lettern und Tinte, steigern unsere Spezialfähigkeiten, halten die Maschine mit Zahnrädern am Laufen, erfüllen Druckaufträge, Veredelungen und erhalten die eine oder andere Unterstützung.
REGELN
Hinweis vorab: Zum Test stand uns die englischsprachige Erstauflage des Spiels zur Verfügung. Seit März 2022 gibt es auch eine eigene deutschsprachige Version des Spiels, die sich, nach Verlagsinformationen, in kleinen (optischen) Abweichungen von unserer Ausgabe unterscheidet. Zudem verwenden wir hier die übersetzten Begriffe der Erstauflage. Sollte die Anleitung der deutschsprachigen Version teilweise andere Begriffe verwenden, sollte euch das bitte nicht weiter stören; ihr werdet alles gut zuordnen können.
Vorbereitung:
Jeder Spieler erhält ein Initiativtableau, einen Sichtschirm, ein Druckhaus-Board, 10 Geld, 8 Spielermarker in einer Farbe (vier von den Markern werden in den untersten Feldern der Spezialisierungs-Spalten des Druckhauses platziert), zwei Scheiben in der Farbe (eine kommt auf die Siegpunkteleiste und eine aufs Druckhausbrett in die entsprechende Aussparung der Belohnungsleiste) und, entsprechend der Spielerposition, eine Anzahl von Aktionssteinen (Startspieler 7, zweiter Spieler 8, dritter Spieler 9, vierter Spieler 10).
Das Geld und die Druckbuchstaben (Lettern) bleiben im offenen Vorrat. Der Startspielermarker wird dem Startspieler übergeben.
Der Spielplan wird auf die korrekte Seite der Spieleranzahl gelegt. Von den Tintentropfen werden pro Spieler drei Tropfen zufällig aus dem Beutel gezogen und auf den Spielplan gelegt (Tropfensymbole). Die Zahnräder sind durch weiße oder graue Linien gekennzeichnet. Für das Spiel zu zweit werden nur die grau markierten Zahnräder verwendet. Pro Spieler wird ein Zahnrad verdeckt gezogen und offen auf die markierten Felder des Spielplans drapiert. Die restlichen Zahnräder bilden einen verdeckten Nachziehstapel.
Die Auftragskarten sind in zwei Stapel unterteilt: So gibt es Druckaufträge, die verschiedene Lettern zeigen, und Veredelungskarten, die sich auf die Tinte sowie den Fortschritt in den Spezialisierungen beziehen. Sie bilden zwei gut gemischte, verdeckte Stapel neben dem Spielplan. Je eine Karte pro Spieler wandert von beiden Stapeln auf den Spielplan.
Für den Aufbau werden zusätzlich, je nach Spieleranzahl, Karten gezogen: 2 Spieler – 6 Karten, 3 Spieler – 8 Karten, 4 Spieler - 10 Karten. Sie werden als Paare aus jeweils einer Druck- und Veredelungskarte offen neben den Spielplan gelegt.
Von den Spezialisierungskarten wird pro Spieler eine Karte offen auf dem Spielplan platziert. Der restliche Stapel bleibt verdeckt gemischt neben dem Spielplan.
Von den Unterstützerkarten werden pro Spieler zwei Karten offen auf den Spielplan gelegt, ebenfalls zufällig gezogen. Alle anderen Karten dieser Art werden nicht mehr benötigt. Das ist die einzige Kartenart, die nie nachgefüllt wird.
Der Rundenmarker wird auf das erste Feld der Sanduhrleiste gestellt.
Die letzten beiden Vorbereitungen betreffen die Auftragskarten, die offen neben dem Spielplan platziert wurden. Sie werden jetzt reihum an die Spieler verteilt. Wer an der Reihe ist, wählt eine beliebige Druck- und eine beliebige Veredelungskarte als Druckauftrag aus. Beide zusammen gelten als EIN Auftrag. Der letzte Spieler darf dann erneut wählen, dann geht es rückwärts bis zum Startspieler, sodass am Ende jeder zwei Aufträge besitzt, die ans eigene Spielertableau angelegt werden. Dort ist Platz für insgesamt vier Aufträge.
Jetzt darf sich jeder Spieler noch drei hölzerne Druckbuchstaben aus wählen, idealerweise in Vorbereitung seiner Aufträge.
Spielablauf:
Das Spiel verläuft über 6 Runden. Jede Runde ist unterteilt in mehrere Schritte.
Schritt 1: Zahnräder drehen
Jeder Spieler dreht die Zahnräder in seinem Druckhaus um genau eine Sektion weiter. In der ersten Runde besitzt noch kein Spieler ein Zahnrad, sodass diese Phase noch entfällt.
Schritt 2: Planung
Alle spielen gleichzeitig und planen nun ihre weiteren Züge auf ihrem Aktions-Board. Das liegt hinter dem Sichtschirm. Jeder darf nun seine Aktionssteine in die Reihen der verschiedenen Aktionen einlegen. Jeder entscheidet selbst, ob und wie viele Marker er an einer Aktion anlegt (maximal können 6 Steine pro Aktion eingesetzt werden). Jede Zeile wird von links begonnen. Jede Aktion, in der ein Marker liegt, wird in der Aktionsphase ausgelöst. Die Reihenfolge wird dann von der Anzahl der gesetzten Marker abgeleitet. Wer die meisten Marker gesetzt hat, darf die jeweilige Aktion beginnen und hat somit die erste Wahl. Sobald alle Spieler ihre Planung abgeschlossen haben, werden die Sichtschirme entfernt und die fünf Aktionen abgearbeitet.
Schritt 3: Aktionen der Reihe nach ausführen
(1) Druckaufträge
Jeder Spieler, der hier mindestens einen Aktionsstein platziert hat, in der Reihenfolge der jeweiligen Initiative, darf sich nun eine Druckkarte und eine Veredelungskarte vom Spielplan nehmen. Beide bilden gemeinsam einen neuen Auftrag, der ans eigene Druckhaus außen angelegt wird. Aufträge dürfen ausgetauscht bzw. kostenlos abgeworfen werden. Jeder darf maximal vier Druckaufträge gleichzeitig besitzen.
(2) Tinte
Jeder Spieler, in Reihenfolge der jeweiligen Initiative, darf sich nun Tintentropfen vom Spielplan nehmen. Dazu wählt jeder Spieler, wenn er am Zug ist, ein Farbfach an Tintentropfen. Der erste Tropfen ist kostenlos. Jeder weitere Tropfen kostet ein Geld mehr (also 1 oder 2). Man kann auch dort Tropfen nehmen, wo ein anderer bereits zuvor welche entfernt hat, bezahlt dann aber so viel Geld wie das Feld des Tropfens anzeigt. Man darf allerdings keine Tinte aus unterschiedlichen Farbfächern nehmen.
(3) Spezialfähigkeiten entwickeln
Jeder Spieler, in Reihenfolge der jeweiligen Initiative, darf nun eine Spezialisierungskarte auswählen. Er darf mit dieser Karte eine von zwei möglichen Aktionen ausführen:
- Für jedes Symbol (zwei Symbole) darf der Spieler den Spezialfähigkeiten-Marker in der entsprechenden Leiste im Druckhaus um ein Feld nach oben schieben.
- Ein beliebiges Symbol darf um genau ein Feld im Druckhaus nach oben geschoben werden.
Erreicht einer der Marker eine vorgegebene Level-Marke, erhält der Spieler sofort die angezeigte Belohnung. Sobald ein Marker Level VI erreicht hat, erhält der Spieler als Belohnung immer 3 Geld.
(4) Druckerei ausbauen
Die zum Ausbau nötigen Zahnräder ermöglichen Sonderboni und zusätzliche Aktionen. Wer hier die meisten Initiativmarker hat, beginnt und darf ein Zahnrad vom Spielplan auswählen. Das wird auf eine freie Achse des eigenen Tableaus gelegt (von oben nach unten). Auch ein Austausch eines Zahnrades statt eines Neueinbaus ist möglich. Beim Einstecken muss auf die genaue Position geachtet werden, sodass beim Drehen immer ein Sektor aktiv ist (heller Halbkreis auf dem Board). Es drehen sich dann später immer alle Zahnräder. Maximal drei Zahnräder finden im eigenen Druckhaus Platz.
Ein Spieler kann in jedem Schritt, auch mitten in einer Aktion, entscheiden, eines oder mehrere seiner Zahnräder zu aktivieren. Dafür legt er einen seiner Spielermarker in den aktiven Bereich seines Zahnrades auf dem eigenen Druckhaus und erhält die angezeigte Belohnung. Jedes Zahnrad kann pro Runde nur einmal aktiviert werden. Manche Zahnradaktionen sind an bestimmte Aktionen gebunden, wie z.B. neue Lettern, neue Aufträge, Austausch von Material etc.
(5) Unterstützung erhalten
Jeder Spieler, in Reihenfolge der jeweiligen Initiative, darf sich nun eine Belohnung aussuchen:
- Einen neuen Auftrag nehmen
- Eine Spezialisierung um 1 Stufe erhöhen
- 3 Geld (Gulden) erhalten
- 2 beliebige Tintentropfen aus dem Beutel nehmen
Jede Belohnung kann nur einmal gewählt werden; sie wird vom jeweiligen Spieler mit einem Spielermarker für andere Spieler blockiert.
Ab der 3. Runde kommen auch die ausliegenden Unterstützungskarten ins Spiel. Je weiter der Rundenmarker voranschreitet, umso mehr Karten stehen zur Auswahl. Um so eine Karte zu nehmen, müssen die Voraussetzungen darauf erfüllt werden:
- Die entsprechende Spezialfähigkeit muss auf dem angezeigten Level oder höher sein.
- Der Spieler muss die angezeigten Lettern in der vorgegebenen Anzahl besitzen (nicht abgeben!).
- Der Spieler muss die angezeigten Tintentropfen in den Beutel zurückzahlen.
Nach den ausgeführten Initiative-Aktionen kann jeder Spieler einen oder mehrere Druckaufträge erfüllen. Beginnend beim Startspieler wird im Uhrzeigersinn gehandelt. Jeder erfüllte Auftrag bringt Geld und Siegpunkte, wie auf der jeweiligen Karte aufgedruckt.
Aufträge:
Jeder Auftrag besteht aus zwei Karten, einer Druck- und einer Veredelungskarte. Um einen Auftrag zu erfüllen, benötigt der Spieler die entsprechenden Ressourcen der Druckkarte. Das Erfüllen der Veredelungskarte ist optional. Lettern und Spezialisierungen sind im permanenten Besitz und werden nicht abgegeben. Tinte wird verbraucht und wieder in den Beutel zurückgelegt.
Wird NUR die Druckkarte erfüllt (verpflichtend), werden dennoch beide Karten des Auftrages abgelegt. Belohnungen erhält man nur für den erfüllten Teil des Auftrages. Bei der Veredelungskarte kann auch nur ein Teil der Vorgaben erfüllt werden, um eine Belohnung zu bekommen. Erfüllt man beide jedoch komplett, erhält man einen zusätzlichen Bonus.
Um einen Druckauftrag zu erfüllen, muss der Spieler die entsprechenden Lettern in der entsprechenden Anzahl besitzen. Sie können im Verlauf immer wieder verwendet werden, jedoch beim Erfüllen in einer Runde nur für genau einen Auftrag.
Ein Spieler kann jederzeit, auch mitten in einer Aktion, eine neue Letter kaufen. Jeder neue Druckbuchstabe kostet Geld, und zwar immer 1 Gulden mehr, als er derzeit Lettern besitzt. Besitzt ein Spieler also 3 Lettern, kostet die nächste 4 Gulden usw.
Nun wird noch die neue Runde vorbereitet:
Leert aller Felder des Spielplans (bis auf Unterstützungen) und füllt sie mit neuen Karten, Tropfen und Zahnrädern auf. Der Rundenmarker wird um eine Position nach rechts geschoben, alle Spieler-Marker auf den Unterstützer-Feldern und den Zahnrädern kehren in den Spielervorrat zurück. Der Startspielermarker wird an den nächsten Spieler im Uhrzeigersinn weitergegeben. Jeder Spieler gibt einen Initiative-Marker an den Spieler, der gerade den Startspielermarker abgegeben hat.
Das Spiel endet nach 6 Runden. Es folgt die Endwertung:
- Je nachdem, wie hoch die Spezialfähigkeiten verbessert worden, erhalten alle Spieler verschieden viele Punkte: Jeder Spieler erhält 6 Punkte für jede Spezialfähigkeit, die sich auf Level VI befindet. Jeder Spieler erhält 3 Punkte für jede Spezialfähigkeit, die sich auf Level V befindet. Jeder Spieler erhält 1 Punkt für jede Spezialfähigkeit, sie sich auf Level IV befindet.
- Jede Unterstützer-Karte ist 8 Punkte wert.
- Jeweils 3 Geld sind 1 Punkt wert.
Der Spieler mit den meisten Punkten ist der Gewinner, ein Gleichstand wird zugunsten des Spielers mit weniger Lettern aufgelöst. Herrscht dann immer noch Gleichstand, gewinnt der Spieler mit weniger Tintentropfen. Ist dann immer noch ein Gleichstand vorhanden, gibt es mehrere Sieger.
Variante: Zusätzlich kann dann in den Folgepartien mit den Charakterplättchen gespielt werden. Sie werden am Anfang verdeckt gezogen (zwei ziehen, eine wählen) und können im Spielverlauf eingesetzt werden, entweder mit Startbonus oder Spezialfähigkeit während des Spiels.
Das Spiel bietet auch eine Solo-Variante.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- optisch schön und passend zum Setting
- tolle Holzbuchstaben und Sortierschachteln
- sehr durchdachter und strukturierter Ablauf
- schöner Aktionsauswahl- und Zahnrad-Mechanismus
- Startspieler-Ausgleich super gelöst
- sprachneutral
CONTRA
- wirkt auf manche Spieler etwas trocken
MEINUNG
Ohne Johannes Gutenberg würden unsere Bücherregale wohl heute leer sein. Historische Themen in Spielen finde ich prinzipiell immer interessant und hoffe dabei oft auch auf ein wenig Vermittlung von Wissen. Als solches gleich mal vorab: Gutenberg ist ein super Spiel, thematisch ans Thema angepasst. Alles ist hier gut durchdacht, sprachneutral gehalten und leicht verständlich, trotz des gefühlt umfangreicheren Regelwerks. Spielerisch siedelt sich das Spiel im Kennerbereich an, der auch von erfahreneren Familien mit größeren Kindern problemlos gespielt werden kann. Das Regelwerk ist gut verständlich geschrieben. Es bleiben wenige Fragen, deren Antworten sich aber im Leseverlauf finden lassen.
Dabei folgt das Spiel einem klaren, auch auf dem Spielplan ersichtlichen Ablauf. Schon der Spieleinstieg begeistert mit seinem Initiative-Mechanismus. Verdeckt wird auf die fünf Aktionsmöglichkeiten geboten. Um eine Aktion auf dem Spielplan durchführen zu können, muss mindestens ein Aktionsstein in die entsprechende Zeile gesetzt werden. Der Clou: Wer die meisten Steine in der Zeile besitzt, darf anfangen, die Aktion auszuführen und hat somit die meiste Auswahl. Das ist oftmals wichtig, damit einem die Konkurrenz nichts wegschnappt. In Sitzreihenfolge besitzen die Spieler zudem immer mehr Steine, sodass es da den Ausgleich für den Startspieler-Vorteil gibt, der bei Gleichständen wirksam wird. Wie gesagt, durchdacht bis ins Detail.
Dann werden die Aktionen der Reihe nach aufgelöst. Ziel ist es, am Ende die meisten Siegpunkte, hauptsächlich durch das Erfüllen von Druckaufträgen und durch Unterstützerkarten zu erhalten. Wichtig im Spiel sind dabei dann auch die schönen Zahnräder, die einen weiteren großen taktischen Aspekt beinhalten. Mit ihnen lassen sich wertvolle Zusatz-Aktionen und Boni auslösen, und das in jeder Runde. Der Drehmechanismus ist trickreich. Schon beim Anbringen der Räder sollte ich darauf achten, wann welcher Bonus aktiviert wird.
Das Material ist optisch schick. Die Farbgebung passt zur Zeit, in der Gutenberg spielt. Echte Hingucker sind die Holzbuchstaben, praktische Pappboxen fürs Material sorgen für Ordnung im Karton, die Zahnräder aus Pappe sind stabil und funktionieren einwandfrei, sofern man die Drehachsen erst einmal in die Spielertafeln gedrückt hat. Das geht etwas schwer, ist aber eine einmalige Sache, denn die sitzen dann fest und können in den Tafeln verbleiben.
Selbst ohne das Spiel mit den Charakteren sorgt das Spiel für ausgeglichenen Spielspaß bis zum Schluss. In unseren Partien kam das Spiel jedes Mal sehr gut an. Einzig das Thema mag auf manche Spieler ein wenig trocken wirken, okay, aber das ist Geschmackssache.
Fazit: Gutenberg ist ein optisch schickes und wortwörtlich gut verzahntes Spiel für Kenner, die sich gern im Buchdruck versuchen wollen. Bei uns hat sich das Spiel zu einem Lieblingsspiel der Spiele-Saison 2021/22 entwickelt. Ich vergebe dafür starke 9 Kultpunkte!
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/jWvIW4sE8tM
KULTFAKTOR: 9/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 9/10
EURE REZENSENTIN
GABI
Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester
Eine Rezension vom 14.03.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Granna / HUCH!
Weitere Fotos: Spielkultisten