REZENSION
GREENVILLE 1989
- Genre: Kommunikationsspiel
- Jahr: 2020
- Verlag: KOSMOS
- Autor: Florian Fay
- Grafik: David Sitbon
- Spieler: 3 bis 6
- Alter: ab 16 Jahren
- Dauer: 30 bis 60 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Initiativlevel: 7/10
Schaurig schöne Storys
Ihr trefft euch zu einem coolen gemeinsamen Abend, doch mitten im spannendsten Teil verändert sich auf einmal alles. Ihr werdet in eine andere Dimension gezogen, jeder in eine andere. Hören können sich die Spieler noch, in Gedanken, mehr nicht. Schafft ihr es, eure Welten so zu beschreiben, dass ihr einander begegnet?
REGELN
Ein erster Hinweis: Das Spiel ist nicht unter 16 Jahren zu empfehlen - es wird blutig!
Jeder Spieler wählt einen Charakter und nimmt sich dessen Figuren-Marker samt Spielertafel und ein frei wählbares Objekt-Plättchen. Der Startspieler nimmt sich zudem das Spielleiter-Plättchen und die Zuordnungskärtchen. Die 84 Motivkarten werden gut gemischt und als verdeckter Stapel bereit gelegt. Der Spielplan gehört in die Tischmitte. Die Figurenmarker aller Teilnehmer werden im zentralen Feld des Spielplans platziert - der gemeinsame Raum des Abends sozusagen. Dann folgen unterschiedliche Phasen, die in den insgesamt vier Runden immer wiederholt werden.
Beim Erzählen erhält jeder eine Karte und erzählt eine kurze Geschichte, um den Ort oder die Situation näher zu beschreiben. Vielleicht auch in welche Richtung man schaut und was man zu tun oder zu finden gedenkt. Immer dran denken: Die anderen hören ja eigentlich nur! Das gemeinsame Ziel ist es, sich in den vier Runden auf dem Spielplan nicht zu weit voneinander zu entfernen.
Nach dem Erzählen der Spieler-Geschichten ist der Spielleiter an der Reihe. Er kennt jetzt alle Geschichten. Nun zieht er neue Karten und legt sie an die Felder ringsum den Spielplan an. Als nächstes nimmt er die Zuordnungskärtchen und ordnet jeder Karte verdeckt eine Figur zu. Dies kann auch eine der neutralen Figuren „Ektoplasma“ sein. Beim Zuordnen sollte er sich die Geschichten der Spieler in Erinnerung rufen, die vielleicht einen Hinweis hinterlassen haben, wohin sie gern möchten. Dabei muss er bei der ersten Karte beginnen und den Karten in ihrer Reihenfolge folgen, um nicht versehentlich den Spielern Hinweise zu geben.
Nun sind wieder die Spieler an der Reihe. Sie beraten, wie der Spielleiter die Zuordnungen wohl ausgewählt hat. Hat er sich an die Geschichten erinnert? Was wollte jeder? Welche Karte passt am besten zu welcher Geschichte? Die Prüfplättchen werden entsprechend ebenfalls auf die entsprechenden Karten gelegt.
Es folgt die Prüfung. Jetzt werden die Zuordnungen mit den Prüfplättchen verglichen. Übereinstimmungen gelten als Annäherung, d.h. der Spielleiter hat den richtigen Raum gefunden, den der Spieler gesehen hat. Der Spieler darf den nächsten Raum betreten und sich die Karte nehmen und zuoberst auf seinen Kartenstapel legen. Gibt es keine Übereinstimmung, hat der Spielleiter den Raum nicht gefunden. Dann bleibt der Spieler im vorhergehenden Raum. Die Karte wird aus dem Spiel genommen. Der Figurenmarker wird ein Feld von der Spielplan-Mitte wegbewegt, anfangs auf einen beliebigen Weg, später den Weg weiter ins Nichts.
Wurden alle Karten ausgewertet, endet die Runde und die neue beginnt.
Das Spiel endet entweder, wenn jeder Spieler seine vierte Karte gesammelt hat - dann haben die Spieler gemeinsam das Spiel gewonnen. Oder aber ein Spieler landet im Nichts - dann verlieren alle Spieler sofort.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- Kommunikationsspiel mit außergewöhnlichem Setting
- atmosphärische Kartenillustrationen
- in der richtigen Gruppe ein tolles kooperatives Erlebnis
CONTRA
- stark abhängig von der Erzählfreudigkeit der Spieler
- Thema grenzt Gruppenkonstellationen ein
MEINUNG
Dass KOSMOS sich einem solchem Thema annimmt, überrascht mich ein wenig, auch wenn ich weiß, dass Grusel und Horror bei vielen Spielern ein beliebtes Genre ist. Gruselnd und blutig kommt das Spiel gleich mit der Altersangabe ab 16 Jahren einher - also nichts für Familien mit jüngeren Kindern. Bei uns sind es dann die Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen, bei denen das Spiel tatsächlich gut ankommt.
Kommunikationsspiele mit einzigartig und wunderbar gestalteten Motiv-Karten sind nicht neu, Dixit oder Mysterium lassen grüßen. Und doch es ist das außergewöhnliche Thema, das hier neuen Anreiz schafft.
Alles, was dem verqueren Hirn entspringt, darf in die Geschichte einfließen. Die düsteren Bildmotive helfen dabei. Dabei beginnt der Abend der Spielgeschichte sehr sanft – mit einem gemeinsamen Bowling-Abend unter jungen Leuten in Amerika. Das Drama beginnt erst, als alle in verschiedene Dimensionen gezogen werden. Einander hörend, beschreiben sie, was sie vorfinden - langarmige Kraken, blutige Messer, brennende Erde, seltsames Licht. Sie versuchen einander näher zu kommen oder wenigstens nicht ins Nichts abzudriften.
Das kooperative Spiel gewinnt vor allem bei jenen an Flair, die die Geschichten spannend ausschmücken können. Erzählen ist hier spielentscheidend. Doch ich darf Mut machen: Wer sich drauf einlässt und auch nur ein wenig Fantasie hat, braucht seinen Worten dank der Illustrationen nur freien Lauf lassen. Nur drauf einlassen muss man sich schon, zumal das Thema dann doch nicht jedermanns Geschmack trifft.
Dabei ist das Spielmaterial qualitativ hochwertig und durchdacht. Das Regelwerk beschreibt die Spielgeschichte klar und verständlich. Gut, noch mehr der schaurig schönen Karten wäre wünschenswert, aber was bei Dixit als Anzahl gereicht hat, reicht auch hier für verschiedene Runden, zumal es ja immer auch an den Spielern liegt, wie eine Karte interpretiert und in eine Geschichte eingebettet wird.
Die Testrunden zeigten, dass sich nahezu jeder in den einfachen Ablauf einfügen konnte. Wie sich die Spielfreude dann entwickelte, blieb jedoch gruppenabhängig, obwohl es schnell echte Fans gibt und die kooperative Spielweise tatsächlich gemeinsamen Spaß an der Spielfreude aufkommen lässt. Einzig die Spiellänge fühlt sich mit gerade einmal 30 bis 40 Minuten oftmals fast schon zu kurz an. Andere sehen natürlich darin genau einen Vorteil.
Und so empfehle ich Greenville 1989 vor allem Fans von Kommunikationsspielen und Horror-Themen; da ist das Spiel sicher eine sehr gute Wahl.
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10
EURE REZENSENTIN
GABI
Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester
Eine Rezension vom 28.06.2021
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: KOSMOS
Weitere Fotos: Spielkultisten