REZENSION
GHOST WRITER
- Genre: Partyspiel
- Jahr: 2023
- Verlag: Pegasus Spiele
- Autoren: Mary Flanagan, Max Seidman
- Grafik: Spring Yu
- Spieler: 3 bis 8
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: ca. 10 bis 30 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
- Initiativlevel: 7/10
Silencio, ich hab's!
Gesucht wird ein Wort. Zwei Teams konkurrieren darum, dieses schneller herauszufinden, und zwar anhand der Buchstaben-Hinweise auf gestellte Fragen, die der Geist ans Medium übermittelt, und dabei können dann sogar die Wortfetzen der Konkurrenz auf die richtige Spur führen.
REGELN
Teilt euch in zwei Teams auf. Spielt ihr nur zu dritt, übernimmt ein Spieler die Rolle des Geistes, der die Hinweise an die beiden Ratenden gibt. Spielt ihr mindestens zu viert, gibt es zwei Geist-Spieler (einen pro Team). Zieht als Geister nun eine gemeinsame Objektkarte und wählt zufällig einen der sechs Begriffe darauf aus. Natürlich kennen die Medien (also die Ratenden) den gesuchten Begriff nicht. Beide Rate-Teams suchen also den selben Begriff, doch welches Team errät ihn schneller?
Das jeweilige Medium eines Teams (bei mehr als 4 Spielern können das auch mehrere Medien sein, die sich beraten dürfen) bekommt 7 Fragekarten auf die Hand, ein Team 1 („Sonne“) beginnt. Das Medium reicht zwei Fragen an seinen Geist, ohne dass das gegnerische Team die Fragen sehen kann. Der Geist wählt davon eine Frage aus (z.B. „Welche Farbe hat es?“ oder „Welches Geräusch macht es?“ etc.), die nur das Medium des eigenen Teams sieht! Der Geist darf nicht sprechen. Er notiert nun Buchstabe für Buchstabe seiner individuellen Antwort (passend zum gesuchten Begriff) ins erste Kästchen auf der eigenen Team-Seite des ausliegenden Blocks. Nach jedem Buchstaben darf das Medium „Silencio“ (= Ruhe) rufen, damit der Geist aufhört, weitere Buchstaben zu schreiben - schließlich sieht das gegnerische Team ja ebenfalls die notierten Buchstaben auf dem Block, auch wenn es die Frage dazu nicht kennt. Am Ende des eigenen Zuges wird die Kartenhand wieder auf 7 Karten aufgefüllt. Dann ist das gegnerische Team („Mond“) an der Reihe. Auf diese Weise wechseln dich die Teams ab.
Gelangt ein Team auf ein Kästchen mit Augen-Symbol, so muss das Medium noch vor der Übergabe der Fragekarten einen weiteren Buchstaben „einfordern" - bedeutet: Der eigene oder gegnerische Geist muss ein begonnenes Wort um den nächsten Buchstaben verlängern. Natürlich ist auch das wieder eine Hilfestellung für beide Teams.
Sollte sich ein Medium sicher sein, den gesuchten Begriff, auf den die gegebenen Hinweise zutreffen, gefunden zu haben, kann es im eigenen Spielzug, statt Fragekarten an den Geist zu übergeben, alternativ einen Lösungsversuch machen. In diesem Fall schreibt das Medium nun Buchstabe für Buchstabe ins nächste Kästchen. Ist der Buchstabe korrekt, klopft der Geist auf den Tisch. Sollte er sich hingegen die Hand vor den Mund halten, ist der Buchstabe falsch, und das gegnerische Team ist wieder am Zug - mit einem neuen Hinweis oder mit einem eigenen Lösungsversuch. Nach einem missglückten Lösungsversuch kann ein Team im nächsten Spielzug ebenfalls einen neuen Versuch starten - oder erst einmal wieder Karten an den Geist übergeben, um einen zusätzlichen Hinweis zu erhalten.
Das Medium, das als erstes einen korrekten Lösungsversuch macht, den gesuchten Begriff also errät, gewinnt mit seinem Geist die Partie. Sollte beide Teams nach dem Ausfüllen des jeweiligen achten Kästchens nicht auf die Lösung gekommen sein, verlieren beide Teams.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- trickreiche Wort-Deduktion
- umfangreiche Ausstattung
- ideal für Wortakrobaten
- oft erstaunlich, wie wenige Buchstaben ausreichen, um auf ein Wort zu kommen
CONTRA
- manchmal kann man Pech mit den Fragekarten haben
- manche Partien enden sehr schnell
MEINUNG
Jaja, wenn die eigene Kreativität beim Schreiben von Texten an ihre Grenzen stößt, dann ist so ein Ghostwriter sicher eine entspannte Lösung. Im „übersinnlichen Wortspiel“ Ghost Writer hingegen ist dieser Job wörtlich zu nehmen, denn als Geist werden hier Wörter ans Medium übermittelt.
Die Grundidee, seinem Team einen Begriff zu erklären, ist alles andere als neu, aber die Art und Weise, wie das geschieht, ist es dann eben doch. So müssen also die zufällig gezogenen Fragekarten (aus einem Pool von über 100 Fragen) geschickt eingesetzt werden, um sich dem gesuchten Begriff zu nähern. Und schon sind wir mitten im Spiel, das schnell zeigt, dass hier beide Rollen, also die des beschreibenden und die des ratenden Spielers, in gleicher Ausprägung ihren Denkanspruch haben.
Der Geist muss jede Frage so beantworten, dass sie zum geheimen Ratewort führt. Das ist teilweise einfach, wenn er beispielsweise gefragt wird, welche Farbe das gesuchte Objekt hat und der Ratebegriff nun zum Beispiel „Tomate“ lautet. Schwieriger wird es, wenn die Frage nicht so wirklich zum Begriff passen will. Dann ist eine gewisse Abstraktionsfähigkeit gefragt. Welche historische Person würde beispielsweise noch am ehesten mit einem Schneeball in Verbindung gebracht werden? Vielleicht Ötzi? Prima, dann schreibt der Geist doch mal ein Ö. Und da nur das Medium, das die Frage gestellt hat, eben das Wissen besitzt, auf welchen Inhalt sich das Ö bezieht, kann es schnell „Silencio“ rufen, denn so viele historische Persönlichkeiten mit einem Ö am Anfang fallen einem ja vielleicht auch gar nicht ein. Das gegnerische Team wiederum guckt in die Röhre, denn ein einzelnes Ö liefert für sich noch keinen Hinweis auf irgendeine thematische Einordnung ...
Das Medium muss also schnell kombinieren, was besonders denen liegt, die sicher im Umgang mit der deutschen Sprache sind - und daran auch Spaß haben, aus wenigen Buchstaben ad hoc im Kopf mögliche Wörter zu bilden und sie in einen Zusammenhang zu bringen. Vielleicht stellt sich ein sicher geglaubtes Wort ja plötzlich als Holzweg da, wenn beim Gegner-Team Buchstaben erscheinen, die zu gar keinem Wort führen, dass auch nur ansatzweise ein Hinweis auf die vermutete Lösung sein kann. Das ist auf jeden Fall eine unverbrauchte Spielidee - raffiniert und herausfordernd.
Genau solche Wortspiele liebe ich ja, Spiele wie Codenames oder Just One, bei denen man sprachgewandt Hinweise geben muss, um ebenso clever Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Warum erhält Ghost Writer mit seinem witzigen Konzept von mir nicht die Höchst-Punktezahl? Nun, es gibt Partien, die sind echt richtig schnell vorbei, wenn ein Team zufällig genau die passenden Fragen auf der Hand hält und der Geist klug antwortet. In unseren Partien gab es oftmals bereits im dritten von acht Kästchen einen korrekten Lösungsversuch. Umgekehrt kann es ein Team aus einer Runde kicken, wenn die Fragen so rein gar nicht zum Begriff passen wollen. Da kann es auch mal kleine Wartezeiten geben, wenn dem Geist keine passende Antwort einfallen will. Aber in solchen Fällen kann man dann, bei einer Spielzeit von meist unter 20 Minuten (oft sind es auch nur 10 oder weniger), natürlich schnell die nächste Runde anhängen, ja, vielleicht sogar vorher ein Best-of-3- (oder 5-)Ergebnis zur Siegbedingung machen - dann gleichen sich solche Extremrunden auch aus.
Dass Ghost Writer seinen eigenen Charme hat, zeigte sich in unseren Runden auch daran, dass die meisten Personen nach einer Runde als Medium auch gern die Rolle des Geistes ausprobieren wollten und umgekehrt. Wie gesagt: Beide Rollen sind interessant zu spielen, die Denkleistung ist hier, wie auch schon beispielsweise bei Codenames, nicht nur einer Person zugeordnet. Mehr als 4 Spieler benötigt man für Ghost Writer dabei nicht. Da die ratenden Personen eh nicht laut über Lösungen diskutieren sollten (würden sie ja damit dem Gegner-Team helfen), braucht es diese Beratungen nicht, um mehr Spielspaß zu erzeugen. Dabei funktioniert das Spiel übrigens auch bereits hervorragend zu dritt, wenn nur ein neutraler Geist für zwei Medien zur Verfügung steht - natürlich vorausgesetzt, er bleibt dann auch wirklich neutral.
Alles in allem finde ich die Spielidee wirklich sehr reizvoll, die Austattung des Spiels ist umfangreich und qualitativ hochwertig. Da es die beschriebenen Extremrunden geben kann, in denen nichts so richtig zusammenpassen will und andere Runden, in denen schon nach zwei Hinweisen klar zu sein scheint, welcher Begriff gesucht ist, ist nicht jede Partie für mich „sehr gut“, aber immer noch unterhaltsam und tricky, also gute 7 Punkte. In der Tat gibt es aber auch immer wieder richtig spannende Runden, bei denen dann ein echter Nervenkitzel entsteht, ob die gerade für sich entdeckte, vermeintlich korrekte Lösung auch wirklich die richtige sein könnte - und ob einem das Gegner-Team am Ende nicht im letzten Moment zuvor kommt ... Dann sind es auf jeden Fall sehr gute 8 Kultpunkte. Eine Empfehlung an alle, die solche Wortsuch-Spiele mögen, gibt es von mir allemal.
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/XQJNkRBfZlk
KULTFAKTOR: 7-8/10
Spielidee: 9/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 20.08.2023
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Pegasus Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten