REZENSION
FORMOSA TEE
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2020
- Verlag: Strohmann Games
- Autor: Chu-Lan Kao
- Grafik: Sammixyz, Huang Yu Wen
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: 60 bis 90 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 8/10
Guter Tee, schlechter Tee und ein bisschen Aroma
Formosa (das heutige Taiwan) – seit langen Zeiten bekannt für den Oolong-Tee, ein Tee, der aufgrund seiner Verarbeitung geschmacklich zwischen grünem und schwarzem Tee angesiedelt ist. Schaffen wir es, unsere Teeproduktion zu optimieren und unseren Tee gewinnbringend zu verkaufen?
REGELN
Vorbereitung:
Auf der linken Seite des Spielplans werden die 16 Blütenknospenscheiben zufällig auf die 4 Spalten der Teeplantage verteilt. Bei weniger als 4 Spielern wird eine Spalte nicht belegt. Auf die Scheiben werden zufällig je drei Teewürfel platziert. Sowohl Scheiben als auch Würfel gibt es in den drei Teesorten grün, schwarz und orange (Oolong). Oberhalb der 4 Spalten werden die Wetterplättchen zufällig platziert. Die Händlerkarten werden nach den Stufen (1 bis 3) sortiert, jede Sorte für sich gemischt und anschließend so übereinander gestapelt, dass die niedrigste Stufe oben liegt. Anschließend werden die obersten zwölf Karten aufgedeckt und in drei Spalten mit je 4 Karten platziert.
Jeder Spieler erhält ein Spielertableau und in seiner Farbe 5 Marker und 4 Arbeiter (2 Teebauer, 2 Teemeister). Die Marker werden auf die Anfangsfelder der Punkteleiste, der drei Technologieleisten und des heimischen Marktes gelegt.
Je nach Spielerzahl werden 4 bis 6 Karten der „Historischen Ereignisse“ zufällig aufgedeckt und nach ihrer Jahreszahl sortiert. Am Ende zieht jeder Spieler zwei zufällige Teewürfel und legt sie in den Korb (linke Spalte des Tableaus) mit der Feuchtigkeit 1. Restliche Marker (Aktions- und Technologiescheiben) werden neben dem Spielplan platziert.
Spielablauf:
Eine Partie Formosa Tee geht über 6 (2 Spieler), 5 (3 Spieler) oder 4 Runden (4 Spieler). Jede Runde besteht aus einer Aktionsphase und einem Rundenabschluss. Jede Runde beginnt beim Startspieler, der eine der fünf möglichen Aktionen durchführt. Danach folgt der nächste Spieler reihum. Kann ein Spieler keine Aktion mehr durchführen, muss er passen.
Aktionen der Aktionsphase:
(1) Tee-Ernte
Hier stellt man einen beliebigen Arbeiter auf ein unbesetztes Feld der Teeplantage. Man nimmt sich darauf liegende Teewürfel, entweder alle einer Sorte oder von jeder Sorte einen. Diese platziert man in seinen Korb, und zwar in den Korb mit der gleichen Feuchtigkeit des Wetterplättchens in der Spalte des geernteten Teefeldes. Man darf allerdings maximal 6 Würfel in allen Körben zusammen haben. Ist auf dem Feld, auf das man sich gestellt hat, nun kein Teewürfel mehr vorhanden, aber noch eine Blütenknospenscheibe, bekommt man die Scheibe in seinen Vorrat.
Anschließend schaut man auf die Teeverarbeitungsleiste in derselben Zeile des geernteten Teefeldes. Alle Figuren dort dürfen sich jetzt bewegen. Sie dürfen entweder bis zum letzten Feld durchlaufen (ohne eine Zusatzaktion zu bekommen) oder man geht pro Arbeiter (aller Spieler!) ein Feld weiter und nutzt jeweils die Aktion, die mit jedem Feld der Teeverarbeitungsleiste verbunden ist.
(2) Teeverarbeitung
Es gibt vier Teeverarbeitungsleisten, je eine für schwarzen, grünen bzw. Oolong-Rohtee und eine für Aromatee.
Bei der Verarbeitung von Rohtee stellt man einen Teemeister auf das erste Feld einer Teeverarbeitungsleiste und platziert alle Teewürfel der entsprechenden Sorte vom Korb in den jeweiligen Teefabrikbereich des Tableaus, ohne die Feuchtigkeit der Würfel zu verändern. Wichtig: In jeder Teeverarbeitungsleiste darf nur ein Teemeister eines Spielers stehen. Und ab 3 Würfeln, die man in die Fabrik platziert, bekommt man mindestens einen Schritt auf der entsprechenden Technologieleiste.
Anschließend muss man den Effekt des ersten Feldes der Teeverarbeitungsleiste durchführen. Die Effekte der Teeverarbeitungsleiste lassen den Tee trocknen (Feuchtigkeit wird reduziert) oder in den „Geschmacksbereich“ (hochwertiger Tee mit Feuchtigkeit Null) wandern.
Die Teeverarbeitungsleiste für den Aromatee funktioniert nur, wenn man bereits fertigen Tee im Lager hat (siehe unten). Nachdem man einen Teemeister auf das erste Feld der Teeverarbeitungsleiste gestellt hat, kann man bis zu 6 Teewürfel eines fertigen Tees einer Sorte in der Aromateefabrik platzieren. Anschließend platziert man eine Blütenknospenscheibe in der Fabrik (falls vorhanden).
(3) Tee-Fertigstellung
Diese Aktion kann man ausführen, wenn ein eigener Teemeister das letzte Feld einer Teeverarbeitungsleiste erreicht hat. Man stellt den Teemeister wieder in den eigenen Vorrat. Bei Rohtee wird die Qualität des produzierten Tees geprüft. Ist die Summe der Feuchtigkeit der entsprechenden Teewürfel 3 oder größer, ist es schlechter Tee. Ist die Feuchtigkeit Null und mindestens 2 Teewürfel sind im Geschmacksbereich, ist es guter Tee (ab 3 Würfel im Geschmacksbereich erhält man sogar Siegpunkte). Sind beide Voraussetzungen nicht erfüllt, hat man normalen Tee produziert. Alle Würfel der fertig produzierten Charge werden in das Lager (rechte Spalte auf dem Tableau) mit der passenden Qualität gelegt.
Bei Aromatee wird geschaut, welche Blütenknospenscheiben bei der Produktion verwendet wurden. Eine Blütenknospenscheibe in der passenden Farbe wie die Teewürfel bringt 2 Punkte ein. Stimmt die Farbe nicht, ist die Blütenknospenscheibe einen Punkt wert. Die Punkte der maximal drei Scheiben werden addiert und anschließend mit der Anzahl der verwendeten Teewürfel multipliziert. Diese Zahl bekommt man als Siegpunkte. Die verwendeten Teewürfel werden wieder in den allgemeinen Vorrat gegeben, die verwendeten Blütenknospenscheiben kommen aus dem Spiel.
(4) Verkauf am globalen Markt
Beim Verkauf über eine Händlerkarte stellt man einen Arbeiter auf eines der drei Aktionsfelder für den Verkauf am globalen Markt. Dabei darf auf dem Feld kein weiterer eigener Arbeiter stehen. Man darf fertigen Tee an eine Händlerkarte aus der ersten Spalte verkaufen. Jede Händlerkarte fordert dabei eine festgelegte Kombination an Teewürfeln. Diese Kombination muss man mit Tee aus dem eigenen Lager erfüllen. Anschließend bekommt man abhängig vom Teewürfel mit der schlechtesten Qualität, den man verkauft hat, Siegpunkte. Wurde kein schlechter Tee verkauft, behält man die Karte für die Schlusswertungen. Anschließend darf man noch eine Bonusaktion abhängig vom verwendeten Feld durchführen, und die Kartenauslage wird wieder aufgefüllt.
(5) Verkauf am heimischen Markt
Man stellt einen Arbeiter auf das entsprechende Aktionsfeld und muss anschließend Teewürfel aus dem eigenen Lager abgeben. Gibt man zwei gleichfarbige Würfel ab, erhält man zwei Schritte auf der Leiste „Heimischer Markt“. Bei drei unterschiedlichen Würfeln sind es drei Schritte. Die Qualität des Tees spielt keine Rolle.
Boni auf den Leisten:
Für das Fortschreiten auf den Leisten bekommt man häufig Boni. Dabei handelt es sich um Fortschritte auf den Technologieleisten oder Bonuspunkte für bestimmte Händlerkarten am Spielende. Ebenso erhält man grüne Aktionsscheiben oder gelbe Technologiescheiben. Aktionsscheiben kann man für zusätzliche Aktionen in seinem Zug ausgeben. So kann man einen zusätzlichen Verkauf an eine beliebige offene Händlerkarte durchführen oder einen zusätzlichen Schritt auf einer Teeverarbeitungsleiste durchführen und dabei den doppelten Bonus verwenden. Auch Technologiescheiben darf man beliebig in seinem Zug verwenden. Diese darf man bei der Teeproduktion dafür verwenden, um den Tee zusätzlich zu trocknen oder Tee in den Geschmacksbereich zu verschieben. Nach Abschluss der Produktion bekommt man sie wieder in den eigenen Vorrat.
Rundenabschluss:
Haben alle Spieler gepasst, wird der Rundenabschluss durchgeführt. Zunächst gehen - wie bei der Aktion Teeernte - alle Teemeister so viele Felder auf der Teeverarbeitungsleiste vorwärts, wie Arbeiter auf der entsprechende Zeile der Teefelder stehen. Sie lösen allerdings nur die Aktion des Feldes aus, auf dem sie stehen bleiben. Dann wird das historische Ereignis der aktuellen Runde abgehandelt. Dabei wird entweder eine einmalige Aktion durchgeführt und/oder eine Wertung für das Spielende angekündigt. Anschließend werden alle Arbeiter, mit Ausnahme der Teemeister auf den Teeverarbeitungsleisten, zurück in den Vorrat der Spieler gelegt. Die Anordnung der Wetterplättchen wird verändert und auf den Teefeldern wachsen je nach Wetter ein oder zwei Teewürfel nach. Anschließend wird der Startspielermarker an den nächsten Spieler im Uhrzeigersinn gegeben.
Besonderheit im 2-Spieler-Spiel:
Vor der dritten Runde erhalten die Spieler je einen dritten Teemeister.
Spielende:
Wurde das letzte historische Ereignis abgehandelt, endet das Spiel mit der Schlusswertung. Jeder Spieler erhält noch Punkte für die Position seines Markers auf dem heimischen Markt, für Händlerkarten in Abhängigkeit der Position des Markers auf der entsprechenden Technologieleiste und für Bedingungen auf historischen Ereignissen. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
Varianten:
- Statt zwei zufälliger Teewürfel nehmen sich die Spieler bei Spielbeginn zwei Würfel von zwei unterschiedlichen Teefeldern.
- Es werden zu Anfang 3 bis 5 Charakterkarten aufgedeckt. Entgegen der Spielerreihenfolge sucht sich jeder eine Karte aus. Diese Karten bewirken zumeist dauerhafte Vorteile für den Spieler.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- Thema "Teeproduktion" schön und stimmig umgesetzt
- stark verzahnte Aktionen
- viele Möglichkeiten zu punkten
CONTRA
- Spielregel ungünstig aufgebaut
- Kettenzüge am Rundenende können Wartezeit verursachen
MEINUNG
Als ich das Spiel das erste Mal in den Händen hielt, war ich unschlüssig, ob mich ein Spiel mit dem Thema Tee fesseln könnte – schließlich bin ich kein passionierter Teetrinker und kann kaum grünen Tee von Pfefferminztee unterscheiden. Aber Zweifelnde mögen beruhigt sein: Kenntnisse über das aromatische Heißgetränk sind zum Spielen nicht notwendig!
Die Vorgänge der Teeproduktion sind jedoch im Spiel thematisch sehr stimmungsvoll umgesetzt. Das erleichtert das Verständnis der Aktionsmöglichkeiten; alles wirkt logisch, das Thema wirkt nie übergestülpt.
Letztendlich bietet Formosa Tee einen soliden Worker-Placement-Mechanismus, erfindet das Rad somit nicht neu. Trickreich ist aber, dass das Einsetzen von Arbeitern auf der Teeplantage die Teemeister in der Teeproduktion nach vorne bringt. Und leider nicht nur meinen Teemeister – ich pushe auch meine Gegner nach vorn. Umgekehrt lauere ich aber auch darauf, dass irgendwer noch Tee erntet, damit mein Teemeister wichtige Arbeitsschritte ausführen oder gleich bis zum Ende der Teeverarbeitungsleiste durchstürmen kann, um die Tee-Charge fertigzustellen.
Gewieften Spielern erlaubt dieser Mechanismus zuweilen Kettenzüge am Rundenende, selbst wenn die anderen am Tisch schon gepasst haben. Nochmal ernten, der Teemeister stürmt durch bis zum Ende, stellt den ersten Tee fertig und steht wieder zum Einsatz noch in dieser Runde bereit – um mit einer Ernte dem zweiten Teemeister Beine zu machen, der noch auf einer anderen Leiste herumdümpelt. Hui, dieser stürmt auch bis zum Ende, und wieder kann eine weitere Aktion ausgeführt werden. Timing ist hier alles.
Aber die Anzahl der Arbeiter ist begrenzt, die Wartezeit hält sich in Grenzen. Und gut Tee will Weile haben; guter Tee erfordert oft mehrere Arbeitsschritte der Teemeister auf der Teeverarbeitungsleiste. Nur guter und normaler Tee bringt Händlerkarten ein, schnell Produziertes ist oft von mauer Qualität. Wohin also mit der miesen Ware? Formosa Tee bietet glücklicherweise viele Möglichkeiten zu punkten. Selbst der ramschigste Tee kann parfümiert noch punkteträchtig werden oder auf dem heimischen Markt eingesetzt werden.
Die Spielregel ist mit 8 Seiten nicht übermäßig lang geraten, aber recht ungünstig aufgebaut. Das liegt zum Teil daran, dass die einzelnen Aktionen so sehr miteinander verzahnt sind. Manches wichtige Detail wird so nicht auf Anhieb in der Regel gefunden oder gar übersehen. Das könnte zu Fehlern in der Erstpartie führen. Daher der Hinweis: Die Hinweise in der Regel neben den Bildern enthalten wirklich wichtige Hinweise! Eine Übersicht für jeden Spieler wäre schön gewesen. Das Spielertableau ist zuweilen etwas fummelig und anfällig für rutschende Steine, allerdings ist dies Gejammer auf hohem Niveau – und das vorhandene Tableau ermöglicht das ungehinderte Verschieben vom Korb über die Teefabrik bis hin zum Lager der unterschiedlichen Qualitätsklassen.
Die erste Runde der ersten Partie ist zum Eingewöhnen. Was anfangs noch verwirrend erschien: Wo darf ich welchen Arbeiter einsetzen, wann bekomme ich Boni, was schiebe ich wohin, das erschließt sich schnell. Die Symbole sind eindeutig. Zu wissen, wann ich welche Aktion in welcher Reihenfolge mache, um genau das zu erreichen, was ich geplant hatte, das braucht mehr als eine Partie. Wie hilfreich Technologie- oder Aktionsscheiben sein können, merkt man häufig erst, wenn der Tee nass und geschmacklos bleibt oder sich das eigene Teeangebot nicht mit den Wünschen der Händler deckt - auch, dass die Ernte von drei verschiedenen Teewürfeln und einem Blütenknospenplättchen in einem Zug nicht immer eine gute Wahl ist – zuweilen aber doch. So sollte man sich bewusst sein, dass Tee von einer regnerischen Plantage sehr schwierig in gute Qualität zu verarbeiten ist. Insgesamt ist das Spiel nicht hoch komplex, aber man muss sehr auf einige Feinheiten achten.
Zu zweit funktioniert das Spiel überraschend gut – zwar ist auf der Teeplantage weniger los als in größerer Besetzung, dieses Manko wird aber durch mehr Runden und einen zusätzlichen Arbeiter in späteren Runden ausgeglichen.
Die historischen Ereignisse am Rundenende bringen Variation ins Spiel, da nur 4 bis 6 der 11 Karten verwendet werden. Gerade die Boni, die mit Teewürfeln bezahlt werden müssen oder solche, die zusätzliche Siegpunkte für das Spielende ausloben, machen bestimmte Teesorten, Händlerkarten oder Technologieleisten attraktiver. Für Fortgeschrittene gibt es die Charakterkarten. Hier gilt es, die unterschiedlichen Fähigkeiten der Karten geschickt einzusetzen.
Wer ein Spiel mit starken Konflikten bevorzugt, wird hier nicht fündig. Wer würde dieses aber auch bei einem Tee-Spiel erwarten? Wir konkurrieren fair und gewähren auch dem Gegner gern mal einen kleinen Vorteil, sofern wir ihn anschließend übertrumpfen können. Formosa Tee ist gewissermaßen wie eine heiße Tasse Oolong-Tee. Einige Leute werden nur einen ganz normalen soliden Tee entdecken, während für andere die feinen Nuancen ein anregendes Spielerlebnis ergeben.
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 8/10
EURE REZENSENTIN
BIRGIT
Uwe-Rosenberg-Anhängerin, Puzzlespiel-Queen, Freundin der Wollverarbeitung
Eine Rezension vom 06.01.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Strohmann Games
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