REZENSION

DISNEY LORCANA

  • Genre: Kartenspiel (Trading Card Game)
  • Jahr: 2023
  • Verlag: Ravensburger, unter Lizenz von Disney
  • Autoren: Ryan Miller, Steve Warner
  • Grafik: Luis Huerta
  • Spieler: 2 (oder mehr)
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Dauer: ca. 20 bis 30 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
  • Taktiklevel: 6/10

Magic Micky

In der Welt von Lorcana erschaffen wir aus Tinte sogenannte Glimmer, also Abbilder von Disney-Helden. Mit ihnen können wir die Glimmer der Konkurrenz herausfordern und über Erkundungen Legendenpunkte sammeln. Gegenstände und Aktionen werden uns dabei helfen!

Sämtliche Karten-Illustrationen: ©Disney

REGELN

Disney Lorcana ist ein Trading Card Game. Das erste Kapitel, auf das sich diese Rezension bezieht, besteht aus über 200 unterschiedlichen Karten, aufgeteilt in sechs Farben. Zum Einstieg empfehlen sich die drei Starterdecks. Sie enthalten jeweils 60 fest vorgegebene Karten in zwei Farben. Diese Decks können dann mit den separat erhältlichen Booster-Packs, die 12 zufällige Karten in einer bestimmten Seltenheitsverteilung enthalten (von gewöhnlichen Karten über seltene, bis hin zu den nicht einmal gelisteten „Enchanted"-Karten, die am wertvollsten und dementsprechend auch am wenigsten vorhanden sind). Ein Booster-Pack ist auch bereits in jedem Starterset vorhanden, ebenso Pappmarker und eine „Spielmatte“ (in Form eines Faltblattes aus bedrucktem Papier), die die Punkteleiste zum Zählen der Legendenpunkte beinhaltet und die eigene Spielfläche so einteilt, dass Einsteiger nicht mit den Karten durcheinander kommen. Als Alternative zur Punkteleiste gibt es auch ein Scoreboard in der kostenlosen Begleit-App. Die App bietet zudem die Möglichkeit, alle eigenen Karten zu katalogisieren.

Wer später einen entsprechenden Kartenvorrat angesammelt hat, kann dann auch sein eigenes Deck nach individuellen Wünschen zusammenstellen. Dabei gelten stets folgende Regeln:

  • Das Deck muss aus mindestens 60 Karten bestehen.
  • Das Deck darf nur eine oder zwei Kartenfarben beinhalten.
  • Von jeder Karte dürfen maximal vier identische Exemplare im Deck vorhanden sein, dabei ist die Ausführung der Karte (Standard oder Foil) unwichtig.


Los geht‘s! Vor dem Spiel mischt ihr euer Deck und zieht 7 erste Karten auf die Hand. In jedem Spielzug wird eine weitere Karte vom Deck gezogen (entfällt für den Startspieler im ersten Zug). Auch werden dann ab dem zweiten Spielzug, sofern vorhanden, erschöpfte Karten wieder aktiviert und ggf. Effekte von Karten, die sich auf den Beginn des Spielzuges beziehen, ausgeführt.

Danach folgt die eigentliche Aktionsphase. Einmal pro Spielzug darf eine Karte von der Hand in den eigenen Tintenvorrat gespielt werden, wo sie verdeckt abgelegt wird. Die meisten Karten eignen sich zum Ausspielen in den Tintenvorrat; sie haben um ihren Wert eine entsprechende Markierung. Einmal in den Tintenvorrat gelegt, kann die Funktion der Karte in dieser Partie allerdings nicht mehr genutzt werden. Tinte ist die Währung des Spiels, also das, was man in Magic The Gathering als Mana bezeichnen würde.

Die weiteren Aktionen eines Spielzuges können nach Belieben durchgeführt werden, also auch mehrfach, falls gewünscht und möglich.

Tinte kann erschöpft werden = Karte(n) drehen, um eine oder mehrere Handkarten auszuspielen, sofern die Tinte ausreicht, den Wert der gespielten Karte(n) zu bezahlen.

Nun gibt es drei verschiedene Kartentypen:

Charaktere sind das Herzstück des Spiels. Ein ausgespielter Charakter darf allerdings noch nicht im selben Spielzug verwendet werden, in dem er ausgespielt wurde. Thematisch muss seine Tinte erst einmal trocknen. Ab dem nächsten Spielzug steht er dann zur Verfügung.

Charaktere können, egal, ob sie weitere Fähigkeiten haben oder nicht, die ggf. genutzt werden können, gegen Erschöpfung (Drehen der Karte) „herausfordern“, d.h. einen gegnerischen Charakter angreifen. Es können nur erschöpfte Charaktere herausgefordert werden. Beide fügen sich dann gegenseitig ihren Stärkewert, der auf der Karte vermerkt ist, an Schaden zu. Sollte angesammelter Schaden den Wert der auf der Karte ebenfalls verzeichneten Willenskraft eines Charakters erreichen oder übersteigen, wird der Charakter auf den Ablagestapel verbannt. Er kann dann nicht mehr verwendet werden.

Als Alternative kann ein Charakter „erkunden“ (ebenfalls gegen Erschöpfung). Dann sammelt er so viele Legendenpunkte ein, wie auf seiner Karte angegeben.

Gegenstände sind nach dem Ausspielen und Bezahlen mit Tinte sofort einsatzfähig (zu erschöpfen) und liefern individuelle Fähigkeiten. Karten dieser Art verbleiben im aktiven Bereich.

Aktionen werden nach dem Ausspielen und Bezahlen mit Tinte direkt auf den Ablagestapel gelegt. Sie bieten Einmal-Effekte. Als besondere Art einer Aktion fungieren die „Lieder“. Sie können, wie alle Karten, für Tinte ausgespielt werden, oder alternativ von einem bereits aktiven Charakter umsonst "gesungen" werden, wenn dieser die Voraussetzung dafür erfüllt. In diesem Fall muss der Charakter aber erschöpft werden und steht nicht für andere Aktionen bereit.

Gespielt wird abwechselnd. Das Spiel wird als 2-Personen-Spiel empfohlen. Möchtet ihr also schnell ins Spiel einsteigen, sollte sich jede Person ein Starterdeck zulegen. Ihr könnt Disney Lorcana aber auch mit mehr Spielern spielen, sofern jede Person ein eigenes Deck besitzt. Dann wird einfach reihum gespielt.

Spielende:

  • Sollte jemand eine Karte von seinem Deck nachziehen müssen, aber der Nachziehstapel ist leer, dann verliert dieser Spieler.
  • Ansonsten gewinnt derjenige, der als erster 20 Legendenpunkte (oder mehr) sammeln konnte.


Weitere Karten werden dann immer in neuen Kapiteln veröffentlicht. Kapitel 2 soll (Stand: August 2023) bereits Ende 2023 erscheinen.

GALERIE

Sämtliche Karten-Illustrationen: ©Disney

CHECKPOINT

PRO

  • Magic-ähnliches TCG auf Familienspiel-Niveau
  • tolle Illustrationen
  • viele Kombinationsmöglichkeiten
  • zunehmend mehr Synergien


CONTRA 

  • anfangs noch recht eindimensional
  • ein TCG halt ... entscheidet selbst, wie viel ihr da investieren möchtet

MEINUNG

Ein nagelneues Trading Card Game mit Disney-Lizenz? Na, da werden Genre-Fans natürlich sofort hellhörig. Und da verwundert es auch nicht, dass die Shops, die die ersten Disney Lorcana-Artikel bereits zum stationären Release am 18.08.2023 vorrätig hatten, oftmals schnell ausverkauft waren - ein Hype-Train also, den Ravensburger da zusammen mit Disney ausgelöst hat. Ab dem 01.09.2023 sind dann auch die Onlinehändler mit von der Partie.

Zunächst direkt vorab: Das Konzept von Trading Card Games sollte man natürlich mögen, um Disney Lorcana zu mögen. Wer sich dem entgegenstellt, einfach aus der Sorge, hier viel Geld für zufällige Karten zu versenken, den kann ich natürlich verstehen. Das Gute: Die Einsteiger-Decks sind so zusammengestellt, dass ihr für gut 20 Euro pro Person schon mal alles wichtigen Regeln erlernen und direkt drauf los spielen könnt. Da lassen sich dann auch die billig produzierten Pappmarker und die Punkteleiste in Form eines Faltblattes verschmerzen. Der in jedem Starterdeck beiliegende Booster-Pack macht direkt Lust auf mehr. Und genau das ist natürlich auch Sinn und Zweck von TCGs. Mit den Starterkarten werden sich einmal angefixte Spieler nicht allzu lange zufrieden geben, die wollen dann einfach schnell mehr Karten, mehr Funktionen, mehr Möglichkeiten.

Gerade Vielspieler sehen im eigentlichen Deckbau den größten Spaß. Welche Karten passen gut zusammen, welche Farben kombiniere ich? Welche Karten tausche ich gegen stärkere aus, um mein Deck zu verbessern? Sollte ich überhaupt vorschnell Karten rauswerfen? Schließlich lautet die Vorgabe lediglich, dass ich mindestens 60 Karten besitzen muss. Ich kann da auch mit 80 oder 100 Karten ins Rennen gehen, sofern ich jede Karte maximal viermal im Deck habe. Da kann es in späteren Partien, in denen es richtig eng wird, sogar Sinn machen, ein großes Deck zu besitzen, schließlich verliere ich, wenn ich keine Karte mehr nachziehen kann. Reicht mir am Ende gar eine Kartenfarbe aus, mit der ich mein Deck bestreite? Das alles gilt es zu entdecken.

Insbesondere anfangs wird die Spielende-Bedingung der fehlenden Karten noch nicht zum Tragen kommen. Mit den Starterdecks gewinnt meistens jemand nach gut 20 Minuten über Legendenpunkte. Hier zeigen sich dann die Grenzen der vorsortierten Decks. Da gibt es teilweise mächtige Funktionen, die sich auf Kartenfarben beziehen, die gar nicht zum jeweiligen Starterdeck gehören. Klar, solche Karten kann ich dann gut zu Tinte machen.  Möchte ich sie aber eben für ihre Funktion nutzen, muss ich mein Deck vorher neu zusammenstellen. Da lohnt es sich für Fans auf jeden Fall, jede Kartenfarbe zu sammeln. So sind dann, ein angesammelter Kartenvorrat vorausgesetzt, viele Kombinationsmöglichkeiten und Synergien möglich. Die sind teils auch schon mit den Startersets erkennbar, wenn noch nicht in großem Maße vorhanden.

Die Tinte, also die Währung des Spiels, ist dabei ein gut gemachtes Konzept. Da die Mehrheit an Karten in Tinte verwandelt werden kann, gibt es da meistens keine Engpässe, eher ist die Entscheidung wichtig, welche Karten ich noch anderweitig benötige und welche ich in Tinte verwandeln kann. Als überaus wichtig erscheinen da Kartenfunktionen, die einen zusätzlich neue Karten nachziehen lassen. Ohne solche Kartenfunktionen kommt man recht schnell an den Punkt, an dem man alle Handkarten ausgespielt hat und dann in jeder Runde immer nur eine neue nachzieht.

Karten, die in irgendeiner Weise zusätzliche Schäden verursachen können, wurden anscheinend bewusst nur in kleiner Anzahl integriert. Das Spiel soll mit seiner Altersangabe „ab 8 Jahren“ natürlich familientauglich bleiben, und so wurde eine allzu starke Konfrontation vermieden. Ja, Disney Lorcana hat natürlich Ähnlichkeiten zum einem der wohl bekanntesten Trading Card Games, Magic The Gathering. Was da aber über die Jahre (für eine vergleichsweise) ältere Zielgruppe aufgebaut wurde, kann man selbstverständlich mit den Startkarten aus Disney Lorcana noch nicht erreichen. Das ist aber auch nicht das Ziel von Disney Lorcana, von daher solltet ihr die beiden Spiele zur jetzigen Zeit nicht in einen knallharten direkten Vergleich stellen.

Mit weiteren Kapiteln werden dann sicher auch noch mehr Möglichkeiten entstehen, die zu noch mehr Dynamik führen werden. Die Tatsache, dass man sich zum Beispiel nicht adhoc gegen Herausforderungen, was ja letztlich Angriffe sind, wehren kann, ist da so ein Punkt, der sicher noch veränderbar wäre. Auf lange Sicht wäre es natürlich schon cool, wenn man Karten auch zwischen seinen Spielzügen ausspielen könnte. So passierte es uns in den Erstpartien doch häufiger, dass ein Sieger bereits vor seinem eigentlichen Spielzug feststand, einfach, weil derjenige genügend Charaktere in seinem aktiven Bereich angesammelt hatte, die ihm die fehlenden Legendenpunkte im nächsten Spielzug sicher einbrachten, ohne dass Herausforderungen noch einen Einfluss darauf gehabt hätten. Wer das Spiel hingegen öfter gespielt hat, wird merken, dass es da sehr wohl Stellschrauben gibt, die es einem ermöglichen, rechtzeitig gegen eine zu starke Legenden-Sammlung anzukämpfen.

Das Spiel wird für 2 Spieler empfohlen. Da frage ich mich allerdings, warum man das eigentlich so einschränkt. Ja, so bleibt alles übersichtlich, und es entstehen keine großen Wartezeiten. Dennoch: Disney Lorcana funktioniert beispielsweise auch ganz prima zu dritt, es wird sogar spannender, da es dann nämlich öfter dazu kommt, dass bereits mit Schaden bedachte Charaktere schneller ans Limit ihrer Willenskraft gebracht werden. Klar spielen dann auch mal 2 Personen gegen eine an, aber das ist bei diesem Spiel auch eine taktische Komponente, die das Glück beim Ziehen der eigenen Karten reduziert.

Ja, das Kartenglück. Während ich am Anfang noch einmal kostenlos Karten tauschen darf, muss ich später mit dem leben, was ich ziehe. Wer da gerade anfangs zu teure Karten zieht, dem können die Felle davon schwimmen, wenn der Gegenspieler schnell Legendenkarten ins Rennen bringt, die ihm Runde für Runde Punkte liefern. Nun ist das aber meistens dann eben dem noch geringen Kartenpool anzulasten. Letztlich wird Disney Lorcana, öfter gespielt, dann auch zu einem Turnierspiel. Und da zählt, wie bei jedem Trading Card Game, natürlich die Stärke des eigenen zusammengestellten Decks.

Warum steht unter dem Meinungsteil dieser Rezension eigentlich ein Fragezeichen beim Kultfaktor? Ganz einfach: Weil das Spiel sich noch ständig weiter entwickelt. Die eigenen Möglichkeiten sind mit den Starterdecks noch vergleichsweise eindimensional, werden aber immer interessanter und taktischer, sobald entsprechend viele Booster für eine größere Kartenauswahl sorgen. Für die Zielgruppe würde ich das Spielerlebnis in den ersten Runden mit guten 7 Punkten bewerten - also sympathisch, mit einem Extrapunkt für die Disney-Lizenz, die natürlich schon zum Kartensammeln antreibt. Rein spielerisch ist Disney Lorcana derzeit noch nicht am Ende seiner Möglichkeiten angekommen. Was bei anderen Kartenspielen vorschnell dazu führen könnte, dass man so ein Spiel dann recht schnell wieder im Regal liegen ließe, weil man bereits gefühlt alles schon kennt, ist hier der Anreiz zum weiteren Sammeln. Wie oben bereits erwähnt: Das zweite Kapitel wird bereits Ende 2023 folgen, und so bin ich auf jeden Fall schon jetzt gespannt, wohin die Reise gehen wird. Aber erst einmal versuche ich natürlich, an die seltenen Karten aus Kapitel 1 zu gelangen, die in der seltenen Foil-Optik-Variante übrigens noch beeindruckender wirken, als es die Illustrationen für Disney-Fans auf den Standardkarten eh schon sind.

Bleibe ich dran? Ja klar, bis zum zweite Kapitel auf jeden Fall. Danach? Das entscheide ich Ende des Jahres. Fest steht: Ich mag Disney und ich bin neugierig, welche Kartenfunktionen und Synergien in der Zukunft folgen werden. Meinen Sammeltrieb, den ich noch aus Kindheitstagen von den Panini-Fußballbildern kenne, hat Disney Lorcana jedenfalls bereits voll entfacht, und gerade das Sammeln, ja, die Spannung beim Öffnen eines Boosters, gehört bei diesem Spiel für mich auf jeden Fall mit zum eigentlichen Spielspaß. 

Einen eindeutigen Kultfaktor möchte ich allerdings erst gern später bestimmen. Derzeit liege ich rein spielerisch, wie oben schon erwähnt, bei einer guten 7, sehe aber ein großes Potenzial, das sich diese Bewertung noch stetig steigern lässt. Und Familien mit Kindern, denen der derzeitige spielerische Anspruch bereits genügt, und die sich grundlegend keinem Trading Card Game verwehren, werden sowieso Freude daran haben, die Disney-Welt auf den schönen Karten zu entdecken.

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/ksLKbQlfDFA

KULTFAKTOR: ?/10*

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10
[ Mögliches Potenzial: 10/10 ]

* Da sich das Spiel als TCG noch ständig verändern wird, möchte ich anhand der Starterdecks von Kapitel 1 noch keinen endgültigen Kultfaktor benennen.

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 27.08.2023

Dieser Spieletests wurde teilweise unterstützt durch Rezensionsexemplare.

Bildnachweis:
Coverfoto / Illustrationen: ©Disney / Ravensburger
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