REZENSION
DIE SUCHE NACH PLANET X
- Genre: Denkspiel (Deduktion)
- Jahr: 2022
- Verlag: Schwerkraft Verlag
- Autoren: Matthew O'Malley, Ben Rosset
- Grafik: James Masino, Michael Pedro
- Spieler: 1 bis 4
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: ca. 60 bis 90 Min.
- Schwierigkeitsgrad: variabel
- Initiativlevel: 9/10
Am Rande unseres Sonnensystems ...
Das ist schon seit Jahrzehnten das Ziel der größten und teuersten Teleskope der Welt. Wissenschaftler sind der Meinung, es könnte einen neunten Planeten geben, der eine einzigartige Umlaufbahn um die Sonne besitzt. Diese Suche nach „Planet X“ unterstützen wir auf spielerische Weise.
REGELN
Mit der Auslage des Sonnensystem-Spielbretts bestimmen wir den Spielmodi, Standard- oder Expertenmodus. Der Unterschied ist die Anzahl der Sektoren (12 oder 18), die für unsere Suche beobachtet werden müssen. Eine Erdscheibe wird in der Mitte des Spielbrettes durch eine Sonnenscheibe arretiert, um die Umlaufbahn der Erde und die sichtbaren Sektoren (6/9) während des Spielzuges zu markieren.
Je ein Teleskop in Spielerfarbe wird auf die umlaufende Zeitleiste platziert. Für jeden Spieler gibt es zudem einen Notizbogen, entsprechend der Sitzrichtung zum Spielbrett, und einen Sichtschirm mit den wichtigsten Informationen zum Spielablauf und den vorab bekannten logischen Relationen der Himmelsobjekte.
Von diesen Objekten gibt es 6 verschiedene in unterschiedlicher Anzahl:
- 2 Kometen
- 2 Gaswolken
- 1 Zwergplanenten (4 im Expertenmodus)
- 4 Asteroiden
- 2 leere Sektoren (5 im Expertenmodus)
- und natürlich Planet X
Ein Zwergplanet ist nie benachbart zu Planet X, Kometen kommen nur in 5 (7) bestimmten Sektoren vor, Asteroiden sind zu mindestens einem Asteroiden benachbart, Gaswolken haben immer einen leeren Sektor neben sich … Diese immer geltenden Zusammenhänge sind auf Sichtschirm und Notizbogen aufgeschrieben. Alle weiteren Relationen werden zu Spielbeginn von der erforderlichen Begleit-App zufällig ermittelt und können durch Eingabe eines Spielcodes auf mehreren elektronischen Geräten abgerufen werden.
Dieses Abrufen geschieht nun häppchenweise während der Spielzüge der Spieler, die aus 3 Schritten bestehen:
- Eine von 4 Aktionen ausführen.
- Die eigene Spielfigur entsprechend den Zeitkosten der Aktion vorsetzen.
- Die Erdscheibe drehen, zum Sektor der am weitesten zurückliegenden Spielfigur (= nächster aktiver Spieler).
Jede der vier Aktionen erfordert eine Interaktion mit der App, um zum einen die Aktion auszuwählen (allgemeine Information) und das Ergebnis abzurufen (individuelle geheime Information).
- Nach einem Objekttyp durchmustern: Der Spieler wählt einen Objekttyp und eine Reihe von sichtbaren Sektoren. Je mehr Sektoren gewählt werden, um so weniger Zeit wird benötigt, aber um so ungenauer wird die Information (z.B. wie viele Kometen befinden sich in den Sektoren 4-7?).
- 1 Zielsektor wählen: Der Spieler wählt einen sichtbaren Sektor und bekommt das Objekt in diesem Sektor genannt (2x im Spiel möglich, die Abgabe eines Zielmarkers erinnert daran).
- 1 Thema erforschen: Zu Spielbeginn werden 6 logische Bezüge bestimmter Objekte zueinander festgelegt, die nun vom Spieler abgefragt werden können; diese Aktion kann nicht 2x hintereinander gewählt werden.
- Planet X lokalisieren: Es werden der Sektor von Planet X und der Inhalt der benachbarten Sektoren vermutet. Ist die Vermutung richtig, wird das Spielende ausgelöst.
Die eigene Spielfigur wird je nach ausgewählter Aktion und Genauigkeit der Information um 1 bis 5 Felder auf der Zeitleiste vorgerückt. Die Erdscheibe wird dann bis zum Sektor der am weitesten zurückliegenden Figur weitergedreht.
Wird hierbei ein Theorie-Phasen-Symbol überschritten, wird die Spielrunde für eben diese Phase unterbrochen: Die Spieler versuchen, die Objekte in bestimmten Sektoren zu benennen, in dem 1/2 Theoriemarker mit einem Objekt verdeckt auf Sektoren-Abschnitte gelegt werden. Diese Marker wandern in jeder Theorie-Phase Richtung Spielfeldmitte, um, wenn dort angelangt, einer Peer-Review unterzogen zu werden. Der innen liegende Marker wird aufgedeckt und die App nach der Richtigkeit des genannten Objekts befragt. Richtige Theorien bleiben offen im Sektor liegen; die Information ist dann allen bekannt. Falsche Theorien werden entfernt und mit einer Strafe auf der Zeitleiste belegt.
Die Erdscheibe kann auch noch ein Konferenzphasen-Symbol überschreiten: Hier gibt es dann, ähnlich der Erforschen-Aktion, eine weitere Information zu Planet X.
Hat ein Spieler Planet X erfolgreich lokalisiert, hat jeder andere Mitspieler eine weitere Möglichkeit, ebenfalls Planet X zu benennen oder eine Theorie zu verkünden. Punkte werden nun für korrekte Theorien, nach Häufigkeit der Objekte 2-4 Punkte und dem Zeitpunkt der Verkündung (3 Punkte für die erste richtige Nennung des Objektes) und für die Lokalisierung von Planet X (10 Punkte für den 1. und gestaffelte Punkte für die Spieler mit Spielfiguren hinter dem Erstnenner (2-10)) vergeben.
Nach Addition der Punkte wird der Spieler, der am meisten zu dieser astronomischen Untersuchung beigetragen hat, zum Spielsieger erklärt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- thematisches Material
- sehr gute App-Begleitung
- Logikrätsel ...
CONTRA
- viele Informationen zu Spielbeginn für Erstspieler
- Logikrätsel ...
MEINUNG
Ich schwelge gerne in spielerischen Erinnerungen und hier sind natürlich die stundenlagen Suchen nach dem Mörder von Graf Eutin, der Mordwaffe und dem Tatort im Klassiker Cluedo nicht weit entfernt. Allerdings schauen wir uns bei der Suche nach Planet X nicht im Schloss und seinen Räumen um, sondern öffnen das Dach unserer Forschungseinrichtung und fahren ein riesiges Teleskop aus, um den Himmel abzusuchen. Das wird mit dem vorhanden Spielmaterial schön umgesetzt: die Teleskope als Spielfiguren, die Umlaufbahn der Erde um die Sonne und damit die begrenzte Aussicht auf die verschiedenen Himmelssektoren.
Der hauptsächliche Blick der Spieler geht aber größtenteils auf die eigenen Aufzeichnungen hinter unserem Sichtschirm. Die Unterscheidung der Notizbögen auf die jeweilige Spielfeldseite vereinfacht die Sicht und vermeidet Fehler bei der Findung der Sektoren.
Dass die vielen benötigten Informationen sinnvoll aufgeschrieben und kombiniert werden können, liegt natürlich an den Spielern selbst, auch, ob man seine eigenen Aufzeichnungen durchschaut und dann die richtigen Schlüsse ziehen kann. Unsere Fotos zeigen einige „wissenschaftliche“ Aufzeichnungen, und somit erfolgt ein wichtiger Hinweis für Erstspieler und solche, die mit Logikrätseln nicht viel anfangen können, denn die Informationsmenge zu Spielbeginn ist schon sehr groß. Es gilt sich durchzubeißen und vielleicht eine weitere Partie zu spielen, um die logische Struktur innerhalb der Weltraumobjekte zu durchschauen.
Die Begleit-App ist dann die große Hilfe, schnell eine neue Objektverteilung bereitzustellen, um den Himmel erneut absuchen zu können. Jetzt ist es auch möglich, Anfänger und fortgeschrittene Spieler mit mehr oder weniger Startinformationen zu versorgen, um eine Chancengleichheit zu erzeugen. Die Grafik und Handhabung der App entsprechen den aktuellen Standards, die Bedienung geht leicht von der Hand, sodass jeder Spieler die Informationen für alle oder nur für sich selbst schnell erkennen und nutzen kann. Auch die Zeitkosten werden mit dem Ergebnis bekanntgegeben, sodass das Vorrücken der Spieler-Teleskope keine Regeltabelle oder Übersicht benötigt.
Die angegebene Spieldauer ist korrekt angegeben, da auch die Expertenversion nicht in eine stundenlange Grübelei ausartet. Durch die Theorie-Phasen und Konferenzen werden immer wieder sehr genaue Informationen zu einzelnen Sektoren für alle Spieler bereitgestellt. Dies führt zu Überraschungen, und die dosierten Informationen leiten erste Spieler sicherlich in unter einer Stunde, egal ob Standard- oder Expertenversion, zur Lokalisierung von Planet X.
Der anfängliche Vergleich mit dem in den 1940ern entstandenen Cluedo ist natürlich einzig auf die Spielart der Logik-/ Deduktionsspiele bezogen. Die Suche nach Planet X hebt das Genre mit all seinen Variationen und Modernisierungen in die aktuelle Welt. Mit wissenschaftlichen Anmerkungen ergänzt, ist die Regel gut verständlich und interessiert die Spieler für die Hintergründe der Himmelsbeobachtungen. Die App versorgt uns verlässlich mit den wichtigsten Informationen und ist eine unaufdringliche Begleitung während unserer Suche.
Ich vergebe sehr gute 9 Kultpunkte für dieses Spiel und hätte es gerne auf einer Auswahlliste zum (Kenner-)Spiel des Jahres 2022 gesehen, möchte aber dringend dazu raten, nur mit Spielern zu spielen, die sich gerne für eine Stunde mit logischen Relationen den Kopf qualmen lassen. Der Spaß ist nur dann wirklich garantiert.
KULTFAKTOR: 9/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung & App: 9/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
ANDREAS
Seit 1985 Besucher der SPIEL in Essen. Gelb gewinnt!
Eine Rezension vom 31.05.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein vergünstigtes Presse-Exemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Schwerkraft Verlag
Weitere Fotos: Spielkultisten