REZENSION

DIE KLINIK (DELUXE)

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2020
  • Verlag: Giant Roc
  • Autor: Alban Viard
  • Grafik: Ian O'Toole
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 60 - 150 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: schwer
  • Taktiklevel: 10/10

Qualitätsmerkmal: Parkplatz

 In diesem Strategiespiel leitet jeder Spieler seine eigene Klinik. Doch es geht nicht nur um gutes Personal- und Patientenmanagement - auch der Parkraum ist von großer Bedeutung ... 

REGELN

"Die Klinik" wird über sieben Runden gespielt, wobei jede Runde aus drei Phasen besteht. Zu Beginn des Spiels bekommt jeder Spieler sein Kliniktableau, seine Aktionsplättchen sowie $15. Außerdem startet jede Klinik mit einem Eingang, einem "Stationszimmer Psychiatrie", einem Behandlungsraum und einem Lager, was er sofort in seine Klinik einbaut.

 1. Aktionen
Pro Runde hat jeder Spieler genau drei Aktionen, die er durchführen kann. Für jede dieser Aktionen (Bauen, Personal einstellen und Patienten aufnehmen) hat jeder Spieler genau zwei Aktionsplättchen. Vor jeder einzelnen Aktion wählen die Spieler aus diesen sechs Plättchen gleichzeitig eines geheim aus. Danach deckt jeder sein Plättchen auf, und die Spieler führen die Aktion in Spielerreihenfolge durch.

- Bauen: Bevor wir über das Bauen selbst reden, müssen wir zunächst den Begriff "angrenzend" definieren. Als angrenzend gelten Räume, die orthogonal in horizontaler (also in der gleichen Etage) oder vertikaler Richtung (direkt über- bzw. untereinander) zueinander liegen.

In der Bauaktion darf man hier bis zu zwei Elementen an seine Klinik anbauen. Dabei hat jedes Element seine eigenen Bauregeln und Bedingungen. Deshalb werde ich hier nur auf die wichtigsten eingehen. Generell unterscheidet man hier zwischen Räumen (Stationen, Behandlungszimmern, Lager und sonstigen Räumen) und zusätzlichen Elementen wie Parkplätzen, Gärten oder weiteren Eingängen. Die Baukosten belaufen sich standardmäßig (Lager haben einen Basiswert von $0) auf $2 + einen zusätzlichen Dollar für jede Etage. Räume dürfen grundsätzlich auf jedes freies Feld gelegt werden. Allerdings dürfen gleiche Raumarten (z.B. zwei Behandlungszimmer) nicht benachbart gelegt werden, und Räume in höheren Etagen müssen immer direkt über einen bereits existierenden Raum gebaut werden. Außerdem darf sich pro Etage nur ein Stationszimmer befinden.

- Personal einstellen:
Mit dieser Aktion können die Spieler Personen einstellen, und zwar einen Arzt (aus der Universität) und/oder entweder eine Pflege- oder eine Hilfskraft. Das neue Personal wird auf einen beliebigen Eingang gestellt. Zusätzlich kommt jede Person natürlich mit dem Auto zur Arbeit (die Verbindung zum ÖPNV ist wohl suboptimal). Falls man keinen freien Parkplatz auf seinem Spielertableau hat, kann die Person nicht eingestellt werden.

- Patienten aufnehmen:
Mit dieser Aktion können nun Patienten aus der Warteliste aufgenommen werden, indem man "Wertungspunkte" ausgibt. Die Anzahl der verfügbaren WP berechnet sich aus der Summe der Eingänge und Helipads in der Klinik plus 1. Zu Beginn des Spieles hat jeder Spieler also zwei Wertungspunkte. Für einen Wertungspunkt kann der Spieler entweder einen Patienten aus der roten Spalte aufnehmen oder einen beliebigen Patienten um einen Platz in der Warteschlange (sowohl vertikal als auch horizontal) verschieben. Aufgenommene Patienten werden in den entsprechenden Aufnahmebereich auf dem Spielertableau gelegt. Achtung: Auch Patienten reisen immer mit dem Auto an! Die Warteschlangen der einzelnen Wartelisten werden immer mit jeweils einem neuen Patienten ausgefüllt, nachdem alle Spieler eine Aktion durchgeführt haben.

Nachdem alle Spieler ihre drei Aktionen durchgeführt haben, können sie nun Patienten und Personal durch ihre Klinik bewegen. Hierbei gilt, dass Personen die Klinik über einen Eingang (bzw. ein Helipad) betreten müssen, und Patienten müssen in ein Behandlungsraum bewegt werden, das sich an dem Stationszimmer des jeweiligen Leidens befindet. Jeder Schritt kostet eine Zeiteinheit, und die Spieler müssen die Kapazitäten der einzelnen Räume beachten (z.B. kann sich in Lagerräumen nur eine Hilfskraft aufhalten). Hier sollte man so zeitsparend wie möglich vorgehen, denn am Ende verliert man pro drei ausgegebenen Zeiteinheiten einen Siegpunkt. Nachdem alle Spieler ihre Personen bewegt haben endet die Aktionsphase.

2. Finanzen
Nun folgt die Finanzphase, in der wir die Patienten behandeln und unsere Angestellten entlohnen müssen. Die Patienten werden in Behandlungszimmern, die angrenzend an der Station ihres speziellen Leidens liegen, behandelt. Außerdem muss der behandelnde Arzt die selbe Farbe (die Farbe des Arztes beschreibt seine Qualifikation) haben, wie die Schwere des Leidens des Patienten. Das heißt, nur ein orangener Arzt kann einen orangenen Patienten behandeln. Für jede Differenz in der Farbe von Patient zum Arzt (egal in welche Richtung), muss eine Pflegekraft anwesend sein. Für jeden behandelnden Patienten nehmen sich die Spieler die entsprechenden Einnahmen (zum Beispiel $20 für einen orangenen Patienten) plus zusätzliche Boni, wie zum Beispiel für Gärten. Geheilte Patienten verlassen die Klinik (natürlich mit ihrem Auto).

Nun werden die Gehälter der Angestellten gezahlt. Jede Pflegekraft und jede Hilfskraft kosten $1, die Kosten der Ärzte hängen von der Qualifikation ($4-$1) ab. Außerdem kostet jeder Raum und Garten einen Dollar. Sollte ein Spieler nicht genügend Geld haben, muss er die restlichen Unterhaltskosten mit Siegpunkten bezahlen.

Im letzten Schritt können die Spieler in umgekehrter Spielerreihenfolge Beliebtheit (= Siegpunkte) mit dem Geld, welches sie in der aktuellen Runde generiert haben, erwerben. Für $3 Dollar kann man einen Siegpunkt kaufen.

3. Verwaltung
In der Verwaltungsphase wird nun in mehrere Schritten die neue Runde vorbereitet. Besonders eingehen möchte ich hier auf die Ärzte und Patienten. Ärzte aus der Universität werden um eine Farbstufe aufgewertet, während Ärzte auf den Spielertableaus um eine Stufe abgewertet werden. Außerdem verschlechtert sich der Gesundheitszustand jedes Patienten in der eigenen Klinik um eine Stufe. Rote Patienten sterben, und der jeweilige Spieler verliert fünf Siegpunkte (aber immerhin wird ein Parkplatz frei). Nun wird die Spielerreihenfolge neu angepasst (der Spieler mit den wenigsten Siegpunkten beginnt etc.).

Ende des Spiels:
Nach sieben Runden endet das Spiel. Nun bekommen die Spieler noch zusätzliche Punkte für ihre Ärzte, für Behandlungsräume (je nach Etage) und Punkte, falls die Klinik aus mehr als zwei Gebäuden besteht. Punkte werden für nicht behandelte Patienten sowie für die verbrauchte Zeit während des Spieles abgezogen.  

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • knallhartes, thematisches Wirtschaftsspiel
  • gelungene Grafik
  • viele schwierige Entscheidungen
  • vertikales Bauen 


CONTRA

  • durch die kleinen Meeple etwas fummelig
  • keine Spielerhilfen

MEINUNG

Eigentlich ist "Die Klinik" ein einfaches Spiel. Es gibt drei Aktionen, und jeder Spieler hat im gesamten Spiel genau 21 Aktionen zur Verfügung. Eigentlich. Denn was meiner Meinung nach ein hervorragendes Expertenspiel ausmacht, ist nicht, den Spieler mit einer Mannigfaltigkeit an Optionen zu erschlagen, sondern ihn durch das Herunterbrechen auf wenige Aktionen zu schwierigen Entscheidungen zu zwingen. Und dies macht "Die Klinik" herausragend. Wie schaffe ich es, meine Ärzte und Patienten möglichst zeitsparend durch die Klinik zu navigieren? Möchte ich möglichst viele Patienten heilen, oder lege ich mein Hauptaugenmerk auf das Bauen in die höheren Etagen? Soll meine Klinik aus mehreren Gebäuden bestehen? Und wie viele Siegpunkte möchte ich am Rundenende generieren? Und warum zur Hölle habe ich wieder keine freien Parkplätze mehr? 
 
Zudem sollte man nie die Spielerreihenfolge aus dem Auge lassen. Denn der Startspieler jeder Runde hat einen nicht zu unterschätzenden Vorteil (besonders was das Aufnehmen von Patienten angeht). In unseren Testpartien liefen alle Spiele trotz der Komplexität und der Schwere der Entscheidungen immer recht flüssig ab, vereinzelt kann es dann aber doch zu einer Downtime kommen. Eine Analyse-Paralyse-Gefahr kann man dem Spiel nicht absprechen. Aber das haben Expertenspiele in der Regel so an sich.
 
Trotz der überschaubaren Aktionsmöglichkeiten, gibt es jede Menge an verschiedenen Regeln, sodass gerade in den ersten Runden doch häufiger in die Regeln geschaut werden muss. Hier habe ich eindeutig eine Spielerhilfe vermisst. Zwar sind alle wichtigen Informationen auf den Spielertableaus und auf den Spielplan sichtbar, aber trotz der guten (aber nicht immer offensichtlichen) Ikonographie von Ian O'Toole wäre eine Spielerhilfe meiner Ansicht nach angebracht.
 
Da wir gerade von Ian O'Toole sprechen. Wann immer ich seinen Namen auf einer Spielerschachtel lese, werde ich sofort hellhörig. Ich mag seinen schlichten, aber klaren Grafikstil, und auch „Die Klinik“ profitiert meiner Meinung nach von diesem. Generell ist das Spielmaterial von guter Qualität. Einzig die wirklich winzigen Meeple (besonders die Autos und das Pflegepersonal) verlangen (gerade beim Aufbau) eine extrem ruhige Hand und tendieren durchaus dazu, dominoeffektartig über den Spielplan zu rollen.
 
Insgesamt ist "Die Klinik" für mich ein wirklich gelungenes Wirtschaftsspiel mit vielen kniffligen Entscheidungen. Deswegen vergebe ich dann 8 von 10 freien Krankenhausbetten, ähm, Parkplätzen. 

KULTFAKTOR: 8/10

Spielidee: 9/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10

EUER REZENSENT

MATTHIAS

Traingames, you say? Hold my beer!

Eine Rezension vom 07.09.2020

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Giant Roc
Weitere Fotos: Spielkultisten