REZENSION
DESCENT: LEGENDEN DER FINSTERNIS
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2021
- Verlag: FFG / Asmodee
- Autoren: Kara Centell-Dunk, Nathan I. Hajek
- Grafik: Gary Storkamp, Preston Stone
- Spieler: 1 bis 4
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: 120 bis 180 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 7/10
Die Gefahr lauert im Dunkeln
Wieder einmal wird Terrinoth von den Dämonen und Untoten heimgesucht. Die Herrscher über das Land wissen nicht weiter und können sich nicht entscheiden, wie man diese Gefahr abwenden kann. In der Zwischenzeit versammelt sich ein ungleicher Trupp an Reisenden um ein Lagerfeuer und schließt sich zusammen, um die Gefahr zu bannen, wobei die Beweggründe unterschiedlicher nicht sein können.
REGELN
Am Anfang des Spiels gibt es vier Helden (Brynn, Galaden, Syrus, Vaerix). Vor jeder Partie kann man sich neu entscheiden, welche Helden sich der Gefahr stellen. Jeder Held verfügt über zwei Waffen, diese wiederum haben eine Basis-Version und eine verbesserte Version. Beide Waffen werden gemeinsam in eine Kartenhülle gesteckt und fungieren als doppelseitige Angriffskarte.
Die begleitende App erzählt die Geschichte weiter, enthüllt nach und nach den Spielplan und die Gegner, sagt, wann wir verloren bzw. gewonnen haben, sie stellt unser Inventar dar und speichert den Kampagnen-Fortschritt. In der App gibt es zwei Ansichten: Einmal wird der Spielplan dargestellt und zum anderen die Gegner.
Erscheinen Gegner, teilt die App den Figuren entsprechende ID-Marker zu, welche sich in Farbe und Einkerbungen unterscheiden, sodass man diese auseinanderhalten kann, wenn es mehrere desselben Typs gibt. Analog wird der Gegner lediglich anhand der Figur dargestellt, alle anderen Informationen gibt die App her.
Spielaufbau
Die App wird gestartet und sagt, was man wie aufbauen muss. Man kann einen Speicherslot, die Helden und den Schwierigkeitsgrad auswählen. Alles kann während des Spiels bzw. zwischen den Abenteuern verändert werden, sodass nichts endgültig ist.
Spielt man alleine, spielt der Solospieler zwei Figuren, ansonsten ändert sich nichts an den Regeln.
Jeder Spieler nimmt sich passend zu seinem Helden die Figur, die Übersichtskarte, die Heldenkarte, die beiden Startwaffen und ein Lebensrad (auf dem der Startwert der Lebenspunkte eingestellt wird). Später kommen noch diverse Fähigkeiten hinzu.
Man entscheidet sich, mit welcher Waffe und Seite der Heldenkarte man startet.
Aus den Markern, Spielplanteilen, Gegnerfiguren etc. wird ein Vorrat gebildet.
Wenn man den Startspielplan aufbaut, muss man darauf achten, dass man genügend Platz lässt, da der Spielplan im Lauf der Partie noch größer wird.
Jede Partie Descent: Legenden der Finsternis ist ein Abenteuer, welches über mehrere Runden gespielt wird. Jede Runde hat zwei Phasen, angefangen mit der Heldenphase und abgeschlossen mit der Finsterphase, welche voll von der App gesteuert wird.
(1) Heldenphase
Während der Heldenphase spielt jeder einen Zug, die Reihenfolge der Spieler ist dabei egal und kann von Runde zu Runde unterschiedlich sein. Ein Zug beinhaltet eine Bewegung und / oder bis zu zwei beliebige Aktionen.
Manöver: Dies ist die klassische Bewegungsaktion. Man erhält so viele Bewegungspunkte, wie auf deiner Charakterkarte angegeben, und kann sich frei auf freie benachbarte Felder in jeglicher Richtung bewegen. Hat man genügend Bewegungspunkte, können befreundete Figuren auch übersprungen werden. Zwischen den Bewegungen kann man auch weitere Aktionen durchführen.
Ein Held, der benachbart zu seinem Gegner steht, ist aufgehalten. Ist man aufgehalten, erhält man nur einen Bewegungspunkt bzw. hat danach nur noch einen übrig.
Sobald man ein Feld mit Sichtungsmarker oder ein benachbartes Feld betritt, muss man den Marker sofort aktivieren. Es kann sich hierbei zum Beispiel um Fallen handeln, man kann neue Details erkennen oder den Spielplan erweitern. Um dies in der App umzusetzen, zieht man das jeweilige Charakterbild entsprechend auf den Sichtmarker in der App.
Kampf: Im Kampf kann man Gegner angreifen, welche sich in Reichweite und Sichtlinie befinden. Gegner auf benachbarten Feldern kann man immer angreifen, mit bestimmten Waffen kann man auf bis zu zwei Felder entfernte Gegner zielen. Andere Waffen haben einen Reichweitenwert. Die Reichweite zählt man beginnend beim Nachbarfeld bis zum Feld des Gegners.
Die Sichtlinie ist gegeben, wenn man eine gerade Linie vom Feld der Figur zum Feld einer anderen Figur ziehen kann, ohne dass ein blockierendes Gelände dazwischen liegt. Figuren selber blockieren keine Sichtlinie. Die App hat auch ein Sichtlinientool, falls man sich unsicher ist.
Greift man einen Gegner an, zieht man das jeweilige Heldenbild auf den Gegner, würfelt und gibt der App an, wie viele Erfolgssysmbole verwendet werden, um Schaden zu machen und welche Waffe genutzt wurde.
Man greift mit der Waffe an, die man aktuell ausgerüstet hat. Auf dieser ist angegeben, mit welchem und wie vielen Würfel man würfelt. Sterne bedeuten einen Erfolg und fügen Schaden zu, Blitze sind Energiesymbole und werden dafür genutzt, um Energiefähigkeiten abzuhandeln. Ein Plus ist ein Vorteil und kann gegen Erschöpfung in Schaden umgewandelt werden. Jeder Erfolg wird mit dem Schadenswert der Waffe multipliziert, um den Schaden zu berechnen.
Jeder Gegner hat einen Verteidigungswert. Die App wird automatisch 0 bis X (Wert des Verteidigungswertes) Schaden von dem zugefügten Schaden abziehen. Manche Gegner haben noch zusätzliche Fähigkeiten als Verteidigung, die man händisch abhandeln muss, wie z.B. eine Figur versetzen.
Es gibt verschiedene Schadensarten wie z.B. Wucht, Luftmagie etc. Jeder Gegnertyp hat bestimmte Schwächen, die man zunächst herausfinden muss (und dann bis zum Ende der Kampagne kennt). Nutzt man einen Angriff mit entsprechender Schwäche, macht man einen Schaden mehr.
Erkundung: Befindet man sich auf einem benachbarten Feld oder einem Feld mit Erkundungsmarker oder einem 3D-Geländeteil, kann man mit diesem interagieren, indem man das Heldenbild auf das entsprechende Element zieht. So können Proben verlangt werden, man findet Gegenstände, oder der Spielplan wird erweitert. Klickt man lediglich auf das 3D-Geländeteil, erhält man Infos über dieses (das kostet keine Aktion).
Bereitschaft: Man kann seine Heldenkarte, Angriffskarte oder seine Fertigkeitskarte umdrehen und somit gleichzeitig sämtliche Marker von dieser Karte entfernen.
Spezial: Man kann die Spezialaktion von Karten nutzen. Manche benötigen mehrere Aktionen, um durchgeführt werden zu können.
(2) Finsterphase
Die App führt diese Phase komplett selbstständig durch und gibt Anweisungen an die Spieler. Zustandseffekte werden abgehandelt, Gegner aktiviert, Erschöpfung vergeht oder es werden Taktiken der Gegner angesprochen, welche ggf. ausgeführt werden.
Sieg und Niederlage: Das Abenteuer gibt am Bildschirmrand an, was die aktuelle Aufgabe ist. Wurde die letzte Aufgabe erfüllt, haben die Helden das Spiel gewonnen. Wird ein Held, der eine schwere Verletzung erlitten hat, ein weiteres mal verwundet, endet das Abenteuer und man verliert. Ob man gewinnt oder verliert, hat Auswirkung auf den weiteren Verlauf der Kampagne.
Gegner aktivieren: Die App aktiviert die Gegner nacheinander und gibt an, welcher Held das Ziel ist. Ein aktivierter Gegner bewegt sich so, dass er einen Angriff gegen sein Ziel durchführen kann. Ist dies nicht möglich, wird der nächstgelegene Held als Ziel bestimmt. Gibt es hier einen Gleichstand zwischen Helden, wird der Held mit den wenigsten Lebenspunkten angegriffen.
Gegner bewegen sich so wie die Helden. Gegner, die keinen Reichweitewert haben, bewegen sich immer auf ein Nachbarfeld des Ziels. Ein Gegner mit Reichweitenwert bewegt sich so, dass er, wenn möglich, die maximale Reichweite vom Ziel entfernt ist, jedoch trotzdem angreifen kann. Auch Gegner benötigen eine Sichtlinie zum Ziel und werden entsprechend umpositioniert, falls die maximale Reichweite keine Sichtlinie zum Ziel bietet.
Auch Gegner bevorzugen es nicht, aufgehalten zu werden, wenn dies möglich ist. Dies ist jedoch ihr letztes Kriterium und greift erst, nachdem alle anderen Bewegungskriterien berücksichtigt wurden.
Greift ein Gegner an, teilt er den entsprechenden Schadenswert aus. Helden können sich daraufhin verteidigen, was genauso wie ein Heldenangriff funktioniert, nur entsprechend mit dem Verteidigungswürfel, und dass man Schaden negiert.
Gegner haben Aktivierungsfähigkeiten, welche ggf. beachtet werden müssen.
Schaden und Verletzungen: Das Lebensrad zeigt an, wie viele Lebenspunkte ein Held besitzt. Wird man geheilt, können die Lebenspunkte nie über das Maximum hinaus generiert werden. Fallen die Lebenspunkte eines Helden hingegen auf Null, wird er verwundet. Dadurch erhält er wieder seine maximalen Lebenspunkte. In der App wird ausgewählt, dass der entsprechende Held verwundet wurde. Die App sagt entsprechend, welche Verletzungskarte man erhält, oder ob man das Spiel verloren hat.
Schaden und besiegt werden: Die App berechnet den Schaden, den Gegner erleiden, automatisch. Sollte man direkten Schaden zufügen, kann man dies entsprechend an der Leiste mit den Lebenspunkten der Gegner einstellen. Fallen die Lebenspunkte eines Gegners auf Null, ist er besiegt, und die Figur verschwindet vom Spielfeld.
Vorteile umwandeln: Immer wenn man ein Vorteil (das Plus auf dem Würfel) in einen Erfolg umwandeln möchte, legt man einen Erschöpfungsmarker auf eine Karte, die ein Erschöpfungslimit hat.
Erschöpfungsfähigkeiten: Wenn vor einer Fähigkeit eine Zahl und ein Erschöpfungssymbol abgebildet ist, kann man diese Fähigkeit abhandeln, wenn man entsprechend viele Erschöpfungsmarker auf genau dieser Karte platziert. Dabei darf niemals das Erschöpfungslimit überschritten werden.
Erschöpfung erleiden: Müssen durch Effekte Erschöpfungsmarker platziert werden, darf man diese beliebig auf den Karten verteilen, solange das Limit der Karte nicht überschritten wird. Kann man keine Erschöpfungsmarker mehr platzieren, erleidet man stattdessen Schaden.
Proben: Jeder Held hat diverse Boni oder Mali auf Proben, welche auf der Heldenkarte vermerkt sind. Muss man eine Probe durchführen, wirft man zwei schwarze Würfel und teilt der App das Ergebnis mit.
Heldeneffekte: Die Effekte von Helden wirken sich nicht auf andere Helden aus, außer es ist etwas anderes angegeben. Für Energiefähigkeiten kann man gewürfelte Blitze ausgeben, um die Fähigkeit einmal pro Wurf zu nutzen.
Verbrauchsgegenstände verwenden: Wann und wie ein Gegenstand verwendet wird, ist auf der Karte erklärt. Wird ein Gegenstand verbraucht, wird er entfernt und kann in dem Abenteuer nicht mehr verwendet werden.
Zustände: Es gibt fünf verschiedene Zustände, welche positiv und negativ sein können. Sobald man einen Zustand erhält, legt man diesen auf die angegebene Karte.
Diverses, was auch noch interessant sein könnte:
- Muss ein Gegner platziert werden, und das Feld ist besetzt, wird die vorhandene Figur benachbart gestellt.
- Die App zeigt Gegnerstufen an. Umso höher die Stufe ist, umso mehr Angriff, Verteidigung und Lebenspunkte hat ein Gegner.
- Stehen Figuren an einer Barrikade, erhalten diese bei einem Angriff zusätzlich einen Schaden.
- Es gibt verschiedene Geländetypen, welche bei Helden und Gegnern unterschiedliche Mali auslösen.
- Um Ebenen nach oben zu gelangen, muss man die Treppe verwenden. Figuren können jedoch auch von höheren Ebenen herunterspringen.
- Man kann auch über einen Höhenunterschied hinaus angreifen.
Kampagnenregeln
Die Helden bilden zusammen eine Gruppe, welche ein Gruppeninventar besitzt, das unbegrenzt ist. Jedoch kann ein Held nur zwei Waffen (die eine Karte bilden), eine Rüstung, einen Schmuck und drei Verbrauchsgegenstände gleichzeitig tragen.
Zudem gelten folgende Regeln:
- Gold, Materialien, Essenzen und Rezepte werden immer über die App verwaltet.
- Rüstungen können leicht, mittel oder schwer sein. Ein Held kann eine entsprechende Rüstung nur nutzen, wenn diese Art von Rüstung auf der Heldenkarte abgebildet ist.
- Ein Held kann nicht mehrere Exemplare desselben Verbrauchsgegenstand ausrüsten.
- Stellt man einen Verbrauchsgegenstand her, steht dieser nun in allen Abenteuern zur Verfügung.
- Man kann Waffen aus drei Teilen bauen. Die Spielkarte gibt die Art der Waffe an, wie z.B. eine Armbrust, und über die App fügt man zwei Fähigkeiten hinzu, welche zu einem gewissen Prozentsatz triggern.
- In der Regel kehren die Helden nach einem Abenteuer in die Stadt Frostgate zurück, wo sie diverse Orte aufsuchen können, um ihre Gruppe, Fähigkeiten und Gegenstände zu verwalten und zu verbessern.
- Es können diverse Ereignisse stattfinden, welche komplett von der App gesteuert werden.
- Jeder Held verfolgt neben dem Kampagnenziel auch persönliche Ziele, welche durch die App organisiert werden. Durch diese Ziele erhält er Rezepte, neue Fertigkeiten etc.
- Vor jedem Abenteuer stellt man die Fähigkeiten seines Helden zusammen, die er nutzen kann. Die Fähigkeiten dürfen in Summe aber nicht höher sein in der Erfahrung, als der Held zur Zeit an Erfahrung gesammelt hat.
- Jeder Held hat zwei Tugenden, welche immer wieder von der App anhand von Ereignissen verbessert werden können. So kann der Verlauf der Geschichte sich ändern, je nachdem, welche Tugend man maximiert.
Auf einer Landkarte werden alle verfügbaren Abenteuer angezeigt. Es gibt Hauptabenteuer, die die Kampagne voranschreiten lassen und Nebenabenteuer, die nach dem ersten Spiel dieses Abenteuers von der Karte verschwinden.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- App nimmt einem viel Arbeit ab
- super Material
- schneller Aufbau
- einzigartiges Bonus- und Verbesserungssystem
CONTRA
- ohne App läuft nichts
- man sollte zumindest ein größeres Tablet benutzen
- hohe Anschaffungskosten
MEINUNG
Wenn man Descent hört, denken die meisten an einen der Ur-Dungeon-Crawler überhaupt, an die epischen Schlachten zwischen dem Overlord und der Heldengruppe. Nun geht es in die dritte Runde, wobei ausdrücklich betont wird, dass es sich nicht um den dritten Teil von Descent handelt – wohl, da der Overlord durch eine App ersetzt wurde? Ich muss gestehen, dass ich dem Spiel skeptisch gegenüberstand, da es sich für mich falsch anfühlte, dass der Overlord nun eine App ist, die auch das meiste der Verwaltung im Spiel übernimmt. Doch dazu später mehr.
Die Regeln sind gut zu verstehen, und Personen, die Descent schon kennen, werden sich hier schnell zurechtfinden. Alle anderen werden aber auch keinerlei Probleme bekommen, denn das Regelheft ist nicht allzu lang, die App erklärt einem die meisten Regeln in der ersten Partie noch einmal grob, und man kann jederzeit über die App- Hilfe in einem Glossar suchen, das sehr gut aufgebaut ist. Zudem muss man vor der ersten Partie nur bis zu den Kampagnenregeln lesen, um mit dem Spiel zu beginnen, denn den Rest erklärt die App sowieso im Verlauf.
Die Geschichte, die in diesem ersten von (angeblich) drei Akten gespielt wird, ist solide und erfindet das Rad nicht neu. Eine Heldengruppe findet sich zufällig zusammen und bekämpfen das Böse, wobei jeder eine andere Motivation hat, welche man im Laufe der Story erfährt. Einige Passagen der Story sind in der App vertont, was mir sehr gefällt. Umso ernüchternder finde ich es, dass die Dialoge, welche den größten Teil der Story ausfüllen, nicht vertont sind. Sie bestehen immer nur aus kurzen Sätzen und tragen nicht so viel zur Atmosphäre bei. Dagegen bekommt man aber auch Textpassagen innerhalb der laufenden Runde, die die Umgebung beschreiben, also was man hört etc., sodass man sich hier immer etwas mehr vorstellen kann.
Als die riesige Box bei mir ankam, habe ich eine Materialschlacht erwartet und war tatsächlich über den Umfang der Box verwundert. Es befinden sich einige Karten, ein paar Custom Dice, einige Marker, die Spielfiguren und einige 3D-Papp-Elemente darin. Die Box ist nur so riesig, da ein doppelter Boden eingebaut wurde, sodass die zusammengesteckten 3D Elemente nicht jedes Mal neu zusammengebaut werden müssen. Ist zwar gut gelöst, nimmt aber enorm viel Platz weg. Die ca. 160 Euro Neupreis, die für das Spiel ausgerufen werden, sind demnach also vor allem in die App geflossen.
Die 3D-Elemente sind schön anzusehen, und ich finde es erstaunlich, wie so ein bisschen Pappe das Spielgefühl direkt steigert, vor allem da man durch die App die Möglichkeit hat, mit diesen zu interagieren. Auch wenn es nicht wirklich viele verschiedene Bauteile gibt, schaffen es die Spielentwickler, immer neue „Bauwerke“ zu erschaffen, die im Laufe einer Partie aber manchmal sehr leer wirken, da alles nur noch trist herumsteht, sobald die Gegner zurückgeschlagen wurden.
Einen visuellen Nachteil haben die 3D-Elemente aber auch öfters, denn sie stehen gerne mal im Weg bzw. verdecken die Sicht auf eine Figur, einen Marker etc. Am meisten mache ich mir Sorgen um die Haltbarkeit der Säulen, mit denen man die verschiedenen Ebenen aufbaut, denn diese leiern mit der Zeit aus, und ich kann mir vorstellen, dass es in einem Jahr problematisch hierbei aussehen könnte.
Die Figuren haben eine hervorragende Qualität, sind aber doch sehr leicht, was für mich zunächst ungewohnt war. Zudem sind diese sehr fest in dem Inlay verankert, sodass ich oft Sorge habe, dass ich die Figuren beschädige, wenn ich sie aus der Verpackung holen möchte. Unter die Figuren kann man jeweils verschieden farbige Vierecke klemmen, welche zusätzlich noch diverse Einkerbungen haben, damit man die Figuren gut voneinander unterscheiden kann – dies funktioniert aber nur soweit, wie die Figur zu einem gerichtet ist, ansonsten bekommt man hiervon nicht viel mit.
Die einzelnen Helden unterscheiden sich in ihrer Spielweise, aber nicht so stark, dass man sich komplett in den Charakter einarbeiten müsste. So ist ein Heldenwechsel zwischen den Abenteuern kein Problem.
Das Artwork mochten manche meiner Mitspieler nicht, aber mich stört es nicht wirklich – so sieht man zumindest einen anderen Stil, der nicht oft verwendet wird.
Um eine App nutzen zu können, benötigt man bekannterweise ein entsprechendes Gerät und einen Bildschirm. Ich selber nutze einen Laptop, welcher wiederum an einen 42 Zoll-Fernseher angeschlossen ist, welcher an der Wand neben dem Spieltisch hängt. Entsprechend ist der Luxus gegeben, dass jeder Spieler jederzeit alles gut einsehen kann und weiß, was gerade in der App los ist, auch die Soundausgabe ist entsprechend etwas besser als auf einem kleinen Gerät. Mich persönlich würde es sehr stören, wenn ich nicht jederzeit mitbekomme, was gerade in der App passiert, zudem ist so der Aufbau schneller und einfacher auf die Mitspieler aufgeteilt, da einer die Spielplanteile heraussucht, einer die Figuren, ein anderer das 3D-Gelände, und der letzte klickt sich durch die App. Man sollte daher wohl mindestens ein größeres Tablet nutzen, damit man hier Freude empfindet.
Ich weiß nicht, wie ich den Spielmechanismus nennen soll. Die Hauptmechanik wird über die Karten und Erschöpfung gesteuert. Jede Heldenkarte hat zwei Seiten, ebenso die Waffen und jegliche Fähigkeit im Spiel. Die beiden Seiten der Karten sind jeweils unterschiedlich, haben unterschiedliche Effekte und ein Erschöpfungslimit – die Waffen sind hierbei besonders, da zwei verschiedene Waffen in eine Kartenhülle gesteckt werden, somit austauschbar sind und man so z.B. auf der einen Seite ein Schwert und auf der anderen einen Bogen vorfindet. Möchte man eine Fähigkeit verwenden, muss man auf die entsprechende Karte die geforderte Anzahl an Erschöpfung legen, bei anderen Effekten kann man sich aussuchen, auf welche Karte man die Erschöpfung platziert. Ich finde das sehr reizvoll, da man hier gut planen muss, welche Karte wann Erschöpfung auf sich liegen hat, wann ich Erschöpfung verschiebe, wann ich welche abwerfe, und wann ich welche Karte umdrehe, damit ich eine andere Fähigkeit nutzen kann.
Eine Langzeitmotivation finde ich bei dem Spiel gegeben. Zwar ändert sich die Geschichte nicht wirklich, auch wenn es kleine Veränderungen gibt (abhängig davon, welches Szenario man gewonnen oder verloren hat), aber man kann für diverse Szenarien immer mal wieder eine andere Heldengruppe verwenden, man kann den Schwierigkeitsgrad anpassen und höher schrauben, andere Fähigkeiten und Waffen verwenden etc.
Abgesehen davon, dass man wissen möchte, wie die Geschichte weitergeht, motiviert einen das Errungenschaften-System sehr, diverse Charaktere zu spielen, um neue Rezepte und Fähigkeiten freizuschalten.
Den Aufbau von einem Spiel finde ich sehr schön, da man jegliche analogen Komponenten bereithält und sich nur die wenigen Karten des eigenen Helden nimmt.
Während einer Partie sagt einem die App nach und nach, welche Spielplanteile, 3D-Elemente, Monster, Marker etc. verwendet werden, und wann sie ins Spiel kommen. Zudem offenbart sie einem dabei diverse Details der Geschichte. So hat man keinerlei Aufbauzeit vor dem eigentlichen Spiel, da dies während des Spielens geschieht.
Kommen wir nochmal zur App, dem Herzstück des Spiels. Die App nimmt einen fast alles ab und macht das Spiel erst wirklich besonders. Man kann mehrere Spiele anlegen, sodass man auch mit verschiedenen Gruppen ohne Probleme parallel spielen kann. Die App ist übersichtlich, und man findet sich schnell zu recht. Man kann alles durch simples Anklicken erreichen und diverse Aktionen durch Drag and Drop durchführen. Man sagt der App, welcher Held z.B. mit einem 3D-Element interagieren möchte, und es werden einem diverse Möglichkeiten geboten, was man nun tun kann, z.B. an einem Baum hochklettern, Kräuter sammeln oder Früchte pflücken.
Auch ein Angriff ist relativ simpel, da man der App vorgibt, welcher Held welches Monster angreift, und vor allem mit welcher Waffe. Nachdem man die Würfel geworfen hat, teilt man der App mit, wie viele Erfolge gewürfelt und ob ggf. noch Zustände verteilt wurden - und die App berechnet den Rest. Dabei weiß die App, welche Boni und Stärke unsere Waffen haben, rechnet diese ein und zieht die zufällige Verteidigung des Gegners ab. Die App trackt die Lebenspunkte des Monsters bzw. passt diese an.
Zwar sind die physischen Figuren limitiert, und man sieht z.B. immer die selbe Golem-Figur; im Spiel selber können dies aber verschiedenen Golems sein mit individuellen Fähigkeiten, Schwächen und Stärken. So spart man sich Figuren, hat jedoch trotzdem Abwechslung geboten. Die verschiedenen Monster haben alle Schwächen (gegen Waffenarten), welche man erst herausfinden muss, und die einem die App dann mitteilen würde. Auch bereiten sich die Monster individuell auf Angriffe vor bzw. planen Taktiken, welche einem die App mit einem Text mitteilt.
Die App ist auch gleichzeitig unser Inventar und merkt sich unsere Ausrüstung, die Ressourcen und unseren Goldvorrat. In der Stadt kann man auf dem Markt Ausrüstung und Ressourcen kaufen, welche man nebenan direkt verwendet und man mächtige Waffen schmieden kann. Zwar haben wir z.B. die Waffenkarte „Schwert“ vor uns liegen, aber über die App können wir noch diverse Boni auf dieses packen, welche die App später in der Schadensberechnung mit einrechnet. Hier finde ich es schön, dass sich die Waffen auch optisch in der App unterscheiden, wenn man z.B. eine andere Klinge anbringt.
Zudem gibt das Spiel die Regelhilfe über das Glossar und auch ein Sichtlinientool, sodass hier Unklarheiten schnell beiseite geschafft werden können.
Was gefällt mir an der App nicht? Zu einem sind bei vielen 3D-Elementen die Texte identisch (wobei ... kann man das als App-Problem bezeichnen? Das ist eher eine redaktionelle Sache). Das führt jedenfalls dazu, dass man sich hier nach drei Partien einfach schon blind durchklickt, ohne die Texte noch richtig zu lesen, da man ja eh weiß, was dort steht.
Es kam auch leider schon vor, dass sich die App offensichtlich verrechnet hat und man dies leider nicht genau korrigieren konnte, dies ist besonders ärgerlich, wenn ein Bonus mit 2% Chance nicht mit eingerechnet wird (man sieht, was die App rechnet und dann das Ergebnis, welches einfach falsch war).
Meine Gruppe hatte allerdings beim Spielen keine Probleme mit einem Software-Absturz, bei anderen Gruppen, so liest man im Netz, kam dies aber wohl schon vor, sodass vieles verloren war.
Was man natürlich immer bedenken sollte, ist die Frage nach der Dauer des App-Supports. Aktuell besteht noch keine Gefahr, dass die App kein Update mehr erhält, aber wie sieht das in 10 Jahren aus? Sobald die App nicht mehr unterstützt wird, ist ein sehr teures Spiel dann einfach unbrauchbar.
Fazit: Alles in allem muss ich aber sagen, dass mich Descent: Legenden der Finsternis positiv überrascht hat und es mir Spaß macht, es zu spielen. Wenn man jedoch überhaupt nichts mit Apps anfangen kann, und keine Lust hat, jeden Spielschritt durch eine App-Eingabe zu dokumentieren, sollte man besser einen Bogen um dieses Spiel machen. Für alle, die so eine App-Unterstützung spannend finden, gibt es von mir 8 Kultpunkte.
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
MANUEL
Paragraphenreiter, Pausenclown, Erklärbär, Nintendo-Kind
Eine Rezension vom 21.12.2021
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: FFG / Asmodee
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