REZENSION

DEAL WITH THE DEVIL

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2022
  • Verlag: CGE / HeidelBÄR Games
  • Autor: Matúš Kotry
  • Grafik: Roman Bednář, David Cochard
  • App-Entwicklung: Adam Španel
  • Spieler: exakt 4
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Dauer: ca. 120 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: hoch
  • Taktiklevel: 9/10

Ist die Zeit für einen Pakt gekommen?

Wir haben den Teufel am Tisch sitzen, dazu einen Kultisten, der bereits einen Teil seiner Seele verkauft hat und zwei Sterbliche, die über fünf Spielrunden reichlich in Versuchung gebracht werden. Vier Königreiche sollen zu Ruhm und Reichtum geführt werden, wir handeln mit Ressourcen und wollen es natürlich der Kirche, in Form der Inquisition, gerecht machen.

REGELN

Der Spielplan mit einem Herstellungsrad in der Mitte, zur Anzeige der Runden, dem möglichen Einkommen der jeweiligen Spieler und den Rundenphasen in ihrer Reihenfolge, erlaubt nur das Sitzen an den vier Seiten des Spieltisches. Jeder Spieler erhält einen großen Sichtschirm, der im oberen Teil die Auswahl von Aktionen geheim zulässt und darunter die Aufbewahrung der Ressourcen vor den Augen der Mitspieler verdeckt. Die Inquisitionstafel zeigt eine Punkteleiste, eine Reputationsleiste und eine Inquisitionsübersicht. Engelsflügel (für Boni) und Dämonenflügel (für Strafen) sowie fünf Inquisitoren und Hausgäste werden hier bereit gelegt.

Die Spieler platzieren Markierungssteine auf einem Gebührenkreis, einer Schuldenleiste, der Reputationsleiste und der Punkteleiste und erhalten eine Spielhilfe, passend zur Position auf dem Spielplan mit entsprechenden Startressourcen, Aktionsanzeigern und Abstimmungsringen in den Farben der anderen Mitspieler.

Vier Truhen werden für die vier verschieden Rollen vorbereitet. Da gibt es:

  •  2 Sterbliche mit einer „noch“ reinen Seele, bestehend aus 3 Teilen.
  •  1 Kultist mit nur 2 Seelenstücken, sowie weiteren Startressourcen, Marmor, Glas und einer Münze.
  •  1 Teufel, ohne Seele, dafür aber mit reichlich Startkapital, je eine Ressource jeder Art und 8 Münzen.


Nun kommt zum ersten Mal die Begleit-App zum Einsatz. Auf der Unterseite der Truhen befindet sich ein QR-Code, mit dem die App nun zufällig die Truhen und somit die vier Rollen an die Spieler verteilt. Der Inhalt der Truhen wird nun hinter den Sichtschirmen der Spieler versteckt.

Es beginnt die erste von fünf Spielrunden mit jeweils bis zu acht Phasen:

 (1) Herstellung: In jedem der vier Königreiche wird durch das Herstellungsrad eine Anzahl von Luxus-Ressourcen (Glas, Marmor), einfachen Ressourcen (Holz, Stein, Getreide) und Münzen angezeigt, die die Spieler erhalten. Durch Verbesserung, über kleine Erfolge während des Spiels, kann die Menge des Einkommens erhöht werden.

(2) Karten: Es werden 4 Gebäude und 1 Ereignis aus einem Runden-sortierten Stapel an die Spieler verteilt. Diese Karten können dann in der Aktionsphase genutzt werden. Zwei der gerade erhaltenen Gebäude werden einmalig an den linken oder rechten Mitspieler (je nach Runde) gedraftet.

(3) Handel: Nächster und wichtigster Einsatz der Begleit-App. Sterbliche benötigen Münzen, 2 bis 7 dürfen gefordert werden, der Teufel fragt nach 1 oder 2 Seelenstücken, der Kultist nach 2 bis 6 Münzen oder einem Seelenstück. Die Forderung und ein Gebot werden verdeckt in die Truhen gelegt und eingestellt. Die App verteilt nun die geschlossenen Truhen zufällig unter den Mitspielern. Jeder Spieler hat nun die Wahl, das Angebot anzunehmen (er entnimmt den Inhalt und befüllt die Truhe mit gewünschten Münzen oder Seelenstücken) oder abzulehnen und die Truhe so zu lassen, wie sie ist. Die App verteilt die Truhen jetzt für eine zweite Angebotsrunde neu. Hier werden bereits angenommene Angebote so gelassen, wie sie sind, nicht angenommene Angebote können jetzt bedient werden. Die App sorgt dafür, dass jeder Spieler seine Truhe wiederbekommt und den Inhalt hinter seinem Sichtschirm ablegen kann.

(4) Aktionen:  Der obere Bereich des Sichtschirms wird nun genutzt, um ein Ereignis und bis zu vier Aktionen vorab einzustellen. Dies passiert gleichzeitig hinter einem Sichtschutz. Die Ereigniskarten zeigen zwei Möglichkeiten; auf der linken Seite Reichtum (Ressourcen) für eine negative Reputation (das passiert dann zu Beginn der Aktionsausführung) oder auf der rechten Seite Ressourcen für eine positive Reputation auszugeben (das geschieht nach allen anderen Aktionen). Nun verteilen wir zwei Aktionsanzeiger kostenlos und bis zu zwei weitere für jeweils ein Getreide auf folgende Aktionen: Nutze zwei bereits gebaute Gebäude, errichte ein Gebäude, nutze dieses sofort, errichte ein weiteres Gebäude, nutze dieses sofort und stelle einen Höfling ein. Neue Gebäude werden aus der Kartenhand den Aktionen zugeordnet und müssen dann durch Bezahlung der aufgedruckten Kosten gebaut werden. Siegpunkte und Effekte während der verschiedenen Phasen sind weitere Angaben auf den Gebäudekarten. Am Ende der Aktionsphase werden Erfolge verteilt für jeweils 3 Sets (kleine Erfolge) oder 5 Sets (große Erfolge) von gleichen gebauten Gebäudearten. Kleine Erfolge erhöhen den Ertrag in der Herstellungsphase, große Erfolge geben eine sofortige Belohnung in Form von Ressourcen. Hier fungieren die angeheuerten Höflinge als Joker.

(5) Gebühren: Da wir während des Spiels jederzeit Ressourcen gegen Münzen einkaufen und verkaufen und bis zu 10 Münzen als Schulden aufnehmen können, ist nun eine Zinszahlung fällig. Für jede Münze Schulden bewegt sich ein Gebührenanzeiger in einem vier Felder großen Gebührenkreis und erhöht die Schulden bei jeder vollen Umrundung um 1. Erreichen wir das Maximalfeld dieser Leiste, erhalten wir einen Dämonenflügel als Strafe.

(6) Reputation: Durch die verschiedenen Aktionen verändert sich unser Reputationswert, sodass der Spieler mit der höchsten Reputation nun einen Engelsflügel bekommt, der mit der niedrigsten einen Dämonenflügel, bei ungünstigem Verlauf sogar bis zu vier in einer Runde. Der Wert wird am Rundenende wieder Richtung Mitte der Leiste verschoben, um in den nächsten Runden wieder angepasst zu werden. Drei gesammelte Engelsflügel werden gegen einen Ablassbrief eingetauscht, drei Dämonenflügel schicken uns einen Hausgast, beides Dinge, die während der Inquisition wichtig werden.

(7) Hexenjagd (in Runde 2 und 3): Die Spieler klagen sich an, wer keine 3 Seelenstücke mehr besitzt. Dazu wird ein Abstimmungsring in die Faust genommen und gleichzeitig geöffnet. Sollte nun eine Farbe mindestens zwei Stimmen bekommen haben, muss sich der verdächtigte Spieler entscheiden, seine Unschuld zu beweisen und drei Seelenstücke vorzuzeigen (für einen Engelsflügel) oder seine Sünden zu gestehen (für einen Dämonenflügel und Verlust von Reputation).

(8) Inquisition (in Runde 3 und Runde 5): Es beginnt mit einem dunklen Ritual, bei dem der Teufel alle bis jetzt gesammelten Seelenstücke in seine Truhe legt und alle Spieler Münzen zur Bestechung der Inquisitoren in ihre Truhen füllen. Sterbliche und der Kultist können ihre Truhe noch um einen farbigen Abstimmungsring mit einer Verdächtigung, welcher Spieler der Kultist oder der Teufel ist, ergänzen. Die Truhen werden gemischt und dann geöffnet. Je 5 Münzen würden die ersten ausliegenden Inquisitoren plötzlich die Königreiche verlassen lassen. Die in der Teufelstruhe liegenden Seelen werden, je nach Anzahl, um Ressourcen zur Belohnung ergänzt. Liegen markierte Seelenstücke des Kultisten dabei, bekommt auch die Kultistentruhe Belohnungen. Wie bei der Hexenjagd müssen auch jetzt mindestens zwei gleiche Verdächtigungen in den Truhen liegen. Der/ die angeklagte(n) Spieler müssen nun ehrlich sagen, ob die Anklage wahr oder falsch ist. Entsprechende Ergebnisse werden mit Ressourcen und Reputation belohnt oder bestraft. Die Truhen gehen per App an die Besitzer zurück. In Runde 5 werden in diesem Schritt Siegpunkte vergeben. Nun beginnt die eigentliche Inquisition. Für jeden noch ausliegenden Inquisitor muss ein Seelenstück gezeigt oder ein Ablassbrief abgegeben werden - oder es droht eine Strafe wie Punkte- oder Reputationsverlust.

Am Spielende, nach 5 Runden, werden noch die Siegpunkte auf den gebauten Gebäuden, große Erfolge und ungenutzte Ressourcen ergänzt, eventuelle Schulden und Dämonenflügel verringern die Schlusspunktzahl nochmals. Wer die meisten Punkte besitzt, gewinnt.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • viel Interaktion und Spannung
  •  tolle Ausstattung und großartiges Thema
  •  sinnvolle App-Unterstützung


CONTRA

  • umfangreiche Regelerklärung nötig
  • anfangs Gefahr, zu viel preiszugeben

MEINUNG

Wow, hier haben wir es mit einem Schwergewicht für den Expertenspielbereich zu tun. Wie aus der fast 1200 Wörter langen Regelerklärung zu erkennen ist, muss hier vor dem Spielspaß einiges erklärt werden. Der Ablauf der einzelnen Phasen in den fünf Runden ist handelsüblich bekannt, die Verzahnung mit den unterschiedlichen Rollen der Spieler muss aber vom Erklärer hervorgehoben und gut erläutert werden. Das ist hier besonders wichtig, da niemand vorher weiß, welche Rolle er für diese Runde von der App zugewiesen bekommt. Somit müssen alle Spieler bei jeder Rolle die Eigenheiten und eventuellen Spielfehler-Quellen erkennen und verstehen. Die Spielregel hat eine „Zu-viel-preisgeben-FAQ“ auf der letzten Seite, die versucht, zu verhindern, über eventuelle Regelfragen während des Spiels, nicht zu viel von seiner Rolle preiszugeben, z.B.: „F: Kann ich meine Seele gegen Münzen anbieten? A: Nein. Niemand darf ein Seelenstück anbieten; man muss warten, bis man danach gefragt wird. Außerdem beginnt der Teufel ohne Seele, von daher …“

Es ist bei Deal with the Devil definitiv nicht möglich, nach der ersten Partie grenzenlose Begeisterung bei allen vier Spielern (und es werden exakt vier benötigt!) zu erzeugen. Als Neuling wird das Spielen der Rollen stark aus dem Bauch heraus geschehen, was bei uns zunächst leider oft zu frühzeitigen richtigen Anklagen schon in Runde 3 geführt hat. Als enttarnter Teufel hat man nun keine Gewinnchance mehr und spielt die letzten zwei Runden nur noch mit und weiß sehr schnell, was man falsch gemacht hat. Ob dieser Fehler in der nächsten Partie vermieden werden kann, werde ich erst erfahren, wenn mir die App die gleiche Rolle zugewiesen hat.

Die hervorragende App ist dann auch der entscheidende Faktor, dass sich alle Spieler am Tisch auf ihre Rollen konzentrieren können und unnötiger Verwaltungsaufwand in diesem Spiel vermieden wird. Das Geheimnis, wem die jeweiligen Truhen gehören, und wer sie in welcher Phase bekommt, wird auf der letzten Regelseite versucht, logisch zu erklären. Dieses Wechselspiel dann aber während des Spiels noch zu verfolgen, lenkt vom Rollenspiel ab.

Deal with the Devil muss man sich definitiv erarbeiten und die, wie in vielen Rezensionen unzähliger anderer Kenner- und Expertenspiele genannten, zwei bis drei Partien werden hier nicht ausreichen, um den vollen Spielspaß zu erleben! Die Interaktion, aus jedem Handel, jedem Gebäudebau und jeder Verdächtigung eigene Schlüsse zu ziehen, selbst aus seiner Rolle ein erfolgreiches Königreich zu gestalten, gemeinsam die Inquisition zu bestechen und seine Seele im richtigen Augenblick teuer zu verkaufen (als Teufel natürlich günstig zu bekommen), erzeugt aber schließlich Spannung bis in die fünfte Runde hinein. Wird der Teufel enttarnt oder hat er doch genug Seelen gesammelt, ohne aufzufallen? Hat der Kultist mit den eigenen und fremden Seelen, auch möglichst unbemerkt, genug Profit für seinen Gebäudebau gemacht, oder hat ein schuldenfreier Sterblicher vielleicht den Versuchungen widerstanden und einfach nur eine tolle Stadt errichtet? Jede Rolle will gut gespielt werden! Jede Rolle aber auch ausprobieren zu können, hängt von der Verteilung der App ab und das ist gut so, denn vorher schon zu viel zu wissen oder zu verraten ist nicht gewollt und somit Teil des Spaßes!

Wenn ihr auf meine Kultpunkte schaut, dann werdet ihr direkt sehen: Ich bin begeistert von Deal with the Devil. Ich weiß, dass die Meinungen zu diesem Spiel geteilt sein werden, aber ich möchte euch raten: Lasst euch auf dieses Spiel ein, nehmt euch die Zeit, über mehrere Partien möglichst alle Rollen gespielt zu haben und versucht, die Mitspieler zu manipulieren, auch mal böse zu sein - hey, der Teufel sitzt mit am Tisch! Wenn euch das alles gelingt, dann könnt ihr die wirklich cleveren Ideen von Autor Matúš Kotry genießen. 

Fazit: Für mich persönlich sind das ganz fantastische 10 von 10 Engelsflügel, je nach Rolle vielleicht auch 10 Dämonenflügel, noch einmal verbunden mit der wichtigen Bitte, entsprechend Zeit zu investieren, um diese Wertung nachvollziehen zu können. Das lohnt sich vor allem in Spielrunden, die sowohl leidensfähig als auch frusttolerant sind, und die zudem Durchhaltevermögen besitzen.

KULTFAKTOR: 10/10

Spielidee: 10/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 10/10

EUER REZENSENT

ANDREAS

Seit 1985 Besucher der SPIEL in Essen. Gelb gewinnt!

Eine Rezension vom 19.11.2023

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: CGE / HeidelBÄR Games
Weitere Fotos: Spielkultisten