REZENSION
DAS VERRÜCKTE HAUS
- Genre: Familie, Aktiv, Denken
- Jahr: 2024
- Verlag: Game Factory
- Autoren: Inka und Markus Brand
- Grafik: Camille Chaussy
- Spieler: 2 bis 6
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 30 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Initiativlevel: 7/10
Ich sehe was, was du nicht siehst!
Man stelle sich vor, zwei Baumeister würden gemeinsam ein Haus errichten und keiner von beiden hätte den gesamten Überblick über die gesamte Baustelle. So ungefähr muss man sich den Baufortschritt am verrückten Haus vorstellen, einem „turbulenten Bauspaß von zwei Seiten“.
REGELN
Zwei Personen sitzen sich gegenüber und sind mit einem Baugrundstück konfrontiert, das aus 4x4, also insgesamt 16 quadratisch angeordneten Feldern besteht. Diese Fläche bildet das Fundament, auf das im Laufe einer Runde die 11 Holzbausteine in unterschiedlichen Größen, Formen und Farben platziert werden. Die 64 Aufgabenkarten in zwei Schwierigkeitsgraden sind jeweils vorder- und rückseitig mit einer zusammengehörenden Aufgabe bedruckt, wobei eine Person lediglich die Vorderseite des fertigen Bauwerks sieht und die zweite Person die Rückseite erblickt.
Eure Aufgabe lautet nun: Ordnet alle Holzbausteine auf dem Baugrundstück so an, dass eure Klötzchentürme genau der Anordnung entsprechen, wie sie aus eurer jeweiligen Perspektive exakt so auf der Aufgabenkarte zu sehen sind. Dabei gilt: Absprachen sind erlaubt, jedoch darf man keinen Blick auf die Karte des Gegenübers werfen. Auch Lücken unterhalb von Bauklötzen sind tabu, und es müssen auch immer alle Bausteine benutzt werden. Die Zeit läuft – los geht's! Der schnelle und durchaus hektische Baufortschritt nimmt seinen Lauf. Die Klötze werden aufgenommen und eingebaut, andersherum angeordnet, wieder verworfen oder zur Seite gelegt, damit euer Gegenüber damit arbeiten kann.
Wer zuerst meint, dass sein Bauprojekt fertiggestellt ist, ruft „Recto“, gefolgt vom Ruf „Verso“ eures Gegenübers. Dann wird kontrolliert, ob beide Ansichten der geforderten Vorlage entsprechen. Je schneller ihr wart, desto mehr Punkte gibt es. Beide Baumeister verlieren entweder gemeinsam eine Runde oder erhalten die identische Anzahl an Punkten, wobei man für die Höchstsumme von 10 Punkten nur höchstens 15 Sekunden brauchen darf - ganz schön anspruchsvoll.
Bei drei bis sechs Personen wird jedem von euch ein Marker zugewiesen und darüber hinaus erhält jeder Teilnehmer noch einen bzw. zwei zunächst verdeckt ausliegende Partnermarker in der Farbe der jeweiligen Mitspieler. In jeder Runde wird dann durch Umdrehen ausgelost, mit wem ihr gemeinsam an eurem verrückten Haus baut. Wurden alle Partnermarker umgedreht, endet das Spiel. Dann zählt jeder Spieler seine erhaltenen Punkte zusammen. Wer die meisten ergattert hat, gewinnt. Bei Gleichstand teilen sich mehrere Baumeister den Sieg.
Das Spiel zu zweit ist dahingehend modifiziert, dass ihr nacheinander 7 Levels mit steigendem Zeitdruck absolviert. Während für den ersten Level noch 1,5 Minuten zur Verfügung stehen, sind es im letzten Level nur noch 15 Sekunden. Ein Kronenmarker zeigt an, auf welcher Ebene ihr euch befindet. Scheitert ihr an einer Aufgabenkarte (egal welcher), fangt ihr wieder bei Stufe 1 an. Um das Spiel also erfolgreich zu meistern, müsst ihr nacheinander 7 Aufgabenkarten bewältigen.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- runder Spielablauf
- gute Ausstattung
- Perfekt für Familienrunden
- komplett sprachneutral und für jeden verständlich
- Timer-App wird bereitgestellt
CONTRA
- Balancing mancher Aufgabenkarten nicht ganz ausgewogen
MEINUNG
Nanu? Das kommt mir doch irgendwie bekannt vor. Tatsächlich ist Das verrückte Haus kein ganz neues Spiel, sondern es wurde bereits im Jahr 2013 bei KOSMOS veröffentlicht. Der damalige Titel: La Boca. Jetzt gibt es also die Neuauflage unter dem internationalen Titel Recto Verso, zu Deutsch: „in die richtige Richtung“, wie der Lateiner weiß (ich musste allerdings auch erst nachschlagen). So leitet sich auch der Ruf ab, den die Spieler geben müssen, wenn sie glauben, ein Bauwerk erfolgreich nachgebaut zu haben. Die deutsche Version bevorzugte dann jedoch einen rein deutschsprachigen Titel auf dem Cover.
Zugegeben: In einer reinen Erwachsenenrunde wollte der Titel bei uns erst nicht so recht zünden. So leicht waren einige Aufgaben, dass sie mühelos innerhalb weniger Sekunden lösbar waren, während wir einige Karten selbst innerhalb des großzügigen Zeitlimits von 2 Minuten nicht gepackt haben. Mag sein, dass in gewissen Konstellationen einfach der Wurm drin war – bestimmte Bausteine lagen schon ganz unten, weiter oben hat dann etwas nicht gepasst, doch der Zeitdruck war so groß, dass sich niemand mehr getraut hatte, das Bauwerk von Grund auf neu zu errichten, was dann eben eine Niederlage bedeutete.
Aber mit Kindern, insbesondere in Familienrunden, entfaltete Das verrückte Haus sofort eine großartige Faszination. Jeder wollte mal selbst Bauherr sein und seinen Anteil zum Gelingen eines Bauprojekts liefern. Insofern handelt es sich um einen wirklich guten Vertreter eines Familienspiels, der Erwachsene und Kinder mit gleicher Begeisterung an den Tisch bringt und bei dem die Kleinen den Großen sogar vormachen können, was räumliches Vorstellungsvermögen ist. Die Altersgrenze würde ich sogar noch etwas nach unten korrigieren, sodass selbst Sechsjährige schon ein ganz gutes Gespür für die richtige Anordnung der Klötze haben können, denn im Kern ist das Spielprinzip sofort verständlich und sehr simpel – man muss dann vielleicht nur das Zeitlimit etwas großzügiger auslegen. Dass es aber umgekehrt neben den leichten hellblauen Aufgabenkarten auch noch schwere violette (mit einem zusätzlichen Holzklotz) gibt, ist erfreulich und bringt eine zusätzliche Herausforderung für erfahrene Häuslebauer.
Ein Wort zur Ausstattung: Das Schachtel-Inlay ist wirklich hervorragend gestaltet und enthält Fächer zum schnellen Verstauen aller Bestandteile, wobei auch die Holzklötze angenehm in der Hand liegen und nicht zu klobig, aber auch nicht zu klein und unhandlich beschaffen sind. Während in der Originalversion von KOSMOS noch ein digitaler Zeitmesser mit einfachen Funktionstasten in den Spielplan integriert war, wird bei Game Factory diesmal eine App bereitgestellt. Die funktioniert tadellos und hat den Timer von einst ebenbürtig ersetzt, schließlich können Sanduhren von Natur aus keine variierende Zeit exakt messen.
Vor diesem Hintergrund ist Das verrückte Haus eine gelungene Neuauflage, die das unverändert spaßige Spielkonzept modern interpretiert. Die Spielweise zu zweit ist neu und fügt sich gut ins Spielkonzept ein. Da man ohnehin stets kooperativ zu zweit an einer Aufgabenkarte arbeitet, gefiel uns der neue Modus mit seinen im Schwierigkeitsgrad steigenden Stufen als Behelfslösung ganz gut. Insofern punktet Das verrückte Haus mit seinem geschliffenen, aber auch schnörkellosen Spielablauf, wobei das Spiel irgendwann halt doch „ausgespielt“ ist und Platz für das nächste macht. Aber solange kann man an dem lockeren Hausbau durchaus viel Spaß haben.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
CHRISTOPH
Kinder- und Kennerspiel-Spieler, Stefan-Feld-Fan, Im-Sommer-in-jeden-See-Springer
Eine Rezension vom 18.12.2024
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Game Factory
Weitere Fotos: Spielkultisten