REZENSION
CHU HAN
- Genre: Karten
- Jahr: 2024
- Verlag: Matagot / deutsche Version: Frosted Games
- Autor: Tom Lehmann
- Grafik: Maxime Erceau, Ryan Ferriera
- Spieler: 2
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: ca. 25 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 4/10
Chinesische Geschichte für die Hosentasche
Die Qin-Dynastie ist beendet und die Clans der Chu und Han streiten sich, wer China regieren soll. Du und dein Gegenüber liefern sich ein Duell in diesem Kartenablegespiel um das Schicksal Chinas.
REGELN
Die Vorbereitung ist recht simpel. Nehmt euch die Spielerhilfen eures Clans, legt die Punkteleiste zwischen euch und stellt darauf eure Wertungssteine, platziert daneben die Writs und mischt die Karten. Writs? Ja, das ist ein englischer Begriffs, der laut Wikipedia keinen deutschen Namen hat. Vielleicht ist ein Writ mit Dekret oder Erlass zu vergleichen. Mir lag zur Besprechung die englische Version von Matagot vor, die deutsche Version erscheint 2025 bei Frosted Games; da lautet die Übersetzung dann "Verstärkung".
Falls ihr mehr Abwechslung sucht, mischt noch die Ereigniskarten und legt ein Ereignis „Ruhe“ offen aus, als Ereignis der ersten Hand.
Ihr werdet jetzt mehrere Schlachten spielen, so etwas wie Runden. Jedes Mal, wenn du oder dein Gegenüber alle Karten abgelegt hat, gibt es eine Wertung und eine neue Schlacht wird gespielt. Erreichst du 31 Punkte, hast du gewonnen.
Am Anfang einer Schlacht bekommen die Chu- und die Han-Seite je 15 Karten, und die restlichen 16 Karten werden als Zugstapel bereit gelegt. Im Stapel sind neun Karten mit dem Wert 1, acht Karten mit dem Wert 2, sieben Karten mit dem Wert 3 usw. bis zu einer Karte mit der 9 und einer Karte mit der 0.
Chu beginnen die erste Schlacht, dann immer die Seite mit weniger Punkten. Wenn du rauskommst, wählst du eine Karte oder mehrere Karten gleichen Wertes und spielst diese aus. Dein Gegenüber muss jetzt erhöhen oder passen. Erhöhen geht einfach mit der gleichen Anzahl von Karten, aber mit einem höheren Wert. Wird gepasst, so werden alle gespielten Karten abgeräumt, und wenn du nicht gepasst hast, dann kommst du wieder raus.
Das wäre jetzt etwas simpel, also kommen hier noch ein paar Spezialeffekte. Die Karten mit einer 3 oder eine 6 haben einen Spezialeffekt, manche davon können nur gespielt werden, wenn du rauskommst, andere bei jedem Ausspielen. Diese Karten erlauben es, eine Karte abzuwerfen, ein Erhöhen zu überspringen oder mit gleichem Wert zu antworten etc. Dann gibt es die Eigenschaften der 2 und 0. Die 0 ist ein Joker und nimmt den Wert der Karten an, mit denen sie zusammen gespielt wurde. Spielst du sechs oder mehr Karten mit einer 2, so erhältst du für jede Karte einen Punkt.
Wofür brauchst du jetzt Verstärkungen? Vor dem Ausspielen von Karten kannst du eine Verstärkung nehmen und zwei Karten vom Zugstapel ziehen. Damit musst du zwar mehr Karten loswerden, hast aber vielleicht stärkere Kombinationen. Es gibt nur 6 Verstärkungen, und damit können von den 16 Karten im Zugstapel nur 12 gezogen werden.
Sobald du alle deine Handkarten losgeworden bist, endet die Schlacht. Du bekommst so viele Punkte, wie dein Gegenüber noch Handkarten besitzt, aber maximal 5, plus 1 Punkt pro Verstärkung, die dein Gegenüber genommen hat.
Hast du dann noch nicht die 30 Punkte überschritten, werden alle Karten wieder gemischt und eine neue Schlacht wird ausgetragen. Spielst du mit Ereignissen, dann decke ein neues Ereignis auf und befolge die dort beschriebenen Regeländerungen.
Dem Spiel liegen auch zwei historische Szenarien bei. In dieser Variante bekommt jede Seite eine festgelegte Kartenhand für die ersten fünf Schlachten. Auch die Ereignisse sind festgesetzt, und je nachdem, welche Seite welche Schlacht gewinnt, können diese die Zusammensetzungen der Kartenhand ändern.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- historischer Hintergrund
- gute Spielerhilfe
- schnell gelernt
CONTRA
- historische Szenarien verursachen zu viel Aufwand
- Kartenwerte nur auf einer Seite
MEINUNG
In den letzten Jahren gab es Stichspiele für zwei Personen und es gab auch von anderen Spielen Duell-Editionen. Mit Chu Han hat Tom Lehmann, der uns beispielsweise Race for the Galaxy und Res Arcana bescherte, jetzt ein Kartenablegespiel (oder „Ladder-Climbing-Spiel“, eine Art Stichspiel) für eben zwei Personen vorgelegt.
Chu Han findet während eines historischen Konflikts in China statt, bei dem die Nachfolge der Qin-Dynastie ausgefochten wurde. Die Karten zeigen dabei historische Persönlichkeiten, welche alle im beiliegendem Heft erklärt werden. Dieses Heft enthält auch ausführliche Beschreibungen des Konflikts und ist ein Mehrwert für jeden Geschichtsfan.
Allerdings hat die Gestaltung der Karten auch zwei Nachteile. Das kriegerische Aussehen der Karten und der Schachtel wird viele eher an ein komplexes Deckbauspiel oder eine Kampfsimulation denken lassen, anstatt an das abstrakte Kartenkloppen, um das es sich hier handelt.
Das andere Problem ist die Tatsache, dass die Kartenwerte nur auf der linken Kartenseite stehen. Was ist denn das? Das hat doch jedes Skat-Deck besser gemacht. Wer die Karten so auffächert, dass nur die rechten Seiten sichtbar sind, wie viele Linkshänder, ist da nicht sehr glücklich drüber.
Was allerdings bei dem Design recht hilfreich ist, sind die kleinen Symbole neben den Kartenwerten der 3en und 6en, da dies Erinnerungshilfen für die Fähigkeit dieser Karte sind. Diese Symbole sitzen dann auch nach drei oder vier Runden bei allen.
Diese Fähigkeiten und die Verstärkungen sind schon die Hauptentscheidungen während des Spielens einer Schlacht. Ohne diese Elemente wäre es meist sehr offensichtlich, was der beste Zug ist. Aber mit den 3en und 6en stellt sich immer die Frage, ob ich diese in einer Gruppe spielen oder doch wegen ihrer Fähigkeiten aufbewahren möchte. Übrigens hätten die Aktionskarten auch in der Anleitung (ich beziehe mich auf das mir vorliegende englischsprachige Regelheft) noch etwas deutlicher erklärt sein können, z.B. dass Aktionskarten einfach extra abgeworfen werden und nicht Teil der gespielten Karten sein müssen.
Bei den Verstärkungen ist die Frage, ob ich wirklich meine Kartenanzahl und die potentiellen Punkte des Gegners erhöhen möchte. Dabei gibt es zwei besonders erfolgreiche Strategien: alles oder nichts. Zumindest in meinen Spielen gab es Personen, die beinahe nie eine Verstärkung nahmen und einfach mit dem spielten, was halt auf die Hand kam. Und es gab Leute, die so viele Verstärkungen wie möglich genommen haben. Beide Arten zu spielen können erfolgreich sein.
Sonst bietet das Spiel die üblichen Spannungsmoment eines kleinen Kartenspiels. Mit jedem Ausspielen habe ich eine bessere Idee, was mein Gegenüber noch für Karten haben könnte oder, wichtiger, welche nicht. Das spielt sich dann auch alles recht flüssig und schnell.
Das ändert sich aber, wenn ihr euch die historischen Szenarien vornehmt. Zwischen jeder Runde müsst ihr die Karten wieder sortieren und auch Änderungen durchführen. Für uns hat sich das nach zu viel Vorbereitung für die Länge einer Schlacht angefühlt.
Wenn wir schon von Länge reden, so steht in der Anleitung, dass eine Partie vier bis sieben Schlachten dauert. Seid ihr aber ähnlich gut in dem Spiel, gibt es am Ende jeder Schlacht ungefähr 3 bis 5 Punkte. Während 30 geteilt durch 5 ja 6 Schlachten bedeuten würde, ist es aber so, dass nur der Gewinner Punkte bekommt. Also sind es eher so 12 Runden, die gespielt werden. Da fühlt sich eine Partie schon recht lang an, auch wenn eine Aufholjagd eine spannende Geschichte ist.
Ein tolles Gimmick bei Chu Han ist die Schachtel in der Schachtel. In eurer Spieleschachtel findet ihr nicht nur eine Faltschachtel, sondern auch Karten, die als Ersatz für alles nicht Karten-basierte Spielmaterial dienen. Somit könnt ihr Chu Han dann in eine kleine Faltschachtel packen, in die die Karten auch mit Schutzhüllen passen, und das Spiel überall hin mitnehmen.
Fazit: Dieses Kartenspiel für exakt zwei Personen hat die Kernelemente solcher Ablege-/Stich-/ Ladder-Climbing-Spiele in sich aufgenommen, könnte für mich jedoch noch etwas mehr Würze vertragen.
KULTFAKTOR: 6/10
Spielidee: 5/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 6/10
EUER REZENSENT
LUTZ
Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast
Eine Rezension vom 03.02.2025
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Matagot
Weitere Fotos: Spielkultisten