REZENSION

CANVAS

  • Genre: Karten-/ Denkspiel
  • Jahr: 2021
  • Verlag: Road to Infamy Games / Asmodee
  • Autoren: Jeff Chin, Andrew Nerger
  • Illustration: Luan Huynh
  • Spieler: 1 bis 5 
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Dauer: ca. 30 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 7/10

Kunst im Lagenlook

Als Künstler nehmen wir an einem Wettbewerb teil, bei dem jeder die besten Gemälde erschaffen möchte. Die einzelnen Bestandteile und Wertungskriterien des eigenen Kunstwerks werden durch bedruckte, transparente Karten geschaffen, die es geschickt zu kombinieren gilt.

REGELN

Im Spiel enthalten sind: 

  • Wertungskarten, die gut gemischt werden. 
  • eine Spielmatte, die mit vier beliebigen Wertungskarten in der oberen Reihe bestückt wird.
  • die Abzeichen, die farblich sortiert oberhalb der Spielmatte ausgelegt werden (anhand der farblichen Kennzeichnung der Wertungsfelder).
  • die transparenten Kunstkarten: Sie werden von der Folie befreit (geht aber auch mit Folie, das Bild wird dann halt etwas weniger klar, aber die Karten nehmen weniger Schaden). Dann werden sie in die beiliegende Box gesteckt und auf das Box-Feld rechts auf der Spielmatte gelegt. So kann der offene Vorrat aus fünf Karten direkt aus der Box gefüllt werden.
  • die Hintergrundkarten, die zunächst in die beiliegenden Klarsichthüllen gesteckt werden. Die Hüllen reichen auch noch für die Wertungskarten, samt Ersatz. In die Hüllen werden nach und nach die Kunstkarten (auf den Hintergrund) eingeschoben. So bildet sich im Spielverlauf ein ganzes Bild. Jeder nimmt sich drei beliebige Hintergrundkarten plus Hüllen.
  • die Inspirationsmarker. Sie gelten als Währung im Spiel und ermöglichen es, auch weiter innen liegende Kunstkarten zu nehmen. Davon erhält zu Spielbeginn jeder Spieler vier Stück.


Die Kunstkarten beinhalten verschiedene Informationen:

  • in den oberen zwei Dritteln ein Bilddetail.
  • darunter ein Teil eines Bildtitels
  • darunter anteilig Farb-Kleckse in fester Position (rot, gelb, grün, blau, lila)
  • in den Farbklecksen verschiedene Symbole
    • Elemente (Farbe, Form, Textur, Tönung)
    • Boni (für Anzahl eines Elements)


Das Spiel beginnt mit der Wahl des Startspielers. Es wird reihum gespielt.

Wer an der Reihe ist, wählt genau eine von zwei Möglichkeiten:

  • Eine Kunstkarte nehmen
  • Ein Gemälde werten


Wer eine Kunstkarte aus dem offenen Vorrat nehmen möchte, kann die erste Karte von links kostenlos nehmen. Für jede weiter rechts (innen) liegende Karte wird ein Inspirationsmarker auf die nicht genommenen Karten platziert. Leere Flächen werden aufgefüllt. Dazu rutschen die folgenden Kunstkarten nach links, und das letzte nun leere Feld wird aus der Box aufgefüllt. Jeder darf nicht mehr als fünf Kunstkarten gleichzeitig ungewertet besitzen.


Sobald ein Spieler mindestens drei Kunstkarten besitzt, kann er daraus ein Gemälde entstehen lassen, d.h. er schiebt die drei Kunstkarten in einer von ihm gewählten Reihenfolge auf einen Hintergrund in die Hülle. Das Gemälde wird gewertet. Dazu werden die ausliegenden Wertungskarten betrachtet. Ein Spieler erhält nur Punkte (Abzeichen) für die Übereinstimmungen mit den Wertungskarten (Wertungsbedingung). Die Abzeichen erhält er immer in der Farbe der entsprechenden Wertungskarte.


Wertungskarten sind z.B.:

  • Wiederholung: Der Spieler erhält für jedes Paar eines Symbols ein Abzeichen.
  • Gestaltung: Der Spieler erhält ein Abzeichen für das Vorhandensein aller fünf Farben.
  • Vielfalt: Der Spieler erhält ein Abzeichen für das Vorhandensein aller vier Elementsymbole.
  • Betonung: Der Spieler erhält ein Abzeichen, wenn er von einem bestimmten Element-Symbol genau eines besitzt.
  • Abstand: Ein spezielles Element-Symbol und mit Abstand ein anderes müssen vorhanden sein.
  • Proportionen: Drei gleiche und zwei gleiche Symbole müssen vorhanden sein.
  • Einheitlichkeit: Sechs gleiche Symbole müssen vorhanden sein.

usw.


Auf jeder Wertungskarte findet sich auf deren Rückseite gleich die Erklärung.


Sobald jeder Spieler sein drittes Gemälde vollendet hat, folgt die Endwertung. Auch hier wird auf die Wertungskarten geschaut, und zwar in die untere Zeile (Punktwertung). Nun erhält jeder Spieler die Anzahl an Punkten, die unter der entsprechenden Anzahl der bisher erworbenen Abzeichen der entsprechenden Farbe steht. Beispielsweise erhält ein Spieler für zwei Abzeichen der Farbe, in der die Wertungskarte liegt, also z.B. rot, genau 8 Punkte. So werden nach und nach alle Abzeichen-Farben verrechnet. Die letzte Spalte auf dem Spielplan zeigt übrigens noch einen weiteren zu verrechnenden Part: Die grauen Bonusabzeichen sind immer zwei Siegpunkte wert. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.


Außerdem gibt es noch zwei Solo-Varianten:

  • Malen mit Vincent. Hier spielt der virtuelle Spieler Vincent mit. Er wählt seine Kunstkarte aus dem Vorrat, indem der Spieler dessen vier Inspirationsmarker auf den Tisch wirft. Gezählt werden immer die Marker mit der Bildseite nach oben. So ist die Wahl gleichbedeutend mit der eines Spielers mit Inspirationsmarker. Diese Karte kommt aus dem Spiel. Die Wertung erfolgt über eine Wertungstabelle. Anhand der erworbenen Siegpunkte kann der Spieler nun seine eigene Leistung einschätzen.
  • Solopuzzle. Hier wird ohne virtuellen Spieler gespielt. Der Spieler entfernt alle bei der Wahl übersprungenen Kunstkarten und versucht ein bestmöglichstes Wertungsergebnis zu erreichen. Auch hier gilt die Wertungstabelle.


Zusätzlich dazu können auch Szenarien gespielt werden. Auch über spezielle Aufträge (Erfolge) kann sich der Spieler neuen Spielreiz holen, z.B. "Erhalte vier Abzeichen durch die Wertung eines Gemäldes" usw.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • noch unverbrauchte Spielidee
  • schöne spielerische Umsetzung
  • sieht echt hübsch aus


CONTRA

  • zu fünft kann eine gewisse Downtime entstehen

MEINUNG

Das Gesamtpaket, nein, sagen wir besser, das Gesamtkunstwerk stimmt. Eine Verpackung, die gleichermaßen Gemälde (Loch in der Rückwand der festen Verpackung ist zum Aufhängen an die Wand vorhanden) wie Aufbewahrungsort des Spielmaterials ist. Auch das Spielmaterial ist qualitativ hochwertig und mit einer für viele Spieler noch innovativen Spielidee versehen. Die Idee, Bilddetails auf mehreren Schichten zu platzieren und diese übereinanderzulegen, findet sich seit einigen Jahren in digitalen Spielen, Mystic Vale griff dieses Prinzip mit transparenten Karten, die in Hüllen kombiniert werden, im Jahr 2016 auch bereits auf, trotzdem wirkt der Gedanke noch unverbraucht.  

Wie so oft, zeigt dann der Spieltrieb, was die Idee wert ist. Spielentwicklung geht immer in beide Richtungen. Canvas ist nun eine wirklich gelungene Umsetzung. Ebene für Ebene werden Kunstwerk-Details übereinandergelegt und schließlich gewertet. Das Punkte-System wurde künstlich aufgesetzt, funktioniert aber gut, wenngleich die tatsächliche Schönheit der Werke weniger bewertet wird. Das ist fast schon schade, aber spielerisch herausfordernd. Das Punktesystem ist nämlich eher "logische" Kunst. Schaffe ich es, mit den Kunstwerken alle Farben in die untere Reihe zu projizieren? Oder bekomme ich die nötige Anzahl bestimmter Symbole zusammen? Das klingt dann deutlich nüchterner als reine Kreativität. Sinnvolles Zusammenfügen der Gemälde ist also abhängig von der offenen Auslage, meinen Finanzen und den ausliegenden Wertungskarten. 

Bei der Erstellung der Kunstwerke wird also nicht auf besondere Schönheit, die ja eh im Auge des Betrachters liegt, geachtet, sondern auf Punkteträchtigkeit. Trotzdem entbehren die Gemälde nicht einer Faszination, ebenso wenig die sich immer wieder verändernden Bild-Titel. Hier wurde künstlerisch Wert auf Detailreichtum und Fantasie gelegt. Man hat Lust, die Bilder auch ohne Wertung immer wieder mal neu zu kombinieren und die neue Kombination auf sich wirken zu lassen. Meine Mitspieler und ich mögen das Spiel entsprechend gern - die einen besonders wegen der taktischen Wertung, die anderen eher wegen der Schönheit des Spiels und wegen des leicht verständlichen Regelwerks. Das Spiel eignet sich als Familienspiel, das ab 10 Jahren gut gespielt werden kann. Einzig in Vollbesetzung kann es zu längeren Wartezeiten kommen. 

Fazit: Canvas ist ein optisch beeindruckendes und spielerisch gut durchdachtes Karten-/ Sammel-/ Denk-/ Puzzlespiel mit hochwertigem Material und einem simplen, aber keinesfalls banalen Regelwerk.

KULTFAKTOR: 8/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 8/10

EURE REZENSENTIN

GABI

(ehemaliges Team-Mitglied)

Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester

Eine Rezension vom 29.11.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Road to Infamy Games / Asmodee
Weitere Fotos: Spielkultisten