REZENSION
CAMARGUE
- Genre: Familienspiel
- Jahr: 2024
- Verlag: Abacusspiele
- Autor: Timo Diegel
- Grafik: Michael Menzel
- Spieler: 2 bis 6
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 45 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Initiativlevel: 6/10
Blühende Landschaften in Südfrankreich
Duftende Lavendelfelder, malerische Dörfer, eine Vielfalt an verschiedenen Landschaftstypen - das ist die Provence. In der Basse-Provence befindet sich die namensgebende Region Camargue, die das Setting bildet für ein einfaches neues Legespiel.
REGELN
Legt das Startplättchen in die Mitte des Tisches, mischt die Landschafts- und Helferplättchen verdeckt und bildet daraus mehrere Stapel. Sortiert im Spiel zu viert zwei zufällige Plättchen aus. Zieht jeweils drei zufällige Plättchen auf die Hand. Jeder erhält zudem ein eigenes Punkte-Tableau, das die Punkte im Spiel über Marker in der Einer-, Zehner- und Hunderter-Spalte jeder Tafel festhält.
Gespielt wird reihum. Bist du an der Reihe, spielst du ein Plättchen in die gemeinsame Auslage. Die Plättchen zeigen Wege in verschiedenen Formationen, außerdem eine von fünf Landschaftsarten. Das Wappen in der Ecke muss immer der Ausrichtung des Startplättchens entsprechen. Jedes neue Plättchen muss dabei mindestens eine gemeinsame Kante zu einem bereits ausliegenden Plättchen besitzen, zu Beginn eine gemeinsame Kante mit dem Startplättchen, und einen vorhandenen Weg sinnvoll fortsetzen; Sackgassen sind nicht erlaubt. Unterschiedliche Landschaftsarten dürfen beliebig aneinander gelegt werden.
Das neu angelegte Plättchen bringt dir nun Punkte. Dazu wird zunächst die Größe des Landschaftsgebietes bestimmt. Bei einem einzigen Plättchen in einer bestimmten Landschaftsart beträgt dieser Faktor 1, liegen jedoch mehrere Plättchen mit derselben Landschaftsart waagrecht / senkrecht aneinander, vergrößert sich das Gebiet auf die Anzahl beteiligter Plättchen. Zudem wird beim neu angelegten Plättchen geschaut, wie viele Kanten anderer Plättchen berührt werden. Die Anzahl der Kanten wird dann mit der Größe des Landschaftsgebietet multipliziert, und die Punkte werden auf dem eigenen Tableau festgehalten. Beispiel: Das Landschaftsgebiet „Wald“ besteht (mit dem neu hinzugefügten Wald-Plättchen) aus insgesamt 5 Plättchen, das neue Plättchen hat 3 gemeinsame Kanten mit anderen Plättchen, also bringt es dir 5x3= 15 Punkte.
Im Anschluss an den eigenen Zug ziehst du ein neues Plättchen auf die Hand.
Solltest du einmal kein passendes Plättchen anlegen können, ziehst du ein Notfall-Plättchen vom Stapel und legst es mit der Randseite an den Rand der Auslage an (nicht Weg an Weg). Das Notfall-Plättchen eröffnet dann aber wieder ein neues Wegenetz, an das später andere Landschaftsplättchen angelegt werden können.
Neben den Landschaftsplättchen befinden sich auch Helferplättchen im Stapel. Ein solches Plättchen kannst du im eigenen Spielzug abwerfen, um dafür 10 Punkte zu erhalten. In diesem Fall legst du in deinem Spielzug dann kein neues Plättchen in die Auslage und ziehst im Anschluss wie gewohnt ein neues Plättchen auf die Hand.
Alternativ kannst du ein Helferplättchen, das stets zwei Landschaften zeigt, auch in einem gegnerischen Spielzug ausspielen, wenn der Landschaftstyp des vom Konkurrenten ausgelegten Plättchens mit einem der Landschaftstypen auf deinem Helferplättchen übereinstimmt. Entscheidest du dich für das Ausspielen in einem fremden Spielzug, erhältst du dieselbe Punktezahl, die dein Konkurrent in diesem Spielzug erhalten hat. Allerdings legst du das Helferplättchen nun vor dir ab, in dieser Runde kannst du kein weiteres mehr ausspielen. Bist du wieder am Zug, wirfst du das gespielte Helferplättchen nun endgültig ab und ziehst erst jetzt ein neues Plättchen auf die Hand, was wiederum deinen Spielzug direkt beendet, sodass du dann in diesem Spielzug kein neues Plättchen ausspielen darfst.
Gibt es keine Plättchen mehr zum Nachziehen, spielt ihr (ohne Nachziehen) weiter, bis niemand mehr Plättchen auf der Hand besitzt. Wer nun die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- einfacher Zugang dank simpler Regeln
- schöne Illustrationen
- netter Helfer-Kniff
- ideal für Wenig- bis Gelegenheitsspieler
CONTRA
- Vielspielern fehlt es an zusätzlichen Modulen
- oft banale Entscheidungen
MEINUNG
Bereits das Cover erzeugt bei mir Urlaubsfeeling. Der Süden Frankreichs ist mit seinen bunten Landschaften natürlich ein dankbarer Lieferant für ein spielerisches Wohlfühl-Setting. Dass man sich beim Verlag nun gerade für die provenzalische Teilregion Camargue als Titelgeber entschieden hat, ist durchaus etwas mutig, schließlich ist das ein Titel, der bei der Internetrecherche sicher dazu einladen kann, ihn versehentlich falsch zu schreiben - oder ihn falsch auszusprechen, aber nun gut. Die Plättchen-Illustrationen von Michael Menzel sind jedenfalls hübsch anzusehen. Der restliche Material ist, ich sage mal, zweckmäßiger Natur. Die Punkte-Tableaus sehen nicht besonders aufregend aus, sind aber praktisch, wenn man mit der Einer-/ Zehner-/ Hunderter-Rechnung klarkommt. Kinder jüngeren Alters haben da mit der Handhabung noch teilweise Probleme. Ein Abzählen auf einer gewöhnlichen Punkteleiste (mit Hunderter-Plättchen) wäre für sie einfacher gewesen. Das kann man aber gut einüben, und Erwachsene sollten mit diesem Tracking eh keine Probleme haben.
Welche Region im Spiel verarbeitet wurde, ist dann jedoch spielerisch unwichtig. Im Kern ist Camargue ganz klar ein abstraktes Spiel, bei dem jedes neu gelegte Plättchen einfach zusammenhängende Farbgebiete in Kombination mit möglichst vielen gemeinsamen Kanten belohnt. Da Wege immer sinnvoll fortgesetzt werden müssen, und auch die Ausrichtung der Plättchen über die Wappen klar vorgegeben ist, sind die taktischen Legemöglichkeiten eingeschränkter als beispielsweise bei Carcassonne, das vom Thema, dem Material und dem grundlegenden Spielprinzip auf den ersten Blick ähnliche Vibes versprüht. Während man bei Carcassonne Plättchen drehen darf, unterschiedliche Wertungen forcieren kann und zudem auch immer noch entscheiden muss, ob eine Figur zum Werten eingesetzt wird, werden einem die Entscheidungen bei Camargue einfacher gemacht, ja, deutlich einfacher.
Gibt es überhaupt ernsthafte Entscheidungsalternativen im eigenen Spielzug? Manchmal, wenn es ums Timing geht, auch in Bezug auf die Helferplättchen, die, wenn sie in gegnerischen Spielzügen eingesetzt werden, noch so etwas wie ein kleines Poker-Element ins Spiel bringen. Da muss ich mich dann fragen, wann der beste Zeitpunkt zum Einsetzen gekommen ist, wann ich also darüber die Punkte maximiere. Wenn ich zu lange warte, kann ein punkteträchtiges Gebiet plötzlich durch andere Landschaften umschlossen sein, was mich dann eben um die vielen Punkte bringen kann. Das ist ein ganz schöner Kniff.
Ansonsten aber schaue ich im eigenen Spielzug eigentlich immer nur darauf, wie ich selbst die meisten Punkte generieren kann. Warum sollte ich freiwillig ein bestimmtes Plättchen in die Auslage legen, wenn mir ein anderes Plättchen mehr Punkte liefert? Da ich die Plättchen auf den Händen meiner Mitspielerinnen und Mitspieler eh nicht kenne (außer, ich erspähe die Vorderseiten durch genaues Hinschauen auf die Bedruckung von der Seite, was aber eigentlich nicht vorgesehen ist), kann ich da auch gar nicht bewusst destruktiv spielen. So besteht die eigene Leistung also größtenteils daraus, einfach den besten Platz für eines meiner Plättchen auf der Hand zu finden. Das ist dann zwar ganz fluffig, aber es spricht vor allem, auch allein aufgrund des Glücksfaktors beim Ziehen der Plättchen, eher die Zielgruppe an, die weniger Spielerfahrung besitzt. Vielspielern fehlt es hier, meinen Erfahrungen nach, dann doch an zusätzlichen taktischen Optionen, die darüber hinausgehen, ein gutes Auge auf die Auslage zu werfen, denn letztlich nimmt mir das Spiel mit seiner eindimensionalen Wertung nahezu immer die bestmöglichen Entscheidungen ab. Einzig im Spiel zu zweit kann vielleicht manchmal noch etwas vorausgeplant werden, da sich die Auslage zwischen den eigenen Zügen nicht allzu sehr verändert. Gerade in Vollbesetzung habe ich dann quasi gar keinen Einfluss mehr darauf, was ich im nächsten Spielzug vorfinde.
So ganz ohne vorhandene Zusatzmodule, die das Spiel anspruchsvoller gestalten, ist Camargue somit ein deutlich seichteres Spiel als beispielsweise das bereits erwähnte Carcassonne, das für mich immer noch die Referenz unter den Legespielen mit einfachem Zugang darstellt. Camargue ist so ein lockeres Zwischendurchspiel, bei dem man ganz ohne große strategische Entscheidungen Punkte sammelt, ein Wohlfühlspiel eben, das gerade bei den Wenig- bis Gelegenheitsspielern unserer Spielrunden gut ankam. In dieser Zielgruppe sind das für mich dann auch tatsächlich gute 7 Kultpunkte, alle anderen aber sollten für sich entscheiden, ob die spielerischen Möglichkeiten für sie genug sind, um langfristig zu begeistern.
Ich selber sortiere Camargue für mich als ganz kurzweilig ein, aufgrund des niedrigen Anspruchs sehe ich das Spiel aber als reines Zwischendurchspiel in der Familie an, das ich auch gut mit meiner fast 80-jährigen Mutter spielen kann, die ansonsten nur kniffelt. Für mich persönlich sind das dann insgesamt 6 Punkte - spiele ich jederzeit mal wieder mit, wird für mich aber in der jetzigen Form, im Gegensatz zu Carcassonne, noch nicht zu einem meiner Dauerbrenner. Im Erfolgsfall wären Erweiterungsmodule für mehr taktische Optionen wünschenswert, damit sich vielspielende Taktiker nicht allzu unterfordert fühlen und sich der besondere Spielreiz nicht nur überwiegend aus den Helferplättchen ergibt.
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/ZZxyxElVQjo
KULTFAKTOR: 6-7/10
Spielidee: 6/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 6/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 13.10.2024
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Abacusspiele
Weitere Fotos: Spielkultisten