REZENSION

BREW

  • Genre: Taktikspiel
  • Jahr: 2021 / deutsche Version: 2022
  • Verlag: Pandasaurus Games / Skellig Games
  • Autor: Stevo Torres
  • Grafik: Jake Morrison, Andrew Thompson
  • Spieler: 2 bis 4
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: ca. 45 - 90 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
  • Taktiklevel: 7/10

Magische Wälder und Würfel

Die Welt ist aus den Fugen geraten. Alle Jahreszeiten gibt es plötzlich gleichzeitig, es herrscht Chaos. Mit den magischen Kreaturen und Zaubertränken versucht ihr, die Kontrolle über die Wälder zu erlangen, um das ursprüngliche Gleichgewicht wiederherzustellen.

REGELN

Legt den Spielplan mit der Tagseite nach oben in die Mitte. Deckt vier zufällige Tränke auf, und bildet aus den Kreaturen-Karten vier Stapel, sortiert nach Jahreszeit. Mischt die großen Wald-Karten, nachdem ihr ggf. einige Karten aussortiert habt, wenn ihr mit weniger als vier Spielern spielt. Deckt einen Wald mehr auf als Spieler teilnehmen, also im Spiel zu dritt beispielsweise vier Wälder.

Jeder von euch erhält einen Charakter. Entscheidet, ob ihr mit oder ohne die Spezialfähigkeit eurer Charakter spielen wollt. Außerdem erhält jeder von euch die vier Sammelwürfel der eigenen Farbe (sie zeigen drei verschiedene Landschaftssymbole) sowie zwei neutrale Elementwürfel (sie zeigen drei verschiedene Elementsymbole) und eine erste Joker-Beere (kann als beliebige Ressource verwendet werden).

Gespielt werden vier Runden. Zu Beginn einer Runde werfen alle Spieler ihre sechs Würfel und legen sie vor sich ab. Achtet darauf, dass niemand einen Wert verändert. Beginnend beim Startspieler, führen alle Mitspielenden nun reihum Spielzüge aus, indem sie einen Würfel platzieren. Wer keinen Würfel mehr platzieren kann, muss für den Rest der Runde passen. Der Startspieler wechselt nach jeder Runde.

Ein Spielzug besteht aus drei Aktionen, einer verpflichtenden und zwei optionalen, die in beliebiger Reihenfolge ausgeführt werden können:

(1) Würfel einsetzen (verpflichtend): Wähle einen deiner Würfel und setze ihn auf ein passendes Einsetzfeld - entweder auf eine Waldkarte oder auf den Dorf-Plan. Im Wald findest du Einsetzfelder mit Symbolen. Legst du einen entsprechenden Würfel auf das Feld, erhältst du die Ressource, die neben dem Feld angegeben ist. Auf einigen Feldern bekommst du auch Zugriff auf die Kreaturen-Auslage. Suche dir eine Kreatur aus und schicke sie ins Training. Lege sie dazu links neben deinen Charakter. Dort ist Platz für maximal drei Kreaturen, die dann während des Spiels Vorteile liefern. Sobald eine vierte Kreatur hinzukommt, musst du eine der Kreaturen auf die rechte Seite deines Charakters ("freigelassen") verschieben. Diese Kreatur geht zwar am Ende des Spiels in die Wertung ein, bringt die aber nicht mehr ihren individuellen Vorteil.

Zum Einsetzen im Wald verwendest du oftmals deine Sammelwürfel. Allerdings kann im Wald auch mit den Elementwürfeln gesammelt werden. Das Symbol spielt in dem Fall keine Rolle. Die Elementwürfel liefern dazu noch jeweils einen Vorteil: Wasser erlaubt es dir, zwei zusätzliche Ressourcen zu sammeln; Luft erlaubt es dir, den Würfel mit einem eingesetzten Sammelwürfel auszutauschen. So hast du mit dem zurück gewonnenen Sammelwürfel eine weitere Aktion;  Feuer erlaubt es dir, damit ein besetztes Feld zu belegen, d.h. den Würfel auf einen anderen zu legen, um die Aktion des Feldes ausführen zu können.

Ziel in den Wäldern sollte es zudem sein, Mehrheiten zu erzielen. Von daher kann es manchmal sinnvoll sein, einen Würfel zu "forcieren". In dem Fall legst du einen Würfel auf ein unpassendes Feld im Wald, erhältst dann auch keine Belohnung, sondern musst die angegebene Ressource bezahlen! Mehr zu den Mehrheiten in der Beschreibung des Rundenendes.

Statt im Wald, können Würfel auch im Dorf eingesetzt werden. Elementwürfel liefern da starke Aktionen wie z.B. gleich drei Ressourcen auf einmal oder das Entfernen von platzierten Würfeln. Auch gibt es hier zwei Einsetzfelder, die beliebig oft belegt werden dürfen, um z.B. neue Kreaturen anzuwerben oder eine beliebige Ressource zu erhalten.

(2) Trank brauen (optional): Wenn du genügend Ressourcen gesammelt hast, darfst du einmal pro Spielzug einen ausliegenden Trank erwerben. Den nimmst du auf die Hand, die Ressourcen zurück in den allgemeinen Vorrat.

(3) Trank trinken (optional): Wenn du möchtest, kannst du einmal pro Spielzug einen Trank von deiner Hand ausspielen, um seinen Effekt einmalig einzulösen. Tränke manipulieren oftmals die Würfelauslage, auch können freie Felder „verbrennen“, d.h. sie werden für diese Runde blockiert.

Rundenende: Sobald niemand mehr Würfel einsetzen kann, endet eine Runde. Am Rundenende werden nun die Wälder auf Mehrheiten überprüft. Du erhältst die Waldkarte (mit den aufgedruckten Punkten), wenn du dort mehr Würfel als jeder anderer Mitspielende und mehr Würfel als dort platzierte Elementwürfel besitzt. Bei Gleichständen oder einem Sieg der Elementwürfel wird der Wald einfach abgelegt. Zudem triggern nun Rundenende-Funktionen von eigenen aktiven Kreaturen. Jeder erhält seine Würfel zurück, vier neue Waldkarten werden aufgedeckt, der Spielplan wird auf die Rückseite gedreht (mit neuen Aktionsfeldern), der Startspieler wechselt um eine Position.

Wiederholt dies bis zum Ende der vierten Runde.

Bei der Schlusswertung gibt es nun Punkte für

  • im Spiel eingesammelte Punktemarker (z.B. über Ressourcentausch auf Kreaturen-Karten)
  • für jeden gespielten Trank und jeden Trank auf der Hand
  • für jeden eroberten Wald
  • für jede Kreatur, wobei sich die Punktezahl erhöht, wenn du sie in einen passenden Wald entsendest; die Jahreszeit (= Farbe) der Kreatur und des eroberten Waldes müssen identisch sein. Pro Wald kann nur eine Kreatur angesiedelt werden. 
  • für je 3 übrige Ressourcen (inkl. Joker)


Wer nun die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • schöne Tischpräsenz
  • interessantes Spielkonzept
  • viel Interaktion
  • viele taktische Entscheidungen
  • mehr Spieltiefe als man vermutet


CONTRA 

  • natürlich spielt auch das Glück mit
  • nicht jeder kommt mit dem Ärgerfaktor gleich gut klar

MEINUNG

Der erste Blick auf Brew gehört der Optik: Der außergewöhnliche Grafikstil erzeugt eine schöne Tischpräsenz und sorgt sofort für Neugierde. Die wird auch durch die Spielstory erweckt. Mit magischen Kräften möchten wir also das Gleichgewicht im Wald wiederherstellen. Das Thema ist im Spiel immer wieder präsent, mit Zaubertränken und Kreaturen und verwunschenen Wäldern. Die eigentliche Geschichte jedoch wird spielerisch eher zum Gerangel um die Vorherrschaft, die Kontrolle über die Wälder, mit taktischem Würfeleinsatz.

Würfeleinsatz? Ja, Brew ist das, was man als Dice Placement-Spiel bezeichnet, also ein Worker Placement-Konzept, bei dem keine Figuren die Felder belegen, sondern Würfel. Und wenn Würfel im Spiel sind, ist auch immer Glück im Spiel, denn die Würfel werden zu Beginn jeder Runde geworfen, und dann muss man schauen, was man damit am besten anstellt. Schön ist, dass alle Informationen offen liegen. Das bedeutet, dass ich die Spielzüge der Konkurrenz schon mit einkalkulieren kann bzw. sogar dringend sollte. So muss ich gut planen, welchen Würfel ich wohin setze, welche Möglichkeiten mir bleiben, an bestimmte Ressourcen zu gelangen, ob es sinnvoll ist, gleich am Anfang einen neutralen Elementwürfel zu benutzen, um seinen zusätzlichen Vorteil nutzen zu können, welche Felder meine Mitspieler wohl anpeilen ... So locker-flockig das Spiel auch aussieht, so überrascht ist man dann über die wunderbare Spieltiefe, die einem viele taktische Entscheidungen abverlangt.

Die Tränke und Kreaturen kommen zufällig ins Spiel, die Wälder ebenfalls in zufälliger Reihenfolge. Somit ist immer Varianz in den Partien, da die Kombinationen, genau wie die Würfelergebnisse, stets in neuer Zusammenstellung vor einem liegen. Es gibt keine Standard-Gewinnstrategie, man muss stets neu optimieren. Wer nun denkt, dass der eigene Einfluss zu gering sei und man gar "vom Spiel gespielt" würde, dem muss ich widersprechen: Ich kann die Würfel über Tränke und die tierischen Gefährten wunderbar manipulieren, wenn ich die richtigen Karten zu mir hole.

Während Tränke als sichere Punktelieferanten eher wie Aufträge funktionieren, die nebenbei noch einen einmaligen Bonus liefern, sind es die Kreaturen, die sogar einen kleinen Engine Builder-Effekt mit ins Spiel holen. Drei Kreaturen kann ich gleichzeitig „trainieren“ und in jedem Spielzug von ihren Fähigkeiten profitieren. Sammele ich mehr Kreaturen, muss ich mich entscheiden, welche Fähigkeiten ich weiterhin dringend benötige. Sind es eher die Vorteile beim Einsetzen eines Würfels, lassen sich Würfel zurückholen oder Felder blockieren? Kann ich für bestimmte Bedingungen Punkte am Ende einer Runde machen? Da lässt sich vergleichsweise viel austüfteln und noch dazu ist das Timing wichtig. Die Reihenfolge, wann ich welchen Teil meines Spielzuges absolviere, entscheidet oft über dessen Effizienz.

Ein weiterer Punktegarant sind die Wälder, die ich gern für mich beanspruchen möchte. Das ist dann aber schon deutlich schwieriger, denn die alleinige Vorherrschaft am Ende einer Runde über einen Wald zu besitzen, ist eine trickreiche Aufgabe. Immer wieder wird die Konkurrenz versuchen, Würfelpositionen auszugleichen, selbst nach vorn zu preschen, neutrale Würfel zur Erzeugung einer Patt-Situation ins Spiel zu werfen ... Freie Felder werden „verbrannt“, Würfel mit anderen Würfeln überdeckt. Über mangelnde Interaktion kann man sich nicht beschweren.

Diese doch sehr konfrontative Interaktion mag jedoch nicht jeder. Wer mit so einem Ärgerfaktor nicht umgehen kann, sollte vielleicht besser ein anderes Spiel wählen. Das Spiel lebt davon, sich selbst in eine gute Position zu bringen, und die Mitspielenden - so gut es geht - auszubremsen. Zu zweit trifft jede Entscheidung automatisch den Gegner, bei mehreren Mitspielenden kann es unter Umständen auch dazu kommen, dass sich Spieler gegen einen anderen verbünden. Das fühlt sich dann nicht so toll an, liegt aber letztlich an euren Mitspielern. In unseren Runden kam es nie zu bewusstem einseitigen Anti-Verhalten, wohl aber zu einem kurzweiligen Gerangel um die Punkte.

Zocken, taktieren, Ressourcen verwalten, Synergien nutzen - für mich persönlich ein wirklich gelungener Mix, der mir viel Spaß macht. Und da hier auch das ungewöhnliche Setting stimmt und die Ausstattung des Spiels hochwertig ist (u.a. mit tollen Custum Dice und stimmigen Illustrationen), ergibt sich für mich ein rundes Gesamtbild. Ich würde Brew nicht bedingungslos jedem Mitspieler empfehlen, da ich meine Leute und ihre Einstellung zu konfrontativer Spielweise kenne ... Wer so etwas aber mag bzw. dabei keinen allzu großen Ärger empfindet, der wird belohnt mit einer schönen Melange aus etwas Glück, aber noch mehr Taktik. Ich vergebe sehr gute 8 Kultpunkte!

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/3UVJu1gmkqU

KULTFAKTOR: 8/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 26.03.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Presse-Exemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Pandasaurus Games / Skellig Games
Weitere Fotos: Spielkultisten