REZENSION

BONSAI

  • Genre: Familienspiel
  • Jahr: 2024 (deutsche Version)
  • Verlag: KOSMOS / DV Games
  • Autoren: Rosaria Battiato, Massimo Borzì, Martino Chiacchiera
  • Grafik: Davood Moghaddami
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: ca. 30 bis 45 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 6/10

Gut gewachsen, Kleiner!

Das Wort „Bonsai“ ist japanisch und bedeutet so etwas wie „Baum in der Schale“. Die bekannte Gartenkunst, die Bäume kleinzuhalten und ihren Wuchs den eigenen Wünsche anzupassen, vollführen wir nun in diesem Legespiel.

REGELN

Sortiert, je nach Spielerzahl, markierte Zen-Karten aus, mischt die restlichen und bildet daraus einen verdeckten Stapel. Legt vier erste Karten offen auf die Kartenablage. Legt außerdem 3x3 Zielplättchen aus (je drei Plättchen in drei der fünf zur Verfügung stehenden Farben). Nehmt euch jeweils eine eigene Pflanzschale sowie ein Seishi-Plättchen. Je nach Spielerreihenfolge erhaltet ihr nun vorab ein bis vier Plättchen (Stamm, Blätter, Blüte, Frucht). 

Gespielt wird reihum. Bist du am Zug, hast du die Wahl aus zwei Optionen:

  • Meditieren: Du nimmst eine Karte von der Kartenablage und erhältst ggf. bis zu zwei Plättchen
  • Kultivieren: Du legst gesammelte Plättchen an deine Pflanzschale an und lässt so deinen Bonsai wachsen.


Meditieren:
Entscheidest du dich für diese Option, wählst du eine Karte von der Kartenablage und nimmst sie an dich. Sind unter der ausgewählten Karte Plättchen auf der Ablage abgebildet, nimmst du diese aus dem Vorrat und legst sie vor dir ab. Die genommene Karte liefert dir dann ihre spezielle Funktion:

  • Werkzeugkarten erweitern deine Lagerkapazität an Plättchen. Anfangs darfst du am Ende deines Spielzuges maximal fünf unverbaute Plättchen gesammelt haben (wie es auf dem Seishi-Plättchen angegeben ist). Mit jeder Werkzeugkarte erhöhst das Limit um zwei Plättchen.
  • Wachstumskarten erhöhen die Anzahl der Plättchen, die du über die „Kultivieren“-Aktion in einem Spielzug verbauen darfst (anfangs sind das nur genau drei Plättchen, wie auf dem Seishi-Plättchen vorgebenen). Jede Wachstumskarte bringt dabei ihr eigenes Plättchen-Symbol mit. Du darfst immer nur zu den Symbolen passende Plättchen verbauen.
  • Helferkarten bieten dir einmalig die Möglichkeit, die darauf abgebildeten Plättchen aus deinem Vorrat an deinen Bonsai anzulegen.
  • Meisterkarten bringen dir die abgebildeten Plättchen zusätzlich in deinen Vorrat.
  • Punktekarten geben eine weitere individuelle Siegpunkte-Möglichkeit am Spielende für dich vor, z.B. „2 zusätzliche Punkte für jede angelegte Frucht“ oder „2 Punkte für jede gesammelte Meisterkarte“ etc.


Nach der Meditieren-Aktion rücken noch ausliegende Karten auf der Kartentafel nach, und eine neue Karte wird ins Angebot gelegt.

Kultivieren:
Anstatt eine Karte (und ggf. Plättchen) zu nehmen, darfst du im eigenen Spielzug maximal die Anzahl und Arten an Plättchen verbauen, die dir dein Seishi-Plättchen sowie eventuell gesammelte Wachstumskarten vorgeben. Jedes vorhandene Symbol darf für genau ein Plättchen aus deinem Vorrat verwendet werden. Dabei gelten folgende Legeregeln:

  • Stamm-Plättchen müssen an andere Stamm-Plättchen angelegt werden, anfangs an die eigene Pflanzschale. Ein Stamm kann sich im weiteren Verlauf beliebig verzweigen, allerdings muss es immer eine Möglichkeit geben, dass weitere Stämme angelegt werden können, andernfalls musst du eventuell Plättchen entfernen, bis das wieder möglich ist.
  • Blätter-Plättchen müssen mit mindestens einer Kante an ein Stamm-Plättchen angrenzen.
  • Blüten-Plättchen müssen entsprechend an ein Blätter-Plättchen angelegt werden.
  • Frucht-Plättchen müssen zwischen zwei benachbarte Blätter-Plättchen gelegt werden, dürfen aber nie andere Frucht-Plättchen berühren.


Sobald du durch deinen gewachsenen Bonsai ein Ziel erfüllt hast (z.B. „3 Früchte“), darfst du dir das entsprechende Zielplättchen nehmen. Allerdings gibt es von jeder Plättchenart drei Exemplare, die zunehmend mehr Punkte bringen, aber auch die Aufgabe erschweren. Entscheidest du dich dafür, ein Plättchen zu nehmen, darfst du keine weiteren Plättchen dieser Art (= Farbe) mehr sammeln. Du kannst aber freiwillig auf ein Plättchen verzichten, um später ein höherwertigeres dieser Art zu bekommen - sofern es dann noch vorhanden ist. Hast du ein Plättchen abgelehnt, darfst du es zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr nachträglich einsammeln!

Spielende: Kann die Kartenauslage nach dem Meditieren nicht mehr aufgefüllt werden, wird noch eine abschließene Runde gespielt, die bei der Person endet, die keine Karte mehr vom Stapel nachlegen konnte.

Jetzt kommt es zur Schlusswertung:

  • Jedes Stamm-Plättchen an deinem Bonsai bringt dir keine Punkte.
  • Jedes Blätter-Plättchen an deinem Bonsai bringt dir 3 Punkte.
  • Jedes Frucht-Plättchen an deinem Bonsai bringt dir 7 Punkte.
  • Jedes Blüten-Plättchen an deinem Bonsai bringt dir 1 Punkt pro freier Kante, also 1 bis 5 Punkte.
  • Hinzu kommen die Punkte eventuell gesammelter Punktekarten und Zielplättchen. 


Wer nun insgesamt die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt.

Das Spiel bietet auch eine Solo-Variante, u.a. mit fünf Solo-Szenarien, die bestimmte Ziele vorgeben, die erfüllt werden müssen.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • entspanntes Legespiel
  • wachsender Bonsai
  • Wettrennen-Charakter


CONTRA

  • für Vielspieler etwas zu eindimensional
  • Thema und Optik begeistern nicht alle gleichermaßen

MEINUNG

Im Spiel Bonsai werden nicht nur die Bäume kleingehalten, nein, auch die Regeln sind bewusst schlank: Karte und Plättchen nehmen oder Plättchen anlegen - mehr ist es nicht. Die fünf verschiedenen Kartenarten und ihre Funktionen sind schnell verinnerlicht, und auch die Legeregeln für die Plättchen sind leicht zu verstehen. Hier zeigt sich bereits, auf welche Zielgruppe dieses Spiel schaut, nämlich auf die Freunde von Familienspielen. Und diese Art von Spielen bestehen ja meistens aus einem Mix aus Glück und Taktik, so ist es dann auch bei Bonsai.

Das Kartenangebot ist beispielsweise zufällig, heißt: In meinem eigenen Spielzug muss ich optimieren, mir also das Beste aus den gegebenen Optionen aussuchen. Eine übergeordnete langfristige Strategie ist da nur bedingt möglich, denn ich weiß halt nicht, welche Karten mir als nächstes angeboten werden, am ehesten noch im Spiel zu zweit. Da kann es durchaus passieren, dass ein Kontrahent in seinen Zügen immer eine wertvolle Punktekarte abstaubt, während ich selber so eine Karte vielleicht nie zu Gesicht bekomme. Mit solchen Glücksmomenten muss ich leben, aber es zeigt sich, dass sich solche Situationen über das Spiel hinweg doch recht gut ausgleichen.

Wer nur Punktekarten sammelt, vernachlässigt dafür dann vielleicht den Ausbau von Lager- und Wachstumsmöglichkeiten. Diese beiden Aspekte sollten nicht unterschätzt werden, denn die Alternative zum Aufnehmen einer Karte ist das Kultivieren, also das Anlegen der gesammelten Plättchen. Verlasse ich mich da auf meine Grundausstattung, kann ich über mein Seishi-Plättchen maximal drei Plättchen pro Spielzug an meinen Bonsai anfügen, wobei ich auch noch eingeschränkt in den Arten dieser Plättchen bin. Mehr Werkzeug bedeutet mehr Plättchen zur Auswahl, mehr Wachstum bedeutet mehr Plättchen zum Anlegen und auch mehr Freiheiten bei der Wahl der Plättchenarten. Die Kultivieren-Aktion wird also umso mächtiger, je mehr ich meine Möglichkeiten über angelegte Karten gesteigert habe.

Bonsai ist grundlegend solitär geprägt. Dennoch kommt durch den Wettrennen-Charakter auch eine gewisse Interaktion ins Spiel. Wer zu lange mit dem Wachsen seines Bonsai wartet, einfach, um vielleicht die ideale Plättchenkombination vor sich liegen zu haben, könnte das Nachsehen haben bei den Zielplättchen. Die liefern dann in ihren wechselnden Kombinationen auch immer etwas Varianz in dem ansonsten, besonders auf Vielspieler doch recht eindimensional wirkenden Spiel. Grundlegend mache ich in der jeder Partie das gleiche, selbst die Wuchsform meines Bonsai ähnelt oftmals in Wiederholungspartien derer früherer Spielrunden - die Wertungen für die einzelnen Plättchenarten sind schließlich stets die selben, sodass erfahrenere Spieler recht schnell das Gefühl bekommen können, bereits alles gesehen zu haben. Dann geht es wirklich nur um Highscores.

Nun liegt die Zielgruppe von Bonsai aber auch weniger bei den Expertenspielern, die das Spiel wohl nur als Absacker ansehen werden. In unseren Runden mit Gelegenheitsspielern kam Bonsai gut an, wobei Optik und Thema wiederum ganz offensichtlich Geschmackssache sind. Wer ein beruhigendes Naturthema schön findet, der wird auch Gefallen daran finden, den eigenen Bonsai wachsen zu sehen. Und auch wenn die fertigen Bäume durch die Sechseck-Plättchen immer noch sehr abstrahiert aussehen, so kann man sich durchaus an dem Geschaffenen erfreuen. Wer ein solches Setting weniger mag, wird, nach unseren Erfahrungen, Bonsai entsprechend weniger spannend finden. Fest steht aber: Thema und Mechanik passen hier doch gut zusammen. Zudem ist das Spiel in oftmals unter 45 Minuten wirklich schnell gespielt, sodass es auf jeden Fall seine Daseinsberechtigung in meinem Familienspiel-Regal besitzt.

Bonsai ist jetzt gefühlt keine große Innovation, für Vielspieler auf lange Sicht auch nicht abwechslungsreich genug, für die Haupt-Zielgruppe aber auf jeden Fall doch sympathisch, und dafür gibt es von mir dann auch gute 7 Punkte.

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/lc_2lv-rENY

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 6/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 30.04.2024

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: KOSMOS
Weitere Fotos: Spielkultisten