REZENSION
AUTOBAHN
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2022 / deutsche Version: 2023
- Verlag: Alley Cat Games / deutsche Version: Strohmann Games
- Autoren: Fabio Lopiano, Nestore Mangone
- Grafik: Javier González Cava
- Spieler: 1 bis 4
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: ca. 90 bis 120 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: mittel bis hoch
- Taktiklevel: 8/10
Deutsche Verkehrsgeschichte
Baustellen, Sperrungen, kilometerweise Staus - jeder Autofahrer kennt sie: die deutsche Autobahn. Das gleichnamige Brettspiel greift jedoch ein anderes Thema auf: Wir begeben uns in die Zeit ab 1946 und führen Planung und Bau der deutschen Autobahnen durch. Zwar müssen wir uns keine Sorgen um marode Brücken machen, dafür konkurrieren wir um Plätze im Bauamt und Belohnungen für schnelle Auslieferungen.
REGELN
Zu Beginn des Spiels ist bereits ein großer Teil der A7 gebaut. Die Spieler platzieren die Streckenabschnitte auf dem vorgegebenen Bereich und nehmen sich ihre Tableaus und Spielfiguren. Zusätzlich erhält jeder Spieler Basisaktionskarten, ein Liefertableau, eine Routenkarte und Geld. Zusätzlich zum Spielplan liegt noch das gemeinsam zu nutzende Verwaltungs- und Bauamtstableau aus, auf dem die Spieler gegeneinander um Plätze konkurrieren.
Das Spiel wird über drei zeitliche Epochen gespielt: Die erste Epoche beginnt direkt nach dem zweiten Weltkrieg und dauert an bis 1965. Im Anschluss folgt die zweite Epoche, bis zum Zeitpunkt der deutschen Wiedervereinigung. Erst ab der darauffolgenden dritten Epoche darf die Autobahn in den Osten Deutschlands erweitert werden.
Die Spieler sind abwechselnd an der Reihe und jeder Spielerzug besteht aus den folgenden vier Phasen:
Phase 1: Lieferprämie abholen: Wer in vorherigen Zügen bereits Lieferprämien erhalten hat, bekommt nun die Chance genau eine davon einzusetzen.
Phase 2: Aktion ausführen: Es stehen drei Aktionen zur Auswahl, von denen eine ausgeführt werden muss. Die folgenden Aktionen können gewählt werden:
- Aktionskarte ausspielen: Jeder Spieler hat Karten in den Farben der Autobahnen. Beim Ausspielen wird die Karte oben ans Spielertableau an die gewünschte Aktion angelegt. Über diese Aktionen können Straßenabschnitte auf dem Spielbrett platziert oder ausgebaut werden, LKWs beladen oder Tankstellen gebaut werden. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, Technologien freizuschalten, durch die der Spieler Boni erhält.
- Hand auffüllen: Alle bereits ausgespielten Aktionskarten werden zurück auf die Hand genommen.
- Geldmittel erhalten: Einmal pro Epoche kann jeder Spieler eine Geldmenge erhalten, deren Höhe von der Epoche abhängt.
Ein Hauptmechanismus des Spiels ist der Ausbau der Autobahn. Entscheidet sich ein Spieler in Phase 2 dazu, als Aktion einen Straßenabschnitt zu bauen, platziert er zunächst einen Abschnitt vom Epochen-Vorrat auf dem Spielplan, angrenzend an mindestens einen bereits gebauten Abschnitt. Dabei muss die Autobahnfarbe der Farbe der gespielten Karte entsprechen. Die Baukosten für diese Aktion sind abhängig von der aktuellen Epoche. Im Anschluss nimmt der Spieler eine Arbeitskraft (Spielfigur) aus dem eigenen Vorrat und setzt sie auf einen freien Sitz der entsprechenden Autobahnfarbe auf dem Bauamtstableau. Das Bauen von Streckenabschnitten verbessert außerdem die Wertung anliegender Städte.
Wird stattdessen die Aktion „LKW beladen“ gewählt, darf der Spieler einen seiner verfügbaren LKW auf ein Depot stellen und mit der Ware beladen, die diesem Depot entspricht. Beim Bauen von Tankstellen nimmt der Spieler eine Tankstelle aus dem eigenen Vorrat und stellt sie an einen bereits gebauten Autobahnabschnitt.
Die letzte verfügbare Aktion ist das Freischalten von Technologien. Dadurch können dauerhafte Vorteile oder auch Soforteffekte erhalten werden.
Phase 3: LKW bewegen: Wenn im aktuellen Zug in Phase 2 eine Karte ausgespielt wurde, darf der Spieler einen eigenen LKW bewegen, der sich zu Beginn von Phase 3 auf einem Straßenabschnitt der Kartenfarbe befindet. Der LKW darf dafür bis zu 2 (erste Epoche) bzw. 3 (später) Straßenabschnitte weit bewegt werden. Startet er auf einer zweispurig ausgebauten Strecke, gibt es einen Zusatzschritt. Beim Passieren von eigenen Tankstellen, darf der Spieler sich einen seiner beim Bau bereits freigeschalteten Boni aussuchen. Beim Passieren der Tankstelle eines Gegenspielers erhält dieser einen kleinen Geldbonus.
Sobald ein beladener LKW eine Stadt erreicht, können Waren ausgeliefert werden. Der Spieler erhält ein Prämienplättchen von der Stadt und legt den Warenmarker zurück in den Vorrat. Als Belohnung erhält der Spieler einen Liefermarker und die Lieferprämie des Landes. Jedes Land hat eine bevorzugte Ware, die eine etwas bessere Lieferprämie gibt als die anderen Waren.
Phase 4: Ende des Zuges: Am Ende des Zuges wird überprüft, ob der aktive Spieler noch Handkarten besitzt. Wenn nicht, erhält er alle ausgespielten Karten zurück auf die Hand. Ansonsten ist einfach der nächste Spieler an der Reihe und beginnt wieder mit Phase 1.
Ende einer Epoche: Sind alle verfügbaren Straßenabschnitte der laufenden Epoche verbaut, wird das Ende der aktuellen Epoche eingeleitet und die Verwaltungsphase beginnt. Alle Spieler erhalten entsprechend ihrer Arbeitskräfte im Bauamt Punkte für die Stadtwerte entlang der gleichfarbigen Autobahn. Außerdem hat jeder Spieler zu Beginn eine Routenkarte bekommen und überprüft nun, ob die beiden auf der Karte genannten Städte miteinander verbunden sind. Wenn ja, werden Prämien gezahlt. Die Prämien fallen höher aus, je besser die Strecke zwischen beiden Städten ausgebaut ist.
Spielende: Wurde das Ende der dritten Epoche eingeleitet, wird nach der Verwaltungsphase die Endwertung eingeleitet. Es gibt Punkte für Arbeitskräfte in den verschiedenen Bereichen und für vorhandenes Restgeld. Nach der Endwertung gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.
Das Spiel besitzt zudem eine Solo-Variante.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- Autobahnen ohne Stau und Langzeitbaustellen
- Mini-LKWs mit Waren sehr anschaulich gestaltet
- Taktik mit wenig Glückselementen
CONTRA
- recht trockene Thematik
- etwas zu lang
MEINUNG
Man muss erst einmal auf die Idee kommen, den Bau der deutschen Autobahn als Spiel zu realisieren – immerhin verbinden viele nicht unbedingt ihre besten Erinnerungen mit der Autobahn. Wer in Deutschland häufiger auf Autobahnen fährt, wird sich vermutlich schon daran gewöhnt haben, alle paar Kilometer auf eine neue Baustelle zu stoßen. Kilometerweise Staus aufgrund von Brückenschäden und spontanen Straßensperrungen stehen häufig an der Tagesordnung und rauben vielen Autofahrern ihren letzten Nerv.
Beim Brettspiel Autobahn hingegen begeben wir uns in eine Zeit, als die Brücken noch nicht marode waren – denn wir sind für den Bau der Autobahn verantwortlich. Dies scheint auch überraschend schnell zu gehen – denn wir dürfen die Abschnitte sofort platzieren und müssen kein Baustellenschild aufstellen … Autobahn ist ein typisches Eurogame – die Straßenabschnitte werden durch einfache Aktionen realisiert. Wer hier thematischen Tiefgang erwartet, wird eher enttäuscht – es wird eine Karte zur entsprechenden Aktion gelegt und im Anschluss ein Plättchen auf des Spielbrett. Das Spiel besitzt die Stärken eher im taktischen Bereich. Die Spieler kämpfen taktisch darum, die richtigen Plätze im Bauamt zu belegen, um viel Geld abzustauben für die nächste Epoche.
Durch das Freischalten von Technologien können Vorteile erreicht werden, die die Spieler voranbringen. Dabei können nicht alle Vorteile während des Spiels erreicht werden – es sind also taktische Entscheidungen von Nöten, welcher Bonus einem zum aktuellen Zeitpunkt den besten Vorteil verschafft. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Arbeitskräfte auf dem Verwaltungstableau zu befördern. Werden die Arbeitskräfte clever eingesetzt, können damit am Spielende viele zusätzliche Punkte erlangt werden.
Das Beladen der LKWs mit kleinen Kisten aus Holz bringt einen schönen anschaulichen Effekt ins Spiel. Es macht Spaß, die beladenen LKWs über das Spielbrett zu ziehen und die Waren an anderer Stelle wieder abzugeben - Auf Achse lässt grüßen, aber Autobahn hat definitiv eine andere Zielgruppe. Das Spiel wird als Expertenspiel positioniert, und entsprechend ist auch die Spiellänge. Leider ist es eine Schwäche des Spiels, das es dann doch ein wenig zu lange dauert – vor allem Richtung Ende wurde in unseren Spielrunden häufiger mal auf die Uhr geschaut. Die angegebene Spieldauer von 90 bis 120 Minuten wurde in unseren Runden leider regelmäßig überschritten.
Dennoch hat das Spiel mit dem doch unverbrauchten Thema seinen eigenen Reiz. Stört einen die lange Spieldauer und die vergleichsweise eher trockene Thematik nicht, erhält man auf jede Fall ein Vielspieler-Spiel mit vielen schönen taktischen Möglichkeiten. Von mir gibt es dafür gute 7 Kultpunkte.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 6/10
EURE REZENSENTIN
CAROLA
Strategiespielerin, Ork-Flüsterin, Miniaturenbemalerin
Eine Rezension vom 29.08.2024
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Alley Cat Games / Strohmann Games
Weitere Fotos: Spielkultisten